Die neue Saison der win2day ICE Hockey League steht vor der Tür.
Bevor es am Freitag losgeht (Alle Spiele im LIVE-Ticker), nimmt LAOLA1-Experte Bernd Freimüller die ICE-Teams genau unter die Lupe.
Dieses Mal ist der HC Bozen an der Reihe:
HC Innsbruck gegen HC Bozen am Freitag, 19:15 Uhr, im LIVE-Ticker >>>
Sommeraktivitäten
Nach der überragenden Saison, in der der HCB erst eine Minute vor Ende des siebten Finalspiels am Meistertitel vorbeischrammte, gestaltete sich die Off-Season eher ernüchternd. Zwar blieben alle Depth Guys und auch einige Schlüsselspieler erhalten, das Teamgerüst wurde aber ziemlich zerzaust.
Coach Glen Hanlon? Mit Familienproblemen und damit in der Heimat geblieben. Der überragende Goalie Sam Harvey? In der finnischen Liiga. Die beiden PP-Quarterbacks Ryan Culkin und Cole Hults? Unter dem Pantoffel bzw. im slowakischen Zvolen, wo es auch den spielstarken Bruder von Cole, Center Mitch, hinzog. Derwisch Mike Dalhuisen noch ohne Verein, von den Weggängen scheint noch der von Matt Frattin am ehesten verschmerzbar.
Zwar wurden all diese Abgänge natürlich quantitativ ersetzt, aber mit großen Fragezeichen, ob sie die Abgänge qualitativ ersetzen können. Hinter der Bande steht nun mit Niklas Sundblad ein Mann, der sich von Hanlon sehr unterscheidet. Sundblads größte Stärke – eine Mannschaft in der Vorbereitung konditionell auf die Saison hinzutrimmen – wurde durch die zizerlweisen Ankünfte und die CHL-Belastung (alle Spiele gingen meist klar verloren) torpediert.
Ausrufezeichen des Kaders
Mit Mike Halmo, Brad McClure und Dustin Gazley blieb eine starke Linie vollständig erhalten. Christian Thomas wurde trotz schwacher Playoffs bestätigt, sein Speed sollte weiterhin eine Waffe sein, was man auch über KAC-Neuzugang Lucas Lessio sagen könnte. Mit etwas Glück sollten die Bozner wieder über zwei starke Scorerlinien verfügen, Hults-Nachfolger Connor Ford muss zwischen diesen beiden freischaffenden Künstlern etwas den Verkehrspolizisten geben. Bringt er aber genug Offensive mit?
Bozen zeichnete sich über die Jahre immer durch eine starke physische Truppe aus. Die beiden Blueliner Scott Valentine und Dylan DiPerna blieben erhalten, Neuzugang Blake Parlett fällt auch in diese Kategorie. Im Angriff gibt es weiter Kampfschweine wie Kapitän Daniel Frank, Domenic Alberga oder Pascal Brunner, der nach Cameo-Auftritten in der Vorsaison nun fixer Bestandteil ist. Lustig zu bespielen wird der HCB wieder nicht sein.
Die Abgänge von Culkin und Cole Hults mussten ein Riesenloch hinterlassen. Schon einen PP-Defender zu finden, ist nicht leicht, zwei fast eine Herkulesaufgabe. Davis Vandane – aus Dornbirn bekannt – verfügt auf jeden Fall über genug Ruhe und einen genauen Schuss, sodass er wenigstens das erste Unit führen kann. Physisches Spiel bringt er trotz seiner Größe aber nicht mit.
Fragezeichen des Kaders
Niemand hätte damit rechnen können, dass Sam Harvey – mit überschaubarer AHL-Erfahrung – sich zu einem ICE-Spitzengoalie entwickeln würde, dessen Konstanz auch in den Playoffs nicht abriss. Mit Niklas Svedberg folgte ihm ein erfahrener Goalie nach, der aber in den letzten Jahren nur sehr bedingte Spielpraxis aufwies und zuletzt in Bremerhaven als Nachverpflichtung Teil eines Tandems war. Angesichts des porösen Gianluca Vallini als Partner muss Svedberg die Einser-Rolle annehmen und sich auch im Alter von 34 Jahren kaum Pausen gönnen.
Luca Frigos Vorsaison mit 14 Treffern dürfte wohl ein Ausreißer bleiben, auch Connor Ford wird an die Scorerzahlen von Mitch Hults eher nicht herankommen. Bei aller Kampfkraft von Linie 3 und 4 – ein großes Absinken der Offensive kann sich der HCB nicht leisten, viele ihrer Spiele über die Jahre waren knappe Abnutzungskämpfe.
Kann Josh Teves wirklich eine PP-Rolle einnehmen? Zwar verfügt er über schnelle Beinarbeit, aber sein Hockey Sense scheint mir etwas suspekt und bis auf ein Jahr in Rochester weist er weder in der AHL noch in Europa (Liiga bzw. NL) große Scorerzahlen auf. Parlett oder Valentine in eine PP-Rolle zu pressen, wäre schon verwegen.
Hier könnte nachgerüstet werden
Sportdirektor Dieter Knoll ist bekannt dafür, bei Misserfolgen nicht lange zu fackeln. Änderungen auf und neben dem Eis sind nie ausgeschlossen, allerdings wird sich der Markt im Vergleich zum Sommer nicht zu Bozens Vorteil entwickeln.
Ausblick
Gewisse Entscheidungen wurden Knoll im Sommer aus der Hand genommen, die Gründe für Hanlons bzw. Culkins Verbleib in Nordamerika waren (tragi)komisch. Mit den Neuverpflichtungen so lange zu warten, bis diese erst verspätet eintreffen konnten und die anspruchsvolle CHL mit ihren Reisen noch durch unnötige Testspiele zu erweitern, waren aber hausgemachte Probleme.
Ein Leistungsrückgang nach der fast perfekten Vorsaison und dem Abgang vieler Schlüsselspieler war eingepreist – so wie einige Siege zu Saisonbeginn den Foxes in der Vorsaison eine breite Brust einbrachten, könnten heuer einige Niederlagen für Unruhe sorgen. Normalerweise sollten die Top-6 immer in Reichweite sein, aber das hat man vor zwei Jahren auch lange geglaubt. So schlimm sollte es aber dann doch nicht kommen…