Österreich hat den Zuschlag für die Frauen-B-WM 2024 erhalten.
In Klagenfurt oder Linz wird das Frauen-Eishockey-Nationalteam um den Aufstieg in die Top-Division spielen. Da China, der vorgesehene Gastgeber der B-WM von 2023 bis 2025, bereits heuer aufgestiegen ist, musste ein neuer Host gefunden werden.
Der heimische Eishockey-Verband packte die Gelegenheit am Schopf und holt zum dritten Mal nach 2009 und 2017 eine Frauen-WM nach Österreich.
Im Rahmen der Saisonauftakt-Pressekonferenz des ÖEHV hat sich Martin Kogler, General Manager des Frauen-Eishockeys im ÖEHV, Zeit genommen und stand LAOLA1 Rede und Antwort.
Kogler spricht dabei über die Herausforderungen der Heim-WM und welche Benefits sie mit sich bringt. Außerdem sind der Nachwuchs sowie die Popularität des Frauen-Eishockeys Themen, zu denen sich der General Manager äußert.
LAOLA1: Herr Kogler, Österreich hat den Zuschlag für die Frauen-B-WM 2024 erhalten. Als Spielorte kommen Linz und Klagenfurt in Frage. Gibt es eine Präferenz?
Martin Kogler: Nein, für uns ist wichtig, überhaupt zuhause zu spielen, mit unseren Fans im Rücken. Man hat bei China gesehen, dass es ein großer Faktor sein kann, wenn die Fans hinter dir stehen und nicht gegen dich. Das kann den Ausschlag geben. Wir haben deshalb Orte ausgewählt, wo wir uns erwarten, dass sich die Zuschauerzahlen im vierstelligen Bereich bewegen werden. Wobei ich sagen muss, dass wir bei den letzten Weltmeisterschaften in Graz (2009 und 2017, Anm.) schon einen Schnitt über 1.000 Fans hatten. Das Ziel sind mindestens 1.500 Zuschauer, wenn nicht sogar 2.000 bei den Spielen zu haben, damit wirklich eine entsprechende Stimmung da ist. Wir schauen uns die Gegebenheiten an und entscheiden uns dann für einen der beiden Standorte. Der andere hat sehr gute Chancen, die nächste ÖEHV-Großveranstaltung zu bekommen.
LAOLA1: Sie sind für die Organisation der Weltmeisterschaft hauptverantwortlich. Was kommt auf den Verband zu?
"Wenn ich im TV und den Medien sichtbar bin, die Leute darüber reden, die Stimmung zudem gut ist, dann kann ich zeigen: Das ist ein cooler Mannschaftssport für junge Mädchen."
Kogler: Relativ viel. Das Veranstaltungsbudget wird bei rund 500.000 Euro liegen, ungefähr 120 Mitarbeiter und Volunteers werden benötigt. Für einen Verband mit zehn Angestellten ist das natürlich eine entsprechende Herausforderung. Wir haben uns bisher immer sehr auf den jeweiligen Ort eingestellt. In Radenthein (Austragungsort der Frauen-U18-C-WM 2022, Anm.) war es die gesamte Stadtgemeinde, die uns geholfen hat. Sowohl in Linz als auch Klagenfurt haben wir Frauen-Vereine vor Ort, die natürlich Leute stellen können. Wir haben Männer-Vereine, wo Leute da sind, die sich schon auskennen. Das ist schon ein wichtiger Punkt, denn es ist nicht so, dass wir ins Himalaya-Gebirge gehen und sagen, wir machen ein Eishockey-Event. Sondern du hast vor Ort viel Personal und von den 120 benötigten Helfern werden wir ca. 15 Experten aus ganz Österreich holen. Der Rest werden Freiwillige aus der jeweiligen Stadt sein.
LAOLA1: Eine Heim-WM bringt immer viel Medienaufmerksamkeit mit sich. Für die Außendarstellung des Frauen-Eishockeys in Österreich kann das nur ein großer Mehrwert sein.
