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Hartl: "Letzter Platz für Caps einfach peinlich"

"Das Potenzial ist da." Hartl über Saisonstart, Youngsters und neuen Fanliebling:

Hartl: Foto: © GEPA

Die Erleichterung war bei den Vienna Capitals nach dem 3:0-Erfolg über den HC Innsbruck deutlich spürbar.

Es wurde nicht nur der erste Saisonsieg mit den eigenen Fans gefeiert, sondern auch der Abschied von der Roten Laterne, welche die Wiener nach der dritten Runde inne hatten. Dass die Capitals diese überhaupt trugen, war in den vergangenen Jahren undenkbar.

Mit einer kompletten Kader-Umstrukturierung nach einem turbulenten Sommer, den verletzungsbedingten Ausfällen dreier Defensiv-Leistungsträger zu Saisonbeginn und einem neuen Trainer waren offensichtliche Gründe für den Fehlstart gegeben. Dennoch glichen null Punkte aus den ersten drei Spielen Desaster.

Das sieht Nikolaus "Niki" Hartl auch so. Der 29-Jährige ist nach den Abgängen von Rafael Rotter, Ali Wukovits und Co. einer der letzten verbliebenen Österreicher, die sinnbildlich mit den Capitals in Verbindung stehen.

Auch sein Auftakt in die neue Saison der bet-at-home ICE Hockey League war ein durchwachsener, gegen die Tiroler platzte ihm aber der Knoten. Sein Slapshot-Hammer zum 3:0-Endstand brachte die Erste Bank Arena endgültig zum Beben, ordentlich Frust entlud Hartl bei diesem Treffer ebenfalls.

Denn dieser Frust hat sich in den letzten Tagen, Wochen, sogar Monaten seit dem Playoff-Aus im Halbfinale der vergangenen Spielzeit gegen den HC Bozen aufgebaut und reichte schon ins unermessliche - nicht erst aufgrund des letzten Tabellenplatzes nach drei Partien.

"Wenn man auf dem letzten Platz steht - das ist für Wien einfach peinlich und tut auch sehr weh", sprach Hartl nach dem Spiel frei von der Leber.

Der Befreiungsschlag kam aber zum richtigen Zeitpunkt, weil am Freitag mit der Fahrt nach Klagenfurt zum KAC (ab 19:30 Uhr auf Puls24, im Puls24-Stream oder im LAOLA1-LIVE-Ticker mit In-Match-Clips) die Auswärts-Aufgabe beim Meister und die Revanche für das 0:5 zum Saisonauftakt ansteht.

"Playoff-Platz noch die geringsten Erwartungen"

(Artikel wird unter dem VIDEO fortgesetzt)


"Für uns muss ein Playoff-Platz drinnen sein, das sind sogar noch die geringsten Erwartungen", legte der Flügelstürmer aus Zell am See nach. Obwohl man viele junge Spieler, einen neuen Trainer mit neuem System habe, "war es nur eine Frage der Zeit", bis der wichtige erste Sieg eingetütet werden würde. "Denn das Potenzial ist definitiv da!"

Das sehen viele Anhänger und begnadete Zuseher der Vienna Capitals nicht so, ein Großteil von ihnen trauert den verloren gegangenen Leistungsträgern nach, sehen die Wiener als Kandidat für einen Pre-Playoff-Platz, wenn nicht sogar als Streichkandidat für die Playoffs.

Daher betonte der 29-Jährige auch nochmal: "Der letzte Platz war inakzeptabel!" Besonders leid tat ihm Head-Coach Dave Barr, "der es sich auch verdient hat, dass wir Spiele gewinnen. Er ist ein Top-Trainer, mit viel Erfahrung und er gibt ein gutes System vor", streute Hartl seinem Chef Rosen.

Es sei mit einer neuen Mannschaft allerdings auch ein "langer Prozess, das umzusetzen, was man vorgegeben bekommt. Der Weg bis zu den Playoffs ist ebenso lang", fügte Hartl an.

Hartl setzt lieber auf Eigenbauspieler, als weitere Imports zu holen

Dass sich die Mannschaft auf dem Weg dorthin noch auf der einen oder anderen Position verändern wird, steht außer Frage. Head Coach Barr wünscht sich für die erste Linie weiter einen Top-Center, General Manager Franz Kalla konnte diesen bis dato nicht aufs Eis ziehen.

"Wir probieren, junge Spieler zu integrieren, damit wir auch weniger Spieler holen müssen. Und wenn es so weitergeht, müssen wir keine neuen Spieler mehr holen - weil die Jungen hochgezogen werden können. Wie man sieht, funktioniert das auch."

Niki Hartl

Für Hartl ist es jedoch gar nicht nötig, sich auf die große Suche nach neuen Spielern zu begeben. "Wir probieren, junge Spieler zu integrieren, damit wir auch weniger Spieler holen müssen. Und wenn es so weitergeht, müssen wir keine neuen Spieler mehr holen - weil die Jungen hochgezogen werden können. Wie man sieht, funktioniert das auch."

Damit würden die Donaustädter einen Weg fortsetzen, den sie schon im letzten Winter eingeschlagen haben. Damals wurde die Jugend speziell forciert, zahlreiche Youngsters wie Torhüter Sebastian Wraneschitz, Patrick Antal oder Lukas Piff in den Profi-Kader hochgezogen. 

