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Roger Bader: "Welcher Teamchef hat keine Gegner?"

Der ÖEHV-Teamchef und -Sportdirektor über einen möglichen Rücktritt von Michael Raffl, die Ausländer-Reduzierung in der ICE und seine Visionen. Interview:

Roger Bader: Foto: © GEPA

Seit Mai 2017 bildet Roger Bader die sportliche Speerspitze im österreichischen Eishockey-Verband.

Damals verlängerte der Schweizer seinen Vertrag als Teamchef und wurde zugleich zum Sportdirektor für alle Nationalmannschaften ernannt. Unter seiner Führung erreichte das ÖEHV-Team in den letzten zwei Jahren jeweils den Verbleib in der A-Weltmeisterschaft, im kommenden Mai soll der dritte Streich folgen.

Dann hätte sich Österreich als A-Nation etabliert und würde zum "Triple-A-Klub gehören", meint der 59-Jährige. Gleichzeitig bedeute dies jedoch nicht, dass man nie Bedenken haben müsste, abzusteigen.

Bevor sich ab Anfang April der Blick Richtung Prag richtet, bestreitet das Eishockey-Nationalteam noch ein Vier-Nationen-Turnier. Im französischen Epinal wartet am Freitag das Halbfinal-Duell mit dem Gastgeber, am Samstag geht es im Finale bzw. dem Spiel um Platz drei gegen Norwegen oder Dänemark.

Vor der Abreise nach Frankreich hat sich Bader ausführlich Zeit genommen, um im LAOLA1-Interview über einen möglichen Nationalteam-Rücktritt von Michael Raffl, Gegner am Stammtisch, Österreichs NHL-Prospects, die Torhüter-Lage sowie seine langfristigen Ziele und Visionen zu sprechen.

LAOLA1: Am Donnerstag bricht das Team nach Epinal auf, wo ein Vier-Nationen-Turnier mit Gastgeber Frankreich, Norwegen und Dänemark stattfindet. Welche Ziele verfolgen Sie?

Roger Bader: Wir haben eigentlich immer die gleichen Ziele bei solchen Turnieren. Wir wollen zum einen das österreichische Eishockey durch unseren Auftritt sehr gut verkaufen. Wir wollen kämpferisch überzeugen und unsere Spielweise durchsetzen. Unsere Spielweise ist sicher nicht Eishockey von der Stange, sondern wir wollen gegen jeden Gegner druckvolles Eishockey spielen. Das ist ein Ausführungs-Ziel. Für die Spieler geht es schlussendlich auch darum, aufzuzeigen, ob sie Kandidaten für die Weltmeisterschaft sind. Rund die Hälfte der Mannschaft sind stets Spieler, die schon eine oder mehrere Weltmeisterschaften gespielt haben. Und wir haben an jedem Turnier Herausforderer dabei, die es noch nicht haben, aber wirklich reelle Kandidaten sind. Sie sollen mit solchen Turnieren aufzeigen: Hallo Coach, ich bin nicht nur in der Liga gut, sondern ich kann auch im Nationalteam gut spielen. Wir beobachten die Spieler, wollen sie sehen, geben ihnen deshalb auch Eiszeit. Es wird kein Spieler nur fünf Minuten spielen. So bekommt jeder die Gelegenheit, wirklich zu zeigen, ob er ein Kandidat ist. Zudem setzen wir uns bei jedem Turnier mannschaftsintern ein Resultats-Ziel. Wir wollen in jedem Fall das Frankreich-Spiel gewinnen. Und wenn wir dann ins zweite Spiel gehen, werden wir versuchen, auch dieses zu gewinnen.

LAOLA1: Beim Blick auf den Kader fällt Thomas Höneckl auf. Der Torhüter der Black Wings Linz ist zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder für das Nationalteam nominiert. Warum haben Sie sich entschieden, ihn einzuberufen?

Bader: Weil er sich diese Chance durch die Leistungen in Linz einfach verdient hat. Warum soll nicht ein 34-jähriger Torhüter auf den WM-Zug aufspringen, wenn er gut ist? Er hat nicht so viele Spiele (zehn, Anm.) gehabt, aber die meisten von diesen Spielen - nicht alle, aber die meisten - waren gut. Das führt dazu, dass wir ihn jetzt einmal sehen wollen. Er wird sicher ein Spiel bekommen und wir werden sehen, wie er performt.

