Wenn am Sonntag in Villach das 352. Kärntner Derby zwischen dem VSV und dem KAC (17:30 Uhr im LIVE-Ticker >>>) ausgetragen wird, überwacht beim Eishockey-Rekordmeister erstmals seit fünf Jahren nicht Petri Matikainen das Spielgeschehen.
Der zweifache Meistertrainer hat die Klagenfurter im Sommer verlassen und ist in der Schweizer National League beim EHC Biel-Bienne untergekommen. Unter seiner Ägide war Kärnten eindeutig in Rot gehüllt: Von 30 Derbys konnte der KAC unter Matikainen sagenhafte 22 für sich entscheiden.
Diese Bilanz will Kirk Furey fortsetzen, der von 2007 bis 2015 selbst für die Rotjacken auflief und nach dem Ende seiner Profi-Karriere unter anderem das U18-Team sowie in den letzten fünf Jahren die Klagenfurter Future-Mannschaft in der Alps Hockey League coachte.
Unter dem 47-jährigen Kanadier weht beim KAC ein neuer Wind. Lautete unter Matikainen das Motto noch "defense first", vollzog Furey einen Sinneswandel. Schnelles Umschalten, stets Druck auf den Gegner ausüben und früh die Scheibe zurückerobern - der neue KAC steht für einen temporeichen und schnörkellosen Spielstil.
Wie gut die Mannschaft diesen bereits umsetzt, erklärt der Head Coach im Interview. Der Kanadier spricht außerdem über die ersten Saisonspiele, den Kader, seine Einstellung und das Kärntner Derby.
LAOLA1: Am Dienstag erlitt der KAC beim HC Pustertal nach einer ausgeglichenen Partie eine 3:5-Niederlage. Was hat am Ende den Ausschlag gegeben?
Kirk Furey: Es war ein hartes Spiel. Sie waren vor dem Tor etwas aggressiver als wir, aber sonst muss ich ehrlich sagen, dass dieses Spiel in beide Richtungen hätte gehen können. Pustertal ist wirklich eine gute Mannschaft. Sie haben viele gute Italo-Kanadier und Imports, spielen hart, fahren die Checks immer fertig und die Intensität war sehr hoch. Was wir besser machen können, ist nicht so viele Strafen zu nehmen. Das ist etwas, worüber wir gesprochen haben. Wir wollen in diesem Gebiet besser werden.
LAOLA1: Was hat Ihre Mannschaft in diesem Spiel gut gemacht?
Furey: Wir haben sehr oft darüber gesprochen, dass wir schnell umschalten und die Scheibe nicht zurückspielen wollen. Das haben wir sehr gut gemacht. Wir haben die Scheibe auch oft aufs Tor gebracht, hatten mehr Schüsse als Pustertal. Das Puckmanagement war ebenfalls okay, aber da können wir noch besser werden. Es dauert etwas, weil wir ein neues System spielen. Die Jungs sollen immer dranbleiben, Druck machen, wir wollen in der defensiven Zone aggressiv spielen. Wir wollen die Scheibe schnellstmöglich zurück, das haben wir gut gemacht. Wir müssen auch realisieren, dass es ein Auswärtsspiel war. Die Heim-Mannschaft hat immer mehr Energie, aber ich muss ehrlich sagen, dass die Energie von unserer Truppe gut war. Niemand gibt in unserer Truppe auf. Egal was im Spiel passiert, jeder gibt alles. Darauf können wir aufbauen.
"Ich glaube, dass wir in jeder Partie die Möglichkeit hatten, zu gewinnen."
LAOLA1: Sie haben das neue Spielsystem bereits angesprochen, inwieweit setzt die Mannschaft Ihre Vorgaben bereits um?
Furey: Wir sind bis jetzt zufrieden. Wir reden oft darüber, dass wir die Angriffe fertig fahren und noch öfter schießen müssen. Wir können eigentlich mehr Tore schießen, aber jede Mannschaft muss auch defensiv spielen können. Wir wollen immer Druck machen, das kostet aber Energie. Körperlich ist das nicht einfach.
LAOLA1: Vier Spiele hat der KAC bislang absolviert, die Bilanz ist mit je zwei Siegen (4:2 in Bozen, 7:3 gegen Fehervar AV19) und zwei Niederlagen (1:4 in Salzburg, 3:5 im Pustertal) neutral. Wie blicken Sie auf die ersten Wochen zurück?
