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So geht Eishockey mit Fans in Corona-Zeiten

Der LAOLA1-Scout berichtet von seinen Erfahrungen aus Tschechien:

So geht Eishockey mit Fans in Corona-Zeiten Foto: © getty

Die tschechische Extraliga peilt weiterhin einen pünktlichen Saisonstart am 18. September an - vor Zuschauern. Die Testspiele sind daher bereits im vollen Gange, allerdings natürlich unter besonderen Auflagen.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick darauf, wie Spiele unter Corona stattfinden und wie die Fans damit umgehen.

Die Extraliga ließ schon früh verlautbaren, dass sie am ihrem ursprünglichen Startdatum festhalten würde. Allerdings: Der Abstieg wurde für heuer ausgesetzt, sonst soll mit 52 Runden und anschließenden Playoffs alles gleich bleiben. 50 Prozent der Kapazitäten sollten zu Saisonbeginn mindestens zur Verfügung stehen, mit der Hoffnung auf monatliche Anhebungen.

Im Laufe des Sommers änderte sich aber die Lage, auch wenn die ohnehin niedrigen Infektionszahlen nur geringfügig nach oben gingen. Sollte jemand jetzt aus einem monatelangen Koma aufwachen, würde er im Alltag bis auf allgegenwärtige Desinfektionsspender (viele davon aber leer) keine Änderungen bemerken.

Niemand trägt im Alltag Maske, die weder in Zügen noch in Geschäften vorgeschrieben ist. Von Abstandhalten auch keine Spur, auch wenn Plakate sogar zwei Meter einfordern.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Strenge Regeln, unterschiedliche Umsetzung

In den Eishallen herrscht aber ein strengeres Regiment – hier die Richtlinien für den Generali Ceska Cup, ein Vorbereitungsturnier mit den 14 Extraligateams sowie den zwei besten Zweitligisten:

Jede Halle wird in maximal fünf Sektoren unterteilt, die eigene Eingänge und Verpflegungsstationen aufweisen müssen und voneinander abgetrennt sind. Jede zweite Sitzreihe bleibt frei, bis auf Gruppen in den anderen Reihen auch jeweils ein Sitz. Jeder Sektor kann maximal 500 Fans aufnehmen, die Gesamtkapazität daher höchstens 2500 Plätze.

Es herrscht Maskenpflicht während des Spiels.

Soweit die Theorie, wie sieht es mit der Praxis aus? Bei meinen vier Spielen in vier Tagen war ein roter Faden nur schwer zu bemerken.

Bei meinem Auftaktspiel in Ceske Budejovice wurde der Maskenpflicht nicht einmal oberflächlich Aufmerksamkeit geschenkt. Nach dem Eintritt (noch mit Maske) präsentierten sich so gut wie alle Fans sofort oben ohne, kein Ordner scherte sich darum.

An den nächsten Tagen schaute es schon anders aus. In Pardubice, Litvinov und Liberec wurden Masken eigentlich durchgehend getragen, allerdings meist nur als Mund- oder gar Kinnschutz. Lediglich in Litvinov waren Ordner da dahinter, dort war aber ohnehin nur eine Handvoll an Fans im Stadion.

Nordkorea in Pardubice

Die größten Unterschiede waren bezüglich der Stehplätze zu bemerken. In Litvinov und Liberec abgesperrt, in Ceske Budejovice standen und sangen die Fans Schulter an Schulter wie einst im Mai.

Skurril die Situation in Pardubice: Die wenigen Fans hielten den erforderlichen Abstand von zwei Metern rigoros ein, führten so ihre Choreografien und Gesänge durch. Das ergab Bilder wie von den Feierlichkeiten anlässlich eines nordkoreanischen Parteitags.

Wie soll es in Tschechien aber weitergehen? Im Alltag nach dem Motto "Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln".

Zu Beginn des Lockdowns durfte man ohne Maske nicht einmal auf die Straße oder joggen gehen, jetzt herrscht eben eine gewisse Anarchie. Im September soll die Maskenpflicht wieder eingeführt werden, über die Form streitet die Regierung derzeit.

Im Eishockey sieht es aber düster aus. Unter den derzeitigen Bedingungen kann natürlich nicht wirtschaftlich gearbeitet werden. Bei maximal 2500 Plätzen können nur wenige Teams operieren, Aufsteiger Ceske Budejovice müsste so mindestens die Hälfte seiner 5000 Abonnenten wieder nach Hause schicken.

In der Vorbereitung waren nicht einmal die zugelassenen Plätze ausgeschöpft, die Zuschauerzahlen pendelten sich zwischen 500 und 1500 Fans ein. Solche Testspiele sind nie der große Renner, mehr als heuer wären es allerdings schon gewesen.  

Ab 1. September gelten teilweise neue Regelungen: Bis zu zehn Sektoren mit je 500 Fans sind zugelassen, allerdings nur in Hallen ohne Stehplätze, sonst bleibt es bei fünf. Dabei werden die Hallen über einen Kamm geschoren, was natürlich Kritik hervorruft: Die riesengroße O2-Arena in Prag könnte locker mehr als zehn Sektoren aufnehmen, die kleine Schuhschachtel in der Skoda-Stadt Mlada Boleslav kommt unmöglich auf fünf separierte Eingänge.

Sportübergreifender Schulterschluss

Die Extraliga operiert jetzt Hand in Hand mit ihren Kollegen vom Fußball, um bessere Regelungen zur Hallenauslastung und vor allem finanzielle Hilfe von der Regierung zu finden. Noch will man den Ligastart nicht nach hinten schieben, doch mit diesen großen Restriktionen segeln viele Klubs dem Konkurs entgegen.

Jetzt werden auch Gehaltskürzungen angedacht, bisher wurden nur die letzten Monatsgehälter der abgebrochenen Vorsaison etwas gestutzt. Die Transferphase im Sommer war lediglich bezüglich Legionären etwas ruhiger als sonst, die Spitzenteams wie Sparta Prag, Kometa Brünn (Peter Schneider) oder Trinec leisten sich aber weiter hochwertige Kader. Kleinere Teams wie Karlovy Vary freuen sich derzeit über die temporäre Heimkehr von Überseelegionären.

Auch wenn sich die Klubs noch nicht unterkriegen lassen, sieht es im tschechischen Oberhaus düster aus. Ursprünglich wollte man sich an Finnland orientieren, wo ab Oktober Business as usual mit normalen Kapazitäten hätte herrschen sollen. Doch im hohen Norden folgte ein Rückzieher, nun sind auch dort vorläufig nur 500 Leute pro Spiel zugelassen.

Es war interessant, Eishockey unter Corona vor Ort mitzuerleben, als Blaupause für die IceHL können solch restriktive Bedingungen aber nur begrenzt gelten. Beide Ligen stehen eigentlich in den Startlöchern, ohne einer Kombination von besseren Kapazitäten kombiniert mit Staatshilfen stehen aber Insolvenzen mit Ansage ins Haus…

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