Österreichs Eishockey hat wahrlich schon einfachere Zeiten erlebt.
Nach den Schlagzeilen um die finanziellen Probleme im Verband sowie der Hallen-Thematik rund um die Länderspiele in Wien gegen Lettland macht nun inmitten der WM-Vorbereitung die Meldung die Runde, wonach ein "Riesenkrach" drohe.
Die "Salzburger Nachrichten" berichteten, dass "die Hälfte der Salzburger Teamspieler die bevorstehende Eishockey-WM in Stockholm auslassen und das heimische Nationalteam damit de facto boykottieren" werde. Unter anderem Benjamin Nissner und Mario Huber wurden namentlich angeführt.
Auslöser dafür soll die Unzufriedenheit mit Roger Bader sein, von einem "direkten Angriff" auf den Teamchef ist die Rede. Der Schweizer sei "vielen ein Dorn im Auge", "seine Art und Taktik" würden hinter vorgehaltener Hand kritisiert werden.
Völlig konträres Stimmungsbild
LAOLA1 hat sich - nicht zum ersten Mal - im Umfeld des Nationalteams umgehört und bekam ein völlig konträres Stimmungsbild gezeichnet.
Es ist eigentlich kein Geheimnis, dass die Spieler gerne zu den Lehrgängen kommen. Natürlich "menschelt" es auch einmal im Team, eckt man gegenseitig an - doch das ist in etlichen Bereichen des Lebens nicht anders. Die Spieler und der Teamchef führen gewissermaßen eine "Teilzeit-Beziehung", in der es nicht immer rund laufen kann.
Bader und sein Trainerteam versuchen stets, den Spielern die nötigen Freiheiten zu gewähren, finden damit Anklang. Es wird Rücksicht auf Blessuren oder private Angelegenheiten genommen, der Schweizer führt mehrmals im Jahr Einzel-Gespräche mit den Akteuren, besucht sie bei ihren Klubs und ist der Erste, der ihnen eine Pause vergönnt.
Im Nationalteam werden keine Mühen gescheut, damit die Cracks sich wohlfühlen und, wie bei der WM letztes Jahr in Prag, entfalten können. Die in Tschechien erreichten Sensationen wären ohne ein funktionierendes Teamgefüge unmöglich gewesen.
"Besonders pikante" Situation um Tolvanen ist gar keine
Außerdem wird auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen - als Beispiel dient Atte Tolvanen, um den eine "besonders pikante" Situation herrschen soll. Der gebürtige Finne wurde vor wenigen Monaten erfolgreich eingebürgert, um das herrschende Tormann-Problem kurzfristig zu lösen.

Bei der WM wäre er freilich gesetzt, doch der Salzburg-Keeper erwartet gemeinsam mit seiner hochschwangeren Frau demnächst Nachwuchs. Daher lässt sich aktuell nicht abschätzen, ob, wann oder wie lange Tolvanen dem ÖEHV zur Verfügung stehen wird.
Sollte der dreifache Playoff-MVP der win2day ICE Hockey League dabei sein und im Verlauf der Endrunde wieder aus Stockholm abreisen müssen, gibt es bereits Pläne, um Tolvanen schnellstmöglich in den ersten Flieger gen Heimat zu bekommen, damit er bei der Geburt seines Kindes dabei sein kann.
Kein "Boykott" von Nissner, Huber und Wukovits
Dass Bader in Schweden auf Nissner und Huber verzichten muss, war ihm indes bekannt und beruht nicht auf einem "Boykott".
Das Duo habe ihm bereits "im Jänner und Februar persönlich gesagt, dass sie bei der WM aus privaten Gründen nicht dabei sein werden", sagte der 60-Jährige. Allen voran bei Huber steht die Familie im Vordergrund, der Tiroler wurde Mitte Oktober zum zweiten Mal Vater.
Beide sind freilich wichtige Stützen, langjährige Team-Mitglieder sind und werden Österreich schmerzlich fehlen. Dass Unstimmigkeiten mit dem Teamchef der Grund für ihre Absenz sein soll, mutet jedoch komisch an und kann sich auch der Schweizer selbst "nicht vorstellen."
"Und es gibt für mich keinen Grund, an den Worten der Spieler zu zweifeln."
Mit Ali Wukovits wird ein weiterer Salzburg-Spieler fehlen, der gebürtige Wiener trug aus den erfolgreichen Playoffs Blessuren davon. "Und es gibt für mich keinen Grund, an den Worten der Spieler zu zweifeln", so Bader.
Fünf von neun Salzburgern wieder dabei
Ihre Teilnahme fix zugesagt haben sollen unterdessen Peter Schneider, Kapitän Thomas Raffl, Lucas Thaler und Paul Stapelfeldt.
Torhüter David Kickert, der bereits im Team weilt, miteinberechnet, stehen Bader also fünf Salzburger Nationalteamspieler zur Verfügung.
Insgesamt neun Cracks des Serienmeisters waren letztes Jahr ein Teil der erfolgreichen Prager Truppe, wobei Paul Hubers Abgang nach Graz noch vor WM-Start offiziell wurde.
Lebler und Kasper widersprechen der These
Mit Brian Lebler kehrt wiederum eine "Persönlichkeit" ins Nationalteam zurück.
Der Kapitän der Black Wings Linz beendete nach der WM 2022 seine ÖEHV-Karriere, um sich auf die Familie zu konzentrieren. Nach mehreren Gesprächen mit Bader gibt Lebler sein Comeback und widerspricht der aufgestellten These, dass eine große Unzufriedenheit rund um den Teamchef herrsche.
Und Marco Kasper würde wohl auch nicht zum Nationalteam stoßen, wenn das Verhältnis zu Bader oder die Stimmung im Team schlecht wären.
Der Weg zum Klassenerhalt wird immer steiniger
Ein Jahr nach der erfolgreichsten WM seit langer Zeit kann von Euphorie jedenfalls längst keine Rede mehr sein.
Stattdessen wird dem ÖEHV-Team ein Stein nach dem anderen auf den ohnehin beschwerlichen Weg zum Klassenerhalt gelegt. Das Team muss - und wird - jetzt noch enger zusammenrücken, um den Unkenrufen zu trotzen und ähnliche Erfolge wie 2024 feiern zu können.
Die Aufgabe wird schwierig, aber nicht unmöglich.