Weder wilde Schlägereien, noch Tea und Crumpets auf dem Eis.
Die britische Eishockeyliga EIHL (Elite Ice Hockey League) befindet sich auf dem Vormarsch und gewinnt von Saison zu Saison mehr an internationalem Ansehen.
Drei Spiele in drei Tagen in den Midlands - die Eindrücke von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:
Nottingham Panthers – Belfast Giants (15. 1., 4:2)
Ein Spiel, das mir vorkam wie ein Trip nach Nordamerika. Die im Jahr 2000 eröffnete Motorpoint Arena könnte als guter AHL-Rink durchgehen: Zwei Eisflächen, die Halle selbst fasst knapp 9.000 Zuseher und man sieht von jedem Platz hervorragend. Dazu noch im Stadtzentrum, in dem ein Lokal an das andere anzuschließen scheint. Hier lässt es sich als Eishockeyspieler schon leben.
Was auffiel: Das Spiel eigentlich auf ECHL-Niveau: Das Tempo ok, ziemlich physisch, ohne größere Nickligkeiten allerdings. Weniger Ordnung und Struktur als in der EBEL, Soloaktionen sind hier häufiger zu sehen als bei uns. Kein Chaos auf dem Eis, aber doch mehr Torchancen als in besseren Ligen.
Vom Vier-Mann-System keine Spur, der einzige Headreferee hechelt dem Geschehen meist hinterher.
Das Publikum (über 5.000 an diesem Abend) ist im Schnitt älter als bei uns, der Seniorenanteil dabei ziemlich hoch. Aber auch für sie gilt: Die Mehrzahl kommt in einem Teamjersey daher, wer in Zivil gekleidet ist, ist fast ein Außenseiter. Der Fanshop hier spielt alle Stückeln.
EBEL-Bezug: Bekannte Namen, wohin man schaut. Bei den Panthers Andy Bohmbach (erhielt hier die Gehaltserhöhung, die ihm Dornbirn nicht geben wollte), Brad Moran (fast nur im Powerplay effektiv) und Geoff Waugh (linkisch wie immer). Bohmbach war mit Abstand der beste dieses Trios.
Bei Belfast gehört der Ex-VSVler Mike Forney zu den gefährlichsten Leuten der Liga, Kris Beech agiert clever aber langsam. Mitch Ganzak übertrifft überraschend Johan Ejdepalm in Effektivität an der blauen Linie, er kämpft bis zum letzten Blutstropfen. Immer noch gefährlich ums Tor herum: James Desmarais, der 36-jährige Ex-Innsbrucker.
Sheffield Steelers – Nottingham Panthers (16. 1., 5:4)
30 Minuten von Nottingham entfernt, liegt die zweite große Halle der Liga: Die Sheffield Arena fasst etwa 9.000 Fans, gut 7.000 waren es bei diesem Derby. Wie in Nottingham handelt es sich um eine Mehrzweckarena, einige Spiele bestreiten die Steelers daher auch in einer gleich nebenan liegenden kleineren Halle. Das Spiel etwas vogelwild und – das dürfte symptomatisch für die Liga sein – von schwachen Goalies geprägt. Auch gewöhnungsbedürftig: Der Solo-Headreferee kann bei umstrittenen Toren auf keine Video Review zugreifen. Den Torrichter hier mit der grauhaarigen Pferdeschwanz-Frisur hätte ich an seiner Stelle nicht einmal nach der Uhrzeit gefragt.
"Von Hallen wie in Nottingham oder Sheffield kann man in der EBEL nur träumen."
Die Stimmung bei diesem Spiel war ausgezeichnet, allerdings ein Mittelding zwischen Mitteleuropa und Nordamerika: Durchgängige Sprechchöre gibt es keine, bei Toren wacht die Halle aber sehr wohl auf.
EBEL-Bezug: Guillaume Desbiens, während der Saison aus Ljubljana gekommen, agierte bei den Steelers nicht gerade auffällig und schied nach einem geblockten Schuss verletzt aus.
Manchester Storm – Fife Flyers (17. 1., 6:7 n. P.)
