ÖEHV-Teamspieler Kilian Zündel stand Mittwoch schon bei den Vienna Capitals in den Startlöchern, ehe Ligarivale Red Bull Salzburg sein Veto einlegte und einen Einsatz gegen den KAC verhinderte.
Seitdem machen die verschiedensten Versionen zu dieser Story ihr Unwesen.
Der Versuch einer Aufklärung von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller.
Die Lage um Kilian Zündel
Der ÖEHV-Teamspieler spielt in seiner zweiten Saison bei Ambri-Piotta, zuvor hatte er bei Red Bull Salzburg die Akademie bis zur ersten Mannschaft durchlaufen. Nach Verletzungen kam er bei Ambri heuer nur zweimal zum Zug, suchte nach Spielpraxis. Die könnte man ihm bei den krisen- und verletzungsgeschüttelten Capitals natürlich geben. Nach deren Aussagen hätte ihn Ambri zum Nulltarif verliehen, allerdings mit einem jederzeitigen Rückholrecht.
Worauf beruft sich Red Bull Salzburg?
Auf ein Dokument, das noch aus Uniqa-Liga-Zeiten stammt und seitdem weder geändert noch abgeschafft wurde. Unter dem Namen "Vereinbarung über die Ausbildungskostenentschädigung von Nachwuchsspielern" soll es liga-interne Wechsel von jüngeren Spielern regeln.
Betrifft das alle Spieler?
Eigentlich nur österreichische Spieler, da das Dokument aus einer Zeit stammt, wo nur österreichische Teams in der Liga spielten. Ob sich z.B. Bozen bei einem Wechsel eines Spielers nach Asiago darauf berufen könnte, entzieht sich meiner Kenntnis. Es gilt auf keinen Fall für Legionäre und bei einheimischen Kräften nur für folgende:
- Spieler bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres
- Nur für den ersten Wechsel zu einem anderen Uniqa-/EBEL-/ICE-Verein (also nicht AlpsHL oder ins Ausland)
- Der Spieler muss zumindest einmal auf einem Liga-Spielbericht gelistet worden sein (ob tatsächlich eingesetzt oder nicht ist unerheblich)
Aber Zündel spielte zuletzt doch in der Schweiz?
Hier gilt Paragraf 2 (man ersetze EBEL mit ICE):
"Wenn ein Spieler unter 23 Jahren in eine andere Liga (In- oder Ausland) wechselt, aus dieser wieder in die EBEL-Liga in Österreich zurückkehrt, müssen die Ausbildungskosten an jenen Verein der EBEL-Liga bezahlt werden, von dem er erstmalig in eine andere Liga wechselt."
Dieser Paragraf ist wichtig, um Umgehungen zu vermeiden, wo ein Spieler etwa bei einem AlpsHL- oder ausländischen Team kurz geparkt wird, um sich die Ablösesumme zu ersparen. Natürlich ist der Fall Zündel ebenso wenig eine Umgehung dieser Abmachung wie die fünf Saisonen von Lukas Haudum in Schweden. Trotzdem musste der KAC die Entschädigung an die Linzer entrichten, da Haudum als 17-Jähriger einmal auf einem Liga-Spielbericht gelistet war.
Die Entschädigung wurde auch für Spieler wie Lukas Herzog (von Villach nach Salzburg), Erik Kirchschläger (von Linz nach Graz) und Felix Maxa (von Wien nach Villach) fällig.
Zwischen einer Leihe und einem Fixerwerb aus dem Ausland wird im Dokument nicht unterschieden, das wäre auch kaum möglich. Wo finge das an und wo hörte es auf? Zwei Spiele, zwei Monate, zwei Jahre als Leihe?
Von welcher Summe sprechen wir hier?
Es geht um 30.000 Euro, die in den knapp zwei Jahrzehnten auch nie angepasst wurde. Ein Beweis dafür, dass die Abmachung relativ flott zusammengeschrieben wurde und kein groß ausgefeiltes legales Dokument darstellt.