LAOLA1: Der Kader ist eine Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern, darunter mit Thomas Raffl und Manuel Ganahl zwei der drei Kapitäne der letzten Weltmeisterschaft (Dominique Heinrich war zum Zeitpunkt des Interviews nominiert, musste aber verletzungsbedingt absagen, Anm.). Wie wichtig ist es Ihnen, vor allem die Ü30-Spieler bei zumindest einem Teamcamp dabei zu haben?

Bader: Es ist schon wichtig - und sie wollen auch dabei sein. Thomas Raffl sagt: Wenn ich gesund bin, komme ich immer. Manuel Ganahl und Dominique Heinrich ebenfalls. In der Regel lade ich Spieler über 30 Jahre wegen der Grundbelastung nur einmal ein. Da kommt es auch darauf an: Spielt dieser Spieler in der ersten Saisonhälfte noch Champions League? Oder wie sieht überhaupt seine Saison aus, war er verletzt? Tut es ihm vielleicht gut, wenn er Spielpraxis hat? Clemens Unterweger war beim ersten Turnier dabei, Peter Schneider, der momentan verletzt ist, im Dezember. Jetzt kommen Ganahl und Raffl dazu. Das ist so eine Makroplanung über die ganze Saison. Aber diese wird natürlich durch das tägliche Business beeinflusst. Es gibt dann Spieler, die man vorgesehen hätte, aber ausfallen, weil sie krank werden oder sich verletzen. Die drei (Ganahl, Heinrich, Raffl, Anm.) sind für mich junggebliebene Spieler. Sie fühlen sich jung und sind Leader.

"Ich habe mit ihm so ein gutes Verhältnis, dass wenn er nicht mehr im Nationalteam spielen will, mir das auch persönlich sagt."

Roger Bader über einen möglichen Rücktritt von Michael Raffl

LAOLA1: Es gibt einige Spieler, deren Status im Nationalteam unklar ist. Darunter fällt Johannes Bischofberger, den Sie zu allen drei Teamcamps einberufen wollten, aber letztendlich nie dabei war. Warum ist er nicht Teil des Kaders?

Bader: Grundsätzlich habe ich mit "Bischi" eine sehr gute Beziehung. Ich kenne ihn, seit er 14 Jahre ist, er hat damals in der Schweiz gespielt. Im November war er wirklich krank, hat auch beim KAC zwei Spiele nicht gespielt. Das war glaubwürdig, er wollte auf jeden Fall kommen. Im Dezember auch, da wurde er am Tag der Einberufung krank und war wieder angeschlagen. Jetzt wurde empfohlen, dass man ihn nicht nimmt und schont. Er hat so eine lange Verletzungshistorie und ist in seiner ganzen Karriere auch oft krank gewesen, dass bei ihm alles sehr fragil ist. Daher braucht er jetzt offenbar seine Auszeit, um den nächsten Teil der Meisterschaft bestreiten zu können. Als Teamchef muss ich das akzeptieren. Ob er es am Schluss ins WM-Team schafft, ist eine andere Frage. Rein als Spieler kann man sich ihn schon vorstellen, sonst hätte ich ihn ja nicht im November, Dezember und auch jetzt nehmen wollen – oder auch in früheren Jahren immer wieder. Aber man muss jetzt schauen: Zieht der KAC wirklich bis zum Meistertitel durch oder gehören sie zu den Grunddurchgangssiegern, die im Viertelfinale ausscheiden? Das gibt es ja auch immer wieder. Würde er bei uns dann früher ins Camp einrücken? Das ist dann die rollende Planung.

LAOLA1: Michael Raffl hat in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" eine Rückkehr ins Nationalteam ausgeschlossen. Hat er Ihnen das ebenfalls schon kommuniziert?

Bader: Nein, noch nicht. Er hat mir das selbst nicht mitgeteilt und deshalb schenke ich diesem Interview auch nicht so großen Glauben. Ich weiß auch nicht: War das wirklich eine konkrete Ja-Aussage oder einfach in Zusammenhang mit einem lockeren Gespräch? Das kann man so oder so meinen. Ich werde probieren, ihn nach dem Februar Break zu treffen. Ich habe mit ihm so ein gutes Verhältnis, war ihn auch immer in Nordamerika besuchen, dass wenn er nicht mehr im Nationalteam spielen will, mir das auch persönlich sagt. Als ich das letzte Mal mit ihm darüber geredet habe - da war er schon in Lausanne - hat er gesagt, wenn er fit und gesund ist, möchte er immer im Nationalteam spielen. Mir ist natürlich seine Situation klar. Er war lange verletzt, hat in Lausanne aber ein gutes Training, ist Kapitän dort. Aber sein Vertrag läuft aus. Da wird man schauen müssen, bekommt er frühzeitig eine Verlängerung oder warten sie bei ihm? Wenn er keinen fixen Vertrag in der Tasche hat, will niemand in seinem Alter zu einer Weltmeisterschaft kommen. Weil wenn er keinen Vertrag hat und sich bei der Weltmeisterschaft verletzt, ist seine Karriere vorbei. Dann wird ihn niemand mehr engagieren. Vermutlich hat er das so gemeint, aber wer weiß, was passiert. Er hat nach seiner Verletzungspause ein sehr gutes Comeback gegeben, spielt gut und der Kontakt wird bald passieren.

