Sechs Spiele, 11:24 Tore, ein Punkt - die letzten Wochen würden die Vienna Capitals liebend gerne wieder aus dem Gedächtnis streichen.
Doch ganz so einfach ist es nicht, die Wiener befinden sich nach der 2:5-Heimniederlage gegen die Black Wings Linz in einer handfesten Krise.
Seit dem 26. September (6:4 in Vorarlberg) warten die Bundeshauptstädter auf einen Sieg, zuhause steht überhaupt erst ein Erfolg zu Buche. Mit neun Punkten liegt man aktuell nur auf Rang elf.
Lange Verletztenliste: Piff, Posch und Pallierer besonders gefordert
Gründe für die momentane Misere gibt es viele, einer steht jedoch über allen: Die lange Verletztenliste. Sebastian Wraneschitz, Dominique Heinrich, Stefan Warg, Armin Preiser, Leon Wallner und Zintis Zusevics - diese sechs Spieler fehlten im Heimspiel gegen Linz, der Ausfall von Heinrich wiegt dabei am schwersten.
Nach der einvernehmlichen Vertragsauflösung mit Oskar Drugge stellen die Caps eine reine rot-weiß-rote Defensive, zudem müssen Lukas Piff, Bernhard Posch und Timo Pallierer in Rollen schlüpfen, die sie in ihrer jungen Karriere noch nie ausgefüllt haben. Für ihre Entwicklung ist das natürlich löblich.
"Wenn man ein Meisterteam aufbauen will, muss jeder durch solche Situationen gehen."
Head Coach Marc Habscheid nimmt das Youngster-Trio nichtsdestotrotz in Schutz. "Manchmal kann man versuchen, sie zu schützen. Aber jetzt ist es schwer. Sie spielen gegen einige wirklich gute Spieler, das ist hart. Wir müssen sie einfach unterstützen, ihnen etwas beibringen, Videos zeigen, etc."
"Jedes Team hat mit Widrigkeiten zu kämpfen"
Doch die Situation ist alles andere als einfach. Beim Heimspiel am Sonntag machten einige Fans ihren Unmut über die derzeitigen Leistungen mit Pfiffen kund, in den Foren kocht die Stimmung teilweise bereits über. Dabei bräuchte es gerade während solch einer Phase umso mehr die Unterstützung von den Rängen.
Habscheid will sich aber ohnehin nur auf sein Team fokussieren. "Wir haben viele Ausfälle, viele Spieler sind auch noch krank. Wir versuchen einfach, einen Weg zu finden. Jedes Team hat mit Widrigkeiten zu kämpfen, das haben wir jetzt auch", sagt der Kanadier.
Jedoch komme es darauf an, wie man daraus hervorgehe, wie man dranbleibe und was man tue, wenn man in der Krise ist. "Wenn man ein Meisterteam aufbauen will, muss jeder durch solche Situationen gehen. Wir müssen einfach weiterarbeiten, gesund werden, ein paar Jungs zurückbekommen und optimistisch bleiben."
Den Widrigkeiten stellen, nicht davor weglaufen
Leichter gesagt als getan. Um gegen die Widrigkeiten ankämpfen zu können, braucht es laut dem Coach vor allem eines: Die richtige Einstellung. "Man muss optimistisch bleiben, so hart wie möglich arbeiten, ein guter Teamkamerad sein und sich den Widrigkeiten stellen. Wir können nicht davor weglaufen."
Seine Mannschaft müsse sich durchkämpfen, dürfe nicht davor zurückschrecken. "Man muss sich den Widrigkeiten stellen, die Dinge kontrollieren, die man kontrollieren kann. Wir haben eine gute Gruppe an Spielern, aber sie sind ein bisschen angeschlagen, verletzt. Wir müssen uns einfach zusammenreißen und einen Weg finden."
Der erfahrene Trainer weiß selbst, dass "uns im Moment die Siege natürlich nicht leicht fallen." Jeder Spieler müsse einfach durchhalten. "Niemand darf sich selbst bemitleiden. Das ist nicht erlaubt. Wir müssen uns wieder aufraffen. Morgen (am Montag, Anm.) haben wir einen Tag frei, dann fangen wir neu an und arbeiten uns weiter vor."
Auch die Offensive ist gehemmt
Und es liegt viel Arbeit vor Habscheid und seinem Trainerteam.
Zugegebenermaßen kann die Mannschaft nicht eingespielt sein, wenn die Linienkonstellationen aufgrund von neuen Erkrankungen oder Verletzungen ständig verändert werden müssen. Nichtsdestotrotz weist das Spiel der Capitals teilweise grobe Mängel auf.
Gegen Linz folgte auf ein ansprechendes erstes Drittel, in dem man lange Zeit führte, ein miserabler Mittelabschnitt, in dem nur Schlussmann Stefan Steen einen höheren Rückstand als das 1:3 verhinderte. Gleich dreimal fuhr ein Linzer alleine auf den Schweden zu, die Wiener Defensive ist seit dem ersten Saisonspiel schon ein Sorgenkind.
"Man muss auch realistisch sein: Wir müssen unser Spiel in bestimmten Bereichen verbessern und weiter an uns arbeiten."
Hinzu kommt nun aber, dass die Offensive in den letzten Wochen offensichtlich ebenfalls unter den negativen Ergebnissen gelitten hat. 15 Tore erzielten die Caps in den ersten vier Saisonspielen, seitdem nur mehr elf. Dass mit Piff ein Defender der zweitbeste Caps-Torschütze ist, spricht Bände.
Habscheid bestätigt: "Wir haben Probleme mit dem Toreschießen, beide Tore heute Abend fielen im Powerplay. Wir erzielen also nicht so viele 5-gegen-5-Tore wie zu Beginn des Jahres."
Doch der Mangel an Durchschlagskraft vorderster Front sei ebenfalls an der Verletztensituation festzumachen. "Es ist schwierig, weil einige Spieler auf anderen Positionen als gewohnt spielen müssen. Das wirkt sich auf sie aus. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, sind das die Schlüsselfaktoren", so der Übungsleiter.
Habscheid bangt nicht um seinen Job
Es sei momentan einfach die Realität, dass viele (wichtige) Spieler fehlen würden. "Aber man muss auch realistisch sein: Wir müssen unser Spiel in bestimmten Bereichen verbessern und weiter an uns arbeiten", betont Habscheid.
Der 60-Jährige führt aus: "Wir können nicht nur herumsitzen, also hoffen wir, dass es einigen kranken Spielern bald besser geht und einige verletzte Spieler zurückkehren. Das wird uns hoffentlich helfen."
Um seinen Job bangt Habscheid trotz sechs Niederlagen in Serie und nur drei Punkten Vorsprung auf den letzten Tabellenplatz jedenfalls nicht. Auf die Frage, ob er bereits beim Präsidenten wegen der aktuellen Situation des Teams vorsprechen musste, antwortet der Kanadier salopp: "Nein."
Damit wird er auch am kommenden Wochenende beim Auswärtsdoppel gegen den HC Innsbruck (Freitag) und den HC Pustertal (Samstag) wieder an der Bande stehen.