Ein Beispiel dafür auch §1: "Die tieferstehende Regelung gilt für Spieler bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres; d.h. für die Spielsaison, in der ein Spieler das 23. Lebensjahr vollendet, wobei die Spielsaison mit dem ersten Spiel der Ligameisterschaft beginnt und mit dem letztmöglichen Finalspieltag endet."
Was passiert dann eigentlich mit Spielern, die ihren Geburtstag in der eishockeylosen Zeit feiern?
Ist dieses Dokument in Stein gemeißelt?
Nein, wieder §1: "Abweichende Regelungen sind nur im Einvernehmen zwischen altem und neuem Verein möglich." Das kommt oft genug vor, gerade Salzburg hatte viele liga-interne Wechsel zu verzeichnen und bestand nicht bei allen auf dieser Ablöse. Aber hier handelt es sich immerhin um einen aktuellen Teamspieler, den man vor seinem Abgang in die Schweiz (wo er einer der vielen Eishockey-Schweizer ist) gerne behalten hätte.
Was im Dokument auch nicht festgehalten ist: Wann gilt ein Team als Ausbilder mit Anrecht auf Entschädigung? Nach einer Saison im Nachwuchs? Wenn er seit Kindheit dort gespielt hat? Wenn er die letzten Juniorenjahre dort absolviert hat?
Solche Fälle soll nun das neue ÖEHV-Entschädigungssystem AKES klären. Nach Vorbild der Schweiz bzw. Deutschland soll es alle Teams entschädigen, die an der Ausbildung des jeweiligen Spielers beteiligt waren, wobei die älteren Jahrgänge finanziell stärker gewichtet werden.
Kurioserweise trifft die AKES (wurde heuer nach einer Einführungsphase auch finanziell scharfgestellt) auf einen anderen Fall zwischen den Capitals und Red Bulls zu: Der 2004 geborene Max Stiegler wechselte heuer nach Jahren in der RB-Akademie in seinen Heimatort Wien zurück, spielt bei den Capitals in der vierten Linie. Er schien in Salzburg nie in auf einem EBEL/ICE-Spielbericht auf, daher ist für ihn der ÖEHV zuständig.
Dann kann also der ÖEHV diesen Fall lösen?
Nein, denn das Liga-Dokument, das auch nach AKES-Einführung nicht aufgehoben wurde, hat weiter Bestand und nimmt darauf auch im Paragraf 3 Bezug: "Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des ÖEHV, sondern sind ausschließlich vom statutengemäßen Schiedsgericht der EBEL zu regeln."
Wer ist dann dafür zuständig?
Die dreiköpfige Rechtskommission der Liga müsste darüber entscheiden, ob Salzburg oder Wien im Recht sind, etwa über das Argument, dass Zündel ja nur per Leihe und nicht fix in Wien spielen soll.
Wann diese tagt, ist noch offen, noch liegt der Liga kein Schreiben eines der beiden Teams vor, es ist also offen, ob die Rechtskommission überhaupt hinzugezogen wird.
Können diesen Fall auch Gerichte klären?
Die österreichischen Teams leben mit dieser Abmachung, die gerade ein A4-Blatt ausmacht, schon seit knapp zwei Jahrzehnten. Diese rein liga-interne Vereinbarung wird dabei eigentlich über das ÖEHV- bzw. IIHF-Übertrittssystem gestülpt. Einige Spieler bzw. Spielereltern drohten über die Jahre mit Klagen, das wurde aber nie in die Tat umgesetzt.
Sicher gäbe es einiges daran zu bekritteln, jetzt aber die Sportgerichtsbarkeit zu verlassen, wäre lächerlich. Der Fall Zündel gepaart mit der AKES-Einführung wäre aber der geeignete Zeitpunkt, dieses Dokument einmal gründlich zu überarbeiten bzw. es zu entsorgen...