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Paul Huber: Vom gemachten Nest in die Führungsrolle

Nach drei Meistertiteln mit Salzburg wagte er den Schritt nach Graz - und spielte seine beste Saison. Ein Gespräch über mutige Entscheidungen und große Ziele.

Paul Huber: Vom gemachten Nest in die Führungsrolle Foto: © GEPA

Das Elternhaus zu verlassen, verlangt viel Mut.

Es wird eine Reise ins Ungewisse angetreten: Was erwartet mich? Kann ich alleine für mich sorgen? Und bin ich wirklich bereit dafür?

Paul Huber hat sich im Sommer 2024 dazu entschieden, das gemachte Nest in Salzburg hinter sich zu lassen und zurück in seine Heimatstadt Graz zu gehen.

In der Mozartstadt begann die Entwicklung zu stocken, es war Zeit für eine neue Herausforderung, um die nächsten Schritte gehen zu können.

Goldrichtige Entscheidung

Nicht einmal ein Jahr später lässt sich sagen: Die Entscheidung war goldrichtig. Der 24-Jährige hat seine bislang beste Saison bestritten, knackte die 20-Tore-Marke und war teamintern der viertbeste Scorer.

"Ich finde, dass ich dieses Jahr einen großen Schritt gemacht habe. Ich habe vor allem gemerkt, dass das Selbstvertrauen raufgeht", erzählt der 1,95 Meter große Angreifer im Gespräch mit LAOLA1.

Huber weilt bereits seit vergangener Woche beim Nationalteam, visiert seine vierte Teilnahme an einer A-WM an. Auf dem Weg dorthin wird der Linksschütze in den Testspielen gegen Ungarn (Donnerstag und Freitag) sein 60. Spiel im ÖEHV-Dress bestreiten.

Mit LAOLA1 spricht Huber über seine mutige Entscheidung, das bittere Viertelfinal-Aus in der win2day ICE Hockey League und große Ziele im und mit dem Nationalteam.

LAOLA1: Du hast mit den Graz99ers eine tolle Saison gespielt, die jedoch ein denkbar unglückliches Ende nahm. Ohne jetzt zu sehr in den Wunden bohren zu wollen, aber wie waren die Tage nach diesem bitteren Viertelfinal-Aus gegen die Black Wings Linz?

Paul Huber: Es war alles andere als leicht, das zu verarbeiten. Wir hatten eine 3:1-Serienführung, es ist eigentlich alles für uns gelaufen – auch die Spiele 5 und 6, die wir dann verloren haben. Wir waren in beiden Spielen bis drei Minuten vor Schluss voran, kriegen den Ausgleich und verlieren in der Overtime. Das ist extrem bitter. Ich finde, dass wir auch in Spiel 7 in Linz einen richtig guten Job gemacht haben, trotzdem verlieren wir wieder in der Overtime. In der Mannschaft hat wirklich jeder daran geglaubt, dass wir das Halbfinale schaffen können, doch es ist leider nicht für uns gelaufen. Aber ich kann nicht sagen, dass Linz es nicht verdient hatte. Sie haben eine tolle Serie gespielt und brutal gekämpft. Das hat man auch im Halbfinale gegen Klagenfurt gesehen. Rückblickend war es trotzdem eine gute Saison, auch gute Playoffs. Wir haben in allen sieben Spielen eine tolle Leistung gezeigt. Vielleicht hat hier und da noch die Erfahrung gefehlt - auch im Umgang mit einer Führung.

Manchmal gewinnt man - und manchmal lernt man. Ich glaube, dass mich Niederlagen sowohl als Spieler als auch als Mensch weiterbringen.

Paul Huber

LAOLA1: Mit Salzburg hast du drei Meistertitel in Folge gefeiert, jetzt hast du erstmals in deiner Profi-Karriere die Kehrseite der Medaille erlebt. Ist es daher eine lehrreiche und zugleich wichtige Erfahrung?

Huber: Auf jeden Fall. Manchmal gewinnt man - und manchmal lernt man. Ich glaube, dass mich Niederlagen sowohl als Spieler als auch als Mensch weiterbringen. Es gehört dazu, dass ich damit umgehen und solche Sachen verarbeiten kann. Man gewinnt nicht jedes Jahr – es ist auch nicht normal, dass wir mit Salzburg dreimal in Folge Meister wurden. Das passiert eigentlich nie.

LAOLA1: War der Abschied aus Salzburg der richtige Schritt?

