Die Premierensaison der Pioneers Vorarlberg ist Geschichte, wie erwartet ohne Playoffs.
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller erklärt, was beim Neuling der win2day ICE Hockey League während der Saison gut lief und wo noch Nachholbedarf besteht:
Das Tabellenbild
33 Punkte aus 48 Spielen, sieben Punkte hinter dem Vorletzten Olimpija Ljubljana, 24 Punkte hinter dem letzten Pre-Playoff-Platz. Auch wenn man vor allem von Coach Marc Habscheid immer wieder Ambitionen Richtung Playoffs hörte, realistisch waren diese eigentlich nie.
Den Knackpunkt in der Saison, als auch die letzten Hoffnungen zerstoben, machte Sportmanager Michael Lampert bei den beiden Heimniederlagen gegen Asiago - bis dahin noch in Reichweite - innerhalb von Stunden aus: "Das hat uns zurückgeworfen, da kamen auch noch zwei Verletzungen von Leistungsträgern dazu."
184 Gegentreffer waren nicht der Höchstwert der Liga (Ljubljana mit 192). Allerdings waren die Pioneers das einzige Team, das unter 100 Saisontreffern blieb - 92 Tore ergaben einen Schnitt von nicht einmal zwei pro Spiel und dieser Trend war schon vor dem Ausverkauf zur Trade Deadline spürbar. Es fehlte ganz einfach an offensiven Leistungsträgern.
Das Auftreten
Von einem Schlachtopfer konnte beim Tabellenletzten keine Rede sein, das 0:9 in Bruneck war die einzige richtig peinliche Vorstellung. Die Pioneers waren in den meisten Spielen ein zäher Gegner, der erst einmal niedergerungen werden musste.
Es reichte aber nicht nur zu ehrenvollen Niederlagen, sondern auch zu Siegen gegen prominente Gegner: Der KAC (insgesamt sieben Punkte), Bozen (2x), Linz und Salzburg standen auf der Abschlussliste. Bei aller Unterschätzung, die auch Lampert einräumte: Solche Coups hätte den Vorarlbergern vor der Meinung kaum jemand zugetraut.
Der Coach
Das Engagement von Marc Habscheid im Sommer machte Schlagzeilen, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Er war zwar ein ehemaliger NHL-Crack und ausgezeichneter NLA- und DEL-Import, als Coach aber schien er der WHL einfach nicht entkommen zu können. Gut, viele Junioren-Teams in Kanada agieren professioneller als so manches europäisches Team, trotzdem bleibt immer die Frage, wie langjährige Coaches (auch aus dem College) mit Erwachsenen-Egos umgehen können. Habscheids Name war auch immer einer der ersten, der bei Teams auf Trainersuche im Email-Folder aufpoppte, weder in der Schweiz, Deutschland oder Österreich rang sich ein Team zu seinem Engagement durch.
Mit 59 Jahren sollten die Pioneers dann sein erster Trainerjob in Europa werden, viel Zeit nach hinten raus hatte er nicht mehr. Habscheids Handschrift war bald sichtbar: Eine dichte Defensive in der Mitte des eigenen Drittels, dazu dann schnelle Breaks. Mehr Offensive hätte der Kader ohnehin nicht hergegeben, eine Herangehensweise wie etwa die der Innsbrucker Haie wäre mit diesem Spielermaterial undenkbar gewesen.
Abseits des Eises schwärmt man von Habscheid, er ging auf die Spieler und deren Familien ein, war alles andere als ein Bandengeneral, um eine alte Floskel aus der Mottenkiste zu holen.
Ob Habscheid in Feldkirch bleibt (der Besitzer eines luxemburgischen Passes sieht seine Zukunft auf jeden Fall in Europa), sollte sich in den nächsten Tagen entscheiden. Sein Betreuerstab - mit dem langjährigen Spieler Dylan Stanley und dem Finnen Teemu Pirskanen, der auch für den Nachwuchs zuständig ist - sollte jedenfalls erhalten bleiben.
Die personelle Besetzung
Mit David Madlener, Alexander Pallestrang, Kevin Macierzynski und Patrick Spannring kehrten im letzten Sommer immerhin vier Vorarlberger zurück, dazu kam mit Layne Viveiros bald nach Saisonstart noch ein bekannterer Österreicher, allerdings in keinem guten körperlichen Zustand. Das sorgte neben Ex-AlpsHL- beziehungsweise jüngeren Cracks für einen gewissen Kaderkern.
