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Salzburgs Meistercoach: "Ich hatte viele schlaflose Nächte"

Oliver David kam als Neuling, nun ist der US-Amerikaner zweifacher Meister. Ein Gespräch über Druck bei Red Bull und den Weg von Unsicherheit zu Erfolg.

Salzburgs Meistercoach: Foto: © GEPA

Oliver David kam, sah - und führte Red Bull Salzburg in seinem zweiten Jahr zur zweiten Meisterschaft.

Was für viele selbstverständlich wirkt, ist es nicht. Der US-Amerikaner hatte im Sommer 2023 nach dem Abschied von Erfolgscoach Matt McIlvane die schwierige Aufgabe, in dessen große Fußstapfen zu treten.

Das löste Unsicherheit bei ihm aus: "Ich hatte viele schlaflose Nächte, musste oft in den Spiegel schauen und lernen, wer ich bin und wozu ich in dieser ersten Saison fähig bin", sagt der Kalifornier rückblickend.

Im exklusiven Interview mit LAOLA1 spricht der 46-jährige Salzburg-Coach neben seiner persönlichen Entwicklung über die hohe Erwartungshaltung bei Red Bull und den Erfolg in Salzburg.

LAOLA1: Red Bull Salzburg ist wieder Meister. Wie sehen die Emotionen in Ihnen aus?

Oliver David: Es fühlt sich großartig an. Wir haben ein wirklich spezielles Team. Sie spielen und trainieren, als ob sie bisher noch nichts gewonnen hätten. Sie reden miteinander, als wären sie keine gestandenen Profispieler, sondern hungrige Rookies. Sogar Thomas Raffl, unser ältester Spieler. Chay Genoway läuft herum, kann zwar nicht spielen, hilft aber dem Trainerstab während der gesamten Playoffs. Es ist ein wirklich einzigartiges Umfeld, das natürlich von der Erwartung angetrieben wird, dass wir uns in eine Position bringen, in der wir im Finale stehen und Meisterschaften gewinnen können.

"Alle Extremsportarten, alle Athleten, die mit Red Bull in Verbindung gebracht werden, kennen den Standard. Und dieser Standard ist es, die Nummer eins zu sein."

Oliver David

LAOLA1: Bei Red Bull ist der Druck groß, erfolgreich zu sein.

David: Und er treibt uns an. Das braucht man uns nicht einmal zu sagen. Wir wissen, worum es bei Red Bull geht, bei allem, was sie tun. Alle Extremsportarten, alle Athleten, die mit Red Bull in Verbindung gebracht werden, kennen den Standard. Und dieser Standard ist es, die Nummer eins zu sein. Wir werden in die Lage versetzt, diese Aufgabe zu erfüllen, aber die Spieler behandeln es immer so, als wäre es ihr erstes Mal. Wir gehen Dinge durch, sprechen über Dinge, von denen man denken würde, dass die Spieler sie kennen oder in der Lage sind, sie zu tun, aber sie wollen immer mehr Informationen haben.

LAOLA1: Das erinnert ein wenig an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier".

David: Bei uns ist es etwas anders. Die Spieler wachen jeden Tag auf, sind frisch und es ist ein neuer Tag. Wir machen das immer und immer wieder. Aber es macht Spaß, dabei zu sein. Und wenn ich hier stehe, weiß ich, warum es möglich ist, an dieser Stelle zu stehen. Ich denke, das ist das Geheimrezept. Es ist ein Beweis für die Ressourcen, die wir haben, für den Rückhalt, den wir bei Red Bull haben, und für alle, die unseren Klub unterstützen.

LAOLA1: Wie stolz sind Sie auf Ihr Team, den Titel zuhause in einem Spiel 4 errungen zu haben, in dem Klagenfurt nichts mehr zu verlieren hatte?

David: In den ersten fünf Minuten waren wir nervös. Als wir diese beiden Strafen gekillt und ein paar Minuten später im Powerplay ein Tor erzielt haben, haben wir den Schalter umgelegt. Das ist ein sehr stolzer Moment, der nicht leicht zu erreichen ist, da Klagenfurt wirklich nichts zu verlieren hatte. Sie konnten locker spielen, haben versucht, einen Weg finden, um zu gewinnen. Wenn man sich unsere Niederlagen im Laufe der Saison ansieht, haben wir oft gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte verloren. Ich will niemandem gegenüber respektlos sein, aber wenn Mannschaften kommen, die locker aufspielen und wir müssen unseren Weg finden, ist es sehr schwierig. In den letzten beiden Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Teams in den Playoffs dann eine andere Art von Eishockey spielen. Das ist es, wofür wir gemacht sind. Wir waren in der Lage, das Spiel so zu gestalten, wie wir es in den Playoffs immer tun. Wir haben uns selbst eine Chance gegeben, konnten einen Vorsprung aufbauen und diesen halten.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Salzburg hat sich in der Champions Hockey League herausragend präsentiert, allen voran gegen Lahti und Färjestad. Haben diese Spiele auch Ihnen gezeigt, was wirklich in dieser Mannschaft steckt?