Furey: Ich glaube, dass wir in jeder Partie die Möglichkeit hatten, zu gewinnen. Wir haben genug Chancen gehabt, wir wollen aber, dass der Gegner nicht so viele Torchancen hat. Wir haben in diesen vier Spielen in unserer Gruppe viel Charakter aufgebaut. Wenn wir über Salzburg reden, das war alles andere als einfach. Wir kommen in die Halle, waren fünf Stunden im Bus und in solchen Situationen musst du mental stark sein. Wir haben im zweiten und dritten Drittel ziemlich gut gespielt. Dann haben wir in Bozen gespielt, eine sehr erfahrene Mannschaft. Im ersten Drittel war es ausgeglichen, im zweiten Abschnitt war es schwer – Bozen und Pustertal sind von der Aggressivität her ziemlich ähnlich. Im letzten Drittel in Bozen haben wir viel Charakter gesehen, besonders von den erfahrenen Spielern. Auf das erste Heimspiel freut sich jeder Spieler, da haben wir sehr viel Energie gehabt. Mit Blick auf Pustertal – wir denken, dass wir besser sein können. Aber es hätte auch in die andere Richtung gehen können. Wir wollen immer besser werden, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen das Positive rausnehmen, Kleinigkeiten verbessern. Wir haben viel Vertrauen in unsere Gruppe, dass wir das schaffen werden.
LAOLA1: Die Saison ist noch sehr jung, trotzdem ist der KAC schon wieder von Verletzungssorgen geplagt. In Bozen hat Raphael Herburger eine Oberkörperverletzung erlitten. Kann man konkret sagen, wie lange er dem Team fehlen wird?
Furey: Nein, bis jetzt nicht. Wir müssen noch etwas abwarten, aber es kommt eben der nächste Spieler nach. Raphi ist ein großer Teil unserer Mannschaft, trotzdem haben wir gegen Bozen und Fehervar gewonnen. Wir haben Simeon Schwinger in die dritte Linie hochgezogen, "Haudi" (Lukas Haudum, Anm.) in die Mitte gebracht. Er hat das bisher sehr gut gemacht. Wir haben einen breiten Kader, vertrauen den nachkommenden Spielern und sind zufrieden mit ihnen.
LAOLA1: Wie steht es um Sebastian Dahm?
Furey: Er ist day-to-day. Das ist momentan eine gute Chance für Florian Vorauer. Ich arbeite schon lange mit ihm, er hat sich sehr gut entwickelt. Das ist eine neue Erfahrung für ihn, aber er hat die Unterstützung von Sebastian, der ihm hilft. Er hat in der Vergangenheit kaum gespielt, aber er wächst mit dem Prozess. Wir haben gesagt, dass er spielen muss, wir brauchen einen Backup-Torhüter. Er bekommt jetzt mehr Spiele, das Vertrauen hat er von uns.
LAOLA1: Wie sehr sind Sie von ihm beeindruckt, auch wie er mit der gesamten Situation umgeht? Die Zahlen belegen es derzeit nicht, aber er hat trotzdem einen Schritt nach vorne gemacht.
Furey: Es ist ein Prozess, er hat mit Andrej Hocevar einen guten Tormann-Trainer. Er macht gute Arbeit mit Flo, es geht aber nur Schritt für Schritt. Wir stecken da gemeinsam drin und helfen jedem Spieler, natürlich auch den Tormännern. Jeder junge Spieler muss Geduld haben. Wenn jemand Hilfe braucht, dann müssen wir da sein und helfen. Wir haben das Vertrauen in ihn, dass er den Job machen kann.
LAOLA1: Wenn Sebastian Dahm zurückkehrt, wie geht es dann weiter?
Furey: Sebastian ist unser Starter, das ist klar. Wir wollen, dass sich Flo entwickelt, müssen aber daran erinnern, dass die Torhüter-Position den längsten Entwicklungsprozess hat. Das war immer schon so. Du siehst nicht oft, dass ein junger Tormann eine Starting-Position hat. Sebastian ist unser Starter, Flo unser Backup, aber für uns sind beide sehr wichtig.
LAOLA1: Wie soll die Aufteilung konkret aussehen, wurde Florian Vorauer vor Saisonbeginn eine gewisse Anzahl an Spiele versprochen?
Furey: Nein, wir müssen immer von Spiel zu Spiel schauen. Wir haben eigentlich einen Plan gehabt, aber der hat sich geändert. Es ist ein bewegliches Ziel, aber wir sind momentan sehr zufrieden mit Flos Selbstvertrauen. Für seine Entwicklung ist diese Phase gut.
"Wir haben junge Spieler in unserem Lineup, die wir integrieren wollen. Aber du musst deinen Platz verdienen. Wir müssen auch aufpassen, dass wir junge Spieler nicht einfach reinwerfen und sie dann nicht spielen lassen."