Kogler: Natürlich! Das war für uns auch ein großes Thema. Es ist einer der größten Benefits der gesamten WM, dass wir in den Fokus kommen und den Sport sichtbar machen. Das Medieninteresse ist natürlich ganz anders. Als Beispiel: Im Vorjahr haben wir beim einen oder anderen Länderspiel nur einen Satz unter das Ergebnis erhalten. Bei der WM 2009 in Graz hatten wir in mancher Zeitung sogar zweieinhalb Seiten. Der Unterschied ist sehr groß.
LAOLA1: Es ist zudem eine ausgezeichnete Möglichkeit, dem Nachwuchs den Sport näher zu bringen.
Kogler: Genau, da haben wir momentan auch etwas das Problem, dass uns die Corona-Jahre eingebremst haben. Beim IIHF-Kongress in Portugal habe ich zum Beispiel mit Verantwortlichen aus Ungarn gesprochen und dort war es so, dass sie von dieser Zeit sogar profitiert haben, weil die Kinder-, Landesligen etc. nie in den Lockdown geschickt worden sind. Das regionale Eishockey ist dort normal weitergeführt worden, vielleicht sogar intensiver, weil es andere Sachen nicht gegeben hat. Bei uns war es leider genau das Gegenteil, bis auf die Spitzensportler war für eineinhalb bis zwei Saisonen alles abgeschalten. Wir sehen, dass wir gerade in den jüngeren Jahrgängen einen Riesen-Rückstand aufgerissen haben. Das war auch mit ein Grund, warum wir die WM organisieren wollten. Wenn ich im TV und den Medien sichtbar bin, die Leute darüber reden, die Stimmung zudem gut ist, dann kann ich zeigen: Das ist ein cooler Mannschaftssport für junge Mädchen. Danach muss man natürlich aktiv sein, von selbst kommt heutzutage niemand mehr. Ich muss diese Welle ausnutzen, damit die jungen Mädchen auch zum Sport kommen.
LAOLA1: Was kann der Verband dazu beitragen, mehr junge Mädchen zu akquirieren? Inwieweit stehen in dieser Hinsicht auch die Vereine in der Pflicht?
Kogler: Sagen wir so: Ich sehe es als ein Problem, das uns alle angeht. Ich hasse diese Diskussion, das ist schon ein Trauma bei mir. Der Verband sagt, der Verein soll es tun, der Verein sagt, die Liga soll es tun, die Liga sagt, der Verband soll es tun – da spielt sich jeder gegenseitig den Ball zu, dabei verlieren wir aber wertvolle Jahre, wo ich etwas tun könnte. De facto ist es so, es geht nur gemeinsam. Ich kann als Verband nicht irgendwo in Favoriten hingehen und sagen, ich melde jetzt junge Mädchen an. Das wird nicht funktionieren, ich kann sie auch nicht halten und ihnen eine Struktur bieten. Umgekehrt: Wenn der Verein auf sich allein gestellt ist, und ihm nicht geholfen wird mit Ausrüstungen oder ähnlichen Themen, dann steht der auch mit nichts da. Was soll er dann machen? Er kriegt vielleicht die Mädchen, aber er kann sie nicht mal aufs Eis bringen, weil er keine Leih-Ausrüstungen usw. hat. Deswegen sind Projekte wie ENZO (Eishockey Nachwuchs Zentrum Ost, Anm.), das sich jetzt schon über ganz Österreich erstreckt, extrem wichtig. Dort sind nämlich alle involviert: Der Landesverband, der österreichische Verband in irgendeiner Form, du hast aber auch die Vereine und Schulen vor Ort. Und wenn jeder was tut, dann klappt es. Und wenn nicht, dann spielen wir noch im Jahr 2050 Pingpong.
"Der Wunsch ist ja auch, eine Liga analog der ICE zu haben, wo wir auch in Verhandlungen sind."
LAOLA1: Wünscht sich der Verband, dass jeder österreichische Klub der win2day ICE Hockey League auch einen Frauen-Verein hat. Ähnlich dem Modell im Fußball?
