Noch eine Runde im Grunddurchgang der tschechischen Tipsport-Extraliga.
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf eine Saison mit einigen Überraschungen und dem (möglichen) Abschied einer Eishockey-Ikone:
Hat Jaromir Jagr sein letztes Spiel gespielt?
Der 53-Jährige kündigte seine letzte Saison an, war bis auf eine längere Pause in 39 Spielen (fünf Tore, elf Assists) mit von der Partie.
Das am Sonntag könnte allerdings sein letztes gewesen sein: Trotz einer 0:5-Heimniederlage gegen Vitkovice muss Kladno im Gegensatz zu den letzten drei Saisonen nicht in die Relegation, wird die Spielzeit als Vorletzter beenden. Die bedeutungslose Reise nach Mlada Boleslav am Dienstag schenkt sich Jagr.
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Nicht nur sportlich war Jagr heuer erfolgreich: Er fand auch einen neuen Haupteigentümer für seinen Verein, kann sich also auch abseits des Eises in die zweite Reihe zurückziehen. Ob das wirklich so kommt?
Aufregender Abstiegskampf
Lange Zeit waren mehrere Teams im Kampf gegen die "Baraz" involviert, darunter auch Serienmeister Trinec.
Das Team zeigte sich nach fünf Titeln in Folge aber etwas überaltert, hatte dazu noch mit einer Unzahl an Verletzungen (vor allem in der Defensive) zu kämpfen. Sie und Liberec (mit ähnlichen Problemen) konnten dann aber doch einige Runden vor Schluss die Abstiegsgefahr beseitigen, gehen nun in die Pre-Playoffs.
Fix in der Relegation damit Olomouc, die aus den letzten sechs Spielen keinen Punkt mehr machten. Für mich war dieses Team seit Jahren das unerfreulichste beim Scouten, die Mannschaft präsentierte sich eher als Sekte, wo so gut wie keine interessanten Einzelkönner hervorragten. Diesmal reichte dieser Gruppeneffekt aber nicht mehr aus.
Wie immer in Tschechien: Der Letzte der Extraliga muss über einen Monat darauf warten, wer den Titel der Maxa-Liga holt, geht aber auf jeden Fall als Favorit in die Best-of-7-Serie.
Pardubice und der Selbstvernichtungsknopf
Von den drei logischen Titelanwärtern war Trinec heuer eben nicht gut genug, Pardubice drückt immer wieder auf den Selbstvernichtungsknopf.
Der schwerreiche Eigentümer Petr Dedek hat die Organisation nach schweren Jahren zwar wieder zu einem Spitzenteam gemacht, mit einem Mega-Budget für Zuzüge aus der KHL und NHL gesorgt.
Aber Geduld hat er keine, was auch heuer wieder zu zwei Trainerwechseln führte. Insgesamt standen heuer sieben Leute (drei Headcoaches und vier Assistenten) hinter der Bande.
Gegen Saisonende brach das Team völlig auseinander, gewann nur eines der letzten zehn Spiele. Dazu kommt auch noch das verletzungsbedingte Saisonende von Stürmerstar Martin Kaut, nachdem auch schon Kapitän Lukas Sedlak seit Monaten ausfällt. Purzelt Pardubice am Dienstag gar noch aus den Top 4?
Sparta Praha souverän
Damit blieb von den erwartenden Spitzenteams nur mehr Sparta Praha über, die sich gegen Ende hin souverän den Grunddurchgangs-Sieg holten.
Gelingt dem Team von Ex-DEB-Coach Pavel Gross (verlängerte gerade seinen Vertrag) der erste Titel seit 2007? So gut wie heuer standen die Chancen schon lange nicht mehr, Sparta verfügt über einen ausgewogenen Mix von Einzelkönnern und Rollenspielern.
Überragend: Aaron Irving, der mit bis jetzt 21 Toren einen neuen Rekord für Extraliga-Defender aufstellte.
Neue Hallen?
Dedek plant für Pardubice auch eine Mega-Arena, die mit einem Fassungsvermögen von 25.000 die größte Europas wäre.