Huber: Für meine Entwicklung war es der richtige Schritt. Ich habe mein bislang bestes Jahr gespielt und mich extrem fit gefühlt. Ich denke, dass ich die Rolle, für die ich geholt worden bin, extrem gut ausgefüllt habe, dass ich Verantwortung übernommen habe und die nächsten Jahre einfach so weitermachen will. Ich will jedes Jahr einen weiteren Schritt nach vorne machen. Mit Graz wird es jedes Jahr besser werden, ich werde jedes Jahr besser. Dann hoffen wir, dass die Reise in den nächsten Jahren bis ins Finale und bis zum Titel geht.

LAOLA1: Du bist aus Salzburg weggegangen, um eine neue Challenge anzunehmen. Ich fand den Schritt mutig – du hättest ja auch bequem im gemachten Nest bleiben können. Doch dieser Schritt hat deiner Entwicklung stark geholfen – hast du das während der Saison selbst auch mitbekommen?

Huber: Ich finde, dass ich dieses Jahr einen großen Schritt gemacht habe. Ich habe vor allem gemerkt, dass das Selbstvertrauen raufgeht, weil einerseits das Vertrauen des Trainers groß war und ich gleichzeitig super Leistungen gezeigt habe. Man traut sich mehr mit der Scheibe zu, wagt das eine oder andere zusätzliche Play. Ich hatte viel Eiszeit, sowohl bei Fünf-gegen-Fünf als auch in den Special Teams. Je öfter man in diesen Situationen ist, desto öfter findet man dann auch Lösungen. Außerdem wird das Spiel für dich dann langsamer, es wird leichter. Es kommen Automatismen rein, man weiß, da kann ich jetzt das Play machen und ich glaube, es ist extrem wichtig, dass man viel am Eis steht, vor allem gegen gute Gegner und in den Special Teams. Im Powerplay kommst du zu Torchancen und viel Offensivzeit, aber du musst auch im Penalty Killing die Drecksarbeit erledigen.

Designierter Erbe? Huber könnte Thomas Raffls Rolle in Zukunft einnehmen
Foto: © GEPA

LAOLA1: Du bist ein großgewachsener, bulliger Spieler und bringst mit deinem Spielstil sehr viel Zug zum Tor mit. Ich nehme an, du hast in Salzburg sehr viel von Thomas Raffl lernen können.

Huber: Ich hatte in Salzburg einen sehr guten Draht zu ihm, habe mir viel von ihm abgeschaut. So wie er vor allem die Net-Front-Position spielt, sein Zug zum Tor, seine Puck-Protection – da kann man einfach extrem viel von ihm lernen. Vor allem jetzt in der Phase, wo ich noch sehr viel Potenzial habe, werde ich weiterhin noch einiges von ihm und von anderen Spielern, die meinem Typ entsprechen, lernen. Ich glaube, nur so wird man dann auch wirklich besser.

LAOLA1: Deine Größe verbunden mit deinen Skills hat dich sehr früh ins Nationalteam gebracht. Die Chancen stehen sehr gut, dass du im Mai deine vierte A-WM bestreiten darfst. Hast du nach diesem Jahr das Gefühl, dass du im Nationalteam eine noch größere Rolle einnehmen kannst?

Huber: Es ist sogar mein ganz klares Ziel, dass ich eine größere Rolle im Nationalteam einnehme. Ich will mittelfristig ein gestandener Nationalteamspieler in den vorderen Reihen sein, im Powerplay dann die Net-Front-Position vom Tom übernehmen. Das hat auf jeden Fall eine Priorität für mich und ich glaube, dass mir Graz in der Hinsicht ganz guttut mit der Entwicklung, dass ich diese Position dort in Überzahl spielen kann und viel Eiszeit habe – das überträgt sich irgendwann hoffentlich auch aufs Nationalteam.

LAOLA1: Ich gehe einmal davon aus, dass du bereits eine größere Rolle einnehmen wirst, bis die Cracks von KAC und Salzburg zum Team stoßen.

Huber: Ich hoffe, mit meinen Leistungen zu zeigen und zu bestätigen, dass ich aufs Eis gehöre und ein Spieler für die A-WM bin. Ich will meinen Spielstil wieder voll zur Geltung bringen und glaube, das ist enorm wichtig und wird unserer Mannschaft extrem helfen, vor allem auf der großen Bühne.