David: Ja, diese Spiele lassen einen noch mehr an sich selbst glauben. Wir haben gegen die europäische Elite gespielt, und wir haben nicht nur gegen sie gespielt, sondern auch gesehen, dass das, was wir tun, was unsere Idee ist, auch gegen Spitzenteams funktionieren kann. Natürlich ist das kein Ligaspiel, aber es gibt einem trotzdem ein Gefühl dafür: Wenn wir an dem festhalten, woran wir glauben und das umsetzen, was funktioniert, haben wir immer eine Chance. Die Champions Hockey League ist ein wichtiger Teil unserer Saison, dort haben wir mit das beste Eishockey gespielt, auch offensiv. Wir hatten Spitzenwerte im Powerplay und im Spiel bei Fünf-gegen-Fünf. Diese Spiele zeigen, was man erreichen kann.

LAOLA1: Was bedeutet das für eine Playoff-Serie?

David: Wenn man erst einmal seinen Rhythmus gefunden hat, macht man weiter mit dem, was funktioniert, vermeidet unerzwungene Fehler und Situationen, in die man sich nicht bringen will. In den Playoffs geht es oft darum, das Spiel zu überstehen. Die Spielzüge werden sich von selbst ergeben, wenn sie da sind. Außerdem geht es in den Playoffs darum, hart zu spielen, nicht weich. Wir wollen zum Beispiel durch die Mitte des Eises spielen, in den Playoffs ist es aber schwieriger, also vermeiden wir es, wenn es nicht möglich ist. Das lernt man in der CHL sowie in den Playoffs und wir waren in der Lage, es umzusetzen.

LAOLA1: Sie sind vor zwei Jahren gewissermaßen als Neuling nach Salzburg gekommen, da Sie im Profi-Bereich keinerlei Erfahrung als Head Coach hatten. Hätten Sie es möglich gehalten, nun mit zwei Meisterschaften hier zu stehen?

David: Zu 100 Prozent Nein. Und ich bin jetzt nicht bescheiden. Um ehrlich zu sein, und ich sage das nicht, um etwa meine Fähigkeiten zu loben: Es ist wahrscheinlich eines der schwierigsten Dinge, als neuer Trainer in ein Team zu kommen, das zwei Meisterschaften hintereinander gewonnen hat, und herauszufinden, wie man das fortsetzen kann.

"Im letzten Jahr hatte ich viele schlaflose Nächte, musste oft in den Spiegel schauen und lernen, wer ich bin und wozu ich in dieser ersten Saison fähig bin."

Oliver David

LAOLA1: Wie haben Sie es dann geschafft?

David: Die Mannschaft ist der Grund, nicht ich. Ich habe gelernt, wie es hier läuft und was ich dazu beitragen kann. Ich bin 2023 gekommen, weil ich schon immer die Idee hatte, hier Coach zu sein. Doch im letzten Jahr hatte ich viele schlaflose Nächte, musste oft in den Spiegel schauen und lernen, wer ich bin und wozu ich in dieser ersten Saison fähig bin. Ich dachte nicht, dass wir gewinnen würden. Ich hoffte nur, dass wir eine gute Saison haben würden, aber die Jungs hatten in diesem ersten Jahr andere Vorstellungen. Heuer ist mehr passiert, ich hatte andere Ideen und neue Wege zu denken, zu arbeiten und auch zu spielen.

LAOLA1: Was war diese Saison noch anders?

David: Wir hatten eine Erwartungshaltung und eine normale Art und Weise, miteinander zu arbeiten. Die Mannschaft wusste, wer ich war, ich wusste, wer sie waren. Ich erinnere mich noch gut an den ersten Tag des Trainingslagers, als ich mir dachte: Oh, das ist anders als mein erster Tag im letzten Jahr. Das ist ein ganz anderes Gefühl.

LAOLA1: Inwiefern?

David: Es war diese Gelassenheit und Vertrautheit. Keine Selbstgefälligkeit, sondern Ruhe und Verständnis, es herrschte eine gute Stimmung. Wir haben da weitergemacht, wo wir aufgehört hatten. Wir mussten nichts Neues anfangen.

LAOLA1: Und nun stehen Sie hier, geben Interviews und halten die Karl-Nedwed-Trophy in Ihren Händen. Gratulation!

David: Vielen Dank!



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