news

Vorarlberg und Asiago: Die zwei gegensätzlichen ICE-Neulinge

Die beiden neuen Teams zeigen ganz unterschiedliche Gesichter. LAOLA1-Experte Bernd Freimüller analysiert die Auftritte.

Vorarlberg und Asiago: Die zwei gegensätzlichen ICE-Neulinge Foto: © GEPA

Innerhalb von 48 Stunden waren die Pioneers Vorarlberg und Asiago in der Vorwoche in Linz zu Gast. Beste Gelegenheit also für einen Quervergleich der beiden Neulinge in der win2day ICE Hockey League.

Nach jeweils 13 Spielen findet sich das Duo mit zehn bzw. acht Punkten auf den letzten beiden Plätzen der Tabelle wieder, auch das Torverhältnis ist mit -19 bzw. -20 recht ident.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit seinen Einschätzungen über beide Teams: 

Ich habe beide Teams zuvor schon einmal gesehen – die Pioneers bei der unglücklichen 1:2-Niederlage in Wien, Asiago bei der 2:4-Niederlage in der Vorbereitung in Innsbruck. Und diese Viewings bestätigen bereits, dass beide Teams nicht unterschiedlicher auftreten könnten, auch wenn sie Seite an Seite in der Tabelle stehen.

Eines fällt bei den Pioneers gleich auf: Sie sind ein gut gecoachtes Team, sodass sie zumindest bis jetzt das Letzte aus ihrem überschaubaren Talent herausholten. Mit Alexander Pallestrang (derzeit verletzt), Layne Viveiros und den beiden kampfstarken Kevin Macierzynski und Patrick Spannring ist immerhin ein kleiner Grundstock an einheimischen Kräften gegeben, die wissen, worauf es in der ICE ankommt. Der Rest der Österreicher ist jedoch einige Linien, wenn nicht eine Liga zu hoch gereiht.

Dazu kommt noch: Die Pioneers schöpfen ihre Legionärskontingent nicht einmal annähernd aus, teils aus finanziellen, teils aus Verletzungsgründen. Center Matt Revel fiel schon in der Vorbereitung aus, Defender Clayton Kirichenko im ersten Saisonspiel. Da blieben lange nur mehr sechs "Non-National-Player" übrig und unter ihnen ist der norwegische Defender Christian Bull – zum ersten Mal in seinem Leben in der Rolle eines Top-Verteidigers – noch der größte Name.

Defensive Stabilität als Schlüssel

Alles in allem eine punktuell verstärkte AlpsHL-Truppe, die sich aber bis jetzt sehr tapfer schlägt. Dreipunkte-Siege gegen den KAC, Tabellenführer Bozen und zuletzt in Linz sorgten für neun der bisherigen zehn Punkte. Und es hätten noch mehr sein können, wenn man sich nicht zumindest einmal vom Konzept wegbewegt hätte.

Coach Marc Habscheid wusste über die Limite seines Teams bald Bescheid, sorgte schon in der Vorbereitung für das entsprechende System. Feldkirch versucht mit der Neutral-Zone-Trap, die Gegner entweder nicht mit Tempo ins eigene Drittel kommen zu lassen oder im besten Fall sogar für Turnovers zu sorgen.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Wenn das Team einmal in der eigenen Zone feststeckt, greifen sie zum "Collapse"-Taktik: Alle fünf Spieler versuchen die Mitte des Eises wegzunehmen, dort Schüsse zu blocken (Spannring hat aus dieser Disziplin seine Karriere gemacht) und wenig hochprozentige Chancen im Slot zuzulassen. Schüsse von weit draußen oder Pässe entlang der Halfwall werden dabei ebenso willens zugelassen wie längere Verbleibszeiten in der eigenen Zone.  

Wohl die einzige Herangehensweise, die das Material hergibt und Habscheid findet auch willige Jünger vor. Einzig in den Schlusssekunden des Hinspiels gegen Linz stachen Macierzynski, Spannring und Tyler Sandhu der Hafer, gingen zu dritt ins Forecheck, sodass Stefan Gaffal zehn Sekunden vor dem Ende ausgleichen konnte. Dieser kurze Moment an Häresie war aber eine absolute Ausnahme. Die Pioneers können ihre Gegner frustrieren und lassen diese für ihre Torerfolge hart arbeiten.

Torhüter Caffi überrascht

Ein Schlüsselspieler für die Pioneers bisher: Goalie Alex Caffi, der die Umstellung von den AlpsHL auf die ICE sehr gut geschafft hat. Der reflexstarke Torhüter spielt einen ziemlich aggressiven Stil, verkürzt gerne die Winkel – kann er einem Team, das wohl in fast jedem Spiel mehr Schüsse als der Gegner zulassen wird, auch in der spielintensiveren Zeit um Weihnachten so weiterhelfen?

David Madlener hatte eine Sternstunde gegen seinen Ex-Klub KAC, ist aber was er immer war: Ein (leider ziemlich behäbiger) Backup, der sich zuletzt auch noch verletzte und damit Caffi nicht entlasten kann.  

Habscheid stellte zuletzt eine Legionärs-Toplinie mit Jack Jacombe (klein, aber wendig), Hampus Eriksson (smart, mit guten Händen und einem schnellen Schuss, wenn auch etwas steifen Beinen) und Sandhu zusammen. Diese drei erzielten mehr Treffer (13) als der Rest des Teams (12) zusammen, sind aber im Liga-Vergleich auch alles andere als Topkräfte.

