"Jetzt muss ich die Journalisten erst einmal bremsen."
Roger Bader ist sich bewusst, was er mit seinem Team in einem Land wie Österreich, in dem das Stimmungsbarometer relativ schnell von einem Extrem ins andere ausschlagen kann, durch den Turnier-Sieg in Graz ausgelöst hat.
Doch der akribische Schweizer weiß die drei Siege über A-Nationen richtig einzuschätzen.
„Das ist nur ein Teil der Entwicklung, die im November eingeleitet worden ist. Für die Weltmeisterschaft bedeutet das nicht viel, weil dort wieder eine völlig andere Ausgangslage herrscht“, steigt Bader nach dem 3:1-Sieg über Frankreich auf die Euphoriebremse.
Die Highlights vom 3:1 über Frankreich:
Riesen-Stimmung in der Mannschaft
Doch etwas Euphorie ist definitiv angebracht. Denn selten in den letzten Jahren hat es die österreichische Eishockey-Nationalmannschaft derart gut geschafft, durch Einsatz und Herz eine Leistung aufs Eis zu zaubern, die die Fans von den Sitzen reißt und zudem erfolgreich ist.
„Wir haben eine super Mannschaft und einen super Charakter. Alle haben sich voll reingehaut und das hat uns ausgemacht“, bringt es Thomas Hundertpfund, der in Graz das Kapitänsamt übernommen hat, auf den Punkt.
Vor allem die hervorragende Stimmung in der Kabine und der Zusammenhalt innerhalb des Teams sind Komponenten, die in den Tagen in Graz von allen Seiten immer wieder betont werden.
„In der Mannschaft herrscht eine Riesen-Stimmung. Sie haben einen tollen Spirit, sie freuen sich miteinander spielen zu dürfen und das haben sie auch rübergebracht“, hebt dies auch der Teamchef zum Abschluss des Turniers noch einmal hervor.
"Kandidatenkreis hat sich erweitert"
Beflügelt durch die gute Stimmung wurde an allen drei Tagen eine Top-Performance abgeliefert. Vor allem die Defensiv-Leistung inklusive der drei Torleute war hervorragend.
„Dass Bernhard Starkbaum ein guter Torhüter ist, wusste man schon vorher. David Kickert hat auch im November schon gut gespielt und ein Shutout gemacht. Und mit Lukas Herzog hat nun ein neuer Torhüter auf sich aufmerksam gemacht“, ist Bader mit seinen Schlussmännern vollends zufrieden.
Gerade auch der junge VSV-Goalie Herzog steht als Debütant stellvertretend für viele seiner Vorderleute, die aufgrund der Absagen von arrivierten Cracks ihre Chancen bekommen und auch genützt haben.
„Viele Spieler haben hier eine gute Visitenkarte abgegeben. Der Kandidatenkreis hat sich erweitert“, spricht der 52-Jährige das Luxusproblem an, das ihn hinsichtlich der Kaderzusammenstellung für die B-WM in Kiew erwartet.
Komplett auf routinierte Spieler verzichten werde man in der Ukraine aber dennoch freilich nicht.
Harmonie beim Vorarlberger-Trio
Einer dieser routinierten Spieler ist 99ers-Stürmer Daniel Woger, der in seiner Heimstätte mit drei Treffern in ebenso vielen Partien zu Höchstform aufgelaufen ist.
„Ich versuche immer mein Bestes, um mich aufzudrängen und dem Trainer zu zeigen, dass er mich mitnehmen soll. Mehr kann ich nicht machen, denn der Rest ist dann seine Entscheidung“, lehnt sich der Vorarlberger bezüglich einer möglichen WM-Teilnahme trotz seiner Leistung noch nicht allzu weit aus dem Fenster
Ein Indiz dafür, dass Woger nach 2015 zum zweiten Mal für Österreich bei einer Weltmeisterschaft auflaufen könnte, gibt es allerdings.
Seine Sturmlinie mit seinen Landsleuten Manuel Ganahl und Raphael Herburger war die einzige, die der Headcoach im Laufe des Turniers nicht verändert hat.
Darauf angesprochen meint Bader, dass bis Kiew natürlich noch viel Zeit sei, allerdings „ergänzen sich die drei gut und sie könnten tatsächlich eine mögliche Linie bei der WM sein.“
Denken in Olympischen Zyklen
Doch egal ob mit oder ohne dem Trio Ganahl-Herburger-Woger als Linie, die Erwartungshaltung für die B-WM ist durch den ersten Platz in Graz sicher nicht kleiner geworden.
„Das ist ein ganz anderes Turnier, da geht es dann um die Wurst. Da müssen wir zeigen, wie gut wir wirklich spielen können, wenn es um den Aufstieg geht“, bläst Hundertpfund hinsichtlich der Weltmeisterschaft aber noch in ein ähnlich zurückhaltendes Horn wie sein Trainer.
Diesem geht es aber vorrangig ohnehin darum, einen langfristigen Erfolgsweg zu eben. „Man muss im Bereich Nationalteam in Olympischen Zyklen denken. Wir wollen eine Mannschaft aufbauen, die die nächste Olympia-Qualifikation in dreieinhalb Jahren schafft.“
Und spätestens dann wäre die ausgebrochene Euphorie vermutlich nicht mehr zu bremsen.