Beinahe täglich unterschreiben momentan europäische Cracks NHL-Verträge. Wieso gerade jetzt? Worin unterscheiden sich die Verträge? Was bekommen die europäischen Teams dafür?
Ein Blick auf vier deutsche und einen Schweizer Crack, die heuer NHL-Verträge unterschrieben.
Brooks Macek (Red Bull München, 25 Jahre, Vegas Golden Knights)
1 Jahr, Gehalt 650.000 USD (kein Signing oder Performance Bonus), AHL-Gehalt 175.000
Yasin Ehliz (Nürnberg Ice Tigers, 25, Calgary Flames)
1 Jahr, 730.000 USD (inklusive Signing Bonus von 80.000, Performance Boni 70.000), AHL 70.000
Dominik Kahun (Red Bull München, 22, Chicago Blackhawks)
2 Jahre, pro Jahr 925.000 (inkl. Signing Bonus von 92.500, Performance Boni 2,85 Mio.), AHL 70.000
Michael Fora (Ambri-Piotta, 22, Carolina Hurricanes)
2 Jahre, 1. Jahr: 700.000 (inkl. Signing Bonus von 50.000, keine Performance Boni), AHL 70.000
Maxi Kammerer (Düsseldorfer EG, 21, Washington Capitals)
3 Jahre, 1. Jahr: 792.500 (inkl. Signing Bonus von 92.500, Performance Boni 132.500), AHL 70.000
Die unterschiedlichen Vertragslängen:
Wieso bekommt Kammerer drei Jahre und Ehliz nur eines? Da gibt's nichts zu verhandeln, die Vertragslängen sind nach Alter gestaffelt.
Mit 21 Jahren wie bei Kammerer geht sich noch ein Drei-Jahres-Vertrag aus, bei einem 25-jährigen Spieler wie Ehliz sind nur Ein-Jahres-Verträge erlaubt. Im Gegensatz zu nordamerikanischen Spielern gilt das für Europäer sogar bis zum 27. Lebensjahr.
Warum sind das alles Zwei-Weg-Verträge? Schlecht verhandelt?
Auch das ist vorgegeben: Alle diese Verträge sind durch das "Entry Level System" für die jeweils ersten Verträge vorgeschrieben.
Ein Ein-Weg-Vertrag für einen europäischen Free Agent wäre erst ab dem 28. Lebensjahr möglich. Der Zusatz "Two-Way-Vertrag" in den Pressemeldungen ist daher meist überflüssig. Alle diese Spieler können ohne Probleme in die AHL geschickt werden, ihr Gehalt dort ist vorgegeben. Brooks Macek hat zwar das kleinste NHL-Gehalt, kann sich aber dafür nicht nur über das höchste AHL-Salary freuen: Ihm sind vertragsgemäß überhaupt 250.000 Dollar garantiert, egal wo er spielt.
Macek wird aufgrund seiner Junioren-Zeiten in Nordamerika (Detroit draftete ihn 2010, ließ aber seine Rechte verfallen) nicht als "European Player" angesehen. Für ihn gilt daher nicht das AHL-Höchstgehalt für Rookies von 70.000 Dollar wie für die vier anderen Spieler und auch nicht etwaige Höchstgrenzen bezüglich Vertragshöhe oder -länge, die frei verhandelbar waren. Er wäre auch der einzige Kandidat für einen Ein-Weg-Vertrag gewesen.
Macek müsste selbst bei einer vollen NHL-Saison mit dem Liga-Minimum von 650.000 Dollar vorlieb nehmen. Dominik Kahun dagegen würde bei einem vollen Jahr im Blackhawks-Kader das Rookie-Maximum von 925.000 Dollar einstreifen.
Mindestalter für NHL-Verträge:
Nicht nur nach oben sind die Verträge genau geregelt und unterscheiden sich von denen der Nordamerikaner. Ein Free Agent in Europa ist, wer älter als 20 Jahre ist und noch nicht gedraftet wurde – das gilt also heuer für Spieler mit dem Geburtsjahr 1997 und älter.
Im letzten Jahr hätte Kammerer noch durch den Draft gehen müssen. Für Nordamerikaner gilt das jeweils schon ein Jahr früher, mehr als zwei Drafts müssen sie nie durchlaufen, bevor sie zu Free Agents werden.
Warum unterschrieben gerade jetzt so viele Spieler - Ehliz, Macek und Fora etwa in der letzten Woche?
Ganz einfach: Die Deadline für europäische Free Agents ist