Ein Toreschnitt von unter zwei pro Spiel wird natürlich nur ab und an für weitere Siege reichen. Mit Richard Jarusek holte die Pioneers-Führungsriege aber einen Mann, der wenigstens am Papier Tore und Punkte verspricht. Jarusek – früher auch in Znojmo tätig – war selbst in der tschechischen Extraliga meist ein Offensivbringer.

Dass der 31-jährige nach 50 Treffern in den letzten drei Saisonen aber dort kein Angebot mehr bekam, basiert auf einem einigermaßen schweren Charakter, der durch den jeweiligen Coach eine geeignete Ansprache braucht. Kann er den Pioneers in gewissen Situationen (Powerplay) etwas mehr Torgefahr einhauchen oder geht er auf Konfrontationskurs zum strikten Defensivsystem?

Vorläufig muss der Flügel jedenfalls als Center herhalten. Mit dem Holländer Guus van Nes – zuletzt im US-College tätig – ist ein weiterer neuer Legionär im Anflug. Beide könnten als EU-Ausländer umgehend angemeldet und eingesetzt werden.

Asiago liefert ein ganz anderes Bild

Der zweite Liga-Neuling Asiago (das oft gebrauchte Wort "Aufsteiger" weist fälschlicherweise auf harte Relegationskämpfe um die ICE-Zugehörigkeit hin) tut sich mit dem Toreschießen weniger schwer – das war schon bei meinem Preseason-Besuch in Innsbruck zu sehen, obwohl dort noch eine ganze Legionärslinie fehlte.

Doch mit dem Toreverhindern sieht es ganz anders aus: 54 Gegentreffer in 13 Spielen sind einsamer Liga-Minusrekord. So gaben die Italiener auch eine 2:1-Zwischenführung in Linz leicht aus der Hand, brachen beim 3:6 wie ein alter Campingstuhl in sich zusammen. So viel Platz wie sie den Black Wings etwa bei den Gegentreffern fünf und sechs im Mitteldrittel ließen, hätten die Pioneers nur in absoluten Ausnahmefällen hergegeben.

Nicht dass Asiago völlig vogelwild agieren würde – aber sie geben doch viel Freiflächen her, egal ob eben zwischen oder hinter der eigenen blauen Linie. Dazu kommt noch, dass das äußerst poröse Goalie-Duo Justin Fazio und Gianluca Vallini auch nicht die Kastanien aus dem Feuer holen kann, beide ihre Körper viel zu oft öffnen.

So kurios es vor der Saison geklungen hätte: Alex Caffi, dessen letzten Länderspiele schon vier Jahre zurückliegen, ist derzeit vielleicht der beste italienische Torhüter der Liga!

Was passiert bei Verletzungen?

Mit acht Punkten aus 13 Spielen ziert Asiago derzeit das Tabellenende, das 4:3 gegen Tabellenführer Bozen war dabei der größte Coup. Dabei verfügen sie über einige interessante Einzelspieler, etwa Flügel Nick Saracino, der wie schon in der letzten Saison in der Slowakei gute Präsenz und Kraft um das Tor herum beweist. Er ist auch Teil des ersten PP-Units, das in Linz sehr druckvoll agierte. Dazu gehört auch Defender Randy Gazzola, der einen brauchbaren Pointman abgibt, aber defensiv sehr luftig agiert. Trotzdem ist er noch der beste der Verteidigerriege, die weder qualitativ noch quantitativ überzeugen kann.

Noch blieb das Team von Headcoach Tom Barrasso fast völlig von Verletzungen verschont, er setzt seine Topleute sowohl in Über- als auch in Unterlegenheit ein. Bei Ausfällen gerade in der Zeit um Weihnachten kann die Kaderdecke schnell dünn werden.

Die Sache mit den Italo-Kanadiern

Das Projekt "Asiago in der ICE" wurde ja hauptsächlich geschaffen, um einige Italo-Kanadier auf Olympia 2026 vorzubereiten (mit freudiger Zustimmung zumindest einiger österreichischer Klubvertreter). In diesem Zusammenhang für sie erfreulich: Mit Giordano Finoro und Anthony Salintri sind ausgerechnet die beiden Flügel Team-Topscorer, die schon in der nächsten Saison als "National Player" gelten werden. Der Rest der Italos dann erst eine Saison später, wenn nicht wieder eine Regeländerung kommt

Als einziges ICE-Team rotiert Asiago seine Imports derzeit durch – zu den elf (zehn sind pro Spiel erlaubt) gehört nämlich auch der gebürtige Slowake Marek Vantus, der seinen Status als Italiener durch die heurigen Regeln verloren hat. Von den "echten" Legionären um Troy Rutkowski und Bryce Misley hinterließ für mich der smarte Passgeber Allan McShane den besten Eindruck.

Die Pioneers und Asiago gehen ihr erstes ICE-Jahr also völlig verschieden an, nehmen aber trotzdem wie erwartet die beiden letzten Tabellenplätze ein. Teams zu finden, die sie nach 52 Spielen hinter sich lassen können, dürfte ein schweres Unterfangen werden. Es bleibt aber weiter interessant zu sehen, ob Systemtreue weiter größeres (Offensiv-)Talent übertrumpfen kann...

 

win2day ICE Hockey League, 16. Runde LIVE mit Pioneers-Pustertal und Asiago-Olimpija - ab 16:30 Uhr>>>

Kommentare