Er ist eine Legende - nicht nur bei den Vienna Capitals, sondern auch in der heimischen Eishockey-Liga.
Benoit Gratton prägte von 2008 bis 2014 die damalige EBEL. Nicht nur aufgrund seiner 402 Punkte aus 313 Spielen und dem MVP-Award in der Saison 2010/11. Nein, der heute 46-jährige Kanadier war viel mehr als nur ein Scorer.
Gratton war Kapitän, der stets vor Energie strotzte und sich in den Dienst seiner Mannschaft stellte - und diese auch verteidigte, wenn es einmal ruppiger wurde. Er war ein Heißsporn, konnte seine Emotionen manchmal kaum noch im Zaum halten. Aber genau das machte ihn aus und ließ ihn zum Publikumsliebling der Wiener Fans werden.
Bei seinen Gegnern machte er sich dagegen nicht viele Freunde, 1.053 Strafminuten sammelte das Raubein während seiner sechsjährigen Ägide in der Hauptstadt. In dieser Zeit legte er sich mit unzähligen Gegenspielern an, auch die Referees mussten die eine oder andere "Nettigkeit" über sich ergehen lassen.
Doch Gratton blieb sich selbst und den Capitals immer treu, daher strahlte er bei seiner Heimkehr am Dreikönigstag auch über beide Ohren. "Ich kann es immer noch nicht glauben. Es fühlt sich komisch an, als wäre ich gestern erst hier gewesen. Ich habe so viele tolle Erinnerungen", sagt der 46-Jährige.
Siege gegen den KAC lassen Gratton heute noch erstrahlen
"Ich war fast sieben Jahre hier, es ist also wie mein zweites Zuhause", erzählt Gratton. "Jedes Mal wenn ich zurückkomme sind die Leute so nett zu mir. Ich bin so dankbar für das, was sie für mich getan haben. Es ist ein besonderer Tag", wird die Legende sogar etwas emotional.
Wohl auch deshalb, weil er kurz zuvor noch einen 4:1-Heimsieg seiner Capitals vor ausverkaufter Kulisse gegen den KAC bejubeln durfte. Es war ein extrem wichtiger Triumph für die Donaustädter im Kampf um ein sicheres Playoff-Ticket, dass nun bei drei Spielen weniger nur noch vier Zähler entfernt ist.
"Ein Sieg gegen den KAC fühlt sich immer gut an", lächelt die ehemalige Nummer 25 der Caps. Der sich an die zahlreichen Duelle mit dem Rekordmeister zurückerinnert: "Die Atmosphäre ist einfach anders, die Spiele gegen den KAC sind immer etwas Besonderes. Ich habe sie immer gehasst!"
Daher stehe er "immer noch da draußen", feuere seine Mannschaft an und hoffe, "dass die Caps den KAC schlagen", lacht Gratton.
Nächste Wien-Rückkehr als Trainer?
Die Nähe zu den Caps besteht auch fast neun Jahre nach seinem letzten Spiel im Dress der Gelb-Schwarzen.
Gratton verfolgt das Abschneiden seines Ex-Teams mit Argusaugen aus seiner Heimatstadt Saint-Jerome, wo er U20-Trainer der Cheminots ist. Doch was würde passieren, wenn plötzlich ein Anruf der Capitals kommen würde?
"So viele Fans haben mir diese Frage heute gestellt", schmunzelt Gratton, der (vorerst) abwinkt: "Mir geht es gut, wo ich jetzt bin. Das Stadion meiner Mannschaft ist direkt neben meinem Haus, es passt also perfekt für mich. Ich habe außerdem eine Tochter, sie ist 14."
Mit dem Gedanken, eines Tages in Wien hinter der Bande zu stehen, kann er sich aber durchaus anfreunden: "Wenn meine Tochter ein bisschen älter ist, würde ich vielleicht diesen Schritt machen. Ich weiß nicht wann, aber es könnte etwas sein, worauf ich mich freue."
Kleiner Seitenhieb von Rotter
Dass ihn die Anhänger in Wien-Kagran immer noch schätzen und würdigen, macht ihn stolz.
"Die Menschen haben immer noch Gefühle für mich, ich bin nicht vergessen", sagt der ehemalige Kapitän. Die nach wie vor unzähligen Caps-Jerseys mit seinem Namen am Rücken ließen auch seine U20-Spieler, die an diesem Abend mit ihm auf der Tribüne saßen, erahnen, wie groß der Name Gratton in Wien war.
"Ich glaube, sie wussten nicht, wie beliebt ich hier bin. Sie konnten nicht glauben, dass es so viele Trikots mit meinem Namen darauf gibt", so Gratton.
Der von einem für ihn "unglaublichen Abend" spricht: "All diese Fans sind unfassbar, sie haben mich und das Team immer unterstützt. Einen Tag lang hatte ich das Gefühl, wieder Teil dieser Mannschaft zu sein."
Und spätestens als Rafael Rotter und Niki Hartl die Medienrunde applaudierend sprengten, waren alle Dämme bei der Legende der Vienna Capitals gebrochen. Einen kleinen Seitenhieb gab es von Rotter augenzwinkernd gleich mit: "Du siehst alt aus!"