Der jährliche Blick in die slowakische Liga, die in einer steten Wechselbeziehung zur win2day ICE Hockey League steht.
Was ist so wie immer und was hat sich geändert? LAOLA1-Experte Bernd Freimüller berichtet:
Rein und raus
Jeden Sommer wechseln Spieler zwischen der ICE und der Extraliga, es zieht allerdings mehr in die Slowakei, wo die Gehälter in den letzten Jahren drastisch angestiegen sind.
In Österreich wurden die Graz99ers mit Frank Hora und Marcus Vela (beide schon mit Anschlussverträgen ausgestattet) glücklicher als der VSV mit dem fehleranfälligen Patrick Holway. Chase Pearson ist da schon ein anderes Kaliber für die Villacher, auch wenn er ab und zu eine kleine Pause einlegen muss.
Chase Berger - auch lange verletzt - war für Fehervar ein guter Zuzug, Tyler Coulter kommt beim HC Pustertal dagegen nicht einmal annähernd auf seine letztjährigen Scorerzahlen. Carter Turnbull bringt in Asiago etwas Offensive (und so gut wie keine Defensive) ins Spiel.
Letzte ICE-Zuzüge aus der Slowakei: Jeremy Bracco (Innsbruck) - in Zvolen nicht umsonst wegen seines körperlichen Zustandes schnell wieder aussortiert - sowie Defensiv-Defender Jimmy Oligny (Graz).
Wie sieht's umgekehrt aus?
Connor Ford besticht wie in Bozen auch in Spisska Nova Ves durch einen stets laufenden Motor und Faceoff-Stärken, ein Punkt pro Spiel (vor allem aber Assists) überrascht aber doch. Renars Krastenbergs - aus Graz und Villach bekannt - kommt in Michalovce auf 22 Tore in 37 Spielen, scoren konnte er schon immer.
Der Ex-Innsbrucker Gordie Green fand nach längerer Vereinssuche erst relativ spät ein Engagement in Trencin, wo er ebenfalls assistlastig agiert.
Nichts gegen Adam Rockwood, der das Chaos in Asiago offenbar schon im Sommer erschnupperte und sich schnell nach Michalovce absetzte. Seinen 23 Vorlagen stehen nur zwei Treffer gegenüber, ein noch krasseres Missverhältnis als früher.
Defender Josh Teves agiert in Kosice nur ok, sein Ex-Kollege aus Bozen, Blake Parlett, gibt einen trockenen Defensivverteidiger.
Rätselhaft der Leistungstrend von Clayton Kirichenko, letzte Saison noch ICE-Top-Defender nach Punkten: In Frankfurt nie angekommen, in Zvolen ebenfalls nicht, jetzt in Liptovsky Mikulas auch keine Hilfe. Seine zusammengerechnete Bilanz dieser Saison: 29 Spiele, kein Tor, vier Assists. Finanziell zahlte sich das heurige Vazieren für ihn aber jedenfalls aus.
Die Teufelsinsel des europäischen Eishockeys
Apropos Liptovsky Mikulas: Der derzeit Vorletzte der Extraliga bediente sich heuer wieder nach altem Muster auf einem wenig populären Markt.
Waren es im letzten Jahr Defender Mitch Miller (ging dann für gutes Geld in die KHL) und Forward Severi Lahtinen, die in ihren Heimatländern aus rechtlichen oder moralischen Gründen keine Anstellung mehr fanden, kam im heurigen Sommer Defender Cal Foote. Der war vor drei Jahren noch Stanley-Cup-Sieger mit Tampa Bay.
Was ist mit ihm wieder faul? Er gehört zu den fünf Spielern des kanadischen U20-Teams von 2018, die derzeit wegen Sexualdelikten angeklagt sind. Die Anklage (er plädiert weiterhin auf "nicht schuldig") reichte schon, um ihn in Nordamerika zum Geächteten zu machen, neben der KHL traut sich in Europa nur Liptovsky Mikulas über Spieler mit solchen Hintergründen.
Er steht natürlich in allen Situationen am Eis, fällt nicht nur durch seine gewichtige Statur mit mehr als 100 Kilo auf. Findet auch er wie die ebenfalls angeklagten Dillon Dube und Michael McLeod nach der Saison besser dotierte KHL-Verträge?
