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VSV: Wie hoch können die Adler fliegen?

An der Drau hat sich einiges getan, ein großer Aufschwung scheint jedoch nicht erwartbar. Bernd Freimüller mit seiner Saisonvorschau:

VSV: Wie hoch können die Adler fliegen? Foto: © GEPA

Die vergangene Saison der win2day ICE Hockey League endete für den VSV mit einem deutlichen Aus im Viertelfinale gegen den HC Bozen, zuvor wurde im Grunddurchgang der sechste Platz erreicht.

Über den Sommer hat sich an der Drau einiges getan: Tray Tuomie ist der neue starke Mann an der Bande, acht Abgängen stehen sechs neue Spieler gegenüber.

Was von den "Adlern" zu erwarten ist, verschriftlicht LAOLA1-Experte Bernd Freimüller in seiner Saisonvorschau:

Sommeraktivitäten

Die (zweite) Ära Rob Daum ging ja schon während der letzten Saison zu Ende, weder sein Nachfolger Marcel Rodman noch die am letzten Drücker verpflichteten Ethan Cap, Maxim Golod und Tyler Steenbergen sind noch im Verein.

Solche Panikaktionen soll nun der neue Coach Tray Tuomie vermeiden, der nach Jahren in der DEL und DEL2 zuletzt mit Ritten den AlpsHL-Titel holte. Einige Legionäre kamen und gingen, die einzige Österreicher-Rochade war Thomas Vallant für Layne Viveiros

Ausrufezeichen des Kaders

Der (österreichische) Kaderkern blieb bestehen, bei Spielern wie Marco Richter, John Hughes, Alexander Rauchenwald, Philipp Lindner oder Felix Maxa sollte man wissen, was man bekommt.

"Sollte" ist hier aber das richtige Wort, Lindner etwa stand letzte Saison ganz neben sich, während Maxa die Verlässlichkeit in Person darstellt, was man sich auch von Vallant erwarten kann. Wie so vieles im Team könnte sich der Einheimischen-Kern in der Mitte der Liga einpendeln.

Dylan MacPherson wurde per Option noch ein Jahr an den Klub gebunden, sonst wäre er schon weg gewesen. Als reiner Defensiv-Defender geholt, entwickelte er sich auch zum Überzahl-Faktor und das als Rechtsschütze. Seine 13 Saisontreffer gemeinsam mit seinem soliden Stellungsspiel und seiner Größe hätten ein Paket ergeben, an dem auch einige DEL-Teams interessiert waren.

Auf dem Papier liest sich die gesamte Defensive nicht so schlecht, wobei aber gerade der einzige neue Legionär, Patrick Holway, zwar Größe (1,95 Meter), aber auch einige Fragen bezüglich seiner Einstellung im Gepäck mitbrachte.

Ebenfalls als körperlich großer Spieler geholt: Guus van Nes. Er ist zwar kein körperlich aktiver Banger, aber seine Reichweite vor dem Tor stellte bei den Pioneers einen wichtigen Faktor dar. Er sollte zu einem soliden ligainternen Transfer werden.

Das in der letzten Saison 74-jährige Goalieduo J-P Lamoureux/Rene Swette ist heuer – 76! Eine wenig überraschende Erkenntnis, allerdings auch ein Alleinstellungsmerkmal im Hockey-Business, ich kenne kein ähnliches Paar.

Lamoureux begann die letzte Saison sehr gut, ließ dann etwas nach, war aber immer noch ein Erfolgsfaktor. Bei ihm besteht natürlich auch im Alter von 40 Jahren die Hoffnung, dass sein Körper durch hingebungsvolles Training und wenig Verletzungen der eines jüngeren Mannes ist.

Fragezeichen des Kaders

Egal, mit wem man spricht: Tuomie gilt als Mensch erster Klasse, niemand hat Schlechtes über ihn zu sagen. Aber der 56-Jährige ist über die Jahre doch aus dem deutschen Coaching-Rad gefallen, Ritten war dann irgendwie ein Auffangbecken für ihn.

Große interne Streitigkeiten sind mit ihm nicht zu befürchten, aber kann er sich in einem bekannt nervösen Markt wie Villach im Ernstfall auch behaupten? Nicht jeder Coach hätte auch die Traute gehabt, aus der AlpsHL einen Spieler mitzunehmen, aber natürlich kennt Center Max Coatta niemand so gut wie eben Tuomie.

Verletzungen in der Vorbereitung werden gerne mit "Hauptsache, zum Saisonbeginn ist er dann fit" abgetan. Nur da fehlt dann oft die konditionelle Grundlage, die man sich erst mühsam während der nächsten Monate aneignen muss.

Im Falle von Maxi Rebernig (inzwischen schon sehr verletzungsanfällig) und Mark Katic (machte wenigstens einen Teil der Vorbereitung mit) mag das noch zu korrigieren sein, aber beim erhofften Königstransfer Chase Pearson müssen die Alarmglocken schrillen. Er erlitt gleich am Anfang der Vorbereitung einen Rippenbruch.

Chase Pearson beim Trainingsauftakt Anfang August
Foto: © GEPA

An sich nicht tragisch, nur: Pearson hatte seit Dezember, als ihn eine Gehirnerschütterung ausknockte, kein Spiel mehr absolviert. Zuvor dominierte er die slowakische Extraliga und darauf hofft natürlich auch der VSV, aber gerade er hätte die ganze Vorbereitung gebraucht.

Erholt er sich schnell, würde er die Centerachse mit Kevin Hancock, Rauchenwald/Ciotta und Maxa schnell wieder zu einer Stärke machen. Pearson als Königstransfer zu bezeichnen, war meine Interpretation, er hat mich bis zu seiner Verletzung in Michalovce sehr beeindruckt.

Im Gegensatz dazu kenne ich Nikita Scherbak (als erster neuer Legionär geholt) schon länger und habe meine Bedenken. Er ist das, was man im Scouting-Jargon als "Tease" bezeichnet. Größe, eisläuferische Fähigkeiten, gute Hände, starker Schuss – alles da im Werkzeugkasten, aber trotzdem spielte sich der Russe von einem NHL-Erstrundenpick mit einigen Einsätzen (KHL, beide Extraligen) über Zwischenstationen in die französische Liga.

Begabt, aber inkonstant, und abseits des Eises leicht abgelenkt, so der Tenor. Kann der 28-Jährige den Abwärtstrend seiner Karriere stoppen?

Hier könnte nachgerüstet werden

Das Budget in Villach ist nach relativ fetten Jahren wieder abgesunken, was auch einen Zuzug wie Coatta erklärt. Die Adler-Führungscrew zögert normalerweise nicht mit Nachverpflichtungen, die Erfahrungen der Transfer-Deadline der letzten Saison könnten hier aber auch zu längerem Abwarten führen.

Ausblick

Wie Linz könnte auch der VSV bei einer Niveau-Erhaltung (und die wird schon schwer) darunter leiden, dass einige Teams stärker geworden sind. Um auf einen Top-6-Platz zu schielen, müssen alle Neuverpflichtungen allerdings einschlagen...


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