Mit den Händen aufgebaut, mit dem Hintern umgestoßen: Das österreichische U18-Eishockey-Nationalteam ist wieder drittklassig, das 3:4 im Abschlussspiel bei der Weltmeisterschaft der Division 1A gegen Gastgeber Ungarn bedeutete den Abstieg.
Warum dieser so unnötig wie ein Kropf war, analysiert LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:
Die Ausgangslage
Österreich schaffte vor zwei Jahren in Bled den Wiederaufstieg in die Zweitklassigkeit, davor standen (neben zwei Corona-Absagen) drei zweite Plätze sowie ein Fast-Abstieg in die Viertklassigkeit. Letztes Jahr gelang unter Coach Philipp Pinter der Klassenerhalt in Frederikshavn mit sieben Punkten souverän.
Pinter war heuer nur mehr bei der U20 im Einsatz, Florian Mühlstein, im Verband als Ausbildungs- und Entwicklungsleiter Nachwuchs tätig und umtriebig, übernahm. Allerdings: Es sollte seine erste WM als Headcoach werden, neben dem weiteren Turnier-Debütanten Michael Schurig stieß als zweiter Assistent Stefan Ulmer aus dem Pinter-Stab hinzu.

Von Spielerseite gab es keinerlei nennenswerten Ausfälle zu beklagen, über die Auswahl nach den Top-Cracks wird jeder Nachwuchscoach und Branchenkenner seine eigene Ansicht haben.
Das Team war mit Spielern wie Jakob Schnabl, Nico Uschan, Leon Kolarik, David Waschnig und Paul Sintschnig (die letzten drei schon bei der U20-WM dabei) in der Spitze gut besetzt, in der Breite vielleicht weniger.
Der Turnierverlauf
Gegen den späteren Turniersieger Dänemark (ohne Punkteverlust) war nach einem frühen Rückstand beim 3:5 nichts drinnen, tags darauf sollte das stärkste Drittel des Turniers die 3:0-Führung für Österreich zum 4:1 gegen Slowenien ergeben.
In Spiel 3 durfte dann Goalie Leandro Djuric ran, das Resultat gegen die offensivstarken Ukrainer war ein 3:6, Einsergoalie Luca Haitzmann musste schon während des Spiels wieder in den Kasten.
Am nächsten Tag wäre ein Punkt gegen Kasachstan (weiß Gott keine Übermannschaft) schon die halbe Miete für den Klassenerhalt gewesen, es reichte nach einem 0:3-Rückstand nach vielen Strafzeiten nur noch zu einer Aufholjagd, die mit einem 2:4 endete. Die Folge: Ein Abstiegsfinale gegen die Ungarn, wo ein Punkt gereicht hätte.
Es sollte ein Spiel werden, das an Dummheit von Seiten der Österreicher nicht zu überbieten war. Gegentore in der ersten und Schlussminute des ersten Drittels, ein weiteres zu Beginn des zweiten und, nachdem man den Zwei-Tore-Rückstand egalisiert hatte, postwendend das 3:4.
Es folgte ein Anrennen mit vielen Chancen, alleine Paul Sintschnig hätte zweimal aus der Nahdistanz treffen müssen. Die Ungarn brachten den Sieg über die Ziellinie, überflügelten damit das ÖEHV-Team.
Das Turnierniveau
Dänemark dominierte souverän, auch wenn sie gegen Kasachstan und Ungarn Schwierigkeiten hatten. Die Ukraine war offensivstark, diese beiden Teams standen über dem Rest des Teilnehmerfelds, das sonst höchst überschaubares Niveau anbot.
Kasachstan agierte wie immer ein bisschen vogelwild, Slowenien und Ungarn auf einem Level, das auch in die C-Gruppe gepasst hätte. Gegen diese Konkurrenz abzusteigen, war nicht einfach, Österreich schaffte es aber.
Hauptgrund dafür: Eine Flut an Gegentoren, genau vier pro Spiel. Bedingt einerseits durch inadäquate Goalieleistungen, aber auch durch katastrophale Zuordnung im eigenen Drittel. Der zweite ungarische Treffer, als fünf Österreicher an der Seitenbande zwei Gegnern unterlegen waren, war bezeichnend für das Abwehrverhalten.

