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ÖEHV-U20: Warum der WM-Abstieg nicht überraschend kommt

Realitätscheck für Österreichs Eishockey-Nachwuchs: Bernd Freimüller blickt auf die U20-WM in Kanada zurück.

ÖEHV-U20: Warum der WM-Abstieg nicht überraschend kommt Foto: © GEPA

Das Thema Erstklassigkeit ist für die U20 des ÖEHV endgültig vorbei.

Das 2:4 im zweiten Relegationsspiel gegen Lettland war die sechste Niederlage im sechsten Turnierspiel, damit steht im nächsten Jahr wieder die Division 1A (=B-Gruppe) an.

Ein Rückblick auf die letzten Turniere von LAOLA1-Experte Bernd Freimüller:

Wieso war Österreich überhaupt in der höchsten Spielklasse und wieso so lange?

Das U20-Team gewann mit den Ausnahme-Jahrgängen 00/01 im Dezember 2019 die Division 1A in Minsk.

Das Team setzte sich damals zum größten Teil aus Spielern zusammen, die heute ICE-Stammspieler sind oder in Männerligen im Ausland spielen. Dazu gehörten etwa Benjamin Baumgartner, Thimo Nickl (beide nach dieser Saison auch gedraftet), Lucas Thaler, Tim Harnisch, Leon Wallner, David Maier, Senna Peeters, Patrick Antal, Jacob Pfeffer und Ali Schmidt.

Der 00er-Jahrgang absolvierte damals sein letztes Turnier, Marco Rossi als 01er kam für die nächste A-WM noch dazu, der 02-Jahrgang war aber bis auf Thaler, Peeters, Wallner und Goalie Sebastian Wraneschitz ein sehr schwacher.

Auch die 2003er brachten kaum herausragende Einzelkönner hervor, stützten sich wenigstens auf einige solide Defender. Diese Jahrgänge waren jeweils die ältesten bei den Turnieren, während das Jahr 2004 auch noch im nächsten Jahr zugelassen ist.

Österreich spielte eigentlich vier Turniere: Drei komplette und das im letzten Winter abgebrochene. Abstiege waren bis vor kurzem wegen Corona sistiert. So fiel eine B-WM (Winter 2020) ganz ins Wasser, erst zuletzt wurde wieder gespielt.

Und da spielte der Ukraine-Krieg eine Rolle: Lettland stieg als Gruppenzweiter von 2021 auf, Sieger Belarus durfte nicht mitspielen. Der Sieger vom letzten Dezember, Norwegen, löst jetzt Österreich ab. Vereinfacht: Lettland und Norwegen ersetzten jetzt Russland und Österreich.

Russland und Belarus waren jetzt zweimal nicht dabei, damit wurde aus der Top-10 eigentlich eine Top-12. Auch diese Verwässerung half dem ÖEHV-Team allerdings nicht weiter.

Hatte Österreich wirklich keine Chance auf den Klassenerhalt?

Ein Blick auf die nackten Zahlen: Österreich absolvierte inklusive der beiden Spiele der abgebrochenen WM im Dezember 2021 16 Spiele in der Topgruppe.

16 Spiele – 16 Niederlagen – Gesamttorverhältnis 14:110. Es reichte also nicht einmal für ein Tor pro Spiel, dafür kassierte man fast sieben Treffer pro Spiel.

Das durchschnittliche Schussverhältnis: 17:48. Die einzigen beiden Spiele, in denen man mehr Schüsse als der Gegner aufwies waren die 2:4-Niederlagen gegen Deutschland (33:27) und Lettland (34:19).

Während man gegen Teams wie Kanada, Schweden oder Tschechien immer nur ein Schlachtopfer war, fielen die Ergebnisse gegen die schwächeren Teams schon ehrenvoller aus.

Zweimal 2:4 gegen Deutschland, 2:3 gegen die Schweiz und jetzt eben 2:5 und 2:4 in den Relegationsspielen gegen Lettland. Vor allem das Spiel gegen die Schweiz im letzten Sommer hätte auch anders ausgehen können, nur: Fünf Niederlagen können selbst in Österreich schwer als eigentliche Siege reklamiert werden.

Immer wieder gute Phasen wurden von Druckperioden der Gegner abgewechselt, die dann auch die Entscheidung brachten. Vor allem Deutschland und Lettland hatten auch wieder körperliche und Tempo-Vorteile, dabei kassierte auch Deutschland gegen die Großen nur ein Debakel. Und für eine reelle Chance auf den Klassenerhalt fehlten in diesen Spielen auch herausragende Goalieleistungen.

Gegen die Weltklasse (natürlich) kein Auftrag, gegen die Mittelklasse ab und zu mitgehalten, aber letztlich auch immer auf der Verliererstraße: Das Gastspiel von Österreich hätte unter normalen Bedingungen wie schon bei den letzten Aufstiegen nach einem Turnier geendet, so wurden es jetzt fast vier ganze.

In gewohnter Gesellschaft

Österreich kehrt nun in die Divison 1A zurück, die sich im Gegensatz zur Top-Gruppe nur aus sechs Teams zusammensetzt.

