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Was bei Eishockey-Transfers hinter den Kulissen läuft

Die Transferzeit ist auch jene Zeit, die ihre ganz eigenen (Hintergrund-) Geschichten schreibt. LAOLA1-Experte Bernd Freimüller erzählt aus dem Nähkästchen:

Was bei Eishockey-Transfers hinter den Kulissen läuft Foto: © getty

Die Teams für die neue Saison stehen in Europa mehr oder weniger, nur mehr einzelne Positionen sind noch zu besetzen.

Im Zuge von Transferaktivitäten erleben die Teams, Spieler und Agenten immer wieder zahlreiche Überraschungen, Kuriositäten und sind mit dem einen oder anderen ganz besonderen individuellen Bedürfnis konfrontiert.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf einige besondere Transfer-Fälle in den letzten Jahren.

Spielerkaperei

Im Sommer 2023 suchte ein DEL-Team – wie so viele – einen mobilen Defender für das Powerplay und glaubte ihn mit Yanni Kaldis, der nach drei AHL-Saisonen in Europa angeboten wurde, gefunden zu haben. Die Verhandlungen verliefen so wie immer, ein bisschen ein Herzumgezerre, aber beide Seiten schienen an einer Einigung interessiert, es gab nur noch Details zu klären.

Allerdings zeigte sich Kaldis in den Gesprächen immer wortkarger und gestand dann auch, dass ihm ein Angebot aus der KHL vorlag. Nicht von seinem ursprünglichen Agenten (der wusste von nichts) aufgestellt, sondern von einem anderen, der den Spieler so quasi kaperte. Kaldis entschied sich dann auch für die (weiß)russischen Rubel, einem Jahr in Minsk folgte heuer der Move nach Cherepovets und das sicher nicht für weniger Geld. Dem DEL-Team blieb damals nichts übrig als Entschuldigungen von Agentenseite...

Könnte der wahre Agent bitte aufzeigen?

Ein Fall aus der DEL von heuer, der allerdings jedes Jahr öfters aufpoppt: Ein Spieler wird von mehreren Agenten angeboten. Das war heuer aber noch pikanter als sonst, da dieser Crack höchst verschiedene Preisschilder umgehängt bekam. Von 70.000 Euro bis zum Doppelten und "um das kommt er auch erst im Oktober."

Sich mit so etwas herumzuschlagen, ist zwar nicht alltäglich, aber auch keine absolute Ausnahme. Irgendwie muss man dann halt die Nummer des Spielers herausbekommen – der Agent, der sie nicht hat oder nicht herausgibt, ist ohnehin gleich gestrichen – und ihn fragen, wer ihn denn jetzt wirklich vertritt. Meistens weiß der Spieler von dieser Misere gar nichts, im Gegensatz zu Kaldis geht es hier nicht um Kaperei mit einem tatsächlichen Angebot, sondern um Trittbrettfahrer am Agentenmarkt...

Wohnungskrise

Es gilt natürlich nicht nur für Eishockeyspieler, sondern auch für normale Arbeitnehmer in Österreich: Je weiter es in den Westen geht, desto rarer und teurer werden die Wohnungen. Das bedeutet für Teams wie die Pioneers Vorarlberg und die Innsbrucker Haie so wie früher die Dornbirner Bulldogs von Haus Nachteile. Kein Wunder, dass diese Teams eher nicht davon begeistert sind, Spieler mit Großfamilien und Hund zu verpflichten, Singles passen da eher.

Auch bei Österreichern ist die Wohnungsfrage oft ein Thema, Heimkehrer fragen oft vergebens um die Übernahme der Wohnkosten durch den Verein an. Auswärtige Spieler müssen durch ihre Agenten drauf drängen, sonst wird das Engagement vor allem für junge Spieler leicht zu einem Verlustgeschäft. Die Familienzusammenführung von Kele und Devin Steffler ergibt für die Innsbrucker Haie allerdings den Vorteil, dass diese sich eine Unterkunft teilen können.

Vaterglück

Im Sommer anstehende Vaterfreuden werfen immer das Problem auf, wann der Spieler denn wirklich erscheinen kann. Mittels ärztlichem Gutachten kann eine Frau auch spät in der Schwangerschaft ein Flugzeug besteigen, nur wollen das viele natürlich nicht. Dazu kommt auch, dass die ein Kind in einem neuen Land noch nicht versichert ist bzw. die Frau nur auf ihren Mann und nicht auf andere Verwandte zugreifen kann.

Teams wollen natürlich schon wissen, ob und wann eine Geburt ansteht. In Österreich sehen etwa die neuen Legionäre Frank Hora (Graz 99ers) und Willie Raskob (Vienna Capitals) Vaterfreuden entgegen. Hora flog aber zum Trainingsauftakt nach Graz, ehe er wieder zu seiner Frau zurückkehrte. Raskob ist ebenfalls alleine in Österreich, wird erst während der Saison Vater. In der DEL warten die Kölner Haie seit Trainingsbeginn auf die Ankunft von Alex Grenier.

Wenn ein Team sich auf Abwesenheiten etwaiger Neuverpflichtungen nicht einlassen will, ist das natürlich ihr gutes Recht, nicht jeder Coach hat Verständnis dafür, dass ein Spieler in der Vorbereitung fehlt. Ex-Pustertal-Goalie Thomas Sholl winkte von sich aus wegen eines Europa-Engagements ab, beginnt die Saison erst einmal in der ECHL und würde bestenfalls als frischgebackener Vater im Herbst nach Europa zurückkehren.

Noch offen: Wird es einmal einen Spieler geben, der für sich das Mittel der Vaterkarenz reklamiert?

Ausstiegsklauseln

Diese gehören in letzter Zeit immer mehr zum guten Ton, Spieler lassen sich durch ihre Agenten Klauseln einbauen, dass sie bis zu einem gewissen Datum (meist im April oder Mai) ihren (Anschluss-)vertrag wieder auflösen können.
Dazu gehört oft der Zusatz "in eine bessere Liga", was aber schon zu Streitereien geführt hat. Ist die slowakische Liga besser als die ICE? Ein Agent, der seinen Beruf versteht, führt da die jeweiligen Ligen exemplarisch an, um solche Definitionsversuche zu umgehe.

Teams gehen mit solchen Klauseln gelassen um, "wie´s kommt, so kommts", im April oder Mai bekommt man noch leicht (Legionärs)ersatz. Ein Angebot eines Agenten, die Ausstiegsklausel nur wenige Monate nach Unterschrift doch etwa abzukaufen, kostete einem Team heuer nur ein müdes Lächeln, sie wurde dann ohnehin nicht fällig und das Geld wäre beim Teufel gewesen. Nur ein weiteres Beispiel dafür, wie schnell der Transfermarkt zur Kloake werden kann...


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