LAOLA1: Klagenfurt zählt traditionell zu jenen Mannschaften, die auf viele einheimische Cracks und nur wenige, dafür aber meist starke Imports setzt. Von Fans und Medien ist die Erwartungshaltung entsprechend hoch. Wie bewerten Sie die bisherigen Leistungen von Jan Mursak, Nick Petersen und Co.?
Furey: Wir sind mit Ihnen bisher zufrieden. Wenn du eine neue Linie wie jene mit Jan, Nick und Matt (Fraser, Anm.) hast, dauert das natürlich etwas, bis sie zusammenfinden. Aber sie machen es bisher gut, können noch besser werden und das wollen sie auch jeden Tag. Wir sind generell mit der gesamten Mannschaft zufrieden, haben aber Luft nach oben.
LAOLA1: Wie präsentiert sich Jan Mursak in Ihren Augen?
Furey: Als wir gehört haben, dass es die Möglichkeit gibt, Jan nach Klagenfurt zu holen, wollten wir ihn unbedingt haben. Ich habe Jan gesehen, als er (während des NHL-Lockouts 2011, Anm.) in dieser Liga gespielt hat. Wir haben sehr positive Feedbacks über Jan erhalten, und er ist genau so wie beschrieben. Er gibt jeden Tag hundert Prozent, ist ein echter Profi und das erkennst du auch sofort. Er bringt so viele Dinge auf und neben das Eis. Wir wussten, dass es etwas dauern wird, bis er offensiv einschlagen wird, aber er hat in den letzten paar Spiele Erfolg gehabt. Wir wussten, dass das irgendwann kommen wird. Wenn du die Dinge wie er angehst, war das nur eine Frage der Zeit.
LAOLA1: Bei wieviel Prozent seines Leistungsniveaus ist er bereits?
Furey: Das ist schwierig zu sagen, er hat auf jeden Fall noch viel Potenzial. Es ist ihm gegenüber etwas unfair zu sagen, wie hoch das tatsächlich ist. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, wenn du jeden Tag so sehr an dir arbeitest und das Talent wie er hast, dann kommt der Erfolg automatisch. Er pusht seine Grenzen jeden Tag.
LAOLA1: Und er ist damit gleichzeitig ein Vorzeigeathlet für junge Spieler.
Furey: Ja, er hat da auch bisher einen guten Job gemacht. Wir haben junge Spieler in unserem Lineup, die wir integrieren wollen. Aber du musst deinen Platz verdienen. Wir müssen auch aufpassen, dass wir junge Spieler nicht einfach reinwerfen und sie dann nicht spielen lassen. Selbstvertrauen spielt eine große Rolle und ich denke, es passiert zu oft, dass man sie ins kalte Wasser wirft und wenn sie nicht schwimmen, dann wird gedacht, sie können das nicht. Jeder individuelle Spieler ist anders, der Prozess ist wichtig und darauf musst du jeden Tag achten. Wir reden täglich mit den Spielern, zeigen ihnen auf, wo sie im Moment stehen. Wir müssen auch gut mit der AlpsHL-Mannschaft kommunizieren. Die Spieler müssen wissen, was wir machen.
LAOLA1: Sie haben vorhin kurz erwähnt, mit der Kaderbreite zufrieden zu sein - auch mit der Kadertiefe? Denn das Leistungsgefälle im Lineup scheint groß zu sein.
Furey (lacht): Im Vergleich zu welcher Mannschaft?
LAOLA1: Zu keiner, sondern in Ihrem Kader.
Furey: Wir glauben, dass zum Beispiel unsere vierte Linie gegen die anderen Linien in dieser Liga spielen kann. Wir glauben an unsere Truppe. Ich weiß, dass viele gesagt haben, die Kadertiefe sei vielleicht nicht wie im Vorjahr, aber wir haben erst vier Spiele absolviert. Wenn wir auf Siege und Niederlagen schauen, dann haben wir je zwei. Können wir besser werden? Zu 100 Prozent. Aber das Wichtigste ist, an unsere Truppe zu glauben und jeden Tag besser zu werden. Wir können jeden Spieler entwickeln.
LAOLA1: Wir haben viel über die Mannschaft und die Spieler geredet, kommen wir zu Ihnen. Sie waren in den letzten fünf Jahren der Head Coach des Future-Teams in der Alps Hockey League, im Sommer haben sie den Trainer-Job bei den Profis übernommen. Wie hat sich die tägliche Arbeit verändert?
