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Pustertal: Bringt neue Philosophie weiteren Playoff-Einzug?

Trotz des Erreichens des Halbfinals nahmen die "Wölfe" einige Änderungen vor. LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit seiner Saisonvorschau:

Pustertal: Bringt neue Philosophie weiteren Playoff-Einzug? Foto: © GEPA

Die vergangene Saison der win2day ICE Hockey League brachte dem HC Pustertal nach einer teilweise schwierigen Regular Season den Einzug in das Halbfinale. Dadurch wurde die beste Endplatzierung seit dem Liga-Einstieg 2021 erzielt.

Trotz des versöhnlichen Abschlusses statteten sich die "Wölfe" in diesem Sommer mit einer neuen Philosophie aus. Dabei will man vermehrt auf heimische Kräfte setzen und wieder einmal einem neuen Headcoach das Vertrauen schenken.

Was von den Südtirolern zu erwarten ist und ob es erneut für einen Playoff-Einzug reichen könnte, verschriftlicht LAOLA1-Experte Bernd Freimüller in seiner Saisonvorschau:

Sommeraktivitäten

Nach einer zähen Regular Season, die mit dem zehnten Platz endete, schalteten die Pusterer erst Ljubljana, dann Fehervar aus, ehe der KAC im Halbfinale in vier Spielen kurzen Prozess machte.

Trotz dieses Runs und der zweiten Playoff-Teilnahme in drei Jahren waren im Sommer wieder größere (Philosophie)-änderungen angesagt.

Neben normalen Ausländerrochaden sollen drei "echte" Italiener drei Italo-Kanadier ersetzen. Mit Jason Jaspers steht zu Saisonbeginn der siebte Headcoach in der ICE-Geschichte des HCP hinter der Bande – wer seinen Job in der zweiten Saisonhälfte innehat, wird dann wohl in späterer Folge bekanntgegeben...

Ausrufezeichen des Kaders

Nach dem Experiment mit zwei italienischen Goalies (Jake Smith und Andreas Bernard) greift der HCP auf ein liga-typisches Duo mit einem Legionär und einem Einheimischen (Bernard) zurück.

Olivier Roy hat seine früheren Leistenprobleme zuletzt im Griff gehabt, seine Leistungen in der letzten Saison waren ein Spiegelbild Fehervars: Stark im Grunddurchgang, dann etwas abgedriftet. Das jetzige Tandem sollte etwas über dem der letzten Saison angesiedelt sein, die 1B- bzw. Backup-Position ist für den Andreas Bernard von heute auch leistungsadäquater.

Von den Top-6-Scorern im Kader blieben mit Jason Akeson, Alex Petan (ihn rettete als Italo beim heurigen Aussieben wohl nur sein Vertrag) und Mikael Frycklund drei übrig. Akeson sollte zumindest im PP weiter ein Punktegarant sein, Petan hat sich in der ICE seit Jahren eine gewisse Leistungskuhle eingerichtet, die er nur selten verlässt. Frycklund, dessen Strafenanfälligkeit nicht ganz so arg ausfiel wie befürchtet, sollte weiter ein guter Mann im Verkehr sein.

Dazu kommen zwei neue Center aus der Slowakei: Der Ex-Innsbrucker Tyler Coulter präsentierte sich als arbeitsamer Two-Way-Mann, seine Punkte entspringen meist Gedrängeln im und um den Slot. Brett Findlay? Seine beste Saison in Europa war eigentlich seine erste in Bozen, aber einen gewissen Standard als Playmaker sollte er mitbringen. Der HCP sollte zwei Scorerlinien zusammenstoppeln können, vor allem wenn Cedric Lacroix seine Auszucker in den Griff bekommt.

Auf dem Papier stehen vier reinen Defensiv-Verteidiger (Luca Zanatta, Ivan Althuber, Daniel Glira, Austin Osmanski) drei Defender mit Puckqualitäten gegenüber. Der Norweger Ole Engeland Andersen kam ohne PP-Zeit immerhin auf 18 Punkte in der Allsvenskan, Gustav Bouramman zeigte in Graz (zumindest zwischendurch) Fähigkeiten im Pucktragen und -verteilen.