LAOLA1: Wie war das bei Fabio Hofer oder Konstantin Komarek? Sind beide direkt auf Sie zugekommen?

Bader: Ja, sind sie. Wir sollten eigentlich auch nicht mehr über Spieler reden, die jahrelang nicht mehr dabei waren. Aber ich kann das Beispiel Fabio Hofer nennen. Ich habe mit ihm ein sehr gutes Auskommen. Er hat drei Weltmeisterschaften unter meiner Führung gespielt und hat immer eine Powerplay-Rolle bekommen. Und da war er noch nicht so gut, wie er es jetzt in Biel ist. Ich hatte mit ihm ein Gespräch, das war damals in einem Restaurant in Dornbirn, kurz bevor sein erstes Kind auf die Welt gekommen ist. Da hat er mir gesagt: Roger, ich habe immer sehr gerne im Nationalteam gespielt und ich verstehe mich auch mit dir als Teamchef sehr gut, aber ich möchte nach der Saison nicht mehr noch ein paar Wochen weg sein. Ich brauche auch Sommertraining - das ist immer ein Punkt bei älteren Spielern, weil sie ihr Sommertraining natürlich erst später beginnen können, wenn sie bei einer WM sind. Dann fehlen ihnen meistens vier, fünf Wochen Vorbereitung. Fabio hat offen gesagt, darum möchte ich auf das Nationalteam verzichten. Das war 2019, also fünf Jahre her. Zwischendurch habe ich ein-, zweimal mit Zwinkersmiley gefragt, bist du immer noch deiner Meinung? Ja, aber danke für deine Anfrage. Meistens gratuliere ich ihm, wenn er einen Hattrick oder so schießt.

LAOLA1: In der Vergangenheit hieß es immer wieder, dass einige Spieler nicht mehr im Nationalteam spielen wollen, da die Stimmung schlecht sei oder man sich mit dem Teamchef überworfen habe. Das ringt Ihnen aber maximal ein Lächeln ab.

Bader: Ja, weil es totaler Blödsinn ist. Die Leute, die das erzählen, können das gar nicht beurteilen. Es ist das genaue Gegenteil. Reden Sie mit Kapitän Thomas Raffl über die Stimmung im Nationalteam. Er würde sagen, so etwas wie die letzten zwei Jahre in Tampere habe ich noch nie erlebt. Es war so ein Hype, so eine gute Stimmung. Und zwar hat das damit zu tun, weil bei uns nicht nur alles sehr professionell ist, die Spieler sich wohlfühlen, sondern sich auch voll und ganz mit der Spielweise identifizieren. Auch weil ich so bin, wie ich bin. Ich kommuniziere mit ihnen, bin ehrlich, mache nie Spielchen und lüge sie nie an. Ich sage einem direkt ins Gesicht, wenn er gecuttet wird, und diese Art schätzen sie. Aber welcher Teamchef im Fußball, Handball oder Eishockey hat keine Gegner am Stammtisch? Wenn man irgendwann einmal auf meine Zeit als Teamchef zurückblickt, wird man von Seiten der Spieler die besonders gute Stimmung herausstreichen.

LAOLA1: Nach dem Februar Break reisen sie in die USA, um Marco Rossi und Marco Kasper zu besuchen. Worum geht es konkret, wenn Sie diese Spieler treffen?

Bader: Da geht es auf der einen Seite um das Menschliche. Ich will wissen, wie es ihnen geht, wie sie sich eingelebt haben. Ich möchte ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Wie ist es in Minnesota? Wie ist es in der NHL? Wie ist das Training dort, verglichen mit Europa? Natürlich spreche ich auch die nächsten zwei Events an. Zum einen die Weltmeisterschaft in Prag; wir besprechen die Möglichkeiten, ins Team zu kommen. Außerdem, wie das Saisonende aussehen könnte für den Fall, dass die Spieler nicht Playoff spielen oder wenn sie Playoff spielen. Wir reden aber bestimmt auch schon über den nächsten Großanlass, Ende August ist nämlich die Olympia-Qualifikation.

