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Die Besonderheiten der tschechischen Extraliga

Jaromir Jagr mischt auch als 51-Jähriger die Extraliga auf, die Corona gut überstanden haben dürfte. Bernd Freimüller mit einem Einblick:

Die Besonderheiten der tschechischen Extraliga Foto: © GEPA

Anfang Jänner war es soweit: LAOLA1-Experte Bernd Freimüller war mit allen 14 Teams der tschechischen Extraliga durch, jedes Team bekam zumindest ein Viewing.

Ein Blick auf einige Besonderheiten dieser Spielklasse:

Das "Comeback" von Jaromir Jagr

Am 11. Dezember war es soweit: Der damals noch 50-jährige Jaromir Jagr schnürte wieder die Schuhe für sein Heimatteam Rytiri Kladno, das in seinem Besitz steht und für das er auch als Sportmanager arbeitet. Als Comeback kann man das nicht durchgehen lassen - Jagr hatte nie sein Karriereende ausgerufen und spielt schon seit fünf Saisonen zumindest als Teilzeitkraft mit.

Mit Jagr - oft an der Seite von Ex-NHL-Center Tomas Plekanec (mit 40 Jahren im Vergleich ein Jungspund) - arbeiteten sich die Ritter in der Tabelle kurz nach oben, den letzten Platz konnten sie bis heute aber nicht abgeben. Allerdings gelang gerade am 51. Geburtstag von Jagr ein wichtiger 2:1-Heimsieg gegen Mlada Boleslav, der Kladno wieder ans Feld heranführte. Es droht jedoch weiter wie im letzten Jahr die Relegation, auf die man nach Vorrundenabschluss mehr als ein Monat warten muss.

Wie sieht Jagr am Eis aus? Mehr als 45 Jahre würde ich ihm nicht geben. Tempo ist natürlich überhaupt keines mehr in seinem Spiel, er kann die Scheibe aber weiter gut abschirmen und ist im Powerplay noch ein Faktor. Drei Tore und acht Assists in 20 Spielen lautet seine Bilanz.

Egal, ob man dieses Schauspiel vorbildhaft oder schon etwas tragikomisch sieht, die Hallen füllt Jagr bei Auswärtsspielen allemal. Die Heimfans kennen ihn schon zur Genüge, in der renovierten Halle in Kladno pendeln sich die Zuschauerzahlen um die 3.000 ein.

Corona gut überstanden

Wie in allen Eishockeyligen setzte aufgrund der Zuschauersperren während Corona das große Heulen und Zähneknirschen an, Regierungshilfen ließen auch lange auf sich warten. Aber von Ableben einiger Teams konnte dann keine Rede sein und heute sieht es wieder gut aus: Die Zuschauerzahlen haben fast Vor-Corona-Levels erreicht, einzig in Brünn, wo Kometa heuer eine schwache Saison hinlegt, wird das einst stets gebrauchte "Ausverkauft"-Schild nur mehr selten abgestaubt. Vor allem im wiedererstarkten Pardubice sind die Fans wieder erwacht, nicht nur daheim: Das Spitzenspiel zwischen Sparta Prag und ihnen lockte mehr als 16.000 Fans in die Prager O2-Arena.

Doch nicht nur die Eintrittskarten (mit Preisen um die 10 - 15 Euro immer noch wohlfeil) bringen Geld in die Klubkassen: Ein Blick auf die Eisflächen genügt und man sieht die breite Sponsorenbasis. Ich zählte vor kurzem alleine in der Endzone einer Arena zehn Untereiswerbungen!

Die Zeiten, wo tschechische Spieler für einen Apfel und ein Ei zu haben waren, sind schon längst vorbei. Linz-Coach Phil Lukas wollte vor Saisonbeginn einen jungen Tschechen holen, zog aber finanziell den Kürzeren. Selbst bei Tabellennachzüglern wie Litvinov werden mir sechsstellige Euro-Gehälter genannt, von Spitzenspielern wie Marko Dano (Trinec) oder Milan Gulas (Ceske Budejovice) ganz zu schweigen.

Zu Trinec und Sparta Prag kam zuletzt auch noch Pardubice mit dem neuen Mehrheits-Eigentümer Petr Dedek zu den Spitzenzahlern dazu - den drei KHL-Spielern Tomas Hyka, Lukas Radil und Roman Will folgte während der Saison mit Lukas Sedlak sogar ein NHL-Aussteiger. Auch in Brünn, Liberec, Hradec Kralove und neuerdings auch wieder in Vitkovice (warben Kometa den Ex-Salzburger Peter Mueller ab) werden zumindest teilweise hohe Gehälter bezahlt.