Operation am offenen Herzen in Nove Zamky
Das im ehemals ungarischen Teil der Slowakei gelegene Nove Zamky hält sich seit neun Saisonen in der Extraliga, heuer dürfte es aber damit vorbei sein, steigt doch der Letzte direkt ab. Was dort heuer abging, ist selbst in der Extraliga, wo die abstiegsbedrohten Teams immer viele Rochaden vornehmen, rekordverdächtig.
Im Sommer standen lauter Billigsdorfer-Legionäre (wie etwa der Ex-Villacher Maxim Golod) auf der Platte - jeder wusste: Das kann nicht gutgehen.
Nach dem unvermeidlichen Fehlstart und dem logischen Trainerwechsel begannen die Wechsel: Neun Ausländer mussten wieder gehen, genauso wie einige einheimische Kräfte. Sieben neue Legionäre kamen und die zu Preisen, über die ein ebenfalls mitbietender ICE-Sportdirektor nur entnervt den Kopf schütteln konnte.
Doch auch renommierte Cracks wie Goalie Christopher Gibson oder der Ex-Bozner Christian Thomas konnten den Karren nicht aus dem Dreck ziehen, einzig der aus Asiago gekommene William Rapuzzi überzeugte vollends.
Das Resultat dieser Operation am offenen Herzen: Noch immer abgeschlagen Letzter mit 15 Punkten Rückstand auf Liptovsky Mikulas.
Legionäre und einheimische Kräfte
Einer der vielen Streitpunkte zwischen Verband und der Extraliga: die Anzahl der Legionäre (kommt das jemandem bekannt vor?). Derzeit hält man bei sieben auf dem Spielbericht, bei Verpflichtungen gibt es keine Obergrenze.
Die Vereinsmanager stöhnen über die Preise für die einheimischen Kräfte und das ohnehin schon für die zweite oder dritte Garnitur, die Top-Leute spielen neben Übersee vor allem in Tschechien oder Skandinavien. Was übrig bleibt, sind mit wenigen Ausnahmen eher Arbeiter und Mitläufer. Mit Martin Bakos (Slovan Bratislava) findet sich nur ein Slowake unter den Top-10-Scorern der Liga und der ist auch schon 34.
Aber auch die Legionäre dürfen sich über gute Gehälter freuen - zumindest so lange es gut läuft. Wenn das Team oder der Spieler unter den Erwartungen bleibt, stocken die Zahlungen bei vielen Teams sehr schnell.
Für mich der bemerkenswerteste Name unter den im Sommer neu in die Extraliga gekommenen Legionären: Adam Cracknell. Der 39-jährige Center - in der AHL über Jahre ein Top-Mann und Charakterspieler - wurde natürlich in ganz Europa angeboten, sein Alter schreckte jedoch viele Teams ab.
Poprad schlug relativ spät zu und durfte sich über einen Spieler freuen, der auch Teams in besseren Ligen noch gut zu Gesicht gestanden wäre. Sein Spiel fiel bis heute nicht über die berühmte Klippe, seine 23 Treffer sind der Topwert der Liga.
Im Nachwuchs ist wieder Ebbe angesagt
Beim Nachwuchs ist nach den tollen Jahrgängen 2004 und 2005 jetzt wieder Ebbe angesagt, wie vorher fallen junge Spieler nur punktuell auf. Das aber vor allem in der Talentefabrik HK Nitra: Tomas Pobezal (ein später 2006er) spielt und scort regelmäßig, ist daher die Liga-Hauptattraktion für die NHL-Scouts.
Ebenfalls in Nitra bereits im Einsatz: die Forwards Adam Nemec (Bruder von New-Jersey-Defender Simon) und Tomas Chrenko. Beide sind späte (nach dem 15. September geborene) 2007er, daher erst in der nächsten Saison für den Entry Draft ein Thema.
Das Niveau der Extraliga hat sich in den letzten Jahren einigermaßen stabilisiert, ist aber natürlich weiterhin deutlich hinter den europäischen Topligen (SHL, SL, liiga, DEL) angesiedelt.
Ob heuer wenigstens die Champions Hockey League den Meister wieder einlädt, ist zur Stunde noch offen. Erfreuliches dagegen von Verbandsseite: Die Slowakei bewarb sich mit den Spielorten Bratislava und Kosice um die WM 2029.