Die längste Vorbereitung aller Zeiten oder die längste Serie an Freundschaftsspielen? Österreichs Eishockey-Nationalteam bestreitet in den nächsten Wochen gleich 13 Spiele, ohne eine Weltmeisterschaft zu bestreiten.
Teamchef Roger Bader sieht diese Spiele schon als Vorbereitung für die Olympia-Qualifikation Ende August in Bratislava: "Jeder Spieler kann sich in den nächsten Wochen in die Auslage stellen."
Für den 56-jährigen Schweizer und seine Mannen ist das derzeitige Trainingslager in Wien die erste Zusammenkunft seit dem Österreich-Cup im Februar 2020. Seit damals schwappte die Corona-Pandemie alle Planungen über Bord.
Die Spiele gegen die Slowakei (zweimal auswärts) und Tschechien (Wien und auswärts) waren aufgrund längerfristiger Verträge vorgegeben.
Dazu kommen noch zwei Partien in Bozen gegen A-WM-Team Italien sowie die beiden Auftakt-Spiele diese Woche: Ungarn veranstaltet in Budapest ein Miniturnier, wobei Österreich heute Donnerstag (20:40 Uhr im LAOLA1-LIVE-STREAM) auf die Gastgeber und am Freitag (17:00 Uhr) auf die Auswahl aus Weißrussland trifft.
Mitte Mai folgt dann in Ljubljana mit dem "Beat Covid-19"-Turnier ein Art Ersatz-B-WM, aus der sich nur Ungarn (von Rumänien ersetzt) ausgeklinkt hat.
Wie immer zu dieser Jahreszeit ist die Vorbereitung gestaffelt, noch fehlen (bis auf jüngere Ausnahmen) die Cracks von Salzburg, Wien sowie natürlich ICE-Finalist KAC.
Die derzeitige Truppe weist nicht unerwartet einen Altersdurchschnitt von 23 Jahren auf, Bader zeigt sich von den Trainingsleistungen angetan: "Hohes Tempo, jeder ist mit Herz dabei."
Wie teilt sich der Kader für die Budapest-Spiele auf?
Junge Goalies
Felix Nussbacher (1999), Ali Schmidt (2000) und Sebastian Wraneschitz (2002). Alle drei mit limitierter ICE-Erfahrung, aber heuer doch mit erfreulichen Fortschritten. Anzunehmen, dass sich Nussbacher und Schmidt die Spiele teilen.
Routiniers
Peter Schneider, dessen Saison mit Kometa Brno im Viertelfinale endete. Dominic Zwerger, mit Ambri in den Playoffs nicht dabei. Martin Ulmer, der einzige in den 80er-Jahren geborene Crack. Patrick Spannring, zuletzt in der zweiten Schweizer Liga etwas aus dem Blickfeld geraten, zuvor aber in seiner Rolle als Checker immer gut einschätzbar.
Schneider, dessen sehr gute Anfangsform in Brünn durch eine Verletzung gestoppt wurde, wird auch Kapitän sein. Er gehört mittlerweile zu den Cracks wie Bernhard Starkbaum, Manuel Ganahl, Thomas Raffl und einigen weiteren, die jeder Teameinladung folgen.
ICE-Stammspieler
Erik Kirchschläger, einer der wenigen positiven Aspekte einer verkorksten Grazer Saison. Gerd Kragl, in Linz heuer in den Top-6 etabliert. Ramon Schnetzer, in Dornbirn ein solider Tiefen-Defender und auf Vereinssuche. Stefan Gaffal, der in Linz wieder einmal durch eine Verletzung ausgebremst wurde. Felix Maxa, Defensivcenter und PK-Spezialist in Villach.
Julian Pusnik, der eine ähnliche Rolle in Linz einnimmt. Nico Brunner, Springer zwischen Defensive und Offensive in Villach. Alles solide, aber keineswegs herausragende ICE-Cracks. Ähnliches, vielleicht eine Schublade tiefer, gilt für Lukas Kainz (Graz), Bandenhobel Sam Antonitsch (Dornbirn) und Daniel Jakubitzka (wechselt von Salzburg nach Innsbruck).
Jung und interessant
Um ehrlich zu sein: Diese Cracks (von den Goalies abgesehen) sind seit Jahren aus der Liga bekannt, große Überraschungen bezüglich ihres Leistungsniveaus sind nicht zu erwarten. Was diese Spiele reizvoll machen kann, sind jüngere Cracks, die in der ICE weniger zum Einsatz kommen bzw. im Ausland spielen. Natürlich bleiben nicht alle von ihnen bis Mai dabei, sie weisen aber mehr Potential als einige der älteren Jahrgänge auf.
Luis Lindner: Der eisläuferisch starke Defender spielte heuer nur für das österreichische U20-Team. Sonst trainierte er beim VSV mit, wollte sich mit Profieinsätzen seine College-Unschuld nicht zerstören. Seine nächsten vier Jahre wird er beim American International College in Springfield, Massachusetts, verbringen. Er gehört zu den interessanteren rot-weiß-roten Defenderhoffnungen, wurde in der Salzburger Akademie vom Stürmer zum Verteidiger umgeschult.
David Maier: Nach seiner Rückkehr aus der OHL beim KAC zunächst in der Ersten mit dabei, bevor Coach Petri Matikainen auf ältere und weniger risikobehaftete Defender setzte. Hat brauchbare Offensivanlagen und PP-Fähigkeiten, muss aber im Zweikampfverhalten zulegen.
Kilian Zündel: Zeitweise in Salzburg sechster oder siebenter Defender, ehe die Roten Bullen zur Transfer-Deadline zwei neue Import-Verteidiger verpflichteten. Trotz nur durchschnittlicher Größe mit relativ gutem physischen Spiel und einem brauchbaren Schuss. Sollte nächste Saison Stammspieler sein.
Tim Harnisch: In Salzburg am Saisonende mit dabei. Eisläuferisch stark, kann Offensive kreieren, aber nicht immer mit guter Übersicht und auf engem Eis nicht so gut wie im Transition-Spiel. Fällt wie Zündel und Lindner als 2001er aus dem ÖEHV-Nachwuchs raus.
Paul Huber: Stammspieler in Salzburg. Im Gegensatz zu Harnisch körperlich stark, spielt seine Rolle ums Tor herum mit Gusto. Könnte ICE-Scorer werden.
Simeon Schwinger: Als 97er ein älterer Neuling. In Dornbirn mit Breakout-Saison, konnte seinen Speed auch in Punkte umwandeln. Wie präsentiert sich der Doppelstaatsbürger (Schweiz-Österreich) auf internationalem Eis?
Lucas Thaler: Seine Saison in Mora endete mit dem Abbruch der schwedischen Juniorenligen. Der VSV-Nachwuchscrack spielte danach im Farmteam von Salzburg. Kann Center und Winger spielen. Kann er hier schon ein Faktor sein? Im Nachwuchsnationalteam gut, aber nicht herausragend.
Leon Wallner: Auch seine Saison bei Södertälje heuer verkürzt. Wie Thaler ein 02er, daher noch ein Jahr nachwuchsberechtigt. Grundsätzlich entlang der Bande und in Zweikämpfen stark, dazu mit etwas Scorerpotential. U20-A-WM war ihm wie Thaler zu hoch. Auch er kann Center und Winger spielen.