Kogler: Der Wunsch ist natürlich da, aber wir können nicht entsprechend bei den Vereinen eingreifen. Wir hatten diese Diskussion schon mit win2day (Hauptsponsor des ÖEHV, Anm.). Der Wunsch ist ja auch, eine Liga analog der ICE zu haben, wo wir auch in Verhandlungen sind. Aber wir können nicht irgendeinen Schritt schneller machen, wie den anderen. Was wir auf keinen Fall tun dürfen, ist, die bestehenden Dinge zu zerstören. Wir haben die europäische Women's Hockey League (EWHL, Anm.), die international geführt wird und als eine der Top-3-Ligen Europas gesehen wird. Natürlich bedingt durch die KHL, die aktuell jeder vergisst, sonst wären wir unter den Top 4. Nichtsdestotrotz wird sie als eine der Top-3-Ligen gesehen, die kann ich nicht für ein neues Projekt zerstören und hoffen, dass es gut geht. Wenn, muss es einfach ein Prozess sein. An einigen Orten sehen wir es bereits: In Salzburg wird zwischen Red Bull und den DEC Salzburg Eagles verhandelt. Wir haben die KAC-Frauen, die in der DEBL, der zweiten Leistungsebene, kämpfen. Da wird noch viel aufgebaut, aber die haben dafür 40 Mädchen. Es gibt in Linz einen Verein, der halbwegs gut zusammenarbeitet, in Villach die Ladyhawks, die auch mit dem VSV verbunden sind. Es kommt also sukzessive, man muss einfach die Geduld haben und noch ein bisschen abwarten, wie sich alles weiterentwickelt.
LAOLA1: In Nordamerika wurde kürzlich die Professional Women's Hockey League (PWHL, Anm.) neu gegründet. Hat diese einen Effekt auf Europa?
Kogler: Nicht unbedingt. Es ist schön, dass es sie gibt. Wir freuen uns auch, dass wir eine Spielerin (Theresa Schafzahl, Anm.) dort haben und hoffen, dass wir sie im Gegensatz zur letzten WM, als sie verletzt fehlte, wieder dabei haben. Aber es ist nicht so, dass die PWHL uns Spielerinnen zu sehr wegnimmt und umgekehrt auch nicht, dass sie uns einen großen Push gibt. Wenn sie es schafft, sich analog zur NHL zu etablieren und in den Medien viel präsenter ist, dann ist es hilfreich. Alles, was dich sichtbarer macht, bringt dich einfach weiter und bringt mehr Power.
LAOLA1: Können Sie nachvollziehen, warum das Frauen-Eishockey im Vergleich zum Frauen-Fußball, der immer Aufmerksamkeit erhält, kaum in der Öffentlichkeit steht?
Kogler: Ich würde sagen, es ist einfach nur eine Frage der Zeit. Man sieht es beim Frauen-Fußball in Deutschland oder anderen Ländern. Vor ein paar Jahren hast du nichts davon gehört, jetzt spielen sie in großen Stadien, vor tausenden Zuschauern, werden live in der ARD übertragen. Es muss sich einfach entsprechend entwickeln. Natürlich wäre unser Wunsch, so viel Aufmerksamkeit wie möglich – wir wären blöd, wenn wir das nicht wollen würden. Aber auf der anderen Seite müssen wir diesbezüglich auch Geduld haben. Wenn ich die Spiele in China anschaue, die dort auch übertragen worden sind und wo viele Journalisten vor Ort waren, die sind ja attraktiv. Ich muss einfach wissen, wenn ich eine Frauen-Mannschaft habe, bei der das Durchschnittsgewicht bei 70 Kilogramm liegt, und die Männer 30 Kilogramm mehr und eine ganz andere Muskelmasse zur Verfügung haben, dass es auch ein anderes Spiel ist. Wenn ich das weiß, kann ich mich auch darauf einstellen – dafür ist das Spiel teilweise flüssiger. Es ist ja auch nur ein Mythos, dass es keinen Körperkontakt gibt. Daran müssen sich gewisse Zuschauer erst gewöhnen. Wenn ich Frauen- und Männer-Tennis, Frauen- und Männer-Fußball vergleiche – das ist einfach anders, das muss ich so annehmen. Wenn die Fans das tun, sind wir auf einem guten Weg. Und ich fühle momentan auch, dass wir auf einem guten Weg sind.