Roger Bader hat einige tausend Kilometer hinter sich: Vergangene Woche war der ÖEHV-Teamchef in den USA, um den NHL-Legionären Thomas Vanek und Michael Grabner in New York auf die Schlägerschaufeln zu schauen.
Vor allem mit Thomas Vanek stand der erste persönliche Austausch vor einem wichtigen Jahr für das ÖEHV-Nationalteam mit dem Highlight der A-WM in Dänemark an. Der Routinier ist trotz einer längeren Teampause nach wie vor Thema.
Bernd Freimüller bat den Teamchef und Sportdirektor des österreichischen Eishockey-Verbandes nach dessen Rückkehr zum Interview.
LAOLA1: Wie haben sich Michael Grabner und Thomas Vanek am letzten Wochenende präsentiert?
Roger Bader: Michael Grabner sticht dir auch auf diesem Niveau mit seinem Speed sofort ins Auge. Er kann sich dadurch vom Gegner absetzen, findet freie Räume mit und ohne Scheibe und ist alleine dadurch schon eine fixe Größe, selbst wenn er keine Powerplay-Zeit bekommt. Thomas Vanek springt ein bisschen zwischen den Linien herum, kommt im zweiten Powerplay-Block zum Einsatz. Seine Stärken und Schwächen sind ja bekannt – er ist im Angriffsdrittel kreativ, spielt gute Pässe und ist im Abschluss immer gefährlich. Dass er nicht der Schnellste ist, ist auch nichts Neues.
LAOLA1: Was haben Ihre Gespräche mit Michael Grabner und Thomas Vanek ergeben?
Bader: Mit Michi habe ich ja schon im August ausgiebig gesprochen, diesmal haben wir uns nur kurz ausgetauscht. Aber es war mein erstes Gespräch mit Thomas Vanek und das war für mich einfach auch aus Respekt vor seiner Karriere ein Pflichtpunkt. Wir haben uns über zwei Stunden ausgetauscht, er hat mir vor allem seinen Standpunkt zum Nationalteam mitgeteilt.
LAOLA1: Wie sieht dieser aus?
Bader: Grundsätzlich steht er dem Team weiter gerne zur Verfügung und es hat ihn auch gefreut, dass der ÖEHV wieder den persönlichen Kontakt sucht. Aber natürlich gibt es einige Fragezeichen. Beendet er die Saison mit den Vancouver Canucks oder wird er getradet? Spielt er in den Playoffs oder nicht? Beendet er die Saison wieder als Free Agent? Dazu kommt auch, dass er erstmals in seiner Karriere alleine ist. Seine Familie ist in Minnesota geblieben, da seine Kinder dort in die Schule gehen.
LAOLA1: Rechnen Sie bei Verpassen der Playoffs mit den drei NHL-Legionären (Grabner, Vanek und Michael Raffl)? Und wie könnte man einen Thomas Vanek überhaupt in ein junges Team eingliedern, das sich vor allem über seinen Teamspeed definiert?
VIDEO - Die schönsten ÖEHV-Tore vom Österreich Cup:
(Interview wird unterhalb fortgesetzt)
Bader: Ich sehe es immer so: Grundsätzlich rechne ich aufgrund der vielen Unabwägbarkeiten nicht mit ihnen. Aber wenn sie dabei sind, ist das ein sehr angenehmer Bonus. Klar, Thomas hat schon lange nicht mehr im Team und auf dem großen Eis gespielt. Man müsste dann einfach versuchen, dass er seine Stärken vor allem im Powerplay einbringen kann. Man darf ihn aber nicht als Alleinunterhalter ansehen, der ein Team alleine auf seinen Schultern trägt und die Gegner nach Lust und Laune überlaufen kann.
LAOLA1: Zu Namen in der Heimat – da gibt es zwei „Neue“. Manuel Geier gibt nach langer Auszeit am Wochenende sein Comeback, Peter Schneider ist nach Jahren in der ECHL nach Österreich zurückgekehrt. Sind diese beiden ein Thema für die nächsten Länderspiele?
Bader: Bei Manuel freut es mich vor allem, dass er wieder gesund ist. Er hat ja die B-WM wegen diverser Blessuren abgesagt, das habe ich aber akzeptiert und mit ihm im Sommer auch schon gesprochen. Wenn er zu alter Stärke findet, ist er sicher wieder ein Thema. Peter Schneider behalte ich natürlich im Auge, dadurch, dass er wieder in Österreich spielt, kann ich ihn aus erster Hand beobachten. Für ihn gilt dasselbe wie für alle Spieler: Wer einen österreichischen Pass hat, ist automatisch ein Thema.
