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Slowakeis Extraliga: Was kann sie wirklich?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen genauen Blick auf die Eishockey-Liga in unserem östlichen Nachbarland.

Slowakeis Extraliga: Was kann sie wirklich? Foto: © GEPA

Nach neun Spielen seit September habe ich alle Anfang Jänner Teams der slowakischen Extraliga durch. Was hat sich hier in den letzten Jahren getan, was ist gleichgeblieben?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller beäugt die Eishockey-Liga in unserem östlichen Nachbarland:

Tabellenlage

Beim Blick auf die Tabelle könnten einem die Augen übergehen. Ok, Aufsteiger Humenne als Schlusslicht war eingeplant. Aber vier Klubs aus dem Osten an der Tabellenspitze? Darunter als (überlegener) Tabellenführer Spisska Nova Ves, die erst drei Jahre wieder im Oberhaus dabei sind?

Poprad, Michalovce und Meister Kosice ergeben als Verfolger mehr Sinn, dass der ewige Titelanwärter aus Zvolen nur Fünfter ist, schon weniger. Mit Slovan Bratislava und dem im ungarischen Sprachteil beheimateten Nove Zamky auf den Plätzen 10 und 11 stehen zwei ambitionierte Organisationen tief im Keller.

Desaströses Jahr für Slovan Bratislava

 

Knapp 80 Kilometer voneinander entfernt, teilen sich die beiden Hauptstadtklubs aus Bratislava und Wien heuer die gleichen Probleme, wobei die Lage in Bratislava noch um ein Alzerl dramatischer ausfällt.

Schon nach wenigen Spielen war für Coach Jan Pardavy und Sport Manager Oto Hascak die Saison, die mit einem 2:8-Heimdebakel gegen Michalovce begonnen hat, vorbei.

Als neuer Sportdirektor kam der aus Znojmo bekannte Rostislav Docekal, der seinen tschechischen Landsmann und Ex-Nationaltrainer Vladimir Ruzicka mitbrachte, ohne dass auch nur etwas besser wurde.

Für Ruzicka war dann Mitte Dezember auch schon Schluss, der gerade in Zvolen gefeuerte Peter Oremus übernahm. Dem gelang der Start auch nicht, zuletzt gewann das Team aber fünf Spiele in Folge und setzte sich wenigstens von Humenne ab (der Letzte steigt direkt ab).

Auch auf dem Spielersektor herrschte in Bratislava ein munteres Kommen und Gehen, der sommerliche Kader war schlecht zusammengestellt.

Mit Matt MacKenzie etwa ließ man einen Defender ziehen, der jetzt in Linz den Fels in der Brandung gibt, dafür kam der dortige Mitläufer Matt Murphy. Bizarr! Nach Saisonbeginn kamen insgesamt neun neue Cracks, sieben mussten gehen, wobei sich die Gruppen zeitweise überlappten.

Als ob es sportlich nicht schon genug Problem gegeben hätte, erlag Eigentümer Rudolf Hruby (69) knapp vor Weihnachten einem Herzinfarkt. Hruby, mit einem geschätzten Vermögen von 770 Millionen Euro einer der reichsten Slovaken, hatte Slovan nach dem KHL-Abenteuer erst wieder auf gesunde finanzielle Beine gestellt.

Trainerwechsel

Hier ändert sich Jahr für Jahr nichts, der Großteil der Teams wechselt während der Saison seine Übungsleiter aus.

Slovan eben zwei Mal, dazu Zvolen, Poprad (dort prosperiert das Team jetzt unter dem aus Graz bekannten Todd Bjorkstrand), Trencin, Banska Bystrica (Doug Shedden ging allerdings von sich aus nach Iserlohn), Nove Zamky und Humenne.

Macht acht Wechsel bei sieben von zwölf Teams – Business as usual in der Extraliga.

Die Insel der Vertriebenen

Liptovsky Mikulas – seit jeher ein Team mit bescheidenen Mitteln – hat sich ein eigenes Geschäftsmodell zu eigen gemacht: Sie holen Spieler, die in ihren Heimatländern geächtet sind und keine Jobs mehr erhalten, daher keine großen Gehälter aufrufen können.

Das waren heuer US-Defender Mitch Miller (Virtanen und Co.: Warum Europa ihr persönliches Elba ist >>>) und zuletzt der finnische Angreifer Severi Lahtinen, der Ende Oktober in Jyväskylä gefeuert wurde. Neben einer Alkoholfahrt wurde Lahtinen wegen Vergewaltigung zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Gegen die berief der 25-jährige Flügel, befindet sich damit weiter auf freiem Fuß, ist aber in seinem Heimatland nicht mehr gefragt.