15 erzielte Treffer (fast soviele wie Ungarn und Slowenien zusammen) hätten eigentlich reichen sollen, auch wenn das Team keineswegs Defensive für Offensive opferte, im Forecheck eher konservativ agierte, die Defender (bis auf den mobilen Schnabl) kaum aktivierten.
Mühlstein begann mit zwei Scorerlinien, die vierte Linie kam vor allem im PK zum Einsatz, nach zwei Spielen teilte er seine Offensivleute auf drei Linien auf, im letzten Spiel standen dann fast nur mehr die Spitzencracks am Eis.
Zu hinterfragen: Im Kader standen nur sechs gelernte Defender, der Salzburger Tobias Koller spielte diese Rolle im Klub nur ab und an. Noch glücklich, dass Maxi Petritsch nur im ersten Spiel mit Krankheit ausfiel, sonst wäre die Defensive (eh fast nur auf Schnabl, Nico Uschan und Gerrit Böhs aufgebaut) noch dünner aufgestellt gewesen.
Schon fast eine Petitesse: Kolarik musste in Ermangelung eines Rechtsschützen im Top-PP-Unit die linke statt wie gewohnt die rechte Halfwall bespielen, One-Timer fielen damit flach.
Einzelkritiken
Verbieten sich nach so einem Turnier, sind auch gefährlich: Vor drei Jahren bot das damalige U18-Team in der C-Gruppe eine der desolatesten Leistungen der ÖEHV-Geschichte, nur ein Zittersieg gegen Polen verhinderte den Abstieg in die Viertklassigkeit.
Zwei Jahre später spielte dieselbe Altersstufe (natürlich unter anderen Coaches) eine mehr als nur solide U20-B-WM, kein Wunder auch - einige Namen, die in Asiago völlig ausließen: Benedikt Oschgan, Luca Erne, Thomas Klassek, Patrick Söllinger, Luca Auer, Ian Scherzer und als Krönung die späteren NHL-Picks David Reinbacher und Gregor Biber.
Es würde nicht wundern, wenn einige der Absteiger aus Szekesfehervar in den nächsten zwei Jahren im U20-Kreis wesentliche bessere Leistungen bieten. Schon ein gewohntes Phänomen in Österreich: Die U18 hinkt der U20 seit Jahren bezüglich Ergebnissen und Spielstufen hinterher. Die Zahlen:
Von den letzten zehn Turnieren verbrachte die U20 alle in der B-Gruppe, drei davon sogar im Oberhaus (zweimal wurde allerdings der Abstieg sistiert).
Die U18 in den letzten zehn Turnieren: Nie in der A-Gruppe, die Hälfte davon in der Drittklassigkeit. Die Rotation bei den Coaches hielt sich bei den beiden Altersgruppen ziemlich die Waage. Erst Philipp Pinter brachte das Karussell bei der U20 zum Stehen und geht nächstes Jahr in seine dritte B-WM (neben einer A-Teilnahme).
Die nähere Zukunft
Wird natürlich erst nach der A-WM abgeklärt, Sportdirektor Roger Bader hat derzeit andere Sorgen, ehe er das Abschlussgespräch mit Mühlstein suchen wird. Doch die Coach-Alternativen sind rar gesät: Die Könnenden wollen oft nicht, den Wollenden traut man es oft nicht zu.
Im nächsten April warten bei der U18-1B folgende Gegner: Litauen, Frankreich, Estland, Korea und der Aufsteiger aus der 2A, Italien. Ein Wiederaufstieg wird alles andere als ein Selbstgänger, acht Spieler des heurigen Teams sind nächstes Jahr weiter spielberechtigt.
Ärgerlich, wie sorglos die Chance auf den Klassenerhalt weggeworfen wurde. Der mühsam erkämpfte Aufstieg vor zwei Jahren wurde mit dem Hintern wieder umgestoßen...