LAOLA1: Marco Rossi hat heuer den Durchbruch geschafft und sich in der NHL etabliert. Marco Kasper fiel die Anpassung an die AHL anfangs schwer, aber mittlerweile befindet er sich auf einem guten Weg. Wie schätzen Sie ihre Entwicklung ein?

Bader: Beide entwickeln sich sehr gut. Marco Rossi hat bis jetzt eine tolle Saison, er ist im dritten Jahr definitiv in der NHL angekommen. Er zeigt auch eine neue Qualität, die er vorher nicht hatte. Er ist bekannt als Playmaker, der gute Plays machen und Chancen kreieren kann. In allen Ligen, in denen er gespielt hat, hatte er immer deutlich mehr Assists als Tore. Jetzt ist es so, dass er nahezu genauso viele Tore wie Assists (13 Tore, 15 Assists, Anm.) hat. Er zeigt auch Goalgetter-Qualitäten, es sind viele "Dirty Goals" darunter, bei denen er vor dem Tor die Rebounds erobert. Er hat einen richtigen Schritt gemacht, auch athletisch zugelegt. Die Entwicklung ist sehr, sehr erfreulich. Marco Kasper hatte am Anfang sicher ein bisschen Schwierigkeiten; erstens einmal zu sehen, dass auch in dieser Liga alle Mitspieler, alle gegnerischen Spieler, alle Teams ein gutes Niveau haben. Es ist auch eine große Umstellung von einem sehr organisierten, strukturierten Spiel in Schweden mit einem größeren Spielfeld zu einem kleineren Spielfeld mit anderer Struktur. Die meisten Spieler haben am Anfang gewisse Schwierigkeiten, da ist er nicht alleine. Anfangs hatte er auch noch weniger Eiszeit, aber jetzt ist er wirklich angekommen. Zuletzt war er sogar Player of the Week, schießt Tore, bekommt viel Eiszeit, spielt 6 gegen 5, 5 gegen 6, Powerplay – die Entwicklung läuft sehr gut, er ist zudem mit Abstand der jüngste Spieler in diesem Farmteam. Möglicherweise wird er dieses Jahr nicht mehr in der NHL spielen, aber er ist auf einem sehr guten Weg, sich zu einem sehr guten NHL-Spieler zu entwickeln. Davon bin ich überzeugt.

LAOLA1: In der Schweiz machen mit David Reinbacher und Vinzenz Rohrer zwei weitere große Talente aus Österreich auf sich aufmerksam.

Bader: Wir haben mehrere Spieler in der Schweiz, die am Schluss im WM-Team sein werden. Neben den zwei Angesprochenen ist das Benjamin Baumgartner, der eine sehr gute Saison hat. Er hat viel Eiszeit, bekommt viel Verantwortung vom neuen Coach in Bern und rechtfertigt diese auch. Er hat außerdem viele Punkte gemacht, auch im November und Dezember beim Nationalteam sehr gut gespielt. Da können wir uns auf einen sehr starken Benny Baumgartner freuen. Dann ist natürlich Dominic Zwerger ein Thema, auch Bernd Wolf, der begonnen hat, Tore zu schießen und sich im Nationalteam zu einem Leistungsträger entwickelt hat. Aber Reinbacher und Rohrer sind zwei Spieler, mit denen wir in Österreich eine große Freude haben können. Das sind beide NHL-Drafts, beide von der gleichen Organisation (Montreal Canadiens, Anm.). David Reinbacher hat letztes Jahr bei der WM schon gezeigt, was er kann. Und Vinzenz Rohrer ist sicher eine heiße Aktie für die WM. Er hat bis jetzt noch keine WM gespielt, hat beim Deutschland-Cup aber sicher eine gewisse Visitenkarte hingelegt. Jetzt schauen wir, wie er diese Woche performt.

LAOLA1: Bei Vinzenz Rohrer hört man aus Zürich, dass er speziell im physischen Bereich große Fortschritte gemacht hat. Der Schritt zurück nach Europa dürfte goldrichtig gewesen sein.

