In Wien-Kagran hat man die Schnauze voll. Am selben Tag, an dem Red Bull Salzburg die Verpflichtung von Ex-Capitals-Angreifer Ty Loney bekanntgibt, macht Franz Kalla, General Manager der Vienna Capitals, seinem Ärger Luft.
Doch nicht nur die "Roten Bullen" aus der Mozartstadt sind Kalla ein Dorn im Auge, die Machenschaften des Villacher SV stoßen dem Verantwortlichen immer öfter sauer auf. Dazu kommen die Liga und der ÖEHV, die dringend notwendige Reformen nicht umsetzen würden.
"Abwerbung im Nachwuchs und oben"
Dass Loney den Weg in die Mozartstadt antritt, war nach der Ankündigung der Capitals, dass der 29-Jährige nicht in Wien bleiben würde, ein offenes Geheimnis.
Kalla wittert ein System hinter den Abwerbungen und geht mit den Salzburgern hart ins Gericht: "Es ist destruktiv, zerstört eine Liga und bringt sie aus der Balance. Wenn ich einen Vergleich zum Fußball ziehe: Macht das Sinn, wenn ein Verein in acht Jahren von 16 Titeln 15 gewinnt? Ist das sportlich das, was interessant ist?", so Kalla am Donnerstag vor Medienvertretern.
"Ist es das, was man im Eishockey versucht zu kopieren? Mit überzahlten Gehältern, in einer für alle Vereine wirtschaftlich schwierigen Situation? Hier wird im Grunde genommen versucht, Vereine wissentlich, bewusst zu schwächen und ein Ungleichgewicht herzustellen."
"Im Nachwuchs wird gewildert und oben wird gewildert, mit absolut überzogenen Gehältern", wettert Kalla, zwei Spieler aus der U16 sollen den Weg nach Salzburg antreten.
"Jeder bewundert die Akademie in Salzburg. Super Einrichtung. Wie viele Salzburger haben in den letzten zehn Jahren begonnen, Eishockey zu spielen? Wie viele Spieler werden jedes Jahr in ganz Österreich abgeworben, und kommen nach Salzburg?", fragt sich der Capitals-Manager.
"Utopische Summen"
Benjamin Nissner und Ali Wukovits sind wohl ebenfalls am Weg Richtung Salzburg, beide wollten ihre auslaufenden Arbeitspapiere während der Saison nicht verlängern. Nun soll letzterem ein Dreijahresvertrag mit einer für die Capitals "utopischen Summe" vorliegen. Es soll sich um das Dreifache vom aktuellen Verdienst handeln.
Zu ähnlichen Mitteln wolle man in Wien-Kagran aber nicht greifen, versichert der Capitals-GM: "Wir könnten das gleiche machen, was Salzburg macht. Wir tun jenen Vereinen weh, die sich nicht wehren können, die weniger Budget haben als wir. Was ist der Effekt? Es gibt noch mehr Verlierer. Das ist nicht, worum es geht."
Um dafür zu sorgen, dass sich dies in dieser Form nicht mehr wiederholen kann, wünscht sich Kalla eine Reform der Ausbildungsentschädigung. Aktuell schaut ein Verein durch die Finger, wenn sich ein Jungspieler für den Wechsel zu einem anderen Klub entscheidet.
"Das ist eine ewige Forderung, die jedes Mal vehement von uns eingefordert wird. Das liegt in der Verantwortung des ÖEHV. Es ist das Leichteste, zu sagen, wir brauchen weniger Imports".
Eine Ausbildungsentschädigung, wie sie in der Schweiz üblich ist, würde dafür sorgen, dass Vereine für die Arbeit im Nachwuchs finanziell entschädigt würden. Für Kalla sei dies ein "gutes und sehr nachhaltiges System". Dieses müsse aber an die österreichischen Gegebenheiten angepasst werden, wird betont.
Angriff auf "jammernden" VSV
Doch nicht nur nach Salzburg haben die Capitals mindestens einen Spieler verloren, auch der VSV konnte mit Jerome Leduc einen Akteur aus der Bundeshauptstadt unter Vertrag nehmen.
Dieser werde laut Kalla wohl nicht der einzige Abgang aus Wien Richtung Villach bleiben, ein weiterer Österreicher, vermutlich Marco Richter, soll abgeworben worden sein, was bei den Capitals für Verwunderung sorgt.
"Ich kann sagen, und dazu stehe ich, dass die Kollegen in Villach immer wegen dem Geld jammern. Und das sind die Ersten, die da Vorpreschen. Das hat schon im vergangenen Sommer zu großer Verwunderung geführt, und jetzt ein zweites Mal", so Kalla, der auf Rückendeckung für seine Ansichten hofft.
"Ich würde mir wünschen, dass alljene, die den Villacher Weg in den letzten zehn Monaten mir gegenüber kritisiert haben, dass die es jetzt auch machen. Da rede ich nicht nur von der Liga", so der Kalla, der sich kämpferisch gibt.
