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Innsbruck: Kann ein drohendes Debakel abgewendet werden?

Für die Haie verlief die Preseason so gar nicht nach Wunsch, die Alarmglocken schrillen längst. LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit seiner Saisonvorschau:

Innsbruck: Kann ein drohendes Debakel abgewendet werden? Foto: © GEPA

Beim HC Innsbruck erweist sich der Ausblick auf die kommende Saison der win2day ICE Hockey League als äußerst düster.

Mit einem höchst ausgedünnten Kader und mit wenig heimischer Qualität müssen die Haie versuchen, in der Liga zu bestehen und eine drohende Horrorsaison abzuwenden. 

Ob das trotz schwerer defensiver Mängel funktionieren kann, analysiert LAOLA1-Experte Bernd Freimüller: 

Sommeraktivitäten

Coach Mitch O'Keefe entschied sich schon früh für das Angebot aus Nürnberg, mit Jordan Smotherman wurde sein Nachfolger bald gefunden.

Dessen Coaching-Erfahrung erstreckt sich zwar nur auf zwei Jahre in der ECHL, allerdings hatte auch O'Keefe vor seiner Tätigkeit in Innsbruck keine großen Meriten aufzuweisen.

Von den Legionären des Vorjahres blieben mit Goalie Evan Buitenhuis, Defender Anders Krogsgaard, Center Corey Mackin sowie Rover Jan Lattner vier Leute übrig. Von den Abgängen fanden Nick Albano und Kevin Roy neue Jobs im aufstrebenden Graz, Gordie Greens lange Suche endete nur im slowakischen Trencin.

Ausrufezeichen des Kaders

21 Tore in 39 Spielen, 32/43, 16/59 und 27/53 – so die vorzeigenswerte Torausbeute der vier neuen Stürmer Patrick Grasso, Mark Rassell, Yushiroh Hirano und Ryan Valentini in der letztjährigen Regular Season. Gut, dabei handelte es sich um die ECHL (Grasso, Rassell, Hirano) bzw. EIHL (Valentini), aber Spieler aus diesen Ligen reüssierten zuletzt durchaus in der ICE.

Grasso (klein und zart) stahl sich dabei öfters im Slot frei, Rassell zeigte schnelle Hand-Eye-Coordination und traf vor allem von rechts knapp außerhalb des Creases, konnte sich auch im Verkehr durchsetzen.

Valentini war in Dundee die größte offensive Waffe mit guten Finten und Schüssen. Hirano setzt das Stereotyp eines japanischen Spielers (klein, schnell, im Abschluss mangelhaft) außer Kraft, ist eher ein "Stationary Player", der im PP von der linken Halfwall aus agiert.

Soweit deren offensiven Stärken, aber werden sie auch dazu beitragen, die Scheibe überhaupt erst einmal zu bekommen? Gerade Valentini durfte seine 25 Minuten pro Spiel rein mit Offensive verbringen. Bleibt für die Haie nur zu hoffen, dass die jeweiligen Scorerzahlen nicht vor dem Teamerfolg kommen, oder die bisherigen Werte vor allem auf die schwächeren Ligen zurückzuführen sind.

Mit Jonas Dobnig und Devin Steffler kamen im Sommer wenigstens zwei jüngere Spieler, die eine ICE-Zukunft vor sich haben sollten. Der 20-jährige Center/Winger Dobnig zeigte im Klagenfurter Nachwuchs gute offensive Anlagen, die sich allerdings in Übersee nicht so recht manifestierten.

Für Steffler war es mit 24 schon längst Zeit und wahrscheinlich sogar ein Jahr zu spät, die AlpsHL in Salzburg zu verlassen, in Innsbruck kommt es zu einer Familienzusammenführung mit Bruder Kele, beide sind reine Defensiv-Defender. Dobnig und Steffler werden wohl keine große Soforthilfe sein, fetten den dünnen Kader aber wenigstens auf.

Buitenhuis ist wohl der "wildeste" unter den ICE-Stammgoalies, sein Stil ist, keinen Stil zu haben. Ein Save in der letzten Saison, den er in einer Grätsche mit dem Rücken zum Spielgeschehen machte, kursierte schnell auf den Handys der Coaches und Manager.

Diese auf Reflexen und schnellen Beinen aufgebaute Spielweise hinderte ihn zwar daran, im Sommer einen neuen Arbeitgeber zu finden, für die Haie sollte er trotzdem wieder ein wichtiger Faktor werden. Backup Markus Gratzer kam im Vorjahr auf vier ICE-Einsätze, eine bedeutend größere Zahl würde überraschen.

Fragezeichen des Kaders

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt) 

Die Haie verfügten seit ihrer Ligarückkehr nie über einen quantitativ oder qualitativ herausragenden Österreicher-Kern, in den letzten Jahren sah es aber etwas besser aus.

Mit Nico Feldner, Senna Peeters und Dario Winkler standen drei interessante Forwards im Aufgebot, Martin Ulmer erlebte vor zwei Jahren auch noch ein letztes Hurra. Sie alle sind inzwischen weg, gleichwertiger Ersatz ist nicht auszumachen.

Mit einem optimistischem Blick kommt man auf sieben Defender und 13 Stürmer (da sind schon Forwards wie Valentin Ploner oder Nicholas Schintler eingerechnet) – zahlenmäßig dünn, da drohen wieder Spiele mit verkürztem Aufgebot.

Und die Qualitätsfrage? Sagen wir einmal, Zintis Zusevics (der einzige neue Österreicher mit größerer ICE-Erfahrung), Daniel Jakubitzka und Kele Steffler sind die drei Top-Domestic Players – wie soll das funktionieren? Die Haie verfügen wohl über den (mit Abstand) schwächsten Einheimischen-Kern der Liga.

Während bei den neuen Forwards noch etwas Hoffnung angesagt ist und Corey Mackin sich wieder kämpferisch präsentieren wird, sieht es in der Defensive düster aus. Garrett McFadden fällt mit einem Fingerbruch schon einmal länger aus, geht aber auch nicht als Top-Mann durch.

Nick Walsh? Ich war zufällig bei seinem letzten Spiel für Augsburg – das fiel so abgründig aus, dass die Panther trotz Abstiegskampfs danach lieber auf die Ausschöpfung des Legionärskontingents verzichteten, als nochmals auf ihn zurückzugreifen.

Dritter Defensiv-Import ist der brave Anders Krogsgaard – Jan Lattner, als Forward eingeplant, wird über kurz oder lang nach hinten rücken müssen, er legt seine Rolle aber ohnehin immer als freischaffender Künstler aus.

Es sieht danach aus, als ob Krogsgaard, Jakubitzka, die beiden Stefflers oder Noah Kerber über ihrer Gewichtsklasse boxen müssen und wer soll hier bitte die Scheibe nach vorne tragen oder im PP bewegen?

Hier könnte nachgerüstet werden

Durchaus möglich, dass der eine oder andere Legionär von sich aus geht oder gegangen wird. Doch im Gegensatz zu anderen Extremen wie Pustertal oder Villach legten die Haie immer nur sehr zögerlich nach und verwiesen auf die angespannte Finanzlage...

Ausblick

Letzten Sommer noch mit wunderbaren Leistungen in der CHL, heuer mit einer desaströsen Vorbereitung, die in einem 0:10 in Bozen ihren Tiefpunkt fand. Die Testspiele würden mir aber weniger Angst machen als ein Blick auf das Kaderblatt, das mich an das der Grazer in der Vorsaison erinnert...


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