Weihnachtsboni? Neujahrsgeld? Schon lange ausbezahlt und von den meisten wohl auch bereits längst ausgegeben.
In der NHL spielen Boni über die ganze Saison eine Rolle. Dabei können die kuriosesten Dinge für riesige Unterschiede auf den Konten der Spieler sorgen.
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf die sogenannten "Performance Bonuses" - wie 0,005 Punkte einen Unterschied von zwei Millionen US-Dollar ausmachen können und warum Untätigkeit mitunter mehr Geld gebracht hätte ...
Wie unterscheidet sich ein "Performance Bonus" von einem "Signing Bonus"?
Der "Signing Bonus" fällt - wie der Name schon sagt - bei der Vertrags-Unterschrift an. Er ist Teil des Spielergehalts, fällt also unter die Salary Cap und kann höchstens zehn Prozent des Jahresgehalts ausmachen.
Dass diese unter anderem in letzter Zeit von Agenten dazu benützt werden, um Buyouts zu umgehen und sich für einen Lockout 2020/21 zu wappnen, habe ich ja schon kurz angeschnitten (HIER nachzulesen) und würde eine ganze Story hergeben.
Aber schauen wir diesmal auf die "Performance Bonuses" - diese werden durch sportliche Leistungen erreicht, können so über die ganze Saison hin fällig werden und sind im Salary Cap nicht so leicht einzuplanen.
Wer hat ein Recht auf Performance Bonuses?
Nur drei Spieler-Gruppen:
- Spieler mit "Entry Level Deals", sprich ihren ersten Verträgen.
- Spieler, die über 35 Jahre alt sind und einen Ein-Jahres-Vertrag unterzeichnen.
- Ein Spieler, der einen Ein-Jahres-Vertrag unterschreibt, über 400 NHL-Spiele bestritten hat und in der letzten Saison 100 Tage lang verletzt (=auf "Injured Reserve") war.
Wie beeinflussen diese Boni den Salary Cap?
Sie fallen eben bei Erreichen gewisser Meilensteine an, werden daher während oder spätestens mit Ende der Saison schlagbar.
Damit kann ein Team, das ohnehin schon an die Gehalts-Obergrenze klopft, diese auf einmal während der Saison überschreiten. Allerdings werden nicht alle diese Boni auf die Salary Cap angerechnet (siehe unten).
Was passiert dann? Muss das Team Spieler abgeben?
Nicht unbedingt - die Teams haben einen Puffer von 7,5 Prozent der aktuellen Gehalts-Obergrenze (aktuell 75 Millionen US-Dollar) für diese Boni. Sie müssen zwar eingeplant werden, fallen aber eben erst bei Erreichen an, und das Upper Limit kann um diese 7,5 Prozent überschritten werden.
Allerdings: Kommt es wirklich so weit, wird dieser Mehrbetrag in der darauffolgenden Saison für das jeweilige Team vom Upper Limit abgezogen – das Problem verschiebt sich eben in die Folge-Saison. Das betraf heuer gleich zehn Teams, darunter die Maple Leafs mit über 5 Mio. US-Dollar aufgrund der Vorjahresleistungen ihrer Youngsters Auston Matthews, William Nylander und Mitchell Marner.
Warum gibt es diese Performance Bonuses?
Sie betreffen eben vor allem die Entry-Level-Spieler, sprich Spieler unter 24 Jahren, oder - im Falle von europäischen Free Agents - 27 Jahren. Für sie ist die Vertragslänge (maximal 3 Jahre - für jedes Alter vorgegeben) und Gehaltshöhe (maximal 925.000 US-Dollar) im Collective Bargaining Agreement ("CBA", der "Tarifvertrag" zwischen Teams und Spielergewerkschaften) fixiert. Der befasst sich vor allem mit dem Wohl und Wehe der älteren Spieler, die jüngeren Cracks müssen eben über diese Hintertür leistungsadäquat entlohnt werden. Sie können so ihre Gehälter vervielfachen – ein Zuckerl, damit sie nicht eventuell nach Europa abwandern oder sonstige Zicken bei der Vertragsunterzeichnung machen.
Wie sehen diese Boni aus?