Für die Legionäre standen nur überschaubare Mittel zur Verfügung, wobei sich Habscheid auch aus seinen WHL-Jahren einbrachte, Stanley, Lampert und natürlich auch GM Christian Gross mitwirkten. Aus der AlpsHL stiegen Goalie Alex Caffi und Defender Steve Birnstill mit auf, acht Plätze waren neu zu besetzen. Defender Christian Bull war der einzige aus Europa bekannte Name, dazu kamen College-Spieler (US und CIS), keineswegs aber alle Nordamerikaner: Der Schwede Hampus Eriksson und der Slowene Luka Maver konnten auf abgelaufene Studien in den USA verweisen.
Mit Stürmer Matt Ravel und Defender Clayton Kirichenko verletzten sich zwei Cracks schon in der Vorbereitung bzw. im ersten Spiel, im Laufe der Saison kamen mit Andreas Heier, Guus Van Nees und Richard Jarusek (wohl der prominenteste Name) noch drei Legionäre dazu. Jarusek, dessen Goalgetter-Qualitäten mit einer defensiven Lässlichkeit einhergehen, ging dann wieder in sein Heimatland zurück.
Ihre Stärken - bei Eriksson etwa gutes Spielverständnis und Schuss, bei Van Nees gute Reichweite als "Rangy Center" - waren offensichtlich, die Schwächen - Eriksson: Eislaufen, Jacome: Größe - ebenso. Alle (inklusive Bull, exklusive Caffi, der auch in der Swiss League überzeugte) hatten eines gemein: Sie spielten im ICE-Vergleich etwa ein bis zwei Linien zu hoch und das würde sich auch in der nächsten Saison bei Weiterverpflichtungen, die etwa bei Bull und Van Nees im Raum stehen, nicht ändern.
Wenn sie die Depth Chart weiter anführen, wird das Team keine Fortschritte machen, umgekehrt gibt es keinen Grund, auf allen Legionärspositionen Tabula rasa zu machen. Spieler wie Tyler Sandhu, Heier oder Birnstill, dem noch eine ICE-Ehrenrunde zugestanden wurde, dürfen aber kein Thema mehr sein, will man sich nach oben verbessern.
Der Ausverkauf
Finanziell verständlich und parallel zum ebenfalls chancenlosen Laibach, aber trotzdem mit einem kleinen G'schmäckle: Nach den Abgängen von Caffi, Jarusek, Bull, Viveiros und Spannring dünnte sich das Personalkostüm gegen Saisonende stark aus, da eben auch noch einige Verletzungen dazukamen. Die letzten Spiele standen Habscheid nur mehr vier Defender und drei Sturmlinien zur Verfügung, AlpsHL-Cracks von Vorarlberger Teams standen wegen des parallelen Spielplans kaum parat.
Solche Massenabgänge kamen auch schon früher - nicht nur in der ICE - vor und werden auch in Zukunft wieder auftreten, zumindest solange die Trade Deadline nicht vorverlegt oder die Hoffnungsrunde wieder eingeführt wird. Immerhin ersparten sich die Pioneers einige Monatsgehälter und das sportliche Abschneiden hätte sich auch so nicht geändert.
Wird das Team in der nächsten Saison (im Rahmen) verstärkt und bleibt bis zum Saisonende weiter zusammen, wird der Ausverkauf bald in Vergessenheit geraten sein. Eine weitere zu limitierte Truppe, die in der Tabelle von Anfang an am Tabellenende steht und sich dann vor Saisonende wieder auflöst, würde aber zu Recht in Jahr zwei für Unruhe unter den Fans (Schnitt: 1.500) sorgen.
Die Zukunft
Die Meldung für die AlpsHL - parallel zu der in der ICE - sorgte für etwas Verwirrung., wurde aber mit dem dafür vorgesehenen Stichtag 15. März wieder zurückgezogen. Die Organisation sucht aber weiter einen engeren Kooperationspartner in der AlpsHL, der Schritt zur ÖEL und Farmteam VEU Feldkirch ist ein zu großer.
Auch in der nächsten Saison sollten die Pioneers-Fans keine großen Namen erwarten, allerdings schon eine Leistungssteigerung: Immerhin steht weit mehr Zeit zur Saisonplanung als im Vorjahr zur Verfügung, die eigenen Cracks konnten dazu schon auf ihre ICE-Tauglichkeit abgeklopft werden.
Die ersten Transfernews - hoffentlich nicht wie bei Liga-Vorgänger Dornbirn erst im Juli publiziert - sollten zeigen, in welche Richtung es geht…