Für Thimo Nickl hat sich Ende März eine neue Chance ergeben.
Drei Jahre nachdem ihn die Anaheim Ducks im NHL Entry Draft 2020 in der vierten Runde wählten, wurden seine NHL-Rechte von den Kaliforniern zu den Pittsburgh Penguins getradet.
Nicht einmal vier Monate später hat der 21-jährige Defender einen Vertrag für die American Hockey League (AHL) in der Hand und kommt seinem Traum von der stärksten Eishockey-Liga der Welt einen Schritt näher.
Vor rund zwei Wochen konnte der ÖEHV-Teamspieler die Penguins-Verantwortlichen beim Development Camp von sich überzeugen und erreichte zugleich einen kleinen Meilenstein in seiner bisherigen Karriere: Ein Treffen mit Superstar Sidney Crosby.
"Ich habe nicht zittrige, sondern schwitzige Hände bekommen", lacht Nickl. Worüber der Kärntner mit dem kanadischen Center sprach und wie er den Trade nach Pittsburgh sowie die letzten drei Jahre in Schweden erlebte, erzählt der Klagenfurter im Interview mit LAOLA1.
LAOLA1: Du hast vor wenigen Tagen einen Vertrag beim AHL-Farmteam der Pittsburgh Penguins, den Wilkes-Barre/Scranton Penguins unterschrieben. Wie groß ist die Freude?
Thimo Nickl: Ich freue mich extrem darüber. Die letzten drei Jahre, seitdem ich gedraftet worden bin, haben sich nur darum gedreht, dass ich wieder nach Nordamerika komme. Leider konnte ich 2020 wegen Corona nicht mehr nach Kanada einreisen, ich wollte aber unbedingt wieder rüber. Jetzt die Gewissheit zu bekommen, dass ich wieder drüben spielen kann, hat mich immens gefreut und die Vorfreude darauf ist riesengroß.
LAOLA1: Dein Kontrakt ist für eine Saison gültig. Verspürst du dadurch einen gewissen Druck?
Nickl: Natürlich, aber ich schaue, dass ich mich nicht zu sehr darauf fokussiere. Ich will einen guten Eindruck hinterlassen, jeden Tag mein Bestes geben und hart an mir arbeiten. Dann sehen wir, was nach dem Jahr herauskommt.
"Er ist in die Kabine reingekommen und auf einmal stand er vor mir. Ich wusste gar nicht genau, was jetzt passiert. Ich habe nicht zittrige, sondern schwitzige Hände bekommen."
LAOLA1: Zu Beginn des Monats wurdest du von den Pittsburgh Penguins zum Development Camp eingeladen. Wie sind die Tage dort verlaufen?
Nickl: Wir sind viel am Eis gestanden, haben aber auch abseits davon viel gemacht. Wir waren Golfspielen, haben auch eine Schnitzeljagd in Downtown Pittsburgh gemacht. Wir hatten zudem viele informative Meetings - über Ernährung, Leistung im Profisport, mentale Vorbereitung etc. Wir haben also extrem viel gelernt, ich durfte aber auch Sidney Crosby treffen und seine Hand schütteln. Das war fast wie ein Meilenstein für mich (lacht). Die letzten paar Tage waren einfach schön. Die Nachricht, dass ich nächste Saison wieder nach Nordamerika gehen darf, haben sie nochmal versüßt.
LAOLA1: Bekommt man zittrige Hände, wenn Sidney Crosby plötzlich vor einem steht?
Nickl: Er ist in die Kabine reingekommen und auf einmal stand er vor mir. Ich wusste gar nicht genau, was jetzt passiert. Ich habe nicht zittrige, sondern schwitzige Hände bekommen (lacht). Das hat sich aber wieder gelegt, als wir zum Reden angefangen haben. Er war extrem nett, dadurch wurde die Aufregung peu a peu wieder besser.
LAOLA1: Was hat er euch jungen Spielern gesagt?
Nickl: Es war nur ein kurzes Gespräch darüber, dass er jetzt so viel frei gehabt hat, weil sie es nicht in die Playoffs geschafft haben. Dann hat er auch noch etwas von seinem Norwegen-Urlaub erzählt und wie er den restlichen Sommer plant (lacht).
LAOLA1: War das Development Camp zugleich die Grundlage für dein festes Engagement bei den Penguins?
