In der Saison 2022/23 wussten die Innsbrucker Haie durchaus zu gefallen. In der win2day ICE Hockey League war erst im Viertelfinale gegen die Vienna Capitals Schluss.
Im Grunddurchgang wurden man bärenstarker Dritter. Das war so vor der Saison nicht zu erwarten. Bereits am kommenden Freitag geht es für die Tiroler in der Liga wieder los, der Gegner heißt HCB Südtirol (ab 19:15 Uhr im LIVE-Ticker>>>).
Können die Haie das starke Vorjahr bestätigen? LAOLA1-Scout Bernd Freimüller schätzt die Möglichkeiten der Tiroler ein:
Sommeraktivitäten
Ein Legionärs-Turnover ist bei den Haien jedes Jahr einpreist – einige kann man nicht halten, wenige will man nicht mehr. Vier (Jan Lattner, Anders Krogsgaard, Corey Mackin, Brady Shaw) blieben, sechs kamen neu. Am Österreicher-Sektor tut der Abgang von Nico Feldner am meisten weh, Tyler Cuma sollte durch Kele Steffler punktgenau ersetzt werden können. Die Abgänge bzw. Rückzüge ins Privatleben von Clemens Paulweber, Franz Hackl und Luca Muigg kosten nicht viel an Klasse, aber etwas an Kadertiefe, die wieder abgesunken ist.
Ausrufezeichen des Kaders
Es sieht nach der CHL danach aus, dass Coach Mitch O'Keefe und Sportdirektor Max Steinacher bei der Legionärsauswahl wieder ein gutes Händchen hatten. Exemplarisch dafür Kevin Roy, der bereits einige technische Glanzlichter setzte. Der 30-jährige Center/Winger passt eigentlich nicht ganz ins Haie-Beuteschema, da er über die Jahre ein etablierter (nicht herausragender) AHLer war. Was ihn in die ICE und zu den Haien spülte, war eine verspätet begonnene Vorsaison, in der er dann bei seinen Stationen bei Brynas und IFK Helsinki Konditionsrückstände aufwies und überhaupt nicht scorte (zwei Tore in 26 Spielen). Mit einer kompletten Vorbereitung sollte es heuer anders aussehen und manches Team könnte sich fragen, warum Roy nicht bei ihnen landete.
Roy wird wieder beispielgebend für die Stärken des Kaders sein und die liegen seit Jahren in der Offensive: Adam Rockwood (der zuletzt die Reihe um Roy und Senna Peeters centerte) ist ein sehr guter Playmaker, Peeters einer der wenigen jüngeren Österreicher mit Offensivpotential. Liga-Topscorer Brady Shaw konnte am Inn gehalten werden und sollte ebenso wie der stets auffällige Corey Mackin wieder zu den Top-Leuten der Liga gehören. Auch ECHL-Neuzugang Gordie Green fällt in die Rubrik „gifted player“, sah zuletzt die Top-6 als einziger Legionärsstürmer nur von außen.
Tom McCollum wanderte nach drei Jahren Geschoßhagel nach Regensburg ab, sein Nachfolger im Haie-Kasten, Evan Buitenhuis, mauserte sich in der CHL gleich zum Publikumsliebling. Schnelle und lange Beine, reflexstark, aggressiv – kein Textbook-Goalie, aber ein Battler, mit kleinen Fragezeichen beim Five-Hole und beim Stickhandling.
Athletische Torhüter tun sich in der ICE oft leichter als in strukturierteren Ligen, Buitenhuis (vor allem in der ECHL tätig) könnte zu Saisonbeginn durchaus einige Spiele entscheiden. Wie er sich dann in den „Dog Days“ mit drei Spielen in der Woche tut, bleibt abzuwarten. Backup Markus Gratzer (folgte Rene Swette) weist null Minuten an Ligaerfahrung auf, war auch nie ein Thema bei den ÖEHV-Nachwuchsnationalteams. Buitenhuis wird, wenn er fit bleibt, seine bisherige Saisonobergrenze von 39 Spielen übertreffen.
Fragezeichen des Kaders
Kann Innsbruck Defensive? Eine uralte Frage, die schon in die Zeiten von O’Keefes Vorgängern zurückgeht und fast immer mit einem entschiedenen „nein“ beantwortet werden musste. In guten Saisonen (wie letztes Jahr) konnten die Gegner „outsocored“ werden, in schlechten gelang das nicht. Auch heuer steht eher kein reiner Defensiv-Legionär im Kader, am ehesten noch Krogsgaard und der neuverpflichtete Defender Nate Halbert. Nick Albano ist ein mobiler D mit etwas Offensive, aber ohne großen Schuss oder Physis, den in Västeras eine Gehirnerschütterung vielleicht einen Anschlussvertrag kostete.
Auch unter den Österreichern ist kaum erhöhte Defensivkraft auszumachen (Thomas Mader ist zwar ein reiner PK-Player mit etwas Physis, aber in der vierten Linie festgenagelt). Die Haie sollten aber ein sehr gut eislaufendes Team sein und können vielleicht so das Spiel vom eigenen Tor wegverlagern.
Die Kadertiefe ist immer ein Thema in Innsbruck, es gehen auch jedes Jahr Eigengewächse (mit zugegeben überschaubarem Talent) flöten, die sich die Ausübung des Eishockeysports nicht mehr leisten können. Die Kadersituation war schon einmal schlechter, das ist in Innsbruck aber schales Lob. Siebter (und einziger Ersatz-)Defender ist Noah Kerber, vorne stehen mit Nachsicht 13 Stürmer parat, wobei die Rückkehr von Luis Ludin (heuer als Österreicher gültig) sicher wertvoll ist. Die Haie müssen wieder hoffen, ohne Verletzungen durch die Saison zu kommen - das gelang in den letzten Saisonen durch Glück, aber wohl auch die Arbeit von Konditionscoach Flo Stern.
Hier könnte nachgerüstet werden
Im Gegensatz zu den meisten Ligakonkurrenten legen die Haie aus Finanzgründen während der Saison nur selten nach. Höchstens eine langfristige Verletzung eines Legionärs könnte hier eine Veränderung notwendig machen (Paste-and-Copy aus der letzten Saisonvorschau).
Ausblick
Die Wiederholung der famosen letzten Saison, die allerdings im Viertelfinale gegen die Vienna Capitals endete, wird keine leichte Aufgabe sein. Allerdings ist die Konkurrenz kaum stärker geworden und bei Ausbleiben von längeren Verletzungen könnte sich wieder ein Top-6-Platz ausgehen.