"Das halte ich aus, wenn einer sagt: 'Der Kalla plärrt'. Weil das ist es nicht, keine Sorge. Jeder, der mich kennt, weiß, dass wir das nicht notwendig haben, weil wir finden schon Lösungen. Wir sind verdammt stolz darauf, wie es letztes Jahr abgelaufen ist, nämlich sportlich. Und auch auf den Support, den wir von Fans und Sponsoren bekommen. Wenn man nun versucht, uns zu schädigen, dann werden wir auch wissen, wie wir darauf antworten. Wir werden eine konkurrenzfähige Mannschaft auf die Beine stellen."
Capitals fordern Lizenzverfahren
Doch die Antwort soll auch außerhalb der Eisfläche erfolgen. Die Capitals werden bei der Liga einen Antrag auf Einführung eines Lizenzierungsverfahrens einbringen.
"Das würde viele Probleme lösen, viele Fragen beantworten. Es ist völlig unüblich, dass es in einer Profi-Liga wie unserer, kein Lizenzierungsverfahren gibt. Das ist in der DEL längst gang und gäbe", so der Capitals-GM, der sich erhöhte Transparenz davon versprechen würde.
"Es sollte nicht jeder seine Budgets in der Zeitung veröffentlichen, es sollte nur überprüfbar sein. Wir alle kennen die Szenarien, wie es im Fußball läuft. Es weiß aber trozdem nicht Verein A von Verein B, wie seine Sposoren und Verträge ausschauen – das wird unabhängig geprüft".
Gleichzeitig räumt Kalla aber auch die Probleme eines solchen Verfahrens ein. Die verschiedenen Teams unterliegen aufgrund der Internationalität der Liga unterschiedlichen Rahmenbedinungen, unter anderem bei Steuern. Das soll als Ausrede aber nicht gelten dürfen. "Die Frage ist, sucht man einen Weg zu finden, oder sucht man ihn nicht zu finden? Wir sind einer derjenigen, die seit Jahren versuchen, Transparenz reinzubringen."
Bei einem solchen Lizenzierungsverfahren würden sich auch Ungereimtheiten in Luft auflösen. "Vielleicht haben die dort unten einen Gönner, ist auch in Ordnung, kann ja sein. Dann sollen sie es auch bekanntgeben und nicht in jeder Sitzung sagen, dass sie so arm sind. Sie verpflichten einen Spieler nach dem anderen und unterschreiben Verträge, wo ich sagen würde, 'Ich traue mich das jetzt nicht'", wettert Kalla weiter.
"Ich denke doch, dass Hans Schmid (Capitals-Präsident, Anm.) dafür bekannt ist, dass er die Verpflichtungen, die er eingeht, auch einhält. Ob andere das genauso machen, das weiß ich nicht. Aber ich wundere mich."
Kein Vorwurf an Spieler
Verständnis für Spieler, die sich für besser dotierte Verträge entscheiden, kann Kalla jedenfalls aufbringen, den Akteuren möchte er keinen Vorwurf machen.
"Ich freue mich auch für den Spieler. In meiner Brust wohnen ja zwei Herzen. Ein Eishockeyspieler hat eine begrenze Zeit, wo er sein Geld verdienen kann, das sind ja Profis. Natürlich müssen die schauen, dass sie ihr Geld verdienen, sagt Kalla, der die Spieler mit "viel Herz, Aufwand und Fürsorge" emotional an den Verein binden will.
Sportlich möchte man den Weg mit jungen Spielern aus Österreich weitergehen, dass der Kader der vergangenen Saison es mit nur drei Imports bis ins Playoff-Halbfinale schaffte, sieht Kalla als "Bestätigung des eingeschlagenen Wegs".
Die Mannschaft soll mit so wenigen Imports wie möglich auskommen, soll aber um den Titel mitspielen können. "In Wien hat man den Anspruch. Das ist man den Fans und Sponsoren schuldig, dass wir mit einer Mannschaft in die Saison gehen, die konkurrenzfähig ist. Das ist das große Ziel."
Eine überzogene Reaktion der Capitals am Transfermarkt schließt Kalla aus. "Wir wissen aus der Vergangenheit: Es gibt keinen Druck, der Markt ist übervoll. Wir werden keine Panikreaktion machen und mit 12 Imports spielen. Sondern wir werden uns überlegen, wie wir das machen. Unsere Hauptausrichtung sind Spieler aus Österreich".
Ob die Wiener auch in der kommenden Spielzeit eine Mannschaft aus dem Hut zaubern, die konkurrenzfähig ist, und um den Titel in der ICE Hockey League mitspielen kann, wird die Zukunft zeigen. Dies würde Kallas heutigen Worten noch mehr Gewicht verleihen, als diese ohnehin haben.
Möglichlicherweise schließt sich ja auch noch der eine oder andere Verantwortliche seinen Worten an. "Vielleicht bleiben wir am Ende des Tages alleine, aber aus unserer Sicht ist es richtig", meint Kalla zu seinem Rundumschlag.