Der Joker im Bunde ist Josh Wesley: Vor zwei Jahren in Litvinov siebter Verteidiger und kaum Spiel mit der Scheibe, nach seiner Rückkehr nach Übersee hämmerte er mit seinem mächtigen Schuss 18 Treffer in den Kasten – ECHL-Bestwert! Der konvertierte Stürmer ist aber nicht der beweglichste Eisläufer.

Diese Aufteilung kann funktionieren, aber nur, wenn sich Osmanski und Andersen von den limitierten Einheimischen entscheidend abheben, Wesley zur PP-Waffe wird und Bouramman etwas mehr Drive und Behauptungswillen als in Graz zeigt.

Fragezeichen des Kaders

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt) 

Jaspers war in der DEL über ein Jahrzehnt ein hoch angesehener Legionär bzw. Deutsch-Kanadier mit ausgezeichneter Arbeitseinstellung.

Seine Coaching-Karriere umfasst nur vier Jahre in Esbjerg. Die Anforderungen im dänischen und Brunecker Eishockey könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Dort reicht es, mit einheimischen, vielleicht auch jüngeren Kräften, einigermaßen mitzuspielen.

Dem gegenüber steht der HCP, dessen Trainerverschleiß sich längst in Mitteleuropa herumgesprochen hat. Bekommt Jaspers auch nach Niederlagen Rückendeckung oder kippen Präsident Erich Falkensteiner und Sportmanager Patrick Bona wieder einmal um und präsentieren den nächsten Coach?

Tommy Purdeller, der in der Salzburger Akademie sein Talent bewiesen hat und in Übersee immerhin zwei volle Saisonen in der OHL überstand, kehrte an seinen Geburtsort zurück. Solche Cracks – in Italien noch dünner gesät als in Österreich – werden natürlich immer mit offenen Armen empfangen werden und sollten in der ICE eine gute Zukunft haben.

Aber tut man sich oder dem italienischen Eishockey wirklich etwas Gutes, wenn man den 33-jährigen Luca Zanatta erstmals in die ICE hievt? Oder den 34-jährigen Tommaso Traversa zurückholt, der schon bei seinem ersten kurzen Liga-Gastspiel ein Irrlicht war?

Woher das plötzliche Stigmatisieren von Italo-Kanadiern kommt, erschließt sich mir nicht. Daniel Catenacci war über seinem Zenit, aber Jacob Smith und Dante Hannoun ließen sich sicher nichts zuschulden kommen.

Angesichts der Tatsache, dass von den Einheimischen nur Matthias Mantinger über die Jahre ansteigende Form zeigte (und er muss auch erst die letzte Saison bestätigen), könnte man sich im Sommer in eine Ecke gepinselt haben...

Catenacci, Zach Sill, Ryan Stanton, Joel Messner, Rick Schofield und David Morley – es war schon eine verdammt routinierte Truppe, die die Wölfe im letzten Jahr stellten. Sie alle mussten gehen, was in einigen Fällen (Catenacci, Stanton, Messner) auch verständlich war, aber ist man neben (etwas) jünger auch wirklich besser geworden?

Hier könnte nachgerüstet werden

Egal, ob Coaches oder Spieler, im Pustertal wird schon vor dem ersten Schnellfall reagiert, falls etwas nicht hinhaut. Die Mannschaft des heurigen Sommers ist vorläufig finanziell sicher hinter der des Vorjahres angesiedelt...

Ausblick

Zwei Playoff-Einzüge in drei Jahre, eine schöne neue Halle mit guten Zuschauerzahlen und sicher eine Bereicherung für die ICE – wenn da nicht immer die interne Unruhe wäre.

Im Vergleich mit potentiellen Mittelständlern wie Ljubljana, Villach oder Linz könnte das den Ausschlag geben, vor allem wenn man von einem Top-6-Platz ausgeht. Denn dafür dürfte es an Qualität mangeln...


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