Kasachstan, Frankreich und Dänemark (wird aber immer schwächer) sind altbekannte Gegner. Dass das Turnier aber durch den Ukraine-Krieg verwässert wurde, zeigt, dass mit Ungarn und Aufsteiger Japan zwei Teams mit von der Partie sein werden, die sonst eher nie oder nur als Fahrstuhlteam dabei waren.

Bis zum sensationellen Aufstieg von Minsk, zu dem ein starkes Team, ein herausragender Goalie und im Spiel gegen Lettland ein sehr wohlwollender Schiedsrichter beitrugen, spielte Österreich meist gegen den Abstieg, oft musste ein Sieg im Schlüsselspiel reichen. Auch im nächsten Jahr geht es vor allem darum, sich erst einmal nach hinten abzusichern, ehe man nach oben schauen kann.

Der Jahrgang 2004 darf nächstes Jahr weiter mitspielen, das betraf vom heurigen Kader gleich zwölf Spieler (Reinbacher, Söllinger, Summer, Auer, Cernik, Dobnig, Engelhart, Erne, Linton, Rohrer, Stiegler, Tschurnig). Dazu käme natürlich auch Marco Kasper, aber wer sieht ihn bei der U20-B-WM statt in der SHL, AHL oder gar NHL?

Wohl kaum einer, auch bei David Reinbacher, dessen kometenhafter Aufstieg mit einem hohen NHL-Draftrang enden wird, gilt es natürlich abzuwarten, wo er denn nächste Saison überhaupt spielen wird.

Luca Auer wird auch im nächsten Jahr wieder dabei sein
Foto: © GEPA

Aus dem Kader fällt die gesamte KAC-Verteidigerriege (Sablattnig, Tialler, Lindner und der im Camp verletzte Preiml), bei denen das Vereinsteam eine Hierarchie festlegen und bei ein oder zwei Topkräften den baldigen Übergang in die Erste vorgeben muss.

Der 04er-Jahrgang ist (wieder) ein Goalie-Brachland, bis auf Reinbacher und Söllinger zeichnen sich auch keine überdurchschnittlichen Defender ab. Im Angriff ist von Kasper und Vinzenz Rohrer (spielte eine durchschnittliche WM) abgesehen Versprechen angesagt, das aber im Falle von Johannes Tschurnig oder etwa Timo Sticha derzeit Stagnation bedeutet.

Mal sehen, wie sich etwa Tobias Piuk (zur Stunde aufgrund der Personalmisere in Klagenfurt sogar in der Ersten), Jakob Lippitsch oder der in Übersee agierende Moritz Lackner entwickeln werden. Fixstarter – und in Halifax mit guten Momenten – werden natürlich Luca Auer und Jonas Dobnig sein.

Von den 05ern werden natürlich Goalie Benedikt Oschgan und Ian Scherzer – wurde nach seiner Verletzung von Spiel zu Spiel stärker – wiederkommen, sie sind heuer natürlich auch noch für die U18-C-WM in Bled spielberechtigt.

Dort werden sich auch weitere Kandidaten herauskristallisieren – die beiden Defender Maximilian Kirchebner (Salzburg), Thomas Klassek (KAC) sowie Leon Lamereiner (KAC), Florian Lanzinger (VSV) und Alexander Rupnik (VSV, jetzt Langnau) sollten hier ein Thema werden. Von den 06ern heuer in Halifax bereits auf Abruf und das sicher nicht zufällig: Der explosive Johannes Neumann (VSV bzw. nun in Rögle).

Die Trainerfrage

Vier Turniere, vier Coaches – ein kurioser Rekord: Marco Pewal war der Aufstiegscoach, bekam aber dann vom VSV keine Freigabe. ÖEHV-Sportchef Roger Bader übernahm selbst, Pewal kehrte für die Abbruch-WM zurück. Nach seiner Unterschrift in Kitzbühel sagte er erst für die Sommer-WM ab, für ihn übernahm der eigentliche U18-Coach Philipp Pinter.

Pewal gab sein Amt dann auch für Halifax auf, Pinter hatte auch genug zu tun, sodass KAC-AlpsHL-Coach Kirk Furey einsprang.

Foto: © GEPA

Ihm den Abstieg in die Schuhe zu schieben wäre natürlich absurd, er stand einfach am Ende der Nahrungskette. Das wirre Goaliekarussell muss aber intern nochmals aufgeklärt werden.

Natürlich schmeckte es einigen österreichischen Nachwuchscoaches gar nicht, dass mit dem Kanadier Furey und dem US-Amerikaner Nate di Casmirro ein ausländisches Duo hinter der Bande stand, was auch Baders ursprünglichen Intentionen klar widersprach.

Der Sommer wird Klarheit bringen, wer in der nächsten Saison hinter der Bande steht - Philipp Pinter ist sicher ein aussichtsreicher Kandidat, muss aber erst einmal das Sorgenkind U18 nach der letzten peinlichen WM auf Vordermann bringen.

Schade, dass nach vier Turnieren in Übersee ausgerechnet die erste europäische A-WM in Göteborg ohne Österreich stattfindet. Als Absteiger gibt es eigentlich auch kein Austragungsrecht für die B-WM, genauso wie für Aufsteiger Japan. Es würde nicht überraschen, wenn im nächsten Dezember ein Trip nach Ungarn ansteht.


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