Die Slowakei ist kein weit entferntes Reiseziel - für Eishockey-Interessenten aber trotzdem interessant.
Neben KHL-Klub Slovan Bratislava gibt es natürlich die Tipsport Extraliga, die zuletzt auch zu einem interessanten Zubringer-Markt für die EBEL geworden ist. Mit Jordan Hickmott (VSV) und vor allem Brock Higgs (Graz99ers) kamen im Sommer zwei Legionäre, die sicher zu den besseren ihres Fachs gehören.
In zwei Trips mit insgesamt fünf Spielen schaute sich LAOLA1-Scout Bernd Freimüller vor allem bei den Top-Teams der Liga um, die seit 2017 einen gewissen Aufschwung erlebt.
Legionäre sind weiter gefragt
Waren früher vor allem Tschechen in der Extraliga tätig, hält der Trend zu "echten" Legionären schon seit einigen Jahren an. Wie in anderen Ligen (Finnland, Tschechien, Schweden) gibt es hier keine Ausländerbeschränkungen, nach den Trendsettern Nitra und Banska Bystrica, die zuletzt dominierten, sprangen nun auch andere Teams auf diesen Zug auf.
Neben Spielern aus Schweden und Finnland kamen vor allem Leute aus Übersee, wenn auch mit unterschiedlichen Erfolgen. So engagierte Zvolen erstmals einige Nordamerikaner, von denen allerdings nur Tim Coffman herausragte. Ein Mann wie der Ex-Klagenfurter Kyle Wharton ist auch hier (nicht überraschend) nur ein Mitläufer. Aber er spielt immerhin noch, Zilina setzte seine Übersee-Legionäre bald vor die Tür. Da gibt es dann Probleme mit den Verträgen, wie ein Agent beschreibt: "Sie sagen dem Spieler halt, dass er gerne bleiben kann, allerdings weder spielen noch trainieren darf. Wer macht das schon?"
Torhüter Matt Climie etwa nicht, der ging nach Bozen, wo er sich allerdings gleich verletzte. Zilina schlug noch dazu den Weg ein, die Gehälter seiner Spieler öffentlich zu machen - wenn dann ein Spitzenverdiener wie Ryan Martindale bei 5.000 Euro (netto) pro Monat nicht performt, kommt das bei den Fans natürlich nicht gut an.
Die beiden Vorjahresfinalisten Banska Bystrica und Nitra werden weiter von ihren Legionären getragen, auch heuer könnte hier wieder der eine oder andere in der EBEL aufschlagen. Einige Teams lehnten sich finanziell weiter aus dem Fenster und zahlten bzw. versprachen Gehälter von knapp 40.000 Euro. Aber auch die eher normalen 20-30.000 Euro sind in einem Land, wo man Mittagsmenüs um 3,50 Euro bekommt, natürlich reizvoll. Vor allem rechtschießende Defender mit etwas Offensivpotenzial werden in der Slowakei händeringend gesucht und selbst bei überschaubaren Meriten verpflichtet.
Eintrittspreise und Zuschauerzahlen
Die Kartenpreise sind für unsere Verhältnisse natürlich wohlfeil – im Schnitt fünf(!) Euro, die billigste Jahreskarte gibt es bereits um 60 Euro. Trotzdem sehen die Zuschauerzahlen teilweise trostlos aus – etwa bei einer Runde vor Weihnachten: 293, 720, 843 und 1.093 Zuschauer in den Hallen. Kosice erfreut sich immerhin über einen Schnitt von mehr als 4.000 Fans, bei meinem Besuch nach Weihnachten war die WM-Halle des nächsten Jahres mit knapp 9.000 Zusehern sogar fast ausverkauft.
Nitra und Banska Bystrica kommen meist an ihre Kapazitätsgrenzen von knapp 3.000 heran, Trencin begrüßt in dieser Saison durch seinen sportlichen Aufschwung auch meist wieder mehr als 2.000 Fans. Bei den anderen Teams sieht es aber trostlos aus, versiffte Hallen wie in Nove Zamky (nahe Ungarn gelegen) oder Liptovsky Mikulas laden auch nicht gerade zu einem Besuch ein.
