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Kickert: „Es war schlimm, das aus den Medien zu erfahren“

Der ÖEHV-Goalie spricht über die WM, schwierige Zeiten in Salzburg, die Einbürgerung von Atte Tolvanen und darüber, warum er ein Mann für große Spiele ist.

Kickert: „Es war schlimm, das aus den Medien zu erfahren“ Foto: © GEPA

Für David Kickert war die Saison 2023/24 keine leichte.

Der 30-jährige Keeper kam beim EC Red Bull Salzburg nur selten zum Zug, Head Coach Oliver David setzte in seinem ersten Jahr an der Salzach vorwiegend auf Atte Tolvanen. Der Finne führte die "Eisbullen" in den beiden vorhergehenden Spielzeiten jeweils zum Meistertitel.

In der laufenden Spielzeit sieht es anders, um nicht zu sagen viel besser aus.

Starke Auftritte bei der Weltmeisterschaft in Prag sowie bei der Olympia-Qualifikation in Bratislava haben bei Kickert nicht nur für neues Selbstvertrauen gesorgt, er hat sogar "den nächsten Schritt gemacht", meinte ÖEHV-Teamchef Roger Bader in Landshut zu LAOLA1.

In der Mozartstadt wurden seine Steigerung ebenfalls erkannt, Coach David schenkt dem gebürtigen Korneuburger sein Vertrauen. Bis zur Länderspielpause hatte der ÖEHV-Tormann bereits neun Einsätze - in der gesamten Vorsaison waren es lediglich 18.

Von Tolvanen-Einbürgerung über die Medien erfahren

Schon bald wird der Linksfänger nicht nur in Salzburg mit Tolvanen konkurrieren, sondern auch im Nationalteam. Der 30-jährige Finne soll bekanntlich eingebürgert werden, die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zieht sich etwas. Alle Infos >>>

Geht es nach Kickert, hätte der Eishockey-Verband sein Vorhaben intern besser kommunizieren können. "Ich fand es schlimm, dass wir es aus den Medien erfahren haben. Mit mir und den anderen Goalies wurde gar nicht darüber gesprochen", sagte Kickert im LAOLA1-Interview.

Die aktuelle Nummer eins im Eishockey-Nationalteam sprach außerdem über die vielen Ups and Downs in Salzburg, das allgemeine Torhüter-Problem in Österreich und darüber, warum er ein Mann für große Spiele ist.

Anmerkung: Das Interview wurde am Samstag, also vor dem abschließenden Spiel beim Deutschland-Cup gegen Deutschland, geführt.


LAOLA1: Die WM in Prag verlief für Österreich erfolgreich, du hattest gemeinsam mit David Madlener einen großen Anteil daran. Wie hast du das Turnier aufgearbeitet?

David Kickert: Zuerst war es schon sehr bitter, muss ich sagen. Das Viertelfinale war sehr gut möglich. Ich weiß nicht wirklich, was da im letzten Spiel passiert ist. Das war schade, aber gegen Kanada, die Schweiz und Finnland zu spielen, gegen Finnland sogar zu gewinnen, das war schon ein richtig gutes Gefühl, auch für die Mannschaft. Da hat man gemerkt, wir haben Energie drin. Das gab einen extra Motivationsschub und hat einen gepusht.

"Die WM war wieder eine Bestätigung, dass ich es drauf habe."

David Kickert

LAOLA1: Teamchef Roger Bader hat im Gespräch während des Deutschland-Cups erneut betont, dass du gegen Finnland und Norwegen auf Weltklasse-Niveau gespielt und den nächsten Schritt gemacht hast. Wie hat sich diese WM auf dein Selbstvertrauen ausgewirkt?

Kickert: Es war wieder eine Bestätigung, dass ich es drauf habe. Die Saison in Salzburg war echt zäh. Es wurde mir während der Saison nicht wirklich kommuniziert, warum das so ist. Wir haben wieder die Meisterschaft gewonnen, das gibt dem Trainer natürlich recht, aber für mich war es nicht leicht. Bei der WM dann so zu performen, mit so wenigen Spielen davor, war schon ein gutes Gefühl.

