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So geht es Rossis Kollegen des NHL-Drafts 2020

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf Rossis Kollegen des NHL-Drafts.

So geht es Rossis Kollegen des NHL-Drafts 2020 Foto: © GEPA

Punktemäßig steht Marco Rossi mit sieben Toren und 16 Assists in 21 AHL-Spielen mit den Iowa Wild sehr gut da. Auf seinen ersten NHL-Einsatz muss er aber weiter warten. Liegt der Österreich damit hinter oder genau im Zeitplan? Ein Blick auf seine Kollegen des NHL-Drafts 2020:

Trotz des Ausfalls von Top-Center Joel Eriksson Ek ging das Winter-Classic zwischen den Minnesota Wild und den St. Louis Blues ohne Marco Rossi über die Bühne. GM Bill Guerin belässt es vorläufig bei zwölf Stürmern im Kader. In Wild-Fankreisen wird mittlerweile jedes seiner Worte zu Rossi und dem weiteren Top-Talent Matt Boldy auf die Goldwaage gelegt, auch wenn er zuletzt zum positiven Fazit kam, dass beide immer mehr in der Lage sind, die AHL zu dominieren.

Auch die Tatsache, dass Rossis Vertrag bei zehn NHL-Spielen bereits heuer in Kraft treten würde und so im Sommer 2024 (statt 2025) neu zu verhandeln wäre, wird Guerin immer wieder als Beweggrund gegen einen Rossi-Recall unterstellt – ob dem so ist, wird nur er wissen.

Doch braucht es überhaupt Gründe dafür, Rossi – der immerhin fast die ganze letzte Saison krankheitsbedingt versäumte – nicht weiter in Des Moines marinieren zu lassen? Liegt der Österreich wirklich gegenüber seiner Draftklasse im Hintertreffen oder geht ohnehin alles nach Plan?

Die Zahlen

Am 6. und 7. Oktober 2020 – durch Corona um Monate nach hinten verschoben – drafteten die 31 NHL-Teams insgesamt 217 Spieler. Von diesen kamen bis zum 31. Dezember 2021 insgesamt 19 Spieler in der Liga zum Einsatz. Allerdings: Von diesen 19 Cracks absolvierten elf Spieler weniger als 10 Spiele. In anderen Worten: Acht von 217 Cracks sind seit einer oder zwei Saisonen NHL-Stammspieler.

Marco Rossi wurde damals an neunter Stelle gedraftet. Wie sieht es mit den Cracks auf den Plätzen vor und nach ihm aus?

#1-Pick Alexis Lafreniere führt mit 89 Spielen die Liste an. Allerdings: Er explodierte bis jetzt im Rangers-Lineup noch keineswegs, kommt meist in der dritten Linie zum Einsatz. 19 Tore und 11 Assists sind keineswegs blamabel, aber natürlich auch nicht Connor-McDavid-mäßig.

#2-Pick Quinton Byfield (dessen hoher Draftstatus keineswegs unumstritten war) kam nach guten AHL-Spielen in der Vorsaison noch zu sechs NHL-Partien bei den Los Angeles Kings. Nach einem Knöchelbruch in einem Pre-Season-Game fiel er heuer lange aus, muss sich jetzt erst bei den Ontario Reign wieder in Form spielen.

#3-Pick Tim Stützle schaut bis jetzt auf 81 Spiele zurück – die 53 in der Vorsaison gelangen ihm wesentlich besser als die 28 heuer. Er versucht sich defensiv weiter zu verbessern, seine Offensive ließ heuer anfangs aus. Sein Potential zu einem NHL-Star ist aber weiter unbestritten.


(Text wird unter dem Video fortgesetzt!)

#4-Pick Lucas Raymond blieb nach dem Draft (die Regeln hätten auch nichts anderes zugelassen) noch ein Jahr bei Frölunda, eher er heuer nach Detroit übersiedelte. In seinen bisherigen 33 Spielen mit 28 Punkten überzeugte er mit Smartness und wunderbaren Händen und gibt den lange leidgeprüften Red-Wings-Fans gemeinsam mit Moritz Seider wieder Hoffnung auf bessere Zeiten.

#6-Pick Jamie Drysdale spielte sich schon in der letzten Saison über das Farmteam in San Diego zu den Anaheim Ducks hoch, wo er heuer Fulltimer ist. Der überaus smarte und laufstarke Defender könnte Stand heute unter den 2020-Picks in seinen bisherigen 59 NHL-Spielen den konstantesten Impakt hinterlassen haben.

#7-Pick Alexander Holtz bekam zu Saisonbeginn sechs NHL-Spiele bei den New Jersey Devils, ehe er zum Farmteam nach Utica bzw. zur Junioren-WM abgestellt wurde. Der schussstarke Flügel wird wohl erst in der nächsten Saison zum NHL-Fulltimer werden.

#10-Pick Cole Perfetti durfte zu Saisonbeginn zweimal für die Winnipeg Jets auflaufen, danach fand sich der kleine, aber offensivstarke Center beim Farmteam Manitoba Moose bzw. beim kanadischen Junioren-Team wieder.