Furey: Der Unterschied ist nur, dass wir ältere Spieler haben. Sonst arbeiten David Fischer und ich wie in der AlpsHL. Wir sagen, jeder Mensch ist gleich. Wir müssen, egal ob mit jungen oder älteren Spielern, mit ihnen reden und arbeiten. "We coach people first". Unsere tägliche Arbeit ist die gleiche. Wir müssen jeden Tag besser werden, David und ich freuen uns über diese neue Position. Wir denken aber nicht darüber nach, ob wir reif oder erfahren genug sind. Wir müssen täglich Entscheidungen treffen, natürlich sind manche richtig und manche falsch. Aber das ist im Leben so. Wichtig ist, den Spielern dabei zu helfen, ihr höchstes Niveau zu erreichen.
LAOLA1: Was wäre passiert, wenn der KAC einen anderen Head Coach, wie in den Medien mehrfach kolportiert, eingestellt hätte? Wären Sie beim Future-Team geblieben oder hatten Sie das Gefühl, die Zeit ist reif für den nächsten Schritt, egal ob beim KAC oder woanders?
Furey: David und ich haben die AlpsHL-Mannschaft gecoacht, wir haben den Job bekommen und das war der Plan. Wir freuen uns, die Möglichkeit von Herrn Pilloni (General Manager des KAC, Anm.) und dem Vorstand erhalten zu haben, die Profis zu übernehmen. Wir denken nicht darüber nach, die Entscheidung wurde gefällt. Ich hätte weiter die AlpsHL-Mannschaft betreut, wenn wir das Angebot nicht erhalten hätten.
LAOLA1: Blicken wir auf das anstehende Wochenende voraus: Am Freitag steht das Heimspiel gegen die Black Wings Linz an (19:15 Uhr im LIVE-Ticker >>>). Was erwarten Sie von dieser Begegnung?
Furey: Linz ist sehr gut gecoacht, Phil Lukas macht einen tollen Job. Linz ist eine fitte Mannschaft, die hart spielt, aber gerade durch keine leichte Phase geht. Wir wissen, dass Linz gegen uns sein Bestes geben wird und wir müssen dafür bereit sein. Wir lieben es, auf unserem höchsten Niveau sein zu müssen und es ist eine Chance, wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren. Wir freuen uns darauf, vor unseren Fans spielen zu dürfen.
LAOLA1: Am Sonntag (17:30 Uhr im LIVE-Ticker >>>) steht in Villach das erste Kärntner Derby der neuen Saison an. Wie erlebt man als Import-Spieler die Duelle mit dem VSV?
Furey: Es ist immer spannend, die Atmosphäre ist etwas anders. Nicht nur die Spieler, auch die Zuschauer haben bei den Derbys viel mehr Energie. Es ist echt cool, du kommst in die Halle und ich glaube, eine Stunde vor dem Aufwärmen sind die Fanklubs schon dort und es ist laut. So wie in Villach, die Halle ist nicht so groß, aber unter dem Dach ist es so laut. Wir werden uns aber auf das Spiel konzentrieren. Wenn wir Spieler dabei haben, die diese Erfahrung bis jetzt noch nicht gehabt haben, dann haben wir Profis wie Jan, die ihnen helfen. Er ist einer dieser Spieler, die diese Duelle lieben. Wir freuen uns auf Sonntag, müssen uns aber erst auf Linz konzentrieren.
LAOLA1: Welche Erinnerungen haben Sie aus ihrer Profi-Zeit an die Derbys?
Furey: Ich erinnere mich am liebsten an die Freiluft-Derbys (2010 und 2015, Anm.). Das waren besondere Spiele. Ich muss ehrlich sagen, dass die Intensität in den Spielen gegen den VSV natürlich höher war, aber nach den ersten fünf bis zehn Minuten ist es wie ein normales Eishockey-Spiel, auch wenn man das vielleicht nicht sagen darf. Villach ist eine gute und schnelle Mannschaft, wir haben auch eine schnelle Mannschaft. Die Qualität und das Tempo sollten also hoch sein.
LAOLA1: Was braucht es, um den vierten Derby-Sieg in Folge einzufahren?
Furey: Wir haben viele Spieler, die Derby-Erfahrung haben. Wir haben eine sehr gute Truppe und müssen ihnen gar nicht viel sagen. Wir müssen paar Kleinigkeiten verbessern, aber die Spieler bereiten wir mental nicht anders auf das Spiel vor. Es geht eher darum, die goldene Mitte zwischen Vorfreude und Aufregung zu finden. Wir müssen das Spiel auch genießen, weil nicht viele Menschen haben die Chance, so ein Spiel zu spielen.