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Die finnische Liga: Ein Reisebericht

LAOLA1-Scout war im Hohen Norden unterwegs und schildert Eindrücke.

Die finnische Liga: Ein Reisebericht Foto: © GEPA

Gleich acht finnische Spieler übersiedelten im Sommer in die EBEL – aufgrund finanzieller Probleme in der Heimat könnte dieser Markt in Zukunft für unsere Liga noch wichtiger werden.

Dass die "Liiga" sportlich aber noch höher anzusiedeln ist, haben die CHL-Niederlagen von RB Salzburg und den Capitals gegen Tampere und Jyväskylä bewiesen.

Wie legt man einen Trip durch Finnland an und was gibt es dort zu sehen? LAOLA1-Scout Bernd Freimüller hat sich auf die Reise begeben und schildert seine Eindrücke.

"Saftiger" Schedule für wenig Geld

Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag sind die üblichen Spieltage. Da gilt es, noch eines der seltenen Mittwoch-Spiele zu finden, um auf fünf Spiele in fünf Tagen zu kommen. Weitere Parameter für die Spielplanerstellung:

  • Am Ankunftstag (Dienstag) muss ein Spiel in Helsinki oder zumindest in erreichbarer Umgebung (Lahti, Hämeenlinna, Tampere oder Turku) stattfinden, schließlich landet der Flieger knapp vor 15 Uhr (Spielbeginn jeweils 18:30 Uhr). Auch am letzten Tag sollte eine Reise zum Flughafen nach Helsinki noch möglich sein, der Flieger nach Wien startet Sonntagmorgen.
  • Weit abgelegene Orte wie Oulu, Kuopio oder Vaasa sind als Heimstätten ausgeschlossen.
  • Es gilt, so viele Teams wie möglich zu sehen, gleichzeitig den Reisestress und die Kosten zu minimieren. Die endgültige Spielauswahl (IFK Helsinki – Ässät Pori, Tappara Tampere – Lukko Rauma, JYP Jyväskylä – Ilves Tampere, KooKoo – Ässät, Pelicans Lahti – Kalpa Kuopio) ermöglichte eine gemütliche Rundreise, allerdings war fünfmal Kofferpacken angesagt.

Interessant: In einem eigentlich hochpreisigen Land wie Finnland sind die Reisekosten mittlerweile zu vernachlässigen – Züge waren ohnehin nie recht teuer, dazu kommen jetzt private Überlandbusse mit Kampfpreisen um die fünf Euro.

Wen gilt es zu sehen?

Eines ist klar: Bei neun verschiedenen Teams kann man unmöglich 180 Spieler genauer unter die Lupe nehmen. Da gilt es schon vorher auszusortieren. Top-Cracks bei Spitzenvereinen wie Tappara, JYP, HIFK, Lukko oder Kärpät sind weiterhin eher schwer zu bekommen – diese Teams zahlen weiter sehr gut. Hier sind eigentlich nur Spieler interessant, die wirklich auf das Ende ihrer Karriere zusteuern und deren Leistungskurve nach unten geht.


VIDEO - Was macht denn der Keeper da?

(Text wird unterhalb fortgesetzt)


Bei den anderen Teams sank das Gehaltslevel in den letzten Jahren aber drastisch ab, vor allem der Einbruch der Exporte nach Russland schadete finnischen Unternehmen. Hier gilt es, Spieler um die 25 und aufwärts zu begutachten, jüngere versuchen wohl, noch bei besseren Teams im In- oder Ausland unterzukommen.

Bei jedem Team kann man so etwa fünf bis sechs Spieler unter die Lupe nehmen, die meisten kenne ich noch aus ihren Juniorentagen. Die Spitzenteams sind natürlich tiefer besetzt und verfügen über drei gute Linien. Die schwächeren Teams dünnen sich schon ab dem zweiten Block aus, mussten sich in den letzten Jahren auch in der Mestis (=zweithöchste Spielklasse) bedienen.

Das Niveau der Spiele?

Natürlich unterschiedlich, aber immerhin waren die Partien doch ausgeglichen. Allerdings sind Teams wie Ilves (Tappara diktiert die Lage in Tampere mittlerweile unangefochten) oder KooKoo sehr dünn aufgestellt. KooKoo Kouvola ist neben Sport Vaasa und Jukurit Mikkeli eines der drei Teams, die in den letzten Jahren in die Liiga aufgenommen wurden. Lange war die Liiga fast eine geschlossene Gesellschaft, der Abgang von Jokerit Helsinki in die KHL und Espoo (finanzielle Probleme) sollte aber offenbar mit Quantität statt Qualität aufgefangen werden. In sechs Saisonen insgesamt schaffte es von den Neulingen aber nur Vaaasa einmal in die (Pre-)Playoffs.

