news

Höhen & Tiefen: Österreichs Eishockey-U20 in der WM-Analyse

Am Ende steht ein vierter Rang für die Truppe von Coach Philipp Pinter. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller blickt auf das Turnier zurück:

Höhen & Tiefen: Österreichs Eishockey-U20 in der WM-Analyse Foto: © GEPA

Die B-WM ist für Österreichs Eishockey-U20 geschlagen. Drei Siege aus den fünf absolvierten Spielen stehen zu Buche.

So sollte es am Ende ein durchschnittliches Turnier werden: Österreich beendete die U20-B-WM als Vierter, sowohl der Auf- als auch der Abstieg waren kein Thema.

Ein Blick auf die Resultate und Einzelleistungen des Turniers in Budapest.

Die Endtabelle

Kasachstan stand schon vor dem letzten Turnierspiel als Aufsteiger fest, dahinter fanden sich, nach den Siegen gegen Österreich, Frankreich und Dänemark ein. Das ÖEHV-Team lag mit acht Punkten weit vor Ungarn (4) und Absteiger Japan (2).

Der Turnierverlauf

Der 5:2-Auftaktsieg gegen Japan gelang souverän. Das 3:2 gegen Ungarn war ein völlig ausgeglichenes Spiel, das Gregor Biber mit seinem Last-Minute-Treffer entschied. Damit waren alle Abstiegsängste vergessen, das Team konnte nach oben schauen. Sowohl beim 3:4 gegen Dänemark als auch beim 4:7 gegen Frankreich erwiesen sich Drei-Tore-Rückstände trotz engagierter Aufholjagden als zu hoch. Im letzten Spiel gelang dann in einem wilden Spiel noch ein 7:6-Sieg nach Penaltyschießen gegen Kasachstan als versöhnlicher Abschluss.

Ein desaströses Penalty Killing (knapp 53 %) erwies sich als Riesenmanko, auch das Powerplay (13,33 Prozent) hatte Luft nach oben. Die Special Teams verhinderten ein besseres Abschneiden, bei 5-5 lagen nur zwei Spieler (Tobias Piuk und Florian Lanzinger) im Minus.

22 erzielte Tore waren der Höchstwert im Turnier, das Scoring by Committee funktionierte überraschend gut. Die 21 Gegentore wurden allerdings nur von Absteiger Japan überboten.

Headcoach Philipp Pinter zum Turnier: "Der Charakter des Teams war 1A, wir haben uns auch bei großen Rückständen nicht hängen lassen. Einige individuelle Fehler haben leider ein besseres Abschneiden verhindert."

Das Mannschaftsbild

Die Truppe um die Coach-Troika Pinter, Patrick Harand und Paul Ullrich agierte dem Potenzial entsprechend. Durch die Absenzen von Marco Kasper, David Reinbacher und Vinzenz Rohrer fehlten drei herausragende Einzelkönner, schon einer oder zwei von ihnen hätten das Team auf ein höheres Niveau heben können.

Nicht zu vergessen: Dieses Team ist das des ältesten Jahrgangs 2004, der vor zwei Jahren als U18 (damals noch mit Reinbacher) fast in die Viertklassigkeit abgestiegen wäre. So schlecht wie damals (14 Spieler des Budapest-Aufgebots spielten auch in Asiago) war die Truppe nie, allerdings fehlt es schon an herausragenden Leistungsträgern. Der Teamgeist war gut, auch war der Leistungsunterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Crack nicht immens groß.

Insgesamt sollten die Jahrgänge 04/05 einige Spieler herausbringen, die in der ICE vorbeischauen oder sich dort länger halten können. Bei den meisten von ihnen dürfte aber eine Rolle in der vierten Linie oder im dritten Verteidigerpaar das höchste der Gefühle sein.

Die Einzelleistungen

Ian Scherzer war die schnittigste Offensivwaffe, in Zweikämpfen mit Behauptungswillen dazu schnellen Reaktionen um das Tor herum. Je weniger er das Spiel alleine an sich reißen will, desto effektiver agiert der Villacher, der die US-College-Route (Miami University) anstrebt. An seiner Seite warf sich Luca Auer (Salzburg) öfters in den Verkehr vors Tor, blieb selbst aber glücklos. Beim smarten Center Jonas Dobnig bleibt abzuwarten, wo er nach dem Ende seiner Juniorenzeit spielen wird. Von Florian Lanzinger – wie Auer schon mit ICE-Erfahrung - wäre etwas mehr Offensive zu erwarten gewesen, die Salzburger David Cernik und Max Wurzer agierten hier auffälliger, wobei Cerniks Schüsse aus der Distanz so nicht auf Seniorenniveau übertragbar sind.