LAOLA1: Wir haben bereits zu Beginn über neue Erfahrungen gesprochen, die machst du nun auch mit Bezug auf das Nationalteam. Du bist in der WM-Vorbereitung erstmals vom ersten Teamcamp weg dabei. Was ändert sich dadurch?

Huber: Die Spieler von Klagenfurt und Salzburg spielen Playoffs, haben im Finale die härtesten Spiele vom ganzen Jahr. Sie kommen eigentlich im vollen Spielrhythmus zur Weltmeisterschaft oder zur letzten Camp-Woche. Wir müssen hingegen erst wieder den Rhythmus finden, aber mit den Gegnern, die wir haben, wird das schon ganz gut klappen. Ich bin auf die Erfahrung gespannt, wie es ist, die gesamte Vorbereitung mitmachen zu können, auch die Spiele gegen Tschechien und Deutschland zu haben. Das sind hochkarätige Gegner.

"Wir wissen, was möglich ist – und es hängt viel von uns ab, wie wir spielen. Wir dürfen uns nicht verleiten lassen und wie gegen Großbritannien nicht unser Eishockey spielen."

Paul Huber

LAOLA1: Ich höre heraus, dass du sehr stolz darauf bist, den Adler auf der Brust tragen zu dürfen. Meinem Gefühl nach hast du auch noch nie für das Nationalteam abgesagt, wirst gegen Ungarn dein 60. Länderspiel bestreiten – und das im Alter von 24 Jahren. Siehst du dich selbst schon als Routinier?

Huber: (lacht) Also Routinier würde ich noch nicht sagen. Ich habe noch extrem viel zu lernen, aber war schon dreimal bei der A-WM dabei. Ich glaube, dass ich mit meinen Leistungen im Nationalteam immer überzeugt habe und das auch der Grund ist, warum ich immer dabei war. Natürlich spiele ich auch irrsinnig gerne für das Nationalteam, das sind nochmal extra Spiele, die ich dazu bekomme, immer gute Gegner, gegen die ich wieder etwas lernen kann. Es gibt für mich eigentlich keinen Grund zu sagen, dass ich nicht komme. Für das Nationalteam auflaufen zu dürfen, ist eine große Ehre. Das bedeutet, du bist einer der besten Spieler Österreichs. Wenn dich der Teamchef dabei haben will, ist das ja auch ein Zeichen, dass du im Verein gut spielst. Und es ist eine Bestätigung für die ganze harte Arbeit, die sich damit belohnt macht.

LAOLA1: Ich möchte dein Ikarus-Tattoo (allgemeine Bedeutung: Nicht zu hoch und nicht zu tief fliegen, Anm.) als Aufhänger für die nächste Frage nehmen. Steht dieses Tattoo symbolisch dafür, wie Teamchef Roger Bader und sein Staff mit euch arbeiten und stets versuchen, den Fokus auf das Wesentliche – nämlich den Klassenerhalt bei der A-WM – zu wahren?

Huber: Sicher ist das klare Ziel immer der Klassenerhalt. Aber wir gehen von Spiel zu Spiel, so wie letztes Jahr. Wir schauen, dass wir aus jedem Spiel so viele Punkte wie möglich mitnehmen, extrem simpel spielen. Gegen die Nationen auf A-Niveau musst du das machen, sonst hast du einfach keine Chance. Je besser wir das umsetzen, desto besser sind auch unsere Chancen, dass wir aus jedem Spiel Punkte mitnehmen. Das Trainerteam bereitet uns gut darauf vor, dass wir von Spiel zu Spiel denken und nicht sagen, wir müssen ins Viertelfinale. Wir wissen, was möglich ist – und es hängt viel von uns ab, wie wir spielen. Wir dürfen uns nicht verleiten lassen und wie gegen Großbritannien nicht unser Eishockey spielen. Dann verschenken wir womöglich entscheidende Punkte.

LAOLA1: Stichwort Großbritannien: Hast du eine Erklärung dafür, was da schiefgelaufen ist?

Huber: Es ist schwierig. Ich will nicht einmal sagen, dass man anders ins Spiel geht. In irgendeiner Hinsicht war es auch ein Entscheidungsspiel, weil es um etwas gegangen ist. Es ist extrem schwer, diese Entscheidungsspiele mental richtig anzugehen. Man ist vielleicht zu passiv, weil man zu viel Angst davor hat, dass man das Spiel aus der Hand gibt und verliert. Ich glaube, das war einer von einigen Faktoren.



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