Bader: Primär einmal der Schritt vom Junioren- ins Erwachsenen-Eishockey. Er hat erfolgreich Junioren-Eishockey gespielt und hat sich bei den Erwachsenen etabliert. Er spielt bei der stärksten Mannschaft in der Schweiz, spielt in den Top-3-Linien, im zweiten Powerplay-Block – und das als 19-jähriger Österreicher. Er spielt mit guten Leuten zusammen; Grant ist eine ehemalige NHL-Größe plus Andrighetto, ein gestandener und sehr guter Schweizer Nationalspieler. Darum ist er ein Kandidat geworden. Wir haben diese Woche Spieler dabei, die schon eine oder mehrere Weltmeisterschaften gespielt haben. Es kommen Leute dazu, wie Senna Peeters oder Vinzenz Rohrer, die noch keine Weltmeisterschaft gespielt haben, aber zeigen wollen: Hey Teamchef, mich kannst du genauso gut oder vielleicht sogar noch eher zur WM mitnehmen. Das ist ja immer das Schöne. Und ich glaube, was neben der guten Stimmung meine Amtszeit ebenfalls definiert, ist, dass ich mich traue, junge Spieler ins kalte Wasser zu werfen. Das habe ich schon immer gemacht.

LAOLA1: Bei David Reinbacher läuft es nach schwierigem Saisonbeginn in Kloten in den letzten Wochen ebenfalls stetig besser. Für diesen Lehrgang musste er allerdings kurzfristig absagen.

Bader: Er wäre ja auch für den Deutschland-Cup ein Thema gewesen, wenn er nicht verletzt gewesen wäre. Dann hätten wir ihn dort schon genommen. Ich verfolge seine Saison natürlich genau. Er war verletzt, darf man nicht vergessen. Er hatte zwei Verletzungen (Knie und Handgelenk, Anm.), und das zur gleichen Zeit. Dann kamen natürlich die Erwartungen. Nicht vergessen, er ist ein 19-Jähriger, auf ihn ist sehr viel Hype eingebrochen und plötzlich erwartet die ganze Welt, dass er Spiele alleine entscheidet – und so ist es dann doch nicht. Das Tief hat er definitiv überwunden und spielt wieder nahezu dort, wo er letztes Jahr war.

LAOLA1: Österreich war in den letzten Jahren mit einigen, hohen NHL-Draft-Picks gesegnet. Wie steht es um die nächste Generation? Ist dort jemand dabei, der Ihnen persönlich aufgefallen ist?

Bader: Man muss einmal erwähnen, bevor 2020 im selben Draft Marco Rossi, Benjamin Baumgartner und Thimo Nickl gewählt wurden, hatten wir 14 Jahre lang keinen gedrafteten Spieler. Das muss man sich einmal vor Augen halten. Das bedeutet, dass im Nachwuchs sehr viel schiefgelaufen ist, weil NHL-Draft-Picks, und wenn es in der siebten Runde ist, doch ein Gütesiegel für guten Nachwuchs sind. In 14 Jahren hatte Österreich keinen. 2020 hatten wir eben gleich drei Spieler, später kamen noch weitere Spieler wie Vinzenz Rohrer, Marco Kasper und David Reinbacher dazu. Das zeigt doch, dass sich da junge Spieler entwickeln, wobei alle angesprochenen Spieler den Weg übers Ausland gegangen sind. Ich werde keine Namen nennen, aber man entdeckt immer wieder Spieler, auch jetzt bei der U16 zum Beispiel, sogar im U15-Alter haben wir zurzeit einen relativ guten Jahrgang mit vier, fünf Spielern. Aber jetzt sagen, dass einer von denen später ein NHL-Draft wird - und wenn ich noch einen Namen nennen würde - wäre das komplett falsch, weil sobald das jemand im Kopf hat und ein bisschen überheblich wird, ist es vorbei. Darum schauen wir mal, wie die Entwicklung über die Pubertät hinweg weitergeht. Aber ich glaube, so einzelne Kandidaten haben wir immer.

"Wir können den Klubs nicht sagen, ihr dürft keine Legionäre mehr einsetzen, weil wir diese Handhabung gar nicht haben. (...) Es sind einfach verschiedene Interessen, die aufeinanderprallen."

Bader über nötige Strukturen im Übergang vom Nachwuchs- ins Erwachsenen-Eishockey

LAOLA1: Die Frage zielte ein Stück weit auch darauf ab, ob es im Nachwuchs ein größeres Torhüter-Talent gibt, das die aktuell angespannte Lage auf diesem Sektor in absehbarer Zukunft etwas verbessern könnte. Wie schätzen Sie die Torhüter-Problematik allgemein im Jahr eins nach dem Karriereende von Bernhard Starkbaum ein?

