Mit Aufstiegsambitionen gestartet, dann als Vorletzter dem Abstieg entronnen: Die U18-Auswahl des ÖEHV agierte bei der 1B-WM in Asiago desolat.
1:2 gegen Italien, 1:4 gegen Slowenien, 0:4 gegen Ungarn und zum Abschluss ein 4:12-Debakel gegen die Ukraine. Dem gegenüber stand nur ein 5:2 gegen Polen, dem mit Abstand schwächsten Team und daher auch Absteiger.
Zum Verständnis: Es handelte sich hier um die C-Gruppe, also die Weltranglistenplätze 17-22. Keineswegs um die Top-Nationen der Welt, auch nicht Länder wie Dänemark, Norwegen oder Kasachstan, die ich vor kurzer Zeit erst bei der B-WM in Piestany gesehen habe und die im Vergleich dazu wie NHL-Teams aussahen.
Das letzte Mal, als Österreich ähnlich peinlich auftrat: Im Juni 2010, als das Team unter Martin Ulrich (sein erster und letzter Coaching Stint) hinter Südkorea und Japan landete, sogar aus den Top-22 purzelte.
Kindereishockey gegen Italien
Das erste Drittel im Auftaktspiel gegen Italien war noch von gutem Tempo und einigen Chancen geprägt. Was danach folgte, kann so zusammengefasst werden: Kindereishockey bei einem Juniorenturnier. Das Team wirkte, als ob es sich zum Morning Skate des Auftakttages das erste Mal getroffen hätte, agierte völlig zusammenhanglos.
Es reichte gelegentlich zu Soloversuchen, die wirkungslos verpufften. Die Stürmer kamen nie von der Seiten- oder Endbande weg, die Schüsse von dort – ohnehin schon wenig erfolgsversprechend – wiesen die Streuung eines alten Maschinengewehrs auf und hätten nicht einmal eine Glasscheibe zerbrochen.
Die Schussqualität – oder besser der Mangel daran – der österreichischen Eishockeyspieler ist altbekannt und zieht sich bis in das Senioren-Nationalteam.
Obwohl das Team auf dem Papier eisläuferisch entsprechen hätte sollen (nur der großgewachsene Jakob Lippitsch wies eklatanteste Mängel auf), bewegten sie ihre Beine viel zu wenig, "Stop and Start" waren Fremdworte.
Die Fläche im gegnerischen Slot hätten die Zamboni-Fahrer in den Drittelpausen gar nicht neu aufbereiten müssen, da sie von den österreichischen Forwards kaum betreten wurde.
Fehlende Spitzenkräfte keine Ausrede
In der Defensive konnten die gegnerischen Angreifer nie weggehalten werden. Allerdings: Viele Schüsse – vor allem beim Debakel gegen die Ukraine – kamen von weit außerhalb.
Alle drei eingesetzten Goalies (Benedikt Oschgan, Patrick Müller und Lorenz Hofer) ließen viele Schüsse durch ihre Körper hindurch, die mehr Löcher aufwiesen als Bonnie und Clydes letztes Fluchtauto.
Die Absenzen der Spitzenkräfte Marco Kasper und Vinzenz Rohrer dürfen keine Ausrede für diese jämmerlichen Auftritte sein. Immerhin sind Patrick Söllinger, Luca Auer sowie Timo Sticha Stammspieler in der AlpsHL, Defender David Reinbacher in der Swiss League und Johannes Tschurnig war zuletzt beim VSV sogar in den ICE-Playoffs im Einsatz.
Ian Scherzer spielt in Schweden bei Rögle, der 05er war vielleicht noch der einzige Lichtblick beim Turnier. Zwar will er mitunter zu viel und nimmt auch gerne Strafen, aber er konnte wenigstens einige Breschen schlagen und traf dreimal. Besser ein Wildpferd zu zähmen als einen Esel dauernd antreiben zu müssen…
Tschurnig, Sticha, David Cernik, Tobias Piuk, Alexander Rupnik – alles Spieler, die ab und zu Puckskills aufblitzen ließen, aber alles in ungefährlichen Zonen, ohne Dynamik und Drang zum Tor hin. Kinder- oder Teicheishockey, man möge sich den richtigen Begriff aussuchen.
Auer enttäuschend
Kapitän Luca Auer, auf den nicht nur ich große Hoffnungen setzte, erlebte ein Turnier aus der Hölle. Erst gelang ihm offensiv nichts, dann musste er nach einem Check gegen Slowenien auch noch ein Spiel zusehen.
Die Entscheidung, den etatmäßigen Center als Flügel spielen zu lassen, war keine gute, noch weniger, ihn im Powerplay eines 5-Stürmer-Units als Point Man an der blauen Linie agieren zu lassen. Von dort kamen nur harmlose Wrister, während sich kleinere Spieler wie Rupnik oder Piuk um das Tor herum abmühten.