LAOLA1: Du hattest in Salzburg nur 18 Einsätze. Gab es von Head Coach Oliver David im Sommer eine Erklärung, warum die Dinge letztes Jahr so gelaufen sind?

Kickert: Das nicht, aber wir haben ein ziemlich gutes Gespräch geführt. Ich habe ihm gesagt, dass es natürlich seine Entscheidung ist, wer spielt. Aber ich würde es gerne vorher wissen, wenn ich nicht spiele. Dann kann ich etwas anderes machen, trainieren oder mich auf die nächsten Aufgaben vorbereiten.

LAOLA1: Hat sich die Kommunikation verändert?

Kickert: Heuer ist es viel besser.

LAOLA1: Und du bekommst regelmäßig Einsätze, hast bis Anfang November schon neun Pflichtspiele absolviert.

Kickert: Wir (Atte Tolvanen und Kickert, Anm.) wechseln uns bis jetzt sehr gut ab. Natürlich gab es bis jetzt einige Ups and Downs in Salzburg, jedenfalls ist es viel besser als letzte Saison.

LAOLA1: Hast du das Gefühl, dass du dich erst einmal beweisen musstest und dir das mit deinen Leistungen bei der WM und der Olympia-Qualifikation gelungen ist?

Kickert: Das kann schon sein. Als er gekommen ist, hat er mich natürlich nicht gekannt. Vermutlich hat er gesehen, dass Atte die zwei vorhergehenden Spielzeiten fast durchgespielt und zweimal den Meistertitel geholt hat. Dann ist das eine leichte Entscheidung.

David Kickert greift mit der bloßen Hand nach dem Puck
Foto: © GEPA

LAOLA1: Funktionieren die Dinge für dich aktuell selbstverständlicher als vergleichsweise in den letzten zwei Jahren?

Kickert: Es ist jetzt mehr Gewissheit da. Ich konnte gewisse Routinen aufbauen, die ich in den ersten zwei Jahren in Salzburg erst neu entdecken musste. Die funktionieren ganz gut und an die halte ich mich jetzt.

LAOLA1: Du warst bei der Olympia-Qualifikation in Bratislava ebenfalls dabei, konntest Österreich gegen die Slowakei lange im Spiel halten. Gegen Kasachstan...

Kickert: Das war bitter, extrem bitter.

LAOLA1: Trotzdem ist es nicht an dir gelegen, dass das Olympia-Ticket nicht gelöst wurde.

Kickert: Olympia ist immer noch ein riesiges Ziel von mir, das ich den ganzen Sommer über im Kopf hatte. Das wollte ich unbedingt erreichen, leider ist es sich nicht ausgegangen. Es war trotzdem wieder, wie auch schon die WM, eine Bestätigung. Ich fühle mich auf dem Niveau wohl.

LAOLA1: Bist du generell ein Mann für große Spiele?

Kickert: Mir fällt es leichter, in großen Spielen zu spielen als, sagen wir, in nicht so großen. Einfach weil gleich eine gewisse Anspannung da ist. Wenn ich mich selbst auf dieses Level bringen kann, dann spiele ich besser. Wenn nicht, fällt es mir etwas schwieriger.

LAOLA1: Bist du in solchen Spielen fokussierter? Ist es auf internationalem Niveau eventuell auch das höhere Tempo, welches dir besser liegt?

Kickert: Das höhere Tempo hat damit schon etwas zu tun. Ich fühle mich da etwas mehr in meinem Modus, lese das Spiel auch leichter. Es ist einfach geil, solche Spiele zu spielen.

LAOLA1: Du hast im Nationalteam nach dem Karriereende von Bernhard Starkbaum die Einser-Position übernommen.

Kickert: Unsere Spielstile waren sehr unterschiedlich, trotzdem ich habe viel von ihm gelernt, wie er die Spiele angegangen ist und wie er sich verhalten hat. Aber das war schon ein Moment, wo ich gedacht habe: Jetzt bin ich dran. Und das soll so lange wie möglich so weitergehen.

LAOLA1: ÖEHV-Präsident Klaus Hartmann hat während der WM in Prag verraten, dass man die Einbürgerung deines Salzburger Torhüter-Kollegen Atte Tolvanen plant. Was waren deine ersten Gedanken, als du von dem Vorhaben erfahren hast?

