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Freimüllers ICE-Check: Graz99ers

Wo liegen die Stärken und Schwächen? Was ist zu erwarten? Der Liga-Check:

Freimüllers ICE-Check: Graz99ers Foto: © GEPA

Am Freitag, den 17. September, startet die ICE Hockey League in eine neue Ära.

Nach der Liga-Aufstockung gehen nun 14 Teams in der überregionalen Liga auf Puck- und Punkte-Jagd. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller nimmt alle Teams unter die Lupe. Heute im Check: Graz99ers.

Was hat sich bei den Grazern getan? Wo liegen die Stärken und Schwächen? Und was darf man von den Steirern erwarten? Die Antworten:

Das war im Sommer los

Coach Jens Gustafsson durfte bleiben, obwohl er als Nachfolger von Doug Mason die Mannschaft auf den letzten Platz geführt hatte. Im Sommer stand wieder einmal ein Kaderumbau an, von den letztjährigen Legionären blieb mit Ken Ograjensek nur einer über. Mit Michael Kernberger und Rückkehrer Zintis Zusevics kamen zwei Österreicher (mit überschaubarer Qualität) dazu. Phillipp Lindner, Kevin Moderer und Oliver Setzinger mussten dagegen gehen. Genügend Kaderbreite kann es nur geben, wenn jüngere Spieler wie Clemens Krainz, Kilian Rappold, Kevin Pesendorfer oder der Ex-Wiener Philipp Maurer zu veritablen Alternativen werden.

Stärken und Schwächen des Kaders

Zwei Jahre Sebastian Dahm, ein Jahr Cristopher Nihlstorp – alles was davor oder danach im Grazer Kasten kam, war inadäquat. Dem neuen Schlussmann Anthony Peters sagte man bei seinen beiden letzten Stationen in Iserlohn und Malmö nur Gutes nach, allerdings mit der Einschränkung, dass er die Saison stets besser begann als er sie beendete. Gegenüber Ben Bowns sollte er mit Sicherheit ein Upgrade darstellen, Felix Nussbacher kann jederzeit einspringen, muss aber seine Hyperaktivität auf ein Normalmaß reduzieren.

Die Kaderzusammenstellung im vorletzten Sommer war von Haus aus fragwürdig, vor allem in der Defensive, wo es an Puckmovern fehlte. Mit der Rückkehr von Michael Boivin und dem Schweden Carl Ackered kamen zwei Leute, die sich über ihre Scorerzahlen definieren und vor allem im Powerplay dominieren können. Ackered musste aber sogar in der schwachen slowakischen Liga defensiv versteckt werden und war zuvor in der dritten schwedischen Liga und in England aktiv. Wenn er seine Scorerzahlen aus Trencin in Graz irgendwie replizieren kann, kann er sein Engagement rechtfertigen, ansonsten nicht. Der Rest der Defensive beinhaltet mit Ben Blood sowie Mario Altmann, Jacob Pfeffer, Erik Kirchschläger und Kernberger Leute ohne große Puckskills.

In der Offensive wird natürlich alles am Duo Simon Hjalmarsson-Andrew Gordon hängen, die mit großen Vorschusslorbeeren nach Graz kamen. Gordon war in seinen sechs Jahren in Linköping stets ein Leader, trotz überschaubarer Scorerzahlen immens geachtet.

Aber ist für Offensive wirklich genügend gesorgt? Dominik Grafenthin, Adis Alagic, Lukas Kainz, Michi Schiechl und Zusevics sind schon lange genug in der Liga, um ihre Saisonen einigermaßen voraussagen zu können. Daniel Oberkofler natürlich noch mehr, aber er taumelte zuletzt von einer Verletzungspause in die andere. Große Scorerausbrüche würde ich von ihnen keine mehr erwarten, sodass sich die neuen Legionäre Joey Martin und Mike Zalewski punktemäßig einbringen müssen, um die Kluft zur Toplinie (die Grafenthin ergänzen dürfte) nicht zu groß werden zu lassen.

Interessante Personalien

Simon Hjalmarsson war der Toptransfer des letzten Sommers, der mit großem Vorlauf angeleiert wurde. Er verfügt über jahrelange KHL- und SHL-Erfahrung mit durchaus überdurchschnittlichen Scorerzahlen, ist dazu mit 32 noch weit vom Alter entfernt, in dem solche Kaliber normalerweise nach Österreich wechseln. Das sollte doch funktionieren, oder? Wird es auch, vor allem im Powerplay sollte der Center (zuletzt in Göteborg aber als Flügel eingesetzt) von der rechten Halfwall ein Faktor sein. Nur: Hjalmarsson definiert sich wie fast alle Schweden über Smartness, gutes Positionsspiel und schnelle Pässe, also eher subtile Fertigkeiten. Wenn die Erwartungen dahingehen, dass er spektakulär agiert und sich alleine durch die Abwehr durchfräst, könnten diese zu hoch angesetzt sein.

Ben Blood ist öfters auf eben solches aus, eine Spielweise, die in der ICE auf dem Index steht. Die Puckfähigkeiten, die man ihm in Graz attestiert, hätte ich nie von ihm gesehen, auch eisläuferisch lässt er für mich Wünsche offen. Er könnte aber durch Einschüchterung das Bindeglied zwischen den beiden Offensivkünstlern Boivin und Ackered und dem Rest der Defensive sein, ebenso gut zu viele Strafen kassieren.

Joey Martin war in der britischen Liga ein vielgeachteter Mann, ein perfekter Zwei-Weg-Center mit großer Arbeitsmoral. Kann er mit 33 Jahren und nach einer durchwachsenen Saison in Norwegen gehobenes ICE-Niveau anbieten? Er, Zalewski (körperlich stark, guter Schuss) und Ograjensek (gradueller Leistungsabstieg) müssen brauchbare Offensive einbringen, sonst wird die Suppe ähnlich dünn wie in der Vorsaison, als zum Schluss Michael Latta und Michi Schiechl Fixkräfte im Powerplay waren.

Ausblick

Der Optimismus ist in Graz wie jeden Sommer grenzenlos – das Problem dabei: Im Schnitt wird dieser nur gefühlt alle drei bis vier Jahre mit Leben erfüllt. Falls die 99ers aber einmal ohne Verletzungsmisere durch die Saison kommen (gelang in der Vorbereitung schon nicht), könnten sie sich ins vordere Mittelfeld der aufgeblähten Liga kämpfen…

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