Doch Auer (ein sehr arbeitsamer Crack) sollte nicht zu viele Ausreden heranziehen, sein etwas steifes Eislaufen braucht unbedingt noch Arbeit. Sein Salzburger Vereinskollege Tommy Purdeller – keineswegs mit einer besseren Saison in der AlpsHL – schnürte sich parallel das italienische Team auf den Buckel, ragte in einem ebenfalls limitierten Team heraus.
Ebenfalls weit unter den Erwartungen: David Reinbacher. Mit Kloten gerade in die Schweizer NL aufgestiegen, war er zwar noch der beste Defender, konnte aber auch nur selten Speed aufnehmen und von der blauen Linie kaum Akzente setzen.
Viele Fragezeichen für den KAC
Auer, Reinbacher, Tschurnig, Scherzer sowie Defender Luca Erne (zwischen einigen guten Rushes und horriblen Giveaways schwankend) sollten aus diesem Turnier die einzigen Kandidaten für die U20-WM im August sein.
Kein Ruhmesblatt stellte dieses Turnier auch für den KAC da, eine Organisation, die ihre Spieler in Österreich oft unterfordert sieht. Sie stellte mit acht Akteuren (inklusive Jonas Dobnig, der seit einem Jahr in Übersee spielt) den Löwenanteil und kann nicht darauf verweisen, dass ihre Cracks von den Coaches vielleicht missverstanden oder falsch eingesetzt wurden.
Headcoach Roger Öhman hat in Klagenfurt die U18 über, Assistent Peter Kasper (nur in der WM-Vorbereitung dabei) ist auch dort sein Partner. Die weiteren Assistenten, Alexander Mellitzer und Flo Mühlstein, die erst spät zum Team stießen, konnten auch nicht mehr tun als bei diesem Debakel hilflos zuzusehen.
Wer analyisert das Debakel? Und wie?
Es gibt zwei Betrachtungsweisen dieses Turniers: Man betrachtet es einfach als logische Konsequenz des desaströsen Niveaus in den österreichischen Juniorenligen.
Wer wie ich von der U14 bis U20 regelmäßig zusieht, ist ohnehin schon dreifach in der Wolle gegerbt. Allerdings spielen ja die Ungarn, Italiener oder Slowenen auch keineswegs auf einem höheren Niveau.
Oder man ist der Ansicht, dass das Team weit unter seinen Möglichkeiten agierte und untersucht das Turnier forensisch. Was passierte in der Vorbereitung, waren die Trainingseinheiten Grund für diese Lahmarschigkeit? Wieso fand kein einziges Testspiel statt?
War das wirklich der bestmögliche Kader? Wieso wirkte ein für österreichische Verhältnisse relativ großes Team wieder einmal zwergenhaft? Wieso agierte Jahr für Jahr das U18-Team schwächer als die U20, die ein bis zwei Jahre später auf die gleichen Spieler zurückgreifen muss?
Nur: Wer soll diese Nachforschungen angehen und vor allem wann? Jetzt steht einmal die A-WM an, danach gibt es noch die Verhandlungen um den Kooperationsvertrag zwischen ÖEHV und der ICE-Liga, die sich wie immer wie ein Strudelteig ziehen.
Bis der Sportdirektor (Roger Bader oder sein Nachfolger) sich diesem Turnier widmen kann, ist es schon wieder in Vergessenheit geraten.
Inkompatible Philosophien im ÖEHV
Apropos Kooperationsvertrag: Der ÖEHV ist der Ansicht, dass so viele Österreicher wie möglich in der ICE spielen sollen. Die Mittel dazu: So wenige ausländische Teams wie möglich. Reduktion der Legionäre. Doppelstaatsbürger raus (bereits im letzten Sommer). Eishockey-Österreicher raus. Dazu die Junioren-Ligen nur noch ohne ausländische Beteiligung.
Mit anderen Worten: Österreicher sollen so weit wie möglich nur gegen Österreicher spielen, die Truppe von Asiago soll also besser werden, indem sie unter sich bleibt. Das Prädikat "Weltklasse in Österreich" kann ja dann an die besseren (oder weniger schlechten) Spieler dieser geschützten Werkstatt vergeben werden.
Dieser Protektionismus zeugt nicht nur von schlichten Gemütern, sondern steht auch im krassen Widerspruch zur Roger-Bader-Philosophie, der mit der Senioren-Mannschaft ein Testspiel nach dem anderen spielen will und sogar aus Spielen gegen Polen Schlüsse zieht. Hier internationale Vergleiche, dort die Schranken runter - das verstehe, wer wolle.
Das Turnier ist Asiago war der vorläufige Abschluss des Nachwuchs-Spieljahres, zu dem auch ein historisches 0:19-Debakel des U16-Teams gegen die Schweiz gehörte. Einen Nachschlag gibt es noch im August, wenn die U20 ihre abgebrochene A-WM nachholt. Angesichts der übermächtigen Konkurrenz in Edmonton wird auch dieses Turnier nicht als Hoffnungsmacher für eine bessere Zeit dienen können.