#12-Pick Anton Lundell hinterließ bei seinen 27 Spielen für die Florida Panthers heuer einen exzellenten Eindruck. Seine 15 Punkte waren eigentlich auch mehr, als man dem überaus verlässlichen Center zutrauen hätte können. Er steht am Anfang einer sehr langen NHL-Karriere.

#13-Pick Seth Jarvis überzeugte die Carolina Hurricanes in der Pre-Season so, dass sie ihm einen NHL-Spot garantieren mussten. Er spielte bis jetzt in 21 von 30 möglichen Spielen in einem überaus tief besetzten Team.

So weit also die Cracks, die vor und knapp hinter Marco Rossi gedraftet wurden und ihm NHL-Spiele voraushaben. Wie er noch ohne NHL-Einsätze: #5-Pick Jake Sanderson (Ottawa Senators, noch im College und bei der Junioren-WM), Rossis ehemaliger Ottawa-67s-Mitspieler Jack Quinn (#8), der nach guten Spielen im Buffalo-Farmteam Rochester jetzt mit Pfeifferschem Drüsenfieber flachliegt, sowie Goalie Yaroslav Askarov (#11, Nashville), der noch in St. Petersburg unter Vertrag steht, bei der Kurz-Junioren-WM allerdings wieder flatterte.

Von den hinter Rossi gezogenen Cracks konnte sich heuer Dawson Mercer (#18, heuer 33 Spiele für New Jersey) als NHL-Stammkraft etablieren. Gleiches würde auch für Yegor Chinakhov gelten, der heuer 20 Spiele für Columbus bestritt. Nur: Der Russe ist mit Geburtsdatum Februar 2001 der älteste dieser Cracks und blickt auf KHL-Erfahrung zurück. Die Blue Jackets hätten sich bis jetzt sicher mehr als nur einen Treffer erwartet.

Derzeit vor Rossi

Lafreniere, Stützle und Drysdale stehen in ihrer zweiten NHL-Saison, Drysdale konnte sich zuerst in der AHL auf die Umstellung vom Junioren-Hockey gewöhnen und steht deshalb vielleicht sogar am besten da.

Raymond, Lundell, Jarvis und Mercer stiegen erst heuer in die NHL ein und etablierten sich dort auch vollinhaltlich.

Das macht insgesamt sieben Spieler aus Rossis Draftjahr, die ihm derzeit eine oder zwei Nasenlängen voraus liegen. Der Rest waren kurze Gastspiele innerhalb der 10-Spiele-Grenze bzw. mit Chinakhov ein Crack, der sich erst in der NHL akklimatisieren muss.

Guerin sinistre Motive zu unterstellen, die Rossi aus der NHL fernhalten, ist daher Unsinn, noch dazu, wo die Wild heuer eine sehr gute Saison spielen. Der Österreicher liegt sicher im Zeitplan – nicht davor, aber ganz sicher auch nicht entscheidend dahinter.

Steigt Rossi ins Taxi ein?

Er könnte in den nächsten Wochen dem Wild-Kader näher rücken, allerdings mit dem kuriosen Nebeneffekt, dass er vielleicht weder in der NHL noch in der AHL aufläuft. Aufgrund der Covid-Problematik führte die NHL wieder die aus der vergangenen Saison bekannten Taxi Squads ein. Dabei handelt es sich um Spieler, die mit dem NHL-Team trainieren und reisen können, ohne dabei die Payroll zu belasten. Rossi erfüllt alle Kriterien für diese Art von Cracks, die bis zu 20 Tagen in der Taxi Squad verbleiben können. Zu dieser Gruppe gehören bei den Wild seit kurzem die beiden Verteidiger Calen Addison und Dakota Mermis sowie Connor Dewar, der damit eigentlich der 13. Stürmer im Wild-Kader ist.

Ob der Status eines Taxi-Squad-Players wirklich so erstrebenswert ist? In der letzten Saison versauerte so mancher Crack ohne oder mit wenig Spielpraxis in dieser Gruppe und Rossi, der heuer auch schon einige Spiele verpasste, braucht gerade diese. Ähnliches gilt auch für Matt Boldy, der in dieser Saison schon zwei Knöchelverletzungen erlitten hat.

Beide nur als Zuseher oder als Teilzeitkräfte in den Wild-Kader zu holen, ergibt nicht unbedingt Sinn. Allerdings: Omikron könnte bald bei allen NHL-Teams langfristige Pläne zu Makulatur machen. Schon jetzt müssen einige Teams auf Cracks zurückgreifen, die halt im Gegensatz zu anderen einfach negative Covid-Tests hingelegt haben.

Auch wenn heutzutage schnelle Urteile en vogue sind: Welche Rolle Rossi inmitten seiner Draftkollegen aus dem Jahr 2020 und in der Organisation der Minnesota Wild spielen wird, wird sich über Jahre und nicht innerhalb der nächsten Wochen und Monate weisen. Ein Zwischenfazit wie dieses kann zwar interessant sein, in einigen Jahren aber höchstens als Fußnote dienen.

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