LAOLA1: Das nächste Turnier für das A-Team findet erst Mitte Februar statt. Ist da mit einem ganz anderen Kader als im November zu rechnen, sodass Sie sich einen noch größeren Überblick verschaffen können? Und haben Spieler, die etwa beide Turniere absagen, überhaupt noch eine Chance auf die A-WM?
Bader: Der Kader wird wohl eine Mischung aus dem in Innsbruck und einigen anderen Namen sein, die ich im November nicht einberufen habe, etwa die Spieler aus Salzburg. Natürlich haben diejenigen ein Vorteil, die ich mir aus nächster Nähe ansehen kann, alleine schon daher, weil ich weiß, wie sie unsere Spielidee umsetzen können. Aber die Tür ist nie zu: Letztes Jahr bei der B-WM war dann auch Patrick Spannring dabei, der erst kurz zuvor auf den Zug aufgesprungen ist.
LAOLA1: Während Sie in New York waren, ist Linz-Verteidiger Gerd Kragl, der beim Turnier in Innsbruck dabei war, wieder in der Alps Hockey League für Zell am See aufgelaufen. Wie sehr überrascht bzw. frustriert Sie so etwas?
VIDEO - Ein Team-Debütant trifft gleich beim ersten Einsatz:
(Interview wird unterhalb fortgesetzt)
Bader: Nun, es freut mich natürlich nicht, dass er in der EBEL nicht dabei ist, sonst wäre ich ja ein schlechter Nationalcoach. Ich kann nur sagen, dass Gerd Kragl fünf Länderspiele absolviert hat, und die alle gegen A-Gruppen-Gegner. Er war dabei immer solide und nie überfordert, daher ist für es für mich nur schwer verständlich, dass er für die EBEL nicht gut genug sein soll. Aber ich kann und werde nie Forderungen an Teams und Coaches stellen.
LAOLA1: Ihre nächste Aufgabe fällt wieder in den Bereich des Sportdirektors, nämlich die U20-WM in Frankreich. Welche Erwartungen hat der ÖEHV an dieses Team? Die Jahrgänge 1998 und 1999 werden allgemein als viel schwächer als die 1996er und 1997er angesehen.
Bader: Nun, wenn die 96er und 97er wirklich so überragend wären, müssten sie ja alle einen Stammplatz in der EBEL haben, nicht wahr? Aber zum heurigen U20-Team: Das Mindestziel ist natürlich der Klassenerhalt und das wird schon schwer. Letztes Jahr etwa stieg Norwegen in die C-Gruppe ab, das ist der beste Beweis. Wir waren zuletzt Zweite und Fünfte, beides waren aber ganz enge Turniere. Mit viel Glück könnten wir eine Medaille erreichen, aber zwei Siege, die wahrscheinlich zum Klassenerhalt reichen, müssen erst einmal eingefahren werden. Es sind auch einige ganz junge Spieler mit dabei, für die es die erste WM werden wird.
LAOLA1: Sie haben bei der U20 nach drei Jahren hinter der Bande Platz gemacht und an ein sehr junges Trainerteam übergeben. Was sind Ihre Erwartungen an Ihre Nachfolger und welche Rolle spielen Sie vor Ort?
Bader: Alexander Mellitzer war drei Jahre lang mein Co-Trainer, daher war es nur logisch, dass er mein Nachfolger wird. Er hat mein vollstes Vertrauen, ist kompetent und engagiert. Seine Assistenten, Philipp Pinter und Marco Pewal, sowie Goalie-Coach Jürgen Penker, sind Produkte unserer neugestalteten Trainerausbildung, es ist ebenso logisch, dass sie jetzt ihre Chance bekommen. Die Chemie zwischen diesem Quartett stimmt. Ich selbst bin bei der WM Teamleiter, kümmere mich eben um das Administrative. Ich stehe natürlich immer mit Rat und Tat zur Verfügung, wenn das gebraucht wird, bin aber kein Über-Trainer und halte meine Distanz. Die Verantwortung für das Turnier liegt bei den Coaches.
LAOLA1: Für die Öffentlichkeit weniger interessant, aber eine weitere Errungenschaft in Ihrer Ära: Parallel zur U20-WM gibt es erstmals Länderspiele einer U17-Auswahl (in Füssen gegen Deutschland, Anm.). Wie wichtig ist ein weiteres Nationalteam?
Bader: Ich habe ja schon öfters gesagt, dass wir uns Richtung der Top-12 im Nachwuchs orientieren wollen. Diese haben auch in dieser Altersklasse Auswahlmannschaften. Im Masterplan für unseren Nachwuchs war das immer enthalten, ich freue mich, dass das Budget das jetzt auch hergibt. Im Konkreten hilft ein solches Team natürlich auch dem U18-Coach bei der Kaderauswahl für heuer und die nächste Saison.