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Roger Bader: Vor der WM ist nach der WM

Die Vorbereitung auf die Endrunde in Prag hat für den Teamchef schon nach jener in Tampere begonnen. Wie sich der Schweizer auf eine WM einschießt.

Roger Bader: Vor der WM ist nach der WM Foto: © GEPA

Am Montag startete das heimische Eishockey-Nationalteam in Wien in das erste Teamcamp auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2024 in Prag.

Es ist der Startschuss in eine fünfwöchige Vorbereitung, die an selber Stelle mit dem Testspiel-Kracher gegen Kanada (5. Mai) abgeschlossen wird.

Dazwischen sammelt das ÖEHV-Team reichlich Kilometer. Wer bei allen fünf Zusammenkünften dabei ist, tourt einmal quer durch Österreich - Wien, Villach, Linz, Zell am See und erneut Wien wurden als Camp-Standorte auserkoren.

Stets mit dabei ist natürlich Teamchef Roger Bader, der seinen Vertrag kürzlich verlängerte. Für den Schweizer wird die WM in Tschechien die insgesamt siebte als Cheftrainer der ÖEHV-Mannschaft sein, deshalb hat der 59-Jährige auf dem Weg zu einer Endrunde bereits gewisse Routinen entwickelt.

Zwei Tage nach der WM geht es schon wieder los

Ähnlich wie für die Spieler hat auch die Vorbereitung des Teamchefs und Sportdirektors in Personalunion verschiedene Intensitäts-Stufen.

Während sich seine Schützlinge nach einer WM in den Urlaub verabschieden, gibt es für den Winterthurer keine Verschnaufpause. "Ich muss ganz ehrlich sagen: Eigentlich geht die WM-Vorbereitung bei mir schon zwei Tage nach der letzten WM los", verrät Bader im Gespräch mit LAOLA1 mit Bezug auf das Turnier 2023.

Dann stand nämlich der IIHF-Kongress in Tampere an, der Fahrplan für die nächsten 365 Tage nahm somit Ende Mai schon erste Züge an. "Ich habe den Laptop geöffnet und schon die Vorbereitungsplanung gemacht. Zwar noch ohne Namen, aber die Struktur war schon erstellt."

Das Treffen mit Vertretern aller IIHF-Mitgliedsverbänder nützt Bader, um erste Gespräche zu führen. "Ich gehe da schon auf die Teams zu, mache schon Spiele mit ihnen aus."

So konnte er für 2024 etwa die Testspiel-Leckerbissen gegen Bronze-Gewinner Lettland (4. und 5. April), die mit Silber veredelten Deutschen (25. und 27. April) oder das Highlight gegen Kanada (5. Mai) frühzeitig fixieren.

Im November hätte er Anfragen von anderen Nationen bekommen, "ob ich schon Testspiele für die WM habe. Das heißt, sie haben noch nichts und müssen sich verzweifelt nach der Decke strecken", sagt Bader, der trotz seiner zeitig beginnenden Planung keineswegs die Füße hochlagert.

Keine Ruhepausen, immer die WM vor Augen

"Die WM ist schon das ganze Jahr durchgehend in meinem Kopf - natürlich nicht jeden Tag gleich intensiv, aber ich studiere jeden Tag ein bisschen daran herum." Rund um den Jahreswechsel wurde die nächste Stufe erreicht. "Seitdem hat es sich intensiviert", betont der Teamchef.

Der einen Fahrplan verfolgt. Darunter fallen folgende Dinge: "Was muss bis wann erledigt sein? Wann will ich welche Gespräche haben? In diesem Zusammenhang auch die Planung nach Prag zu gehen, die Nordamerika-Reise usw.", erklärt er.

Vom Ort der kommenden Endrunde machte sich der Schweizer im Jänner persönlich ein Bild, schaute sich die Gegebenheiten im Team-Hotel sowie der Halle an. "Außerdem konnten wir die Reise testen, ob sich das gut ausgehen wird, wenn wir mit dem Team mit dem Bus fahren, was wir wahrscheinlich tun werden", so Bader.

In Nordamerika traf sich der Teamchef mit Marco Rossi und Marco Kasper, beobachtete jeweils zwei Spiele der beiden ÖEHV-Youngsters und ging mit ihnen Abendessen. Bei den Gesprächen ging es nicht nur um das Daily Business, wie etwa, ob sie bei der WM und der Olympia-Qualifikation im August dabei sein werden, sondern auch um das Menschliche.

Wann stehen welche Spieler parat?

Zu dem angesprochenen Fahrplan zählt auch die Planung, zu welchem Zeitpunkt der Vorbereitung ihm welche Spieler zur Verfügung stehen werden.

Bader erläutert: "Diese Planung ist von Namen unabhängig. Ich weiß, wie vor dem ersten Camp die Situation in Österreich aussieht. Die Viertelfinals sind fertig gespielt, also alle Spieler, die nicht in den Playoffs waren und im Viertelfinale ausgeschieden sind, stehen zur Verfügung."

Ungefähr ein Drittel des WM-Teams seien in Camp 1 dabei, dort bekommen einige junge Spieler - heuer sind es Ian Scherzer, Gregor Biber, Patrick Söllinger oder Thomas Klassek - eine Chance.

Und Überraschungen sind dabei nicht auszuschließen, wie Henrik Neubauer 2023 oder Philipp Wimmer und Nico Feldner 2022 zeigten.

"Dann geht es weiter: Wann ist das Halbfinale fertig? Wann kann ich mit den Finalisten rechnen? Da kommt auch die Frage dazu: Ist das Finale nach vier oder erst nach sieben Spielen fertig? Das ist eine rollende Planung, weil man im Voraus nie weiß, was passiert", sagt Bader, der sonst stets auf Planungssicherheit setzt.

Fünfwöchige Vorbereitung notwendig? "Das macht man in der A-Gruppe einfach"

Dass sich Team Österreich eine fünfwöchige Vorbereitung mit Kosten von rund 100.000 Euro pro Camp leistet, sorgte in den letzten Jahren für heiße Diskussionen. Für Bader stellte sich diese jedoch nie.

Gerade angesichts dessen, dass dies eigentlich keine Neuheit ist. "Wir haben früher bei der A-WM sechs Wochen Vorbereitung gehabt, zum Beispiel in Kopenhagen (2018, Anm.). Da war die erste Woche eine reine Konditionstrainings-Woche ohne Spiele, was jetzt auch sinnvoll wäre, muss ich ganz ehrlich sagen."

Denn nicht wenige Spieler haben seit fünf Wochen kein Pflichtspiel mehr absolviert, darunter jene der Vienna Capitals, deren Saison in der win2day ICE Hockey League nach dem Grunddurchgang zu Ende war. Im Kader für das erste Teamcamp finden sich nicht weniger als sieben Cracks der Wiener wieder.

Diese Spieler müssen sich in der spielfreien Zeit natürlich fit halten, sie "können nicht fünf Wochen nichts tun, weil sonst fangen sie auf einem Stand an, der gefährlich ist. Doch es ist so, dass die Spieler einrücken und drei Tage später spielen wir gegen Lettland", hält Bader fest.

Der Schweizer wehrt sich gegen die jährliche Kritik: "Warum können wir in Camp 1 gegen Lettland spielen? Weil die auch ein Camp machen. Das macht man in der A-Gruppe einfach."

Und warum etwas ändern, das sich in den letzten zwei Jahren bewährt hat?


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