Wieder nichts! Österreichs U18-Auswahl verpasst den Aufstieg aus der Division 1B. Trotz der zwölf Punkte aus den fünf Spielen bleibt der ÖEHV-Nachwuchs weiter in der dritten Leistungsstufe hängen.
44 Sekunden entschieden über das Schicksal Österreichs bei der WM in Kiew. Nach dem 2:1-Auftakt-Erfolg gegen Italien hatte das zweite Spiel gegen Gastgeber Ukraine bereits vorentscheidenden Charakter. Die Auswahl von Coach Andreas Brucker führte, hatte alles im Griff, ehe es kam, wie es kommen musste.
Der Ausgleichstreffer der Ukraine fiel nach 56:02 Minuten äußerst unglücklich für das ÖEHV-Team: Von einem österreichischen Schlittschuh sprang der Puck genau so, dass Defender Babchuk aus vollem Lauf einen Slapshot anbringen konnte. Morozov vollierte aus Nahdistanz ein – ein Kunstschuss, der wohl nur ein von hundert Mal gelingt.
Noch war nichts passiert, da die Ukraine am Tag zuvor gegen Japan mit 0:1 verloren hatte.
Doch nach dem Ausgleich breitete sich im ÖEHV-Team sofort Panik aus, der folgende Shift war ziemlich chaotisch, Defender Peter Sivec dann mit einem schwachen Klärungsversuch auf Krivoshapkin, der Schmidt nach 56:46 Minuten mit einem haltbaren Schuss bezwingt - 44 Sekunden auf dem Weg vom Himmel in die Hölle, das Empty-Net-Goal danach nur noch Draufgabe.
Nach diesem 3:5 war wieder einmal Hoffen auf Schützenhilfe angesagt – wer wie ich Dutzende solcher Turniere erlebt hat, ahnte schon: Das wird nichts mehr. Die Ukraine gewann dann auch - mit einigem Glück - ihre restlichen Spiele und entschied das Turnier dank des direkten Vergleichs für sich.
ÖEHV-Auswahl defensiv stark
Österreichs U18 präsentierte sich so, wie ich es in meiner Vorschau vorausgesehen hatte: Defensiv stark (außer dem Ukraine-Spiel nur zwei Gegentreffer in vier Partien), offensiv von wenigen Spitzenkräften abhängig, die zwar regelmäßig scorten, aber halt auch gerade im Spiel gegen die Ukraine viele Chancen zur Vorentscheidung liegenließen.
So fuhr etwa Marco Rossi einmal mit dem Puck am Stock um Zentimeter an der falschen Seite des Pfostens vorbei. Goalie Ali Schmidt hatte leider gerade im Schlüsselspiel einen rabenschwarzen Tag. Marvin Kortin, der danach übernahm, war in der Folge - gegen allerdings schwächere Gegner - fast unbezwingbar.
Bei allem Pech: Der ÖEHV in Person von Sportdirektor Roger Bader wäre gut beraten, dieses Turnier nochmals aufzuarbeiten. Denn mit den starken Jahrgängen 2000 und 2001 zweimal hintereinander am Aufstieg zu scheitern (im Vorjahr gegen Slowenien), ist ein herber Rückschlag für das österreichische Nachwuchs-Eishockey.
Ich weiß schon, außer an den Spieler-Eltern und einer Handvoll von Interessierten gehen solche Turniere an der Öffentlichkeit völlig vorüber, das macht das Ganze aber nicht besser, vor allem wenn man die Baderschen Ziele, sich an die Top-12 der Welt anzunähern, kennt.
Dem U20-Team reichten heuer lediglich drei Punkte, um die B-Gruppe zu halten, das U18-Team dagegen steht auch im nächsten Jahr wieder auf einer Stufe mit Teams wie Japan, Italien oder Großbritannien, dazu kommen noch unsere alten Freunde aus Slowenien und Ungarn. Insgesamt wahrlich kein gutes Jahr für den österreichischen Nachwuchs.
Was gibt es nach dem Turnier zu besprechen?
Wie bei Kasachstan anläßlich der U20-WM gab auch der ukrainische Coach seinen besten Pferden hart die Sporen. Weiß Gott, man braucht nicht wie der Gastgeber das Turnier mit drei Blöcken durchspielen, aber ein bisschen mehr Bench Management wäre schon angebracht gewesen.