Kickert: Ich fand es schlimm, dass wir es aus den Medien erfahren haben. Mit mir und den anderen Goalies wurde gar nicht darüber gesprochen. Ich habe nichts dagegen, ich habe auch nichts gegen Konkurrenzkampf und finde es gut, wenn wir auch im Tor breit aufgestellt sind. Aber man hätte es anders kommunizieren können.

LAOLA1: Man wolle das Torhüter-Problem in Österreich auf diese Weise kurzfristig lösen, meinte Klaus Hartmann. Ist das die einzige Lösung, die es gibt?

Kickert: Nein, auf keinen Fall. Das ist ein größeres Problem, das ständig angesprochen wird. Wenn du dir die Ligen in Deutschland oder der Schweiz ansiehst, dort spielen überall einheimische Goalies, nur bei uns ist das nicht so. Und dann wundert man sich, dass niemand nachkommt oder viel spielt. Da müssten die Teams und die Liga besser mit dem Verband zusammenarbeiten.

"Gezwungen – ja schon, weil viele Perspektiven hat man in der österreichischen Liga nicht. (...) Mir fehlt die langfristige Arbeit im österreichischen Eishockey."

David Kickert

LAOLA1: Müssen junge Talente wie Benedikt Oschgan, der den Schritt nach Schweden zu Växjö gegangen ist und in der Champions Hockey League gegenüber von dir im Tor stand...

Kickert: ...und sehr gut gespielt hat.

LAOLA1: Sind sie gezwungen, aus Österreich wegzugehen und ihre Chance in einem anderen Land wahrzunehmen, wenn sich diese auch ergibt?

Kickert: Gezwungen – ja schon, weil viele Perspektiven hat man in der österreichischen Liga nicht. Was man nicht außer Acht lassen darf: Die Trainer kommen her und müssen mit ihrer Mannschaft sofort abliefern. Es wird alles sehr kurzfristig gedacht. Mir fehlt die langfristige Arbeit im österreichischen Eishockey.

LAOLA1: War es während deiner Nachwuchszeit jemals ein Thema, ins Ausland zu gehen?

Kickert: Nein, nicht wirklich. Ich komme nicht aus einer Eishockey-Familie, wir haben nicht gewusst, wie alles abläuft. Ich wollte immer am College spielen, das war ein großes Ziel – ohne zu wissen, dass man sich bereits mit 16 Jahren mit den Scouts und den Colleges in Kontakt setzt. Es wäre schon cool gewesen. Im Nachhinein, wenn ich das alles gewusst hätte, würde ich schauen, dass ich in der Schweiz spiele (lacht). Aber ich bin nicht unzufrieden mit dem, was passiert ist.

LAOLA1: Trotzdem habe ich das Gefühl, dass du gewisse Dinge anders machen würdest.

Kickert: Ich habe ja auch nicht immer gewusst, dass ich Profi werde und Eishockey mein Mittelpunkt sein wird. Wenn ich alles im Vorhinein gewusst hätte, hätte ich es schon etwas anders gemacht.

LAOLA1: Du wurdest zu Beginn deiner Profi-Zeit in Wien stets als großes Talent gepriesen, NHL-Scouts sind extra nach Wien gereist, um dich zu beobachten.

Kickert: Ja, da waren ein paar dort.

LAOLA1: Und es hat sich für dich nie die Möglichkeit aufgetan, Österreich zu verlassen?

Kickert: Nicht, dass ich wüsste (lacht). Es wäre interessant gewesen, ich hätte es mir auf jeden Fall gut überlegt. Bei uns war es immer wichtig, die Schule fertig zu machen. Eishockey war nicht im Mittelpunkt.

LAOLA1: Ich möchte an einem Punkt anknüpfen, den du zu Beginn des Gesprächs erwähnt hattest -  die vielen Ups and Downs heuer in Salzburg. Warum gibt es die?

Kickert: Ein Grund dafür könnte sein, dass wir wirklich sehr viel spielen. So arg wie es sich jetzt anfühlt, darüber haben wir im Team auch gesprochen, war es überhaupt noch nie. Man sieht auch, dass wir defensiv nicht so gut wie die letzten Jahre sind. Wir schießen viel mehr Tore, aber bekommen auch mehr. Das macht es nicht leichter. Aber: Wir haben sehr viel Talent in Salzburg. Ich glaube, dass wir das hinkriegen. Es hat nie eine Saison gegeben, in der alles glatt gelaufen ist.