Das Niveau der Liga

In Spitzenspielen oft ziemlich hoch, bei anderen Spielen meist überschaubar. Bei Teams wie Sparta oder Trinec finden sich halt noch in der dritten Linie Skilled Players, während bei den schwächeren Teams oft nur ein bis zwei Linien Scorerzahlen versprechen.

Das Prädikat eines langjährigen Extraliga-Spielern muss nicht unbedingt hohe Qualität versprechen: Ich war verwundert, dass die Graz99ers vor der Saison Petr Kolouch als großen Hoffnungsträger ausgemacht hatten. Der 30-jährige hatte zwar mehr als 450 Extraliga-Partien in seiner Bilanz stehen, die aber als Rollenspieler, noch dazu bei einem Team wie Olomouc, das sich seit Jahren über (defensive) Systemtreue einen Namen gemacht hat.

Zu glauben, dass ein Spieler wie er auf einmal ein offensiver Leistungsträger werden könnte, war naiv, je mehr Kolouch in eine solche Rolle gedrängt wurde, desto ineffektiver wurde er. Ich weiß nicht, ob überhaupt ein Olmütz-Spieler einem ICE-Team entscheidend weiterhelfen würde, doch seit Jahren halten sie sich im Mittelfeld. Für mich sind sie aber mit Abstand das am wenigsten sehenswerte Extraliga-Team.

Die Spieler, die in der ICE zu Stars würden, können sich die Teams hierzulande nicht leisten, die Mitläufer, die vielleicht nach schwächeren Saisonen zu finanzieren wären, helfen dann nicht weiter. Die Extraliga wird auch in Zukunft eher kein großer Zubringer für die DEL oder ICE sein. Vladimir Ruzicka war ja in Dornbirn auch ein Riesendesaster, ist inzwischen zu seinem Jugendverein Slavia Prag in die zweite Leistungsstufe (Chance Liga) zurückgekehrt.

Die Legionäre

Natürlich sind die Slowaken (ähnliche Sprache, geringere Gehaltsvorstellungen) weiter die beliebtesten Gastarbeiter. Dahinter kommen 18 Nordamerikaner und elf Letten. Letztere sind oft schnell und zu einem vernünftigen Preis verfügbar, sprechen zumindest Englisch und gliedern sich problemlos ein - ähnliche Merkmale wie bei den Slowenen, die aber natürlich eine geringere Breite aufweisen.

Vor allem lettische Defender sind in der Liga weit verbreitet, überdurchschnittliche Puckskills weisen hier aber nur Uvis Balinskis (Liberec, Top-Scoring-Defender) und Janis Jaks (Litvinov) auf. Der Amerikaner Willie Raskob ist ein kleiner, aber puckgewandter Verteidiger bei Vitkovice, an dem auch der VSV im Sommer interessiert war.

Unter den 20 ligabesten Scorern stehen nur drei Legionäre: Robert Bukarts und Peter Krieger (USA) bei Vitkovice sowie der Kanadier Giogio Estephan bei Litvinov. Wie kann man Bukarts mit seinem Bruder beim KAC vergleichen? Vielleicht nicht ganz so spritzig, aber ebenfalls ein Rechtsschütze und mit noch größeren Sniperqualitäten, vor allem im Powerplay und da auch von der linken Halfwall. Peter Mueller wäre auch in diesem Kreis, versäumte aber einige Spiele durch Verletzung.

Bei den Torleuten sind nur Landon Bow (Kladno) und Henri Kiviaho (Hradec Kralove) als Legionäre die klare Nummer Eins, dazu kommen noch Denis Godla (Litvinov) und Gasper Kroselj (Mlada Boleslav). Allgemein gehören die Extraliga-Goalies aber nicht zu den Topleuten Europas.

Die Hallen

Inzwischen sind schon fast alle Hallen entweder neu oder zumindest renoviert. Ausnahmen sind Mlada Boleslav (mit 4.200 das kleine Fassungsvermögen), Olmütz (ziemlich versifft und kalt) und Brünn, wo das Rondo in den nächsten Jahren einer neuen Arena weichen soll. Wer noch einmal sehen will, wie die Hallen im Kommunismus ausgesehen haben, wäre mit Litvinov noch am besten bedient - die 6.000 Fans sind hier auf überaus steilen Tribünen untergebracht.

Politiker, die an den Bau einer mittelgroßen Halle denken, wäre eine Fahrt nach Liberec (an der tschechisch-deutschen Grenze gelegen) anzuraten - diese für 7.500 Fans angelegte Halle ist für mich in dieser Größenklasse beispielhaft.

Es gehört zu meinen Aufgaben, die tschechische Extraliga im Auge zu behalten, österreichische und deutsche Vereinsvertreter sind hier eher selten zu Gast. Das hohe Gehaltsniveau sowie die Qualitätsunterschiede zwischen der Spitzenklasse und den Mitläufern lässt aber Transfers eher selten zu…


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