Grundsätzlich kam fast die gesamte Offensive durch die beiden Top-Center Benjamin Baumgartner und Marco Rossi (der gar nicht sein bestes Turnier spielte) zustande.
Baumgartner wurde mehr zum Playmaker und hob seinen Flügel Benjamin Lanzinger noch auf ein höheres Niveau. Daneben und dahinter kam halt sehr wenig Offensive, für mich nach den Ausfällen von Tim Harnisch und Fabian Hochegger nicht überraschend, aber doch aufgrund der Stärke der beiden Jahrgänge enttäuschend.
Mehr Eiszeit für die beiden Top-Blöcke (standen bei 15 der 20 Turnier-Treffer am Eis) hätte das Ukraine-Spiel in eine andere Richtung lenken können, ein Entscheidungs-Spiel kann eben schon am zweiten und nicht erst am letzten Spieltag stattfinden.
Überhaupt muss das Waldorf-Denken im österreichischen Nachwuchs überdacht werden – was mit drei U14-Regionalteams mit vielen fragwürdigen Spielern beginnt und sich danach über Nationalteam-Aufgebote für selbst in der Liga schwache Cracks fortsetzt, endet dann eben mit paritätisch verteilter Eiszeit bei Weltmeisterschaften.
Sich selbst größere Tiefe oder Qualität als vorhanden vorzugaukeln, hilft weder den schwachen noch den Spitzenspielern.
Wenn die Bauern vom Rathaus kommen, sind sie immer schlauer – doch bei einem kurzen Turnier wie diesem können halt fragwürdige Lineups oder Special Teams das Pendel in die falsche Richtung ausschlagen lassen.
Absurde Ideen in Spiel 1 und 2
Ab dem dritten Spiel ging ich mit Brucker und seinen Assistenten Gerd Gruber und Marco Pewal auch durchaus d'accord, aber was sollte zuvor die absurde Idee mit Defender Sivec im Powerplay vor dem gegnerischen Tor? Dafür erhielt im Gegenzug zur U20-WM Verteidiger Thimo Nickl anfangs keine Powerplay-Eiszeit – die Korrektur erfolgte eben ein Spiel zu spät. Und VSV-Angreifer Benedikt Wohlfahrt ist zwar wie viele seiner Mitspieler kein Scorer, hätte sich aufgrund seines Speeds aber schon von Anfang an einen Top-6-Spot verdient.
In den letzten 30 Jahren hat mich kaum ein Turnier – in Verbindung mit dem vorjährigen zweiten Platz in Bled – so deprimiert zurückgelassen wie dieses: Wenn selbst zwei gute Jahrgänge nicht zum Verlassen des C-Kellers reichen, ist unser Eishockey noch dünner aufgestellt als ich geglaubt habe.
Spieler wie Baumgartner, Rossi, Nickl, Lanzinger, Julian Payr (großartige Stickchecks, in seiner Offensive - ab und zu noch etwas nervös) oder David Maier (für mich überraschend zum besten Defender des Turniers gekürt) müssen in den nächsten beiden Jahren beweisen, dass sie als Leistungsträger die U20 in der B-Gruppe halten und so wenigstens für ein wenig Relevanz im internationalen Eishockey sorgen können.
Sieben Cracks des aktuellen Teams (neben Rossi und Nickl die beiden Defender Jacob Pfeffer und Kilian Zündel sowie die Angreifer Artem Kandemir, Luis Lindner sowie der einzige 2002er im Aufgebot, Neo-Schweden-Legionär Lucas Thaler) sind auch im nächsten Jahr noch für das U18-Team spielberechtigt und können Versäumtes nachholen.
Im Gegensatz zu Slowenien und der Ukraine, die jeweils den Heimvorteil zum Aufstieg nutzten, dürfte das für 2018 abgelehnte Ansuchen des ÖEHV mit St. Pölten wohl wieder das letzte für Jahre gewesen sein.
So wunderschön sich Kiew als Stadt präsentierte und so liebevoll die Veranstalter das Turnier im fast überdimensionierten Sport-Palast auch veranstalteten: Für Österreich war die Ukraine nur sehr bedingt eine Reise wert. Selbst vier Siege in fünf Spielen nagelten das U18-Team auf Platz 18 der Weltrangliste fest, weit entfernt von Teams wie Frankreich, Dänemark, Norwegen oder Deutschland und vom selbst ausgerufenen Anspruch...