Lahtinen ist durchaus eine Hilfe für Liptovsky Mikulas, Miller agierte sogar überragend, seine 29 Punkte in 19 Spielen brachten ihm einen Vertrag beim KHL-Team Kazan ein, Liptovsky Mikulas eine sechsstellige Ablöse.  Ein Geschäftsmodell, das in anderen Ländern wohl wegen des Gegenwindes der (Social) Media undenkbar wäre.

Aus aller Herrn Länder

Fast 100 Legionäre stehen in den Aufgeboten, am Spielbericht sind sieben zugelassen. Kanadier und Amerikaner (insgesamt 40) sind weiter am populärsten, Finnen (6) gingen zurück, Tschechen (9) gehen nur ins Nachbarland, wenn sie zuhause nichts Interessantes mehr finden. Russland (8) und die Ukraine (3) sind Länder, aus denen sich sonst am Legionärsmarkt kaum jemand bedient. Erstere teilen sich auf Liptovsky Mikulas und Schlusslicht Humenne auf, die Russenpartie dort vervollständigte zu Saisonbeginn auch ein mittlerweile gefeuerter Coach.

Die Nähe zur Heimat wäre für die drei Ukrainer in Friedenszeiten natürlich weit mehr ein Faktor als jetzt, Defender Igor Merezhko (mehr als ein Punkt pro Spiel für Spisska Nova Ves) wird sich nach der Saison wohl in eine bessere Liga verabschieden.

Alte Bekannte aus der EBEL/ICE gibt es natürlich weiter genug: Brett Findlay, Marc-Oliver Roy, Sahir Gill, Tyler Coulter, Ben Betker, Hunter Fejes, die Hults-Brüder oder Olivier Archambault, der nach der vorjährigen Saison in Bruneck heuer die Liga-Scorerwertung anführt.

Sie alle spielen längst zu keinen Diskontpreisen mehr – natürlich müssen sich einige Teams (vor allem im Osten) nach der Decke strecken, nur: Die wenigen brauchbaren Slowaken, die noch im Lande sind, können sich über gute Gehälter freuen und bei Legionären habe ich heuer sogar von sechsstelligen Summen gehört, was mir die Knie weichmachte.  Zu glauben, dass Ausländer von dort für einen Apfel und Ei zu haben sind, kann man sich abschminken, die besten von ihnen verlängern oder kommen in Tschechien unter.

Vor allem auf der Goalieposition sind wegen der mangelnden Qualität und Quantität der Einheimischen ausländische Arbeitskräfte gefragt, nur Michalovce, Kosice und Spisska Nova Ves vertrauen slowakischen Torstehern. Bei Slovan konnte Ex-Linz-Goalie Jared Coreau heuer nicht an seine gute Vorsaison anschließen.

Regionalgruppen

Während früher die Extraliga mit sehr vielen Spielen (54 oder sogar darüber) fast an die finnische Liga heranreichte, hat man für die letzten Saisonen einen guten Kompromiss gefunden: Neben den 44 Spielen jeder gegen jeden absolvieren die Teams sechs zusätzliche Spiele in drei Regionalgruppen (Osten, Mitte, Westen).

Diese finden nach Weihnachten statt, für einen Scouting Trip natürlich ideal, da man die Mannschaften nahe der Ukraine gegeneinander sehen kann. Und ein Aufenthalt in der Hohen Tatra ist ohnehin nicht zu verachten…

Das Niveau

Die Slowakei steht bezüglich Spielerquantität und -qualität im europäischen Mittelfeld – klar hinter Schweden, Finnland und auch Nachbarn Tschechien, vergleichbar mit der Schweiz und Deutschland. Diese haben auf jeden Fall klare Vorteile in der Infrastruktur – die slowakischen Eishallen wurden etwas aufgepeppt, die einzige moderne Halle bleibt aber Bratislava.

Diese drei Länder sind sehr abhängig von der Qualität der einzelnen Jahrgänge, wobei die Slowakei gerade mit den 04ern und 05ern herausragende Jahre erleben durfte. Das wird sich in der Zukunft aber wieder erheblich abschwächen.

Von diesen Spitzen-Nachwuchskräften spielt in der Extraliga niemand mehr, sie finden sich vor allem in Nordamerika zwischen CHL und NHL wieder. Die Liga-Teams müssen dafür halt auf Cracks zurückgreifen, die weder in Übersee noch in Europa gefragt sind und diese mit Legionären (die Limitierung auf sieben ist sehr umstritten) auffetten. Das Niveau der Liga schwankte über die letzten Jahre, aber vom europäischen Spitzenfeld war und ist sie weiter weit entfernt…


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