news

Das erwartet Marco Kasper bei Detroit Red Wings

Bernd Freimüller blickt auf die kurz- und langfristige Zukunft von Marco Kasper:

Das erwartet Marco Kasper bei Detroit Red Wings Foto: © GEPA

Die Detroit Red Wings ziehen Marco Kasper an achter Stelle des NHL-Drafts 2022 und machen den 18-jährigen Kärntner zum vierten Österreicher, der in der ersten Runde gedraftet wird (Das sagt Marco Kasper nach dem Draft >>>).

Nach den Entwicklungen der letzten Wochen keine Sensation mehr (HIER Nachlesen >>>).

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller blickt auf diese einstmals so erfolgreiche Organisation, die nach schweren Jahren wieder (leicht) nach oben trendet und wie die kurz- und langfristige Zukunft von Kasper bei den Red Wings aussehen kann:

Die Organisation

Die Red Wings galten in den 90er- und 00er-Jahren als Vorzeigeorganisation der NHL, gewannen auch viermal den Stanley Cup (97, 98, 02, 08).

Nachdem 2017 der 25-jährige Playoff-Streak zu Ende ging, fand die Post Season stets ohne Detroit statt. Seit Steve Yzerman 2019 den GM-Posten von Ken Holland übernahm, sind die Fans aber wieder optimistischer.

Es scheint, als ob sich (dank einiger toller Draftpicks) eine rosigere Zukunft abzeichnet.

Die letzte Saison

Die Red Wings beendeten die Spielzeit 2021/22 an sechster Stelle der Atlantic Division, von einem Playoff-Platz in der Eastern Conference waren sie 26 Punkte entfernt.

Nach sieben Jahren musste Jeff Blashill gehen, sein Nachfolger ist mit Derek Lalonde ein Assistant Coach des Stanley-Cup-Finalisten Tampa Bay Lightning. Der 49-jährige gilt als Player's Coach, sein letzter Head-Coaching-Job war bei den Iowa Wild von 2016 bis 2018 in der AHL.

Er gilt als Vertreter eines Puck-Possession-Stils, der seinen Spielern in der Offensive durchaus Freiheiten einräumt.

Das Team

Das Gute gleich vorweg: Die Red Wings haben keinerlei Cap-Probleme, verfügen über knapp 30 Millionen Dollar Cap Space und kein einziger wichtiger Spieler braucht einen neuen Kontrakt.

Kapitän und Teamleader Dylan Larkin geht allerdings in das letzte Jahr seines Vertrags, verfügt auch über eine No-Trade-Clause. Es ist aber zu erwarten, dass Yzerman und Larkin, der vor kurzem seine Agenten gewechselt hat, eine langfristige Übereinkunft finden, auch wenn Yzerman in seiner bisherigen Ägide eher auf kurze Verträge setzte.  

Was die Red Wings auszeichnet: Eine Reihe von Top-Prospects und guten jungen Spielern bereits im Lineup, allen voran Calder-Trophy-Gewinner Moritz Seider und der schwedische Flügel Lucas Raymond (mit 57 Punkten in seiner Debütsaison).

Dazu soll in der nächsten Saison der 19-jährige Verteidiger Simon Edvinsson stoßen, der über großartigen Hockey Sense verfügt.

Woran fehlt's?

Eine Baustelle arbeitete Yzerman schon während des Drafts ab: Zu Alex Nedeljkovic (in seiner ersten Saison in Detroit wechselhaft) kam als zweiter Goalie Ville Husso von den St. Louis Blues.

Der Dritte im Bunde: Der Finne Juho Olkinuora, der gerade WM-Gold gewonnen hat. Der Erstrunden-Pick des Vorjahres, Sebastian Cossa, beginnt seine Profikarriere beim Farmteam in Grand Rapids. Thomas Greiss und Magnus Hellberg sind kein Thema mehr.

In der Defensive wird Yzerman in der Free-Agent-Phase sehr aktiv werden müssen. Selbst wenn Edvinsson einschlägt, braucht er mehrere Defender für die linke Seite. Mit Nick Leddy als Routinier wurde Yzerman in der letzten Saison aber nicht glücklich. Marc Staal könnte auch mit 35 Jahren als Charakterspieler noch ein Jährchen bleiben.

Ebenfalls vonnöten: Ein Center hinter Larkin. Pius Suter, Michael Rasmussen (mit einer sehr guten zweiten Saisonhälfte), Robby Fabbri und Joe Veleno waren entweder zu hoch gereiht oder spielten am Flügel.

Mitchell Stephens wird (bei Vertragsverlängerung) wieder ein Kandidat für die vierte Linie sein, was die Centerpositionen zwei und drei offenhielte. Der zur Trading Deadline im Tausch für Leddy aus St. Louis gekommene Oskar Sundqvist könnte auch in die Mitte rücken, ohne hier große Scorerzahlen zu versprechen.

Die große Frage: Sucht Yzerman hier eine Lösung für mehrere Jahre oder einen Free Agent mit einem kurzen Vertrag? Ein Mann wie Andrew Copp – am 13. Juli sicher hochbegehrt – könnte ein Mann für eine zweite oder dritte Linie sein. Auch ein weiterer Flügel für die Top-6 steht auf Yzermans To-Do-List.

Die langfristige Zukunft von Marco Kasper

Marco Kasper mit Kris Draper (li.) und Steve Yzerman (re.)
Foto: © getty

Die Centerposition der Red Wings ist derzeit wie erwähnt suboptimal besetzt. Die Red Wings hatten zwar in den letzten sechs Drafts immer einen Top-10-Pick, der einzige gedraftete Mittelstürmer in diesem Zeitraum war Rasmussen 2017 – seine Entwicklung ging aber langsam vonstatten und sein Limit könnte ein guter Drittlinienspieler sein.

Theodor Niederbach (Frölunda) und Robert Mastrosimone (Boston University) sind jüngere Pivots mit Upside, beide aber noch Jahre von der NHL entfernt. Etwas weiter ist schon Pontus Andreasson (als Free Agent aus Lulea verpflichtet), der 22-jährige Schwede ist aber ebenso für Grand Rapids vorgesehen wie der baumlange Winger Elmer Söderblom.  

Die Red Wings sind also eine Organisation, die nicht gerade bis zu den Knien in Top-Centern herumwatet. Allerdings kann sich so etwas schnell ändern. Siehe die Minnesota Wild, wo Marco Rossi eigentlich das Loch in der Mitte schleißen sollte. Jetzt sind dort aber Joel Eriksson Ek und Ryan Hartman (nach einer tollen Saison) als One-Two-Punch vorgegeben.

Auch in Detroit könnten Larkin und ein noch zu holender Free Agent die Center-Rollen auf Jahre hinaus für sich einnehmen. Umgekehrt könnte Larkin nach der nächsten Saison das Weite suchen (hört sich aber nicht danach an), ein Free Agent nur für kurze Zeit kommen oder versagen und die Center-Position wäre ein noch größeres Problem als jetzt.

Allerdings: Wie so viele junge Spieler könnte Kasper seine NHL-Karriere als Flügel beginnen, es bleibt überhaupt abzuwarten, welche Rolle er in Rögle nächste Saison bekommt. Die Red Wings sind aber natürlich gut darüber informiert, dass der Österreicher im Nachwuchsbereich fast durchgehend als Center agierte und Yzerman sieht auch Kaspers Zukunft auf dieser Position.

Scouting-Guru Hakan Andersson war schon zu Beginn der Saison an meinen Eindrücken von ihm aus seinen Jahren in Klagenfurt sehr interessiert – vor allem seine Vergangenheit als Spielmacher (und weniger als Powerforward wie in Schweden) könnte eine zusätzliche Variante ergeben.

Mit Matt Savoie drafteten die Buffalo Sabres einen weiteren Center/Flügel mit großem Upside und das einen Platz hinter Kasper. Die Red Wings hielten das Potential des Österreichers aber offenbar für höher. Die Rolle von Andersson unter Yzerman beweist die folgende Bilanz: Seit 2019 drafteten die Red Wings 12 Spieler in den ersten beiden Runden – neun davon aus Europa, sechs davon aus Schweden.

Die nächste Saison für Marco Kasper

Ein Entry-Level-Deal bereits jetzt würde nicht überraschen, allerdings müsste dieser bis zum 15. Juli abgeschlossen werden (mit Aufschlag von 100.000 Dollar auch bis 15. August möglich).

Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass dieser sofort zum Tragen kommt. Die Centerposition in Detroit ist eben weit offen, zumindest ein Trial Run mit den hinlänglich bekannten neun Spielen wäre möglich.

Schweden und die NHL einigten sich vor einigen Monaten auf einen neuen Transferdeal. Als Erstrundenpick könnte Kasper auch in die AHL gehen, während Spieler aus höheren Runden bis 24 Jahre nur in der NHL oder SHL zum Einsatz kommen können.

Allerdings: Ob Seider, Raymond oder Edvinsson – sie alle spielten nach ihrem Draft noch in der SHL, bei Seider allerdings durch Corona bedingt. Diese Variante ist auch bei Kasper am wahrscheinlichsten, dank Andersson ist das Vertrauen in die SHL als Ausbildungsliga natürlich grenzenlos.

Die Variante mit den Ottawa 67's, die den Österreicher diese Woche im CHL-Import-Draft zogen (HIER Nachlesen >>>), ist bei den Red Wings wohl noch unwahrscheinlicher als bei anderen Organisationen. Schließlich hat er auch noch ein Jahr Vertrag in Rögle.

Fazit: Sollte der Entry-Level-Deal (natürlich wird Kasper die Höchstgrenze von 925.000 Dollar bekommen) mit den Red Wings innerhalb der nächsten Tage unterzeichnet werden, können sie über Kaspers Destination für die Saison 22/23 bestimmen, also NHL, AHL oder eine Leihe nach Ängelholm (egal ob von Beginn der Saison an oder erst später).

Ohne Vertrag bleibt Kasper sicher bei Rögle, was für mich aber so oder so die wahrscheinlichste Variante ist.

Im Gegensatz zu Kasper muss sich der zweite österreichische Draftpick, Vinzenz Rohrer (zu den Montreal Canadiens) über seine unmittelbare Zukunft nicht den Kopf zerbrechen: Bis ihm die Canadiens in spätestens zwei Jahren einen Vertrag anbieten müssen, wird er in der OHL bei den Ottawa 67's bleiben, allerdings ohne Kasper als Nebenspieler.


Kommentare