Nickl: Auf jeden Fall. Ich wollte unbedingt wieder nach Nordamerika, das habe ich auch meinem Agenten gesagt. Sie haben dann Absprache mit Pittsburgh gehalten, weil sie mit Kyle Dubas einen neuen Head of Hockey Operations bekommen haben. Er hat gesagt, dass er sich entscheiden wird, sobald er mich persönlich auf dem Eis gesehen hat. Anscheinend habe ich einen relativ guten Eindruck hinterlassen, damit ich den Vertrag schlussendlich erhalten habe.
LAOLA1: Du wurdest 2020 im NHL Entry Draft in der vierten Runde von den Anaheim Ducks gezogen, warst im Vorjahr auch beim Development Camp in Kalifornien dabei. Gab es eine Erklärung, warum dir von der Organisation kein Vertrag angeboten wurde?
Nickl: Nicht wirklich, es hat mich selbst ein wenig überrascht. Es war auch von der einen auf die andere Sekunde so, dass es geheißen hat, du wirst getradet. Da es in der NHL gang und gäbe ist, dass Spieler wie Waren gehandelt werden, habe ich auch gar nicht mehr groß nachgefragt, es akzeptiert und mich über die neue Chance gefreut.
LAOLA1: Wie hast du erfahren, dass deine Rechte nach Pittsburgh gedealt werden?
Nickl: Ich war in der Stadt unterwegs und mein Agent hat mich angerufen. Da war aber noch nicht sicher, ob ich getradet werde. Das war rund eineinhalb Stunden zuvor. Dann habe ich nachher eine kurze Nachricht bekommen, weil ich nicht abheben konnte - später habe ich nochmal eine kurze Nachricht erhalten, dass ich wahrscheinlich getradet werde. Ich habe meinen Agent sofort zurückgerufen, als die Möglichkeit bestand und hab das dann mit ihm ausgeredet. Ein paar Stunden später ist mir Pittsburgh auf Instagram gefolgt und da wusste ich, dass der Trade wahr wurde.
"Da ich sagen würde, dass ich nur durch harte Arbeit so weit in meiner Karriere gekommen bin, glaube ich, dass das relativ gut passt."
LAOLA1: Gab es vonseiten der Penguins die direkte Kontaktaufnahme oder herrschte vorerst Funkstille?
Nickl: Der damalige Assistant GM (Chris Pryor, Anm.) hat sich sofort bei mir gemeldet. Ich glaube, das war fünf Minuten danach. Er wurde aber nach dem Nicht-Erreichen der Playoffs gefeuert, dadurch bin ich wieder etwas in der Luft gehangen. Die Tage darauf haben sich alle vom Development Staff gemeldet, sich vorgestellt und beim Camp vor einer Woche haben wir uns das erste Mal persönlich getroffen.
LAOLA1: Wie sind deine ersten Eindrücke von der Organisation?
Nickl: Sehr gut. Es sind alle extrem freundlich, versuchen immer zu helfen. Wenn es Fragen gibt, egal in welchem Bereich, kann man sich immer bei ihnen melden. Es wirkt sehr familiär, als wäre der Grundstein der Organisation hart erarbeitet. Da ich sagen würde, dass ich nur durch harte Arbeit so weit in meiner Karriere gekommen bin, glaube ich, dass das relativ gut passt.
LAOLA1: Nach der Junioren-Saison 2019/20 in Kanada bist du nach Europa zurückgekehrt und hast die letzten drei Jahre in Schweden gespielt. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?
Nickl: Es war eine gute Ausweichmöglichkeit für mich, um trotzdem weiter auf hohem Niveau trainieren und spielen zu können. Natürlich wäre es optimal für mich gewesen, wenn ich nach Kanada zurückkommen hätte dürfen. Aber ich bin mit gutem Gewissen nach Schweden gegangen. Besonders im ersten Jahr war ich bei Rögle mit Weltklasse-Spielern wie Moritz Seider am Eis. Ich habe das Eis mit ihm teilen, aber auch viele Sachen von ihm und anderen Spielern abschauen können. Es war auch das erste Mal, dass ich wirklich Profi-Eishockey gespielt habe. Ich glaube, dass mir das in meiner Karriere auch sehr geholfen hat - trotzdem freue ich mich sehr, jetzt nach Nordamerika zurückzukehren.
LAOLA1: Wie groß war der Einfluss der letzten Jahre auf deine Entwicklung?