Apropos Liptovsky Mikulas: Nach knapp 20 Jahren war ich wieder in diesem Städtchen nahe der Hohen Tatra, die Halle hat sich in dieser Zeit überhaupt nicht verändert. Kurios auch die Bräuche dort: Für fünf Euro bekommt man nicht etwa eine Karte, sondern eine Rechnung und ein Armbändchen. Dieses war offenbar die Berechtigung für einen Sitzplatz, erwies sich aber als unnötig: 40 Minuten vor Spielbeginn stellte sich mir kein Ordner in den Weg. Auch kurios die Gastronomie: Zwei Leute mit Popcornmaschinen, das war's dann, dazu noch Kaffee aus dem Automaten. Dass angesichts solcher Zustände vor jedem Spiel die Nationalhymne gespielt wird, erscheint mir etwas zu staatstragend...
15 slowakische Fußball-Stadien werden übrigens mit EU-Geldern auf den neuesten Stand gebracht, im Eishockey ist davon noch keine Rede. Neben Kosice sind gerade noch die Hallen in Zvolen, Banska Bystrica und Poprad einigermaßen modern, Trencin - ebenfalls seit Jahrzehnten unberührt - verstrahlt immerhin noch Retro-Charme.
Das Niveau der Spiele
Vielleicht weil ich mich rein auf die Spitzenteams konzentriert habe: Die Spiele kamen mit besser als sonst vor. Das Tempo und die Intensität scheinen höher zu sein, die Legionäre haben das Niveau der Liga sicher gesteigert.
Gut natürlich, dass der einstige Vorzeigeklub Dukla Trencin (Heimat von Zdeno Chara, Marian Hossa oder Marian Gaborik) aus seinem Dornröschen-Schlaf wiedererwacht ist. Sie führen die Tabelle an, Monate, nachdem sie noch in die Relegation mussten. Diese erwies sich allerdings im Nachhinein als wertlos - Verlierer Detva erhielt im Sommer doch noch eine Einladung zur Teilnahme, nachdem die Liga Martin wegen finanzieller Missstände hinauswarf. Doch die überhastete Teilnahme des Teams aus der Mittelslowakei war keine gute Idee - sie weisen mit bisher 15 Punkten kaum mehr auf als das außer Konkurrenz mitspielende U20-Nationalteam nach wesentlich weniger Partien. Solche wackeligen Märkte beweisen, dass sogar zehn Teams (acht davon erreichen nach 56 Spielen die Playoffs) zu viele sein können.
Apropos U20: Bei meinem ersten Trip im Oktober sah ich keinen einzigen Spieler des Jahrgangs 1998 oder jünger in irgendeinem Line-up. Zugegeben, das Junioren-Nationalteam zog damals natürlich einige ab - sie kehren jetzt oder spätestens nach der WM wieder zu ihren Stammteams zurück - doch die Liga bleibt überaltet. Zufälligerweise war ich jeweils bei den Abschiedsfesten für Arne Krotak (Poprad) und Peter Bartos (Kosice) zu Gast - mit 45 bzw. 43 Jahren ließen sie sich doch endgültig die Schuhe von den Füßen schneiden, waren aber 2017 bzw. letzte Saison sogar noch aktiv. Auch der aus Znojmo bekannte Marek Uram ist mit 42 immer noch mit dabei, gehört in Liptovsky Mikulas sogar noch zu den besseren Spielern.
Ein Kompliment für die Tipsport Extraliga ist das allerdings nicht. Die langen Pausen (18 Minuten), äußerst langsam ausgeführte Faceoffs sowie Diskussionen mit den Referees kommen diesen Senioren zwar entgegen, walzen die Spieldauer aber oft auf knapp 2:30 Stunden aus. Bei einigen Namen, die mich durch meine ganze Scouting-Karriere verfolgten, muss ich mich manchmal vergewissern, ob das schon die Söhne oder noch die Originale sind.
Doch die besseren Teams der Liga weisen sicher gutes EBEL-Niveau auf, wie ja auch die CHL-Niederlagen von RB Salzburg, Black Wings Linz und KAC gegen Kosice und Banska Bystrica in den letzten Jahren bewiesen. Zu diesen Spitzenteams gehören nun auch Trencin, Nitra und Zvolen, die entweder gute Legionäre oder auch einige interessante einheimische Kräfte aufweisen.
Der Liga allgemein täte halt ein Comeback von Slovan Bratislava gut, das aufgrund deren anhaltender finanzieller und sportlicher Probleme in der KHL wohl nur eine Frage der Zeit ist. Natürlich würde dann auch die EBEL um Slovan buhlen, doch selbst bei Slovans (äußerst fraglichem) Interesse würde der Verband sicher keine Freigabe erteilen. Der Wunsch von Slovan - eine Teilnahme an der tschechischen Extraliga - wurde dort wiederum schon vor Jahren abgeschmettert.