Sie werden in sogenannte A- und B-Boni unterteilt:
A-Boni:
Tore, Assists, Punkte, Punkte pro Spiel, Plus/Minus (wird dieser Wert im nächsten CBA schon von Corsi-Zahlen abgelöst?), Save Percentages oder Gegentore pro Spiel bei Goalies. Dazu kommen auch Einberufungen zum All-Star-Game oder eine Nominierung ins All-Rookie-Team.
Die Stats hier sind mit einer Untergrenze versehen (z.B. 20 Tore für Stürmer, 10 für Defender). Pro Kategorie dürften maximal 212.500 US-Dollar ausbezahlt werden – also nicht etwa 200.000 US-Dollar für 20 Tore und nochmals 100.000 für 30 Tore. Bei der Summation dieser Kategorien gibt es aber keine Obergrenze.
B-Boni:
Hier geht es um die von der NHL vergebenen Trophäen am Saisonende – z.B. Hart (MVP), Norris (bester Defender), Selke (bester Defensivstürmer), Rocket Richard (Torschützenkönig) oder Vezina (bester Torhüter). Sogar der Lady-Byng-Fairnesspreis ist hier angeführt.
Die Boni sind hier vom Gewinner bis zum Fünfplatzierten gestaffelt. Dazu kommen noch Top-10-Platzierungen in den Abschluss-Statistiken für Tore, Assists, Punkte und Eiszeit sowie den Torhüter-Statistiken (alle gestaffelt von 10.000 bis 150.000 US-Dollar). Alle diese Boni sind genau vorgegeben, können aber wieder nebeneinander erreicht werden.
Der gravierende Unterschied zwischen den beiden Gruppen? Die A-Boni werden vom Team ausverhandelt und bezahlt. Sie belasten den Salary Cap. Die B-Boni sind Standard, werden von der Liga ausbezahlt und sind vom Salary Cap ausgenommen.
Allerdings: Warum sollte im CBA etwas einfach sein? Die Teams können diese B-Boni ebenfalls ausbezahlen, sprich sie duplizieren, allerdings nur bis zu einer Höhe von zwei Millionen US-Dollar pro Spieler.
Diese Boni werden auch oft miteinander verquickt - sprich, ein Spieler muss zwei von vier oder drei von fünf dieser Targets erreichen.
Streitereien und Kuriositäten:
Der CBA versucht, alle Eventualitäten festzuhalten – ein Torhüter, der das Eis zugunsten eines sechsten Feldspielers verlässt, bekommt die verpasste Zeit angerechnet. Trotzdem kann es zu knappen Situationen kommen, und die nehmen dann kuriose Formen an.
Jonathan Drouin etwa hatte selbst nach seinem Trade zu den Montreal Canadiens mit seinem alten Team Tampa Bay Lightning noch eine Rechnung offen. Er hatte einen A-Bonus in seinem Vertrag stehen – 212.500 US-Dollar für einen Punkteschnitt von 0,73 pro Spiel (das genau im CBA für diese Kategorie festgehaltene Minimum). Diese schien er mit 53 Punkten in 73 Spielen der Saison 2015/16 auch knapp erreicht zu haben. Nichts da, sagten die Lightning-Vertreter, die mit Drouin ohnehin stets ein gespanntes Verhältnis hatten - die genaue Zahl war ihrer Meinung nach 0,726, wenn man die kaufmännische Rundung außer acht ließ. Die Sache landete vor einem Schiedsgericht - man einigte sich auf 90 Prozent des Betrags.
Nicht so glücklich war Buffalo-Star Jack Eichel - er fiel im letzten Spiel der vergangenen Saison um einen Bonus von zwei Millionen US-Dollar um. Diesen hätte er für eine Top-10-Platzierung in der Kategorie "Punkte pro Spiel" erhalten. Da überholte ihn Edmontons Leon Draisaitl mit zwei Punkten in dessen letztem Spiel - die Differenz zwischen den beiden: 0,94 für Draisaitl, 0,93 für Eichel – ohne kaufmännische Rundung: 0,005 Punkte. Hätte Eichel wegen seiner Knöchelverletzung zu Saisonbeginn 22 statt tatsächlich 21 Spielen versäumt, hätte er die zwei Millionen einstreichen können...