Wraneschitz hat sich mit seinen starken Leistungen einen Platz in der Western Hockey League erkämpft. Sie zählt zu den drei kanadischen Top-Juniorenligen, dort will sich der 19-Jährige ab dem 3. Oktober bei den Victoria Royals für den kommenden NHL-Draft empfehlen. Antal und Piff sind aus dem Caps-Lineup nicht mehr wegzudenken, speziell Piff überzeugte bislang auf ganzer Spur.

Meyer? "Sehr wichtig und ein Top-Import!"

Nur mit jungen Österreichern geht es allerdings auch nicht, dennoch sollte in der Import-Frage eher Qualität statt Quantität herrschen. Zehn ausländische Spieler tümmelten sich zuletzt im Spieltagskader gegen den HC Innsbruck. Mit einem Torhüter (Stefan Steen), vier Defendern (Dodero, Karlsson, Prapavessis, Wall) und fünf Forwards (Meyer, Moncada, Neal, Sutter, Tropp) teilten sich diese gerecht über das Lineup auf.

Wirklich aufzeigten konnten allerdings nur Steen, Meyer und mit Abstrichen Wall, der sich nach seiner Verletzung noch nicht zu 100 Prozent im Spielrhythmus befindet. Spieler wie Matt Prapavessis zeugen eher von Quantität. Beim Verteidiger schleichen sich immer wieder Abspielfehler ein, dazu ist seine Beinarbeit eher dürftig vorhanden.

Mit Nicolai Meyer ist den Veranwortlichen der Hauptstädter aber ein wahrer Goldgriff gelungen. Der Däne, nach dem Karriereende von Jordan Caron kurzfristig verpflichtet, avancierte in den ersten Heimspielen der noch jungen Saison zum Publikumsliebling. Coach Barr kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus (Alle Infos >>>).

Hartl strich die Wichtigkeit des Flügelstürmers heraus: "Er ist sehr wichtig! Wir haben Spieler für die erste Linie gesucht und er ist ein Top-Import. Das hat er die letzten Spiele auch gezeigt. Da wussten die Veranwortlichen schon, was sie für ein Kaliber holen."

Schlechter Saisonstart: "Würde jungen Spielern nie die Schuld geben"

Ein Kaliber war auch sein Treffer gegen Innsbruck, eine wahre Rakete. Der ÖEHV-Crack zeigte sich demütig: "Ich lobe mich in solchen Situationen nicht, weil ich auch genug Chancen vergebe. Mir ist wichtig, dass ich der Mannschaft in jeder Hinsicht helfe. Das macht meinen Spielstil aus. Wenn wir gewinnen, ist es umso schöner."

Einer der jungen Wilden: Patrick Antal
Foto: © GEPA

Gewinnen wollen die Caps auch im Auswärtsspiel beim KAC (ab 19:30 Uhr auf Puls24, im Puls24-Stream oder im LAOLA1-LIVE-Ticker mit In-Match-Clips). Es ist das zweite Aufeinandertreffen beider Teams innerhalb von nur 14 Tagen. Im ersten Duell, welches ebenfalls in Klagenfurt über die Bühne ging, setzte es eine 0:5-Klatsche.

Damals fehlten noch zwei volle Defender-Paare, "das darf aber keine Ausrede sein", betonte Hartl. "Das erste Spiel war für uns eine Überraschung", gab der Rechtsschütze im selben Atemzug zu. "Wir haben viele junge Spieler, ich würde ihnen aber nie die Schuld geben. Es ist auch für sie ein Prozess, auf diesem Level zu spielen", holte Hartl aus.

"Sie spielen meistens in der Alps Hockey League, dort vermehrt gegen Nachwuchsspieler. Sie haben bisher einen wirklichen guten Job gemacht", zeigte sich der langjährige Caps-Spieler mit seinen jungen Teamkollegen zufrieden. Es wäre sowohl für den Trainer als auch die Youngsters wirklich unverdient, "wenn wir am letzten Platz oder unten den Playoff-Plätzen bleiben", kam Hartl nochmal auf die Tabellen-Thematik zu sprechen.

Barr persönlicher, Cameron war ein "Eishockey-Professor"

Apropos Trainer: Die Unterschiede zwischen Ex-Coach Dave Cameron und dem nunmehrigen Chefbetreuer Dave Barr seien schnell gefunden - wenn sie auch nicht im Namen liegen. "Dave Barr hat selbst über lange Zeit und auf höchstem Niveau in der NHL gespielt, kann sich daher besser in einen Spieler hineinversetzen", spricht für den 60-Jährigen die persönliche Komponente.

Cameron sei dagegen "ein extremer Taktiker" gewesen, der ein gutes System vorgegeben habe - "wie ein Eishockey-Professor", merkte Hartl an. Dave Barr wisse aber auch, "wie ein Spieler von der vierten bis zur ersten Linie tickt, weil er diese Rolle selbst gespielt hat", sprach dann doch mehr für den jetzigen Trainer.

An dem nach den ersten Saisonspielen keinerlei Kritik anzumerken war, die Capitals-Fans zeigten sich mit der bisherigen Arbeit des Kanadiers hochzufrieden. Mit der Mannschaft, aber vor allem dem Management, ist man das derzeit nicht.

Mit zwei Siegen am kommenden Wochenende gegen den KAC und über Olimpija Ljubljana würden die Anhänger wohl vorerst besänftigt werden.

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