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Wohin mit Adam Cracknell?

Zieht es den "Charakter-Spieler" mit jahrelanger NHL-Erfahrung nach Europa? LAOLA1-Experte Bernd Freimüller schätzt ein.

Wohin mit Adam Cracknell? Foto: © getty

Einer der interessantesten Namen, die seit Wochen in Europa angeboten werden: Adam Cracknell. Was passiert mit dem Forward, für den das Wort "Charakter-Spieler" wie kaum für einen anderen Spieler gilt?

Die bloßen Daten für den in Prince Albert geborenen Stürmer, der sowohl Center als auch Flügel spielen kann:

Letzte Saison in der AHL (Henderson Silver Knights): 59 Spiele/18 Tore & 17 Assists

Was zu diesen Zahlen kommt: Cracknell gilt als einer der besten Charakter-Spieler Nordamerikas. Mit ihm bekommt jedes Team nicht nur einen Routinier, sondern quasi einen Assistant Coach. Der jetzt in Mannheim tätige Curt Fraser schwärmte zu seiner Zeit in Kunlun von ihm: "Ein Leader auf und neben dem Eis. Kümmert sich um die jüngeren Spieler, hält die Stimmung in der Kabine aufrecht, geht in entscheidenden Spielen voran."

Kunlun war auch eine von nur zwei Europa-Stationen Cracknells – seine Zeit dort endete mit Covid, er und seine Familie schafften die Ausreise aus China gerade noch vor den Lockdowns. Die anschließende Saison begann er – völlig überqualifiziert – in Dänemark für Esbjerg, ehe er wieder nach Bakersfield in die AHL zurückkehrte.

Seine Vertragssituation

Cracknells Ein-Jahres-Vertrag in Henderson (Farmteam der Vegas Knights) ist ausgelaufen, er wird von seinem Agenten Derek McCann schon seit längerer Zeit angeboten. Sein Name poppt aber fast jedes Jahr auf dem Transfermarkt auf, allerdings gehört er seit Jahren zu den bestdotierten Veterans in der AHL.

Bezeichnend für Cracknells Status: Die AHL wird von Jahr zu Jahr jünger, trotzdem findet sich jedes Jahr ein Team, das den mittlerweile 38-jährigen unter Vertrag nahm. Sein letzter NHL-Zwei-Weg-Vertrag datiert zwar aus 2020/21, doch danach fanden sich drei weitere Organisationen, die ihn für Bakersfield, Tucson und Henderson mit reinen AHL-Kontrakten unter Vertrag nahmen.

Ebenfalls bezeichnend für Cracknells Reputation, aber auch die Tatsache, dass sein Spiel über die Jahre nichts an Effektivität verloren hat: Hockey Canada berief ihn mit 36 Jahren für den Olympia-Kader in Beijing ein. Auch wenn damals die NHL-Cracks nicht dabei waren, wären wohl genug jüngere Spieler Gewehr bei Fuß gestanden.

Warum steht Cracknell noch ohne Vertrag da?

Seine Gehaltsvorstellungen sind immer noch sechsstellig, was aufgrund seiner Verträge in Nordamerika auch verständlich ist. Fast alle Teams in Europa kennen und schätzen ihn, aber müssen sich mit einer Frage beschäftigen: Was ist, wenn gerade die nächste Saison die eine zu viel ist?

Cracknell wird am 15. Juli 39 Jahre alt, da ist so ein Gedanke natürlich nicht abstrus, wenngleich seine Leistungen einfach nie nachgelassen haben. Und seine Beinarbeit war selbst in besten Zeiten nie seine größte Stärke, verhinderte auch eine längere NHL-Karriere. Groß nach unten abrutschen kann dieser Aspekt also nicht mehr.

Im schlimmsten Fall bekommt man halt einen Routinier, der sich in der Kabine einbringen kann und am Eis mit Routine weiterhilft. Im besten Fall ist Cracknell weiter ein bestimmender Zwei-Weg-Spieler mit Größe und Gewicht (6.3/216), der auch regelmäßig scort.  

Ich kann auch nicht sagen, in welche Richtung es mit ihm gehen wird, hätte ihn aber in den letzten Jahren eigenhändig aus Nordamerika abgeholt. Aber so wie noch vor zwei oder drei Jahren die Hände für ihn ins Feuer zu legen, würde ich mich nicht mehr trauen…

Die Marktlage

Derzeit sind – für die Jahreszeit ungewohnt – noch relativ viele Spieler am Markt, die Teams in Europa sollten ihre letzten Lücken daher noch ohne Probleme füllen können. Cracknell muss umgekehrt ja nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie (eine Frau und zwei Töchter) Sicherheit schaffen.

Lockt ihn Europa doch noch einmal, findet sich auch mit 39 Jahren noch ein AHL-Team oder lässt er es ganz bleiben? Mit seinen über fast zwei Jahrzehnte aufgebauten Kontakten, aber auch aufgrund seiner Leadership Skills sollte eine Zukunft im Eishockey auch nach seiner Karriere vorgezeichnet sein…

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