Die Intensität der Spiele war meistens in Ordnung, die Finnen zeichneten sich ja schon immer durch unaufhörliches Eislaufen und eine aufdringliche Spielweise aus. Die Liiga galt lange als die dem nordamerikanischen Eishockey ähnlichste Liga in Europa, dafür sorgen auch schon die kleineren Eisflächen. Allerdings hat sich auch hier die strengere Regelauslegung der letzten Jahre ausgewirkt. Einzig bei IFK (Joe Finlay) und Ässät (Ben Blood) sah ich noch zwei ausgesprochene Goon-Defender.

Im Gegensatz zur tschechischen Extraliga – beides längst keine Spitzenligen mehr – wird weit mehr foregecheckt, während in Tschechien immer noch der Left-Wing-Lock angesagt ist. Defender haben weit weniger Zeit hier zum Spielaufbau und auf dieser Position wirkt sich der Spielerabgang der letzten Jahre auch am meisten aus: Überragender Verteidiger mit Offensivqualitäten sind nur schwer auszumachen oder haben schon einige Jährchen auf dem Buckel, wie etwa der 36- jährige Janne Niskala (Lukko Rauma).

Der Hauptunterschied zwischen der EBEL und Liiga (die Caps und Salzburg verloren alle ihre CHL-Spiele gegen JYP und Tappara): Die finnischen Teams sind einfach mehr in Bewegung, geben kaum Raum zur Entfaltung und machen umgekehrt kaum Fehler in der Defensive.

Trends und Auffälligkeiten

Es fehlt am Mittelalter: Junge Spieler kommen dafür schnell ins Line-up, auch wenn ich diesmal nur einen (herausragenden) 2000er- Jesperi Kotkaniemi (Ässät) - zu sehen bekam. Doch im Alter von 19-22 sind schon viele Cracks Stammspieler. Dazu kommen aber viele Althasen, das ist nie ein gutes Zeichen für die Qualität einer Liga. Ein Blick auf die Scorerliste vor dem ersten Spiel: Die beiden Führenden sind Eric Perrin (41) und Tomi Kallio (40) – ist die Zeit seit meinen Anfängen im Scouting-Business stehengeblieben? Doch das ist die Konsequenz davon, wenn alleine in den europäischen Topligen (SHL, NL, KHL) fast 70 Cracks im besten Alter spielen.

Die Anzahl der Legionäre scheint zurückzugehen, die Qualität sowieso. Zwar war die Liiga schon immer experimenteller als etwa die SHL, doch ECHL-Cracks und Spieler aus exotischen Ländern wie Frankreich oder Italien hätten es früher auch schwer gehabt, einen Job zu bekommen. In- und Ausländer müssen sich mittlerweile bei einigen Teams mit Gehältern um die 30.000 Euro zufriedengeben. Da ist ein Flügel wie Marco Insam von Bozen, der in allen Special Teams zum Einsatz kommt, vom Kosten-/Nutzenverhältnis absolut in Ordnung, auch wenn er mir in den beiden Spielen, die ich sah, wenig auffiel. Ein Move in die EBEL ist für durchschnittliche Cracks mit einem Gehalt um die 40.000 Euro verbunden.

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Die Goalie-Positionen befinden sich aber fest in finnischer Hand: Von heuer 25 eingesetzten Torhütern sind nur drei Legionäre (Denis Godla, Andreas Bernard und Dominik Hrachovina). Allerdings: Die Zeiten, als man finnische Goalies fast unbesehen nehmen konnte, sind vorbei, das muss ja derzeit auch Graz mit Hannu Toivonen feststellen. Einige der Schlussmänner hier wackelten gewaltig.

Auch wenn die Powerplay-Systeme variieren (vom Overload über Umbrella bis zum 1-3-1) – fast alle Units kommen nur mit einem gelernten Verteidiger aus. Finnland brachte zwar sehr wohl in den letzten Jahren einige Spitzendefender mit Offensivqualitäten hervor, sie sind aber vor allem in der KHL, AHL, NHL oder sogar in den nordamerikanischen Juniorenligen tätig.

Interessant der Einsatz der Videos: Strittige Szenen wie etwa Fouls werden umgehend auf den Videowürfeln wiederholt – man kann sich vorstellen, wie dies das Heimpublikum "aufganseln" kann. Auch die Refs schauen sich mitunter umstrittene Torszenen auf dem Würfel interessiert an, haben aber mit der Endentscheidung wenig zu tun: Ein Mann im Ohr flüstert ihnen dann "Tor oder nicht Tor". Vor allem bei klaren Calls funktioniert das besser als in der EBEL, wo sich die Refs erst vor den Bildschirm verfügen und dort aus Platzmangel oft absurde Verrenkungen hinlegen müssen.

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