Die Eishockey-Saison naht in großen Schritten! Mit dem Start der ICE Hockey League am 25. September startet die heimische Liga in eine neue Ära, nachdem die Corona-Krise den Abschluss der letzten EBEL-Saison und damit die Kür eines Meisters verhinderte. Auch die Vereine der Scheibenjagd präsentieren sich durch die widrigen Umstände zum Teil mit einem neuen Gesicht.
Schon eine Woche vor dem Liga-Start messen sich Red Bull Salzburg, der KAC und die spusu Vienna Capitals beim Red Bulls Salute miteinander (19. und 20. September, LIVE bei LAOLA1). Dazu kommt mit Red Bull München ein starker Gast.
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller nimmt in seiner traditionellen Saison-Vorschau wieder alle Teams unter die Lupe. Ist Red Bull Salzburg auch mit reduzierter Legionärsanzahl ein Meister-Anwärter?
Das sollte klappen
Die Roten Bullen handelten eine Verletzungsserie im Vorjahr ohne großes Wehklagen ab, führten die Tabelle fast die ganze Saison über an und hätten sich im Playoff nach menschlichem Ermessen auch gegen den VSV durchgesetzt. Das Team 2020/21 unterscheidet sich nicht kategorisch von dem Team der Vorsaison, auch wenn die Legionärsanzahl (wie bei allen Spitzenteams) reduziert wurde und der Abgang von Raphael Herburger (allerdings auch oft verletzt) natürlich schmerzt. Umgekehrt sollten einige Akademie-Spieler wie Filip Varejcka, Paul Huber oder Lukas Schreier bereit für den nächsten Schritt sein.
J.P. Lamoreux beseitigte die langjährigen Goalie-Probleme im Handumdrehen, gewann so manches knappe Spiel im Alleingang. Auch im Sommer zeigte er trotz seines Alters (36 Jahre) keine Ermüdungserscheinungen. Was auf ihn zutraf, sollte auch für Neuverpflichtung Rick Schofield Gültigkeit haben: Warum sollte ein jahrelang konstanter EBEL-Spitzencrack ausgerechnet in Salzburg nicht funktionieren?
Auch wenn in den letzten Jahren einige Leistungsträger entweder in Pension (Daniel Welser, Matthias Trattnig, Manuel Latusa) oder ins Ausland gingen (Herburger) beziehungsweise Akademie-Spielern Platz machen mussten (Michael Schiechl) – mit Dominique Heinrich, Alexander Pallestrang, Layne Viveiros, Thomas Raffl oder dem wiedergenesenen Alexander Rauchenwald stehen immer noch viele rot-weiß-rote Spitzencracks im Salzburger Lineup.
Das könnte klappen
Taylor Chorney kommt aus der Schweizer National League nach Salzburg – Legionäre aus dieser Liga funktionieren hierzulande normalerweise sehr gut, so sie nicht schon völlig überwuzelt sind. Mit 33 Jahren sollte der laufstarke Chorney noch nicht in diese Kategorie fallen. Allerdings: Wie groß ist sein Offensiv-Potenzial? Durchschnittlich, würde ich sagen, allerdings sind Heinrich bzw. Derek Joslin im Powerplay sowieso gesetzt.
Fünf oder acht Legionäre? Alles im Auge des Betrachters. Zu den fünf älteren Semestern (Lamoureux, Joslin, Chorney, Schofield, John Hughes) kommen die drei Akademie-Produkte J.J. Peterka, Justin Schütz und Varejcka, der schon letzte Saison mit von der Partie war. Alles Zwei-Punkte-Legionäre (drei sind erlaubt). Wenn Peterka (seine Offensiv-Fähigkeiten machen ihn zu einem Erstrunden-Kandidat beim NHL-Draft im Europa) und Schütz (tolle Frühform trotz längerer Verletzungspause) vollwertige Legionäre sind, verfügen die Roten Bullen über mindestens zwei Offensiv-Linien. Nur: Wie lange bleiben sie überhaupt?
Mario Huber (den Coach Matt McIlvane sehr schätzt), Florian Baltram und Nico Feldner – wohin geht für sie die Reise? Vor allem bei Verletzungen - Thomas Raffl fällt eigentlich jede Saison aus - müssen sie sich offensiv (mehr) einbringen. Insbesondere Baltram und Feldner (jeweils ein Tor in der Vorsaison) müssen ihre Produktion steigern, im Gegensatz zu Yannic Pilloni (eigentlich Schiechls Nachfolger) gehen sie nämlich nicht als reine Defensivstürmer durch. Der körperlich starke Paul Huber befindet sich nach einer guten Debüt-Saison schon auf der Überholspur.
Das Problempotenzial
Schon im Vorjahr ging das Toreschießen nicht mehr so leicht von der Hand wie früher, von ehemals vier starken Linien ging es Richtung drei, oft sogar nur zwei. Das kann heuer mit reduzierter Legionärsanzahl noch mehr zum Problem werden als sonst. Die Spieler Brent Regner, Chad Kolarik, Connor Brickley, Janos Hari, Bud Holloway und Brendan Mikkelson (in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit) wurden eigentlich nur durch Schofield und Chorney ersetzt. Wenn das Scoring by Committee nicht klappt, wird auch Lamoureux nicht immer die Kastanien aus dem Feuer holen können. Dazu muss der klare Einser-Keeper seine Aufgabe alleine tragen, die wenigen Entlastungs-Einsätze, die Lukas Herzog letzte Saison noch übernahm, fallen nach dessen Hüftverletzung weg - er ist raus, bevor die Saison noch begonnen hat.
McIlvane, der sich in der letzten Saison wohl zumindest mit dem Finaleinzug für seine ausgezeichnete Arbeit gekrönt hätte, hat – Corona-unabhängig – wesentlich weniger Mittel zur Verfügung als seine Vorgänger (kein Vergleich zur Page-Ära). Es geht vor allem darum, die Akademie zu amortisieren, ein ebenso löbliches wie logisches Unterfangen. Klagen gibt es von ihm nie, aber gerade für seine weitere Karriere wäre ein Titel im Lebenslauf nur zu gut. Doch ein Selbstgänger ist das schon lange nicht mehr. Können die Roten Bullen den schmalen Grat zwischen Talenteförderung und hohen Ansprüchen weiter beschreiten?
Wo könnte nachgerüstet werden?
Nach dem Saison-Aus von Herzog braucht Lamoureux einen neuen Backup, der restliche Kader ist eigentlich breit genug aufgestellt. Von weiteren - langfristigen - Verletzungen abgesehen, wäre der nächste Knackpunkt die Rückkehr von Peterka und Schütz nach München (so es eine DEL-Saison gibt). Kommen dann Vier-Punkte-Legionäre oder werden diese Positionen intern nachbesetzt? Oder im umgekehrten Fall: Könnten bei einer DEL-Absage (nicht völlig herbeigeholt) noch Cracks aus München kommen?
Der Ausblick
Auch wenn ich das letztjährige Team nicht gegen das aktuelle tauschen würde: Ein Top-3-Platz sollte während der ganzen Saison allemal drinnen sein…