Positivste Überraschung des Teams: Luca Erne machte sich mit fünf Punkten zum Top-Scorer, der Pioneers-Part-Timer ist eigentlich ein konvertierter Defender, fiel auch vom Skaten her positiv auf. Das andere Redwood an seiner Seite, Jakob Lippitsch, kann schießen und arbeitet hart, sein Eislaufen ist aber weiter eine Schwachstelle.

Trotz der vielen Gegentore zeigten einige Defender ihr Potenzial. Gregor Biber – als 2006er der jüngste Blueliner – kam sogar im ersten PP zum Einsatz, der eine oder andere Scout war von ihm angetan ("Groß, bewegt sich gut, spielt smart"). Etwas mehr Feuer und Grundaggressivität täten dem Niederösterreicher, den es über den KAC nach Rögle zog, aber gut. Thomas Klassek sollte beim KAC früher oder später eine ähnliche Rolle wie Tobias Sablattnig einnehmen können, Patrick Söllinger und Maximilian Kirchebner in Linz bzw. Salzburg auch mit der Zeit (wieder) in die Erste schnuppern können. Sie alle bringen brauchbare Physis mit sich, etwas was man über Paul Reiner nicht sagen kann: Der Grazer kann aber die Scheibe transportieren und im Powerplay verteilen. Kann er sich in Richtung eines Dominique Heinrich-Typs entwickeln?

Leider unter den Erwartungen: Goalie Benedikt Oschgan. Zu Beginn noch okay, allerdings da auch schon mit kleinen Fragezeichen, gegen Dänemark und Frankreich aber mit viel zu wenig Quality Saves und beide Male ausgewechselt. Der eine oder andere Puck ging durch seinen Körper, dazu schien er vor allem auf der Blocker-Seite sehr verwundbar. Oschgan, der in der AlpsHL genügend Spielpraxis sammeln kann, ist grundsätzlich ein technisch solider Goalie, aber wie groß ist sein athletisches Potenzial und wie schnell seine Reflexe, die ihm wichtige Saves ermöglichen?

Linz-Kollege Martin Reder löste Oschgan während der Spiele gegen Dänemark und Frankreich ab, der riesengroße Goalie scheiterte aber bei der Aufholjagd gegen die Franzosen an der Aufgabe, wenigstens die vereinzelten Gegenstöße abzuwehren. Pinter verzichtete dann auch im Spiel gegen Kasachstan trotz des Torregens auf einen abermaligen Wechsel.

Die Goalieposition war bezeichnend für das Abschneiden der Österreicher: Japan und Ungarn hatten schwächere Torsteher, die Spitzenteams – hier vor allem Aufsteiger Kasachstan mit dem baumlangen Seattle-Pick Vladimir Nikitin – waren dagegen weit besser aufgestellt. Allerdings war auch die Bereitschaft des Teams zum Schüsseblocken nicht gerade ausgeprägt, was auch die katastrophale PK-Quote erklärt.

Die Zukunft

Elf Spieler scheiden als 04er aus, auch Kasper, Reinbacher und Rohrer sind aus Altersgründen nicht einmal theoretisch noch eine Möglichkeit. Biber, Reiner und Center Johannes Neumann werden als 06er bei der U18-B-WM im April in Frederikshavn mit dabei sein, dazu kommen acht 05er (beide Goalies, Kirchebner, Klassek, Defender Alexander Rebernig, Lam, Lanzinger und Scherzer), die auch die nächste WM noch bestreiten können.

Solange Russland und Belarus nicht mit von der Partie sind, ist der Platz unter den Top-16 um einiges leichter zu erreichen als sonst. Die beiden Teams hätten etwa Ungarn und Japan aus der B-Gruppe verdrängt, Österreichs vierter Platz wäre dann mit dem sechsten und letzten gleichzusetzen. Die Gefahr der Relegation wird – wie bei den Erwachsenen – immer größer sein als die Chance eines Aufstiegs, der für Österreich bestenfalls alle zehn Jahre zum Thema wird.


Kommentare