Bader: David Madlener und David Kickert sind erfahrene Torhüter, die schon viele Länderspiele absolviert haben, bei vielen Turnieren waren und auch schon bei Weltmeisterschaften mehrfach gespielt haben. Wenn die beiden gesund und fit sind, mache ich mir aktuell keine Sorgen. Bei Thomas Höneckl bin ich gespannt, wie er performt, ob er seine guten Leistungen aus Linz bestätigen kann und damit zeigt, dass er ein WM-Kandidat ist. Aber die drei sind jeweils 30 Jahre oder älter. Das größere Problem ist, was dahinter kommt. Und ich stelle fest, wir haben in den Nachwuchs-Nationalteams immer wieder Torhüter, wo man sagt: Wow, der ist gut. Vielfach bei U18-, U20-Weltmeisterschaften, ich höre jetzt auch gute Stimmen aus der U16 und U15. Die gab es immer! Von Zimmermann über Vorauer, Ali Schmidt, Wraneschitz usw. Der große Punkt ist der, dass diese Spieler den nächsten Schritt nicht machen oder nicht machen können, weil sie die Gelegenheit nicht bekommen. Ich möchte ein Beispiel nennen: Letztes Jahr bei der WM hat bei Schweden jener Torhüter gespielt, der ein paar Monate vorher in Edmonton mit der U20 gegen uns gespielt hat. Sie hatten den damaligen U20-Nationaltorhüter beim A-Team im Tor. Das wäre bei uns undenkbar, weil diese Spieler gar nicht spielen. Die meisten von denen, die ich jetzt aufgezählt habe, spielen Alps Hockey League oder sind Backup-Torhüter in der höchsten Liga. Das heißt, sie können den Schritt nicht machen, weil sie die Chance vielleicht nicht bekommen, oder vielleicht müssen sie sich auch mehr bemühen. Das kann auch sein. Vielleicht trainieren sie zu wenig hart. Wahrscheinlich liegt es an beidem. Es ist nicht nur einseitig, dass die Klubs sie nicht spielen lassen, sondern oft liegt es auch am Torhüter selbst. An Talente liegt es nicht, sondern es liegt auch am Übergang vom U20-, U18-Torhüter ins Erwachsenen-Eishockey und damit zum Kandidaten für das Nationalteam.

LAOLA1: Sollten nicht endlich Strukturen geschaffen werden, damit dieser Übergang erleichtert wird?

Bader: Natürlich. Nur: Wer schafft Strukturen? Wir können ja nichts befehlen. Wir können den Klubs nicht sagen, ihr dürft keine Legionäre mehr einsetzen, weil wir diese Handhabung gar nicht haben. Wir haben immer wieder Lösungen, von denen wir denken, dass sie den Österreichern helfen, die wir dann auch vorschlagen. Seit ich jetzt hier bin, sind wir in langen Diskussionen. Mein Vorgänger hatte schon solche Diskussionen. Es sind einfach verschiedene Interessen, die aufeinanderprallen. Wir als Verband haben das Interesse, dass das Nationalteam möglichst gut ist, weil wir glauben, dass dann ganz Österreich davon profitiert. Da bin ich wirklich davon überzeugt. Man sieht, wenn die Handballer gut spielen, schauen alle Handball. Es ist einfach so, wenn das Nationalteam gut ist, hat das meiner Meinung nach auch Einfluss auf die Klubs. Aber die Klubs sind so tief in ihrem Tagesgeschäft, dass sie vielleicht einen anderen Blickwinkel haben und darum solche Gespräche oft nicht das umsetzen lassen, was wir gerne umsetzen würden.

LAOLA1: Ist nicht die Krux der ganzen Sache, dass die ICE Hockey League und Alps Hockey League zwei multinationale Profi-Ligen sind, in denen es sich für österreichische Klubs schwer sagen lässt, vorwiegend auf einheimische Spieler zu setzen? Der Erfolg steht verständlicherweise immer noch an erster Stelle. Wie ließe sich das mit Bozen, Fehervar etc. regulieren?

Bader: In dem man sie nicht mitmachen lässt.

LAOLA1: Aber das ist nicht im Interesse der Liga.