Nickl: Sehr groß. Ich habe das auch bei der Weltmeisterschaft gesehen. Obwohl die CHL (Canadian Hockey League, Anm.) die beste Junioren-Liga der Welt ist, weht im Profi-Sport nochmal ein anderer Wind. Man braucht auch etwas Zeit, sich an diesen zu adaptieren. Diese drei Jahre haben mir geholfen, dass ich mich Schritt für Schritt an das Profi-Leben herantasten und akklimatisieren kann.
LAOLA1: Nach dem ersten Jahr bei Rögle in der SHL wurdest du leihweise für ein Jahr zum Zweitliga-Klub AIK Stockholm geschickt, die letzte Saison hast du dort als fester Spieler ebenfalls verbracht. Wie hast du diesen Schritt zurück mental verarbeitet?
Nickl: Es war für mich nicht unbedingt ein Schritt zurück, weil ich den großen Schritt in die SHL wohl nicht geschafft habe. Deshalb bin ich auch nach Stockholm geschickt worden. Ich habe das als Lernprozess angesehen, um mein Spiel so weiterzuentwickeln, dass ich den nächsten Schritt machen kann. Es war auch besser für mich, in einer niedrigeren Liga mehr zu spielen, als in einer höheren Liga kaum zu spielen. Da stellt sich dann die Frage, wie sich mein Spiel weiterentwickelt hätte, wenn ich hauptsächlich auf der Bank gesessen wäre. Alles passiert so, wie es passieren soll und in dem Fall, ist es so gekommen. Jetzt werden wir auch sehen, wie sich das auswirkt. Insgesamt glaube ich aber, dass mir die Spielpraxis (85 Spiele für AIK, Anm.) geholfen und zu dem Spieler gemacht hat, der ich aktuell bin.
LAOLA1: Für dich geht es künftig von der größeren wieder auf die kleinere Eisfläche. Wie groß ist die Umstellung tatsächlich?
Nickl: Ich glaube, es ist eine kleine Umstellung. Das Development Camp in Pittsburgh war auch auf dem kleinen Eis und ich habe keinen großen Unterschied zum europäischen Eis gespürt. Ich bin aufs Eis gestiegen und habe mich wieder wie zuhause gefühlt. Ich denke auch, dass mir das nordamerikanische Eis einfach besser liegt.
LAOLA1: Worauf kommt es auf der kleineren Eisfläche an und wie kommt diese deinen Stärken entgegen?
Nickl: Das Spiel auf dem kleinen Eis ist extrem schnell und rasant, aber auch sehr körperbetont. Dadurch, dass ich in meinem Spiel sehr physisch bin und einen guten ersten Pass habe, denke ich, dass mir das einfach besser liegt als das Spiel in Schweden. Was auch noch hilft, ist, dass man von überall schießen und ich die Scheibe aus jeglichen Bereichen der Angriffszone aufs Tor bringen kann - hin und wieder hüpft mal einer hin oder auch rein.
"Ich will mich einfach weiterentwickeln, die beste Version von mir selbst sein und am Ende des Tages gutes Eishockey spielen."
LAOLA1: Gibt es einen bestimmten Aspekt deines Spiels, an dem du während der Offseason besonders arbeiten wirst? Wurde dir vom Pittsburgh-Staff etwas mitgegeben?
Nickl: Ich will mich ständig weiterentwickeln, in allen Bereichen. Hauptaugenmerk lege ich aber auf das Eislaufen - dass ich noch runder und schneller werde, auch kontrollierter eislaufen kann, um später in der besten Liga mit den besten Eisläufer der Welt mithalten zu können. Deshalb probiere ich im Sommer, in diesem Bereich stärker zu werden.
LAOLA1: Wo wirst du deinen Sommer verbringen und wann geht es nach Nordamerika zurück?
Nickl: Voraussichtlich bin ich den ganzen Sommer in Klagenfurt, verbringe hier die Zeit mit meiner Freundin, meiner Familie und paar anderen Freunden. Hauptsächlich auch wahrscheinlich in der Kraftkammer, am Golfplatz oder am See (lacht). Nach Nordamerika geht es vermutlich Mitte September wieder.
LAOLA1: Und dann?
Nickl: Wahrscheinlich wird es ein Rookie-Turnier geben, bei dem mehrere NHL-Mannschaften ihre Prospects hinschicken. Je nachdem, wie meine Leistung dort sein wird, wird sich dann der weitere Weg erschließen.
LAOLA1: Mit welchen Zielen wirst du in das neue Eishockey-Jahr gehen?
Nickl: Ich will mich einfach weiterentwickeln, die beste Version von mir selbst sein und am Ende des Tages gutes Eishockey spielen.