Die Stadt hat schon zugestimmt, die Fertigstellung mit 2027 erscheint mir aber etwas ambitioniert. Es wäre allerdings schade um die mehrfach renovierte Enteria Arena, die 10.000 Zuschauern Platz bietet und im Zentrum liegt, in der ICE damit die größte und schönste Halle der Liga wäre.
Bereits im Bau: Die Arena Brno, die 2026 in Betrieb gehen soll und dann 13.000 Fans Platz bietet. Ob das allerdings dazu führt, dass Kometa um den Heimvorteil umfällt?
Denn die derzeitige Halle (unweit des Bahnhofs gelegen) gilt als heißestes Pflaster der Extraliga. Man nehme den "He!-Faktor" aus Linz, verfünffache ihn und dann kennt man ungefähr die Atmosphäre im ehemaligen Rondo.
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Das einzige von den Fans akzeptierte Strafenverhältnis wäre ungefähr 1 zu 23, wobei die Strafe gegen das Heimteam auch nur zähneknirschend akzeptiert werden würde, wenn ein Defender die Scheibe acht Meter über das Plexiglas schießt.
Dieses Partisanengehabe, kombiniert mit der Tatsache, dass alle Entscheidungen in der Extraliga sofort auf den Videoschirmen zu sehen sind, erfordert wirklich ein breites Rückgrat bei den Refs.
Die einzige wirkliche Pilgerstätte für Hallen-Hopper wäre die in Litvinov mit äußerst steilen Rängen. Ebenfalls alt, aber eher versifft denn schön: Olomouc, wo es nicht einmal einen Videowürfel oder -schirm gibt, und Mlada Boleslav.
Der Modus
Vier Teams qualifizieren sich direkt für die Playoffs, der Letzte wartet auf die Relegation, der 13. geht in den Urlaub.
Die Mannschaften auf den Rängen fünf bis zwölf stehen in den Pre-Playoffs. Auch wenn diese als Best-of-5 ausgespielt werden, ist das schon eine herbe Sache.
20 Punkte Vorsprung können so innerhalb einer Woche weggewischt werden, ein Team wie Vitkovice, das als Zwölfter erst am Sonntag der Relegation entkommen ist, kann jetzt eventuell eine komplett verkorkste Saison noch umdrehen.
Der Spielermarkt
Ich habe es mir letzte Woche beim Betrachten einiger Kader gedacht: Die einheimischen Spitzenspieler stehen für mehrere Saisons unter Vertrag, kommen daher nicht so schnell auf den Markt und wären bei guten sechsstelligen Gehältern ohnehin unerschwinglich.
Was für die DEL oder ICE übrigbleibt, sind Liga-Randerscheinungen, Cracks, die einen großen Leistungsabfall erlebten oder einige Legionäre, die erst einmal für eine Saison unter Vertrag genommen werden. Hier wurden aber die Vienna Capitals mit Peter Krieger oder Evan Jasper nicht so recht glücklich, Willie Raskob dagegen konnte überzeugen.
Das gute Geld kombiniert mit niedrigeren Lebenserhaltungskosten sind sicher ein Anreiz für Nordamerikaner, von den Standorten würden mich nur Litvinov und Trinec abschrecken. Was einige Cracks weniger begeistert: Ab und zu Sprachschwierigkeiten, obwohl Englisch in den letzten Jahren immer verbreiteter und besser wurde.
Längere und häufigere Trainingseinheiten im Vergleich zu den deutschsprachigen Ligen können auch mitunter auf die Nerven gehen, vor allem, wenn man in der Nacht zuvor gerade erst von einer langen Auswärtsreise zurückgekommen ist.
Durch die langen und hoch dotierten Verträge liegt die Tipsport-Extraliga scoutingtechnisch ungefähr auf dem Niveau der SHL (sportlich nicht), wo gute Cracks auch kaum wegzulotsen sind. Die finnische liiga sowie die slowakische Extraliga bieten da noch eher interessante und leistbare Spieler an...