Bader: Es ist ja nicht so, dass von uns Vorschläge kommen, wie von zehn Ausländern auf vier runterzugehen. Von einem Jahr auf das andere sechs ausländische Spieler zu streichen, so viele Österreicher sind noch nicht auf dem Markt, dass wir das kompensieren können. Aber man sieht jetzt schon, dass die meisten Klubs mit sechs, sieben oder acht Ausländern spielen. Eine Reduzierung auf acht ausländische Spieler wäre wahrscheinlich schon machbar. Wir werden nicht aufhören, immer wieder solche Vorschläge zu machen, weil es für uns als Verband schlichtweg die Aufgabe ist, die Bedingungen für die Österreicher zu verbessern. Wir werden nicht müde, das zu tun. Wie viele ausländische Mannschaften wirklich sinnvoll in einer Liga sind, dazu will ich jetzt keine Äußerung machen. Dort ist es aber genau dasselbe. Auch die Italiener haben ein Nationalteam, Ungarn hat ein Nationalteam, auch Slowenien hat eines. Ich weiß, dass ihre Sportdirektoren ähnlich wie ich für ihre Nationalmannschaft denken. Sie haben die gleichen Anliegen und die gleichen Ziele.

LAOLA1: In der ICE Hockey League müssen aktuell zwölf einheimische Spieler am Spielbericht stehen, zwei davon unter 24 Jahre. Diese Regelung wurde mit der Saison 2022/23 eingeführt. Damals wurde gesagt, dass nach zwei Jahren eine Evaluierung stattfindet.

Bader: Man hat damals abgemacht, dass man nach zwei Jahren wieder zusammensitzt und das Ganze neu beredet. Ich kann noch keinen Termin nennen, aber das wird in den nächsten Wochen passieren.

LAOLA1: Und der Verband wird eine weitere Ausländer-Reduktion erzielen wollen.

Bader: Von unserer Seite ist es keine Überraschung, wenn wir sagen, das ist unser Ziel. Wir sind schon länger der Ansicht, dass es möglich ist, mit weniger Ausländern zu spielen. Diese Haltung werden wir immer vertreten.

LAOLA1: Was wäre Ihr konkreter Wunsch?

Bader: Ich bin der klaren Meinung, dass wir in einem ersten Schritt auf acht Ausländer runter sollten und mittelfristig auf sechs. Ich denke auch, dass man sich bei sechs Ausländern einpendeln wird. Dann kann man sich auch überlegen, ob man irgendwelche Regeln für Torhüter findet. Ein weiterer Punkt, der für mich wichtig ist, ist eine Obergrenze an Lizenzen. In Deutschland und der Schweiz gibt es diese, in Österreich nicht. In Deutschland kann man neun Ausländer einsetzen, aber nur elf lizenzieren. In der Schweiz sind es sechs und neun. Das heißt ja nichts anderes, als wenn sich im November ein Ausländer verletzt, in der Regel ein einheimischer Spieler den Platz bekommt, weil die Klubs ihre zusätzlichen Lizenzen nicht aufgeben wollen. Sollten sie zum Beispiel vor den Playoffs drei Verletzte haben, könnten sie dann nicht mehr nachrüsten. In Österreich ist das anders. Hier ist es so, dass es diese Obergrenze nicht gibt. Und wenn dasselbe Szenario passiert, kannst du einfach für einen Monat einen Ausländer holen, der auf dem Markt ist. Das wäre bei einer Obergrenze nicht der Fall und würde auch den einheimischen Spielern helfen. Ich würde mir wünschen, dass wir dieses Kommen und Gehen, wie es in einigen Teams der Fall ist, einschränken.

LAOLA1: Beispiele dafür gäbe es einige, wie der KAC im November mit der temporären Verpflichtung von Christian Engstrand zeigte. Dadurch musste Florian Vorauer wieder zurück auf die Ersatzbank.

Bader: Der Fehler war ja nicht beim KAC - sie haben das gemacht, was das Reglement zulässt. Und das Reglement hat zugelassen, dass man das kann. Engstrand hat ja sehr gut gespielt. Wenn ich jetzt allein für den Coach oder den Sportdirektor denke, der Erfolg haben will, kann ich die Entscheidung zu 100 Prozent verstehen. Der Fehler liegt also nicht beim KAC, dass sie das gemacht haben, sondern dass man es überhaupt machen konnte.

"Deshalb ist das Motto bei dieser WM auch: Triple A. AAA gibt es bei Wein, auch in der Finanzwelt – wenn wir das dritte Mal den Klassenerhalt schaffen, gehören wir zum AAA-Klub."

LAOLA1: Nach der Weltmeisterschaft läuft Ihr Vertrag als Teamchef aus. Haben Sie Intentionen, den Job über 2024 hinaus auszuüben? Wie sehr brennt das Feuer bei Ihnen noch?