LAOLA1: Hast du eine Erklärung dafür, dass ihr viel mehr Tore als in den letzten Jahren kassiert? Hat sich die Spielweise verändert, liegt es an der Ausgeglichenheit der Liga?

Kickert: Ein Grund kann schon sein, dass Jeder gegen Jeden gewinnen kann. Wir spielen gleich wie die letzten Jahre, die Gegner passen sich an das an und wissen, wie wir spielen. Ich glaube auch, dass die Struktur ab und zu nicht hundertprozentig eingehalten wird, wir in manchen Spielen nicht auf die defensiven Details geschaut haben.

"Da habe ich mir manchmal gedacht: Ist mir das jetzt wichtiger als den anderen? Hier man spürt bei jedem Einzelnen, dass sie alles geben."

David Kickert

LAOLA1: Im letzten Jahr gab es ebenfalls solche Phasen in der Saison, wo man sich gefragt hat: Wie soll das mit dem Meistertitel klappen? Habt ihr jemals daran gezweifelt, dass es nicht für die dritte Meisterschaft in Serie reichen könnte?

Kickert: Man weiß nie, was passiert. Ich glaube, nicht einmal im ersten Jahr – da war ich noch nicht dabei – haben sie sicher gewusst, dass am Ende der Saison der Meistertitel in Salzburg landet. Das macht den Sport aus, es ist nichts in Stein gemeißelt. Wir haben die Charaktere und den Ehrgeiz, um solche Phasen zu überwinden. Es ist ein Wahnsinn, was da für Leute sind Salzburg sind. Da gibt es Verlieren einfach nicht.

LAOLA1: Spornt dich der Ehrgeiz im Team selbst noch einmal an?

Kickert: Ja, das hat mir in den vergangenen Jahren oft einmal gefehlt. Da habe ich mir manchmal gedacht: Ist mir das jetzt wichtiger als den anderen? Hier man spürt bei jedem Einzelnen, dass sie alles geben.

LAOLA1: Bist du mit deinen Leistungen in der Liga zufrieden?

Kickert: Nein. Als Tormänner sind wir zwar oft an die Mannschaft angewiesen, allerdings ist es für mich auch Up and Down gegangen. Ich bin nicht zu 100 Prozent zufrieden mit dem, was ich bis jetzt geleistet habe. Aber es ist ja noch nicht einmal die Hälfte der Saison gespielt worden.

LAOLA1: Die Diskrepanz zwischen deinen Zahlen in der ICE (Fangquote 86,2 Prozent, GAA 4,15, Anm.) und der Champions Hockey League (Fangquote 93,6 Prozent, GAA 1,67, Anm.) ist riesig. Wieso?

Kickert: Wir gehen als Team gegen starke Gegner einfach anders ins Spiel. Mit etwas mehr Fokus und dem Wissen, dass wir uns nicht alles erlauben können. Wir sind präsenter, dieses Denken brauchen wir auch in der Liga.

LAOLA1: Du hast am Sonntag noch gegen Deutschland gespielt, schon am Dienstagnachmittag geht es für dich mit Salzburg in der Champions Hockey League gegen die Lahti Pelicans weiter. Wie schwierig ist das für den Kopf?

Kickert: Es ist tough. Für die Feldspieler wahrscheinlich noch mehr, weil die wirklich jedes Spiel bestreiten. Es ist eine große Belastung. Hut ab vor den NHL-Spielern, die jede Saison dermaßen viel spielen.

LAOLA1: Ihr habt letztes Jahr in der Hauptrunde gegen Lahti gespielt, damals 1:5 verloren. Wie schätzt du eure Chancen auf den Aufstieg ins Viertelfinale ein?

Kickert: Ich glaube schon, dass wir eine gute Chance haben. Vor allem, wenn wir mit dem Mindset reingehen, den wir in den Playoffs haben. In großen Spielen sind alle bereit und gehen den Extra-Schritt. Es wird spannend.


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