Nach zwei Spielen, die vom Ambiente und Niveau durchaus auch in besseren Ligen hätten stattfinden können, wirkte dieses Spiel wie ein Schritt in die Vergangenheit: Storm, einstmals ein großer Name im britischen Eishockey (stellte vor Jahren mit 17.000 Zusehern einen Europa-Rekord auf), wurde in diesem Sommer wiederbelebt. Doch in der feudalen Manchester Arena gibt es schon lange kein Eis mehr, gespielt wird im noblen Vorort Altrincham, wo auch viele Fußballprofis leben.
Die kleine und einfache Halle war nur mit knapp Tausend Fans gefüllt, die ein wildes Spiel geboten bekamen. Die Goalies noch schlechter als jene der Vortage, auch sonst war Defensive ein Fremdwort.
Beide Teams (die 1936 gegründeten Flyers sind das älteste in Großbritannien) gehören zu den ärmeren der Liga, den Mangel an Qualität sah man auch auf dem Eis. Unterhaltsam war es trotzdem, dazu trug der einzige Fight meines Aufenthalts bei: Devin DiDiomete gewann den Rückkampf seiner Auseinandersetzung mit Danny Stewart, die vor kurzem auf YouTube Schlagzeilen machte, nach Punkten.
EBEL-Bezug: Der kleinwüchsige Luke Salazar muss bei Manchester wie zuvor in Innsbruck feststellen, dass er in Zweikämpfen zu oft zweiter Sieger ist. Matt Sisca (Bozen) sowie Flyer Philippe Paquet (Graz) gaben auch Kurzgastspiele in unserer Liga.
Eine Liga im Aufschwung
Die EIHL ist, wenn man diese Spiele zugrundlegt, im Aufschwung. Von Hallen wie in Nottingham oder Sheffield kann man in der EBEL nur träumen, auch die Arenen in Belfast oder Braehead sollen sehr schön sein. Die Spielqualität stieg in den letzten Jahren so wie die Gehälter stark an und hat gutes ECHL-Niveau. Das Publikum liebt zwar physisches Hockey, wilde Keilereien sind aber mittlerweile die Ausnahme, ein EBEL-ähnliches DOPS schaut den Übeltätern auf die Finger.
Im Durchschnitt wurde die EIHL in den letzten Jahren immer mehr zu einer guten Alternative für Cracks, die keine Angebote (mehr) aus besseren Ligen vorliegen haben. Die durchschnittlichen Gehälter für Imports sind zwischen 30.000 und 40.000 Euro anzusiedeln, das ist meist mehr, als Teams in Italien, Dänemark oder Norwegen (mit Ausnahmen) aufbringen können. Natürlich gibt es auch Ausreißer nach unten, schwächere Teams haben einige Imports mit 15.000 Euro im Aufgebot, der Topverdiener der Liga, Mathieu Roy (Sheffield), wäre auch in der EBEL ein sehr gut bezahlter Spieler. Eines haben alle Cracks gemein: Die Gehälter werden wöchentlich und pünktlich ausbezahlt, ein Ljubljana gibt es hier nicht.
Zusammenarbeit mit Unis
Zu den ansteigenden Gehältern kommen noch die vertraute Sprache sowie die hohe Lebensqualität. Bei 13 (nächste Saison 14) Legionären pro Team gibt es auch genügend Arbeitsplätze. Allerdings gehören zu diesem Kontingent auch (Nationalteam)Spieler, die zwar über einen britischen Pass verfügen, ihr Eishockey aber im Ausland gelernt haben.
Besonders interessant für Spieler am Ende ihrer Karriere: Die meisten Teams bieten in Zusammenarbeit mit den lokalen Universitäten Studienplätze an, innerhalb von ein oder zwei Jahren kann man seinen MBA oder ein ähnliches Degree erwerben. Nebenbei verdient man etwas Geld (etwa 2.000 Pfund pro Monat) und die Vorbereitung auf ein Leben ohne Eishockey verläuft somit fließend.
Andere Bereiche stecken hingegen noch in der Steinzeit, wie etwa das Refereewesen, das TV-Coverage oder die Beschäftigung von Spielertrainer wie etwa in Belfast oder Manchester. Doch mit Milton Keynes und vor allem London (Wembley-Arena) könnten schon in der übernächsten Saison zwei höchstinteressante Märkte hinzukommen, welche die derzeit zehn Teams umfassende Liga weiter aufwerten.
Bernd Freimüller