Bader: Das Feuer brennt nach wie vor sehr. Ich bin sehr gerne Sportdirektor und Teamchef in Österreich, mache das mit sehr viel Leidenschaft. Ich glaube, das spürt man auch. Das Präsidium weiß und spürt das ebenfalls, wir sind seit einiger Zeit in Gesprächen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Reise weitergeht, drei Monate nach der WM ist ja auch die Olympia-Quali. Wenn es etwas zu verkünden gibt, dann werden wir etwas verkünden. Entweder vor oder nach der WM.

LAOLA1: Man hört eindeutig heraus, dass Sie auch die Doppel-Funktion weiterhin gerne ausüben wollen.

Bader: Jukka Jalonen in Finnland und Phil Lukas in Linz üben diese Doppel-Funktion ebenfalls aus. Ich glaube, diese Doppel-Rolle hat sehr viele Vorteile. Grundsätzlich bin ich Sportdirektor, das ist mein Hauptjob, Teamchef bin ich nebendran, aber es gibt sehr viele Synergien. Es hat sich in vielen Dingen als großer Vorteil erwiesen. Ich spüre, dass das Präsidium mit meiner Arbeit zufrieden ist, selbst gefällt es mir auch.

LAOLA1: Sie haben nach ihrer Vertragsverlängerung 2022 gesagt, es ihr Ziel sei, dass sich Österreich als Top-12-Nation etabliert. Das wäre Ihrer Ansicht nach dann der Fall, wenn man dreimal in Serie den Klassenerhalt schafft.

Bader: Es sind zwei Sätze gewesen. Unsere Vision ist, eine Top-12-Nation zu werden. Die bleibt und ist immer noch so. Aus einer Vision wird irgendwann einmal ein Ziel. Im Moment sind wir die Nummer 16 der IIHF-Weltrangliste, von den Punkten her sind wir den Top 12 näher als Rang 17. Vom Etablieren habe ich nach dem ersten Aufstieg in Kiew (2017, Anm.) gesprochen, als wir dann in Kopenhagen (2018, Anm.) gespielt haben. Da haben wir den Klassenerhalt geschafft und alle haben gesagt, wie gut wir nicht sind. Ich habe allerdings zur Vorsicht gemahnt und betont, dass wir für mich erst dann eine A-Nation sind, wenn wir dreimal in Folge den Klassenerhalt schaffen. Zu diesem Satz stehe ich. Deshalb ist das Motto bei dieser WM auch: Triple A (AAA). AAA gibt es bei Wein, auch in der Finanzwelt – wenn wir das dritte Mal den Klassenerhalt schaffen, gehören wir zum AAA-Klub. Dann werde auch ich sagen, dass wir in der A-Gruppe etabliert sind. Das bedeutet aber nicht, dass wir nie Bedenken haben müssen, abzusteigen.

LAOLA1: Was wäre das nächste Ziel? Die Vision, Etablierung als Top-12-Nation umzusetzen?

Bader: Natürlich hat man auch die Vision im Hinterkopf, dass man einmal um ein Viertelfinale spielt. Das Viertelfinale spielen meistens dieselben acht Mannschaften, diesmal war es mit Lettland und Deutschland anders. Das ist ein großes Ziel, aber das hat man irgendwann einmal. Vor zwei Jahren waren wir die Nummer 11 der WM, da hatten wir also einmal einen Top-12-Platz. Aber um sicher in den Top 12 zu sein, heißt es, auf einer Stufe mit Dänemark zu sein. Ich glaube auch, dass wir mit einem dritten Klassenerhalt unser Ranking verbessern werden, nicht mehr weit von den Top 12 entfernt wären – natürlich abhängig davon, wie viele Spiele wir gewinnen, wie knapp der Klassenerhalt auch ausfällt. Wir wollen den Top 12 immer näher kommen, bis wir diesen Platz dann auch haben. Wenn wir diese Vision erreicht haben, kommt die nächste Vision: das Viertelfinale zu erreichen. Aber Schritt für Schritt und nicht zu früh in Euphorie verfallen. Das gefällt mir nicht in Österreich, die Fußballer sind, was ich so lese, jetzt schon Europameister – das finde ich nicht gut. Der erste Schritt ist, dreimal hintereinander den Klassenerhalt zu schaffen, das ist schon eine Leistung. Danach im Ranking in die Top 12 kommen, das ist dann gar nicht mehr so weit weg. Und wenn man das geschafft hat, muss man die nächsten Visionen und Ziele haben.


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