Es kam für viele überraschend, dass Phil Horsky im Sommer beim HC Pustertal als Assistant Coach anheuerte.
"Ich war viel unterwegs und wollte zurück in die Heimat – eigentlich nach Wien, aber zumindest in die Nähe meiner Heimat", sagt der 39-Jährige im Gespräch mit LAOLA1.
Der ehemalige Flügelstürmer verließ Österreich 2015, um den großen Schritt nach Schweden zu wagen. Dort setzte er sich nachhaltig durch, nur unterbrochen von einem Sabbatical-Jahr in der Schweiz war Horsky sieben Jahre im skandinavischen Land tätig.
Nun ist er zurück in der win2day ICE Hockey League, wo am Sonntag ein höchst emotionales Auswärtsspiel auf ihn wartet - nämlich jenes bei den Vienna Capitals (ab 17:30 Uhr im LIVE-Ticker >>>).
In seiner Heimatstadt begann der EBEL-Meister von 2003/04 seine Trainerkarriere, war federführend für den Aufbau der Vienna Capitals Hockey Academy verantwortlich. Im letzten Sommer musste er aus der Ferne mitansehen, wie einige ihrer besten Schüler und Absolventen den Klub innerhalb der Liga verließen.
Nicht nur dazu äußert sich Horsky, er spricht zudem über seine ersten Wochen in Bruneck, gewährt einen kleinen Einblick in seine Zeit in Schweden und erklärt den Grund für das frühe Ende seiner Spielerkarriere. Außerdem sind das Wiedersehen mit Wien und den Caps sowie seine Cheftrainer-Ambitionen Thema im großen LAOLA1-Interview.
LAOLA1: Phil, Mitte Juni wurdest du als Assistant Coach beim HC Pustertal vorgestellt. Wie kam es zu diesem Engagement?
Phil Horsky: Da muss ich noch ein bisschen weiter zurückgehen. Ich war viel unterwegs und wollte zurück in die Heimat – eigentlich nach Wien, aber zumindest in die Nähe meiner Heimat. Wenn man so lange weg war, mit viel Herumsiedeln auch den Preis bezahlt hat - das zerrt schon an einem. Ich wollte es nicht leicht haben, bin jetzt wieder umgesiedelt. Aber ich wollte schon wieder etwas anderes machen und zurückkommen. Über Kontakte, aber auch Gerüchte was hier entsteht, ist der HC Pustertal aufgekommen. Ich habe von Trainerkollegen nur positive Dinge gehört, dann hat das eine zum anderen geführt und schließlich zum ersten Kontakt mit dem Sportchef (Anm: Patrick Bona). Und jetzt bin ich hier.
LAOLA1: Der neue Head Coach Stefan Mair meinte bei deiner Bekanntgabe, dass er dich unbedingt als Assistant Coach haben wollte. Habt ihr euch schon vor der Zeit beim HC Pustertal gekannt?
Horsky: Wir haben uns bei einem Trainer-Symposium schon einmal getroffen, aber nicht mehr als das. Man kennt sich über andere Trainer-Kollegen, informiert sich und die Trainer-Welt ist dann doch klein. Ich kannte seinen Namen natürlich, man recherchiert auch vorher und versucht generell, die meisten Trainer zu kennen. Ich wusste vor allem von seiner Arbeit in der Schweiz. Es ist umso schöner, wenn der Head Coach jemanden haben möchte und man das Vertrauen bekommt, erwünscht zu sein und seinen Teil dazu beitragen zu können.
LAOLA1: Wie hast du dich in deinen ersten Wochen in Bruneck eingelebt?
"Irgendwann einmal in der Zukunft ist es schon mein Ziel, Cheftrainer zu sein. Aber ich stresse mich nicht mehr."
Horsky: Es ist ein wunderschöner Ort. Die Dolomiten vor allem, das ist ein Naturjuwel. Ich bin im August hierher gekommen, da ist Touristen-Hoch-Zeit. Da passiert schon einiges in der Stadt und rundherum. Das war auch neu für mich. Es fehlt einem an nichts – wunderschöne Altstadt und Natur, die Eishalle auch gleich in der Stadt, ebenfalls wunderschön. Man kann dorthin radeln oder gehen. Es ist ein perfektes Milieu für einen Eishockey-Trainer. Der Verein ist sehr professionell und familiär geführt. Ein kleinerer Verein, aber doch viele Mitglieder mit einem großen Nachwuchs. Der Verein bedeutet den Pustertalern bzw. den Bruneckern schon einiges. Eishockey hat hier einen hohen Stellenwert und das habe ich auch gleich zu spüren bekommen.
LAOLA1: Du schwärmst ja regelrecht von Pustertal bzw. Bruneck. Ist es für dich der perfekte Ort, um einerseits wieder in heimischen Gefilden anzukommen und zugleich den nächsten Entwicklungsschritt zu machen?
Horsky: Das ist eine gute Überlegung, aber ich habe am Anfang eigentlich nicht so gedacht. Ich wollte wirklich nur wieder etwas anderes sehen, auch die Chance bekommen, mit Stefan zu arbeiten. Irgendwann einmal in der Zukunft ist es schon mein Ziel, Cheftrainer zu sein. Aber ich stresse mich nicht mehr. Es ist nicht unbedingt so, dass ich um jeden Preis nächstes Jahr Cheftrainer sein muss. Da bin ich schon reifer geworden in der Hinsicht, dass ich mir jetzt mehr Zeit lasse. Nichtsdestotrotz ist es aber mein Ziel. Es ist definitiv ein guter Standort, um nicht nur meine Erfahrungen einzubringen und den HC Pustertal auf das nächste Level zu bringen, sondern auch für mich selbst wieder etwas Neues kennenzulernen. Beispielsweise einen neuen Führungsstil, es ist doch ein Riesenunterschied zu Schweden.
LAOLA1: Wo liegen die Unterschiede zwischen Pustertal und Schweden?
Horsky: Das österreichische Eishockey ist sehr kanadisch geprägt, mit vielen kanadischen Spielern und Trainern. Du hast diese nordamerikanische Mentalität extrem in Österreich bzw. in der Liga generell. In Schweden hast du das natürlich nicht. Die haben ihre eigene Identität, ihren eigenen Führungsstil und ihre eigene Art, Dinge zu erledigen, auch das Spiel zu sehen. Vor allem in Führungsstil-Fragen ist Schweden definitiv am anderen Ende des Spektrums. Alleine diese Erfahrungen zu machen, jetzt wieder ein anderes Land – es ist zwar nur Südtirol und nahe an Österreich, aber es ist auch so schon etwas anderes. Das macht die Erfahrung umso wertvoller und die Erfahrungen, die ich mit meinen 39 Jahren schon machen konnte – mehrere Länder und Eishockey-Kulturen erleben zu dürfen - dafür bin ich schon sehr dankbar. Jetzt weiß ich es zu schätzen und verstehe auch, was es mir gebracht hat. Für mich und meine Karriere.
"Ich habe keine guten Angebote mehr bekommen und meine Zeit war eigentlich vorbei. Ich habe nicht mehr so richtig gebrannt für das Spiel."
LAOLA1: Du bist mit deinen 39 Jahren noch sehr jung, hast bereits im Alter von 27 zum Spielen aufgehört. Du wurdest 2003/04 sogar Meister mit dem KAC, hast danach in Graz gespielt. Warum hast du deine Karriere so früh beendet?
Horsky: Ich habe keine guten Angebote mehr bekommen und meine Zeit war eigentlich vorbei. Ich habe nicht mehr so richtig gebrannt für das Spiel. In meinem letzten Jahr habe ich gleich gemerkt, dass man dafür brennen und es lieben muss, jeden Tag aufs Eis zu gehen. Ich habe das schon gerne gemacht, aber es hat ganz einfach das Feuer gefehlt. Meine Leistungskurve ging ebenfalls klar nach unten, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich habe gar kein Problem damit gehabt, aufzuhören. Dann sind die Capitals mit dem Trainerangebot gekommen, das hat perfekt reingepasst. Das ist etwas, was ich machen wollte. Jetzt ist es auch schon 13, 14 Jahre her – heuer ist meine 14. Saison als Trainer und die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. Man lernt viel dazu und weiß, dass man noch nicht am Ende ist. Wenn man glaubt, schon alles zu wissen, macht man den ersten Fehler. Gerade als Trainer muss man immer den nächsten Schritt machen, immer etwas Neues dazulernen - eine neue Kultur, einen neuen Führungsstil. Auf irgendeine Art und Weise sich selbst ins kalte Wasser stoßen und immer wieder herausfordern. Das ist die Kunst und ich habe nie davor zurückgeschreckt, genau das zu machen - etwas Neues und wieder von Null zu beginnen.
LAOLA1: Als Spieler war das Feuer nicht mehr da, als Trainer aber offenbar schon – welche Vorzüge hast du zum damaligen Zeitpunkt gesehen?
Horsky: Ich habe speziell am Anfang in Wien die ganzen Möglichkeiten gesehen, das war genug Motivation eigentlich. Du hattest viele im Verein, die wirklich etwas bewegen wollten und engagiert waren. Viele Leute haben sehr viel in das Ganze investiert. Zu dem Zeitpunkt gab es gar keinen österreichischen Eis-Trainer. Die Dankbarkeit und Notwendigkeit, dass einer da einmal anpackt und etwas aufbaut in Wien, war zu dem Zeitpunkt extrem. Deswegen war das Motivation genug für mich, mein Projekt zu starten und volle Arbeit reinzustecken.
LAOLA1: Mittlerweile sind die Vienna Capitals einer der besten Ausbildungsvereine Österreichs, auch aufgrund der Vienna Capitals Hockey Academy, deren Mitbegründer du bist. War das dein großes Herzstück in deiner Zeit als Nachwuchscoach und -koordinator?
Horsky: Ich war eigentlich immer dieses Bindeglied zur ersten Mannschaft, das war mein Hauptjob. Ich war Co-Trainer der ersten Mannschaft, habe dann eben den Nachwuchs und alleine ein 12-Monats-Konzept aufgebaut, das wirklich viel Zeit gekostet hat. Die Akademie bzw. dieses Ganzjahres-Konzept war das letzte, was ich gemacht habe. Das war schon extrem viel Arbeit, weil ich war am Anfang alleine auf weiter Flur mit ein paar anderen, die mir geholfen haben. Es gab viele, die für die Capitals wirklich gebrannt und mich dabei unterstützt haben. Das war die Motivation und der Anstoß, den ich gebraucht habe. Zu diesem Zeitpunkt hat mir Eishockey wirklich viel bedeutet, und es gab viel Nachwuchs – ich musste auch mit 16 aus Wien weg, weil es nach dem WEV keine erste Mannschaft gab in Wien. Vielleicht habe ich mich auch deshalb so ins Zeug gelegt und war es mir wichtig, dass der Nachwuchs professioneller wird. Etwas aufbauen, den nächsten Schritt machen, auch vielen Leuten die Augen zu öffnen und zu zeigen, was es einem abverlangt und wirklich benötigt wird – auf das bin ich definitiv stolz, wenn ich zurückblicke. Trotz dem, dass ich jetzt schon viel Distanz zu den Capitals habe, werde ich das nie vergessen.
"Keinen Vorwurf an irgendeinen Spieler, aber sie haben keine Ahnung, was wir in jeden einzelnen von ihnen investiert haben!"
LAOLA1: Wie schwer ist dir der Abschied von den Capitals 2015 gefallen? Dir hat sich in Schweden bei Örebro HK zwar eine einmalige Chance geboten, aber wenn ich dir so zuhöre, war es wohl alles andere als leicht.
Horsky: Es hat für mich leider keine Alternative gegeben. Ich habe kurz die erste Mannschaft interimsmäßig übernommen, dann aber gemerkt, dass es ein guter Zeitpunkt wäre, etwas anderes zu machen. Da sind wir wieder beim "ins kalte Wasser springen." Wenn man bequem wird und glaubt, alles zu wissen, dann ist es wirklich Zeit etwas anderes zu machen und sich in Gewässer zu begeben, wo man sich unsicher fühlt. Dieses Wechselspiel zwischen Unsicherheit und Wissbegierigkeit ist wichtig. Ich habe viel erreicht in Wien. Aber man wird ein bisschen gemütlich, glaubt, man macht alles auf die selbe Art und Weise - das ist falsch! Das trauen sich die Wenigsten. Ich wusste nicht, wie hart es (in Schweden, Anm.) wird, aber es war beinhart. Wenn ich mit etwas Abstand zurückdenke: Was ich da investiert habe und wirklich auf den Arsch geflogen bin. In Schweden bist du ein Niemand. Da muss man sich schon durchkämpfen und das hat mich auch weitergebracht. Deswegen bin ich dankbar, dass ich das durchgezogen habe.
LAOLA1: Neben deiner Zeit in Örebro warst du außerdem drei Jahre bei Vimmerby HC, dann kam der letzte Sommer. Bei den Capitals wurde nach dem Abschied von Dave Cameron plötzlich die Trainer-Stelle frei. Gab es damals einen Kontakt zwischen dir und dem Verein?
Horsky: Es gab den Kontakt, aber ich hatte schon in Vita Hästen unterschrieben und alle die mich kennen wissen, dass ich sehr vertragsloyal bin. Sie waren in Vita Hästen sehr fair zu mir, ich wollte auch dorthin, weil es in der Nähe von Örebro ist. Deswegen war ich schon dankbar für die Chance dort, aber dann ist der Kontakt zu Wien gekommen. Es war mehr ein Abtasten, ein Schauen. Es war einfach der falsche Zeitpunkt – wieder einmal. Gespräche hat es gegeben, aber ich war unter Vertrag in Vita Hästen. Ich will keine Verträge brechen, habe auch nachgefragt in Vita Hästen – die waren natürlich enttäuscht. Sie haben viel in mich investiert, deswegen konnte ich nicht "Nein" sagen und habe die Gespräche (mit den Capitals, Anm.) nicht weiter verfolgen können.
LAOLA1: Du wirst von außen aber gesehen haben, was im Sommer 2021 in Wien alles passiert ist – vor allem die Abgänge zahlreicher einheimischer Leistungsträger.
Horsky: Es war eine Herausforderung, welche die Caps super gemeistert haben. Es ist immer hart, wenn du so viele einheimische Spieler verlierst, du hast dir viel aufgebaut. Ich war ja dabei, gerade bei diesem Jahrgang – das schmerzt! Man ist ein bisschen sauer, und ich verstehe das auch. Keinen Vorwurf an irgendeinen Spieler, aber sie haben keine Ahnung, was wir in jeden einzelnen von ihnen investiert haben! Was der Verein investiert hat, wie viele Meetings wir hatten. Ich rede nicht von Geld, sondern von Überstunden. Das ganze Projekt haben wir für diese Jahrgänge gemacht. Nichtsdestotrotz bleibt es jedem Spieler selbst überlassen und ich will darüber nicht mehr sagen eigentlich, aber die Vienna Capitals haben das super gemeistert. Sie haben die Herausforderung angenommen, wie es die Capitals immer machen. Mit Franz Kalla (General Manager, Anm.) und Christian Dolezal (Assistant Coach, Anm.) hast du zwei richtig starke Persönlichkeiten, denen der Verein viel am Herzen liegt und die viel Herz, Arbeit und Zeit investieren.
LAOLA1: Aber du wirst den Frust von Franz Kalla sehr wohl verstanden haben.
Horsky: Ich war ja von Anfang an dabei, habe diesen Jahrgang übernommen als sie noch wirklich jung waren. Das hat auch mir wehgetan als ich das gesehen habe. Aber es ist das Recht der Spieler. Daher verstehe ich die Aussagen vom Verein und von Franz Kalla definitiv.
"Die Stadt, die Menschen, die Kultur – wie sehr ich Wien in meiner Zeit in Schweden vermisst habe, das ist schon sensationell."
LAOLA1: Am Sonntag geht es für dich endlich wieder zurück nach Wien. Wie sehr freust du dich darauf?
Horsky: Man muss aus Wien weg, um Wien wirklich zu schätzen. Die Stadt, die Menschen, die Kultur – wie sehr ich Wien in meiner Zeit in Schweden vermisst habe, das ist schon sensationell. Das muss ich schon zugeben. Das Wiener Eishockey bedeutet mir natürlich viel. All die Jahre als ich jünger war, auch der gegangene Weg mit den Capitals und die Beziehungen, die ich zum Verein habe. Mit Christian Dolezal vor allem und Franz Kalla, das ist schon etwas besonderes. Es wird sicher ein emotionaler Abend.
LAOLA1: Wie wird es sein, auf der gegnerischen Trainerbank zu stehen?
Horsky: Das wird sicher komisch sein. Als Trainer bin ich noch nie auf der Bank gestanden, nur gesessen als Spieler. Das wird ein neues Erlebnis.
LAOLA1: Glaubst du, dass die Fans dich wahrnehmen werden?
Horsky: Das hoffe ich schon.
LAOLA1: Wärst du enttäuscht, wenn es keine Sprechchöre für dich gibt?
Horsky: (lacht) Nein, das bleibt ihnen überlassen. Ich habe schon gute Beziehungen zu vielen Fans und Leuten rundherum in Wien gehabt. Ich glaube, sie wissen meine Arbeit zu schätzen, die ich für den Verein gemacht habe und mein Herz, dass ich für die Capitals gehabt und auf gewisse Art und Weise immer noch habe. Aber ich habe jetzt einen neuen Arbeitgeber, fühle mich da extrem wohl und kann schon differenzieren. Es ist sicher emotional, aber gleichzeitig habe ich eine Arbeit zu verrichten und stehe in der Schuld von meiner Mannschaft und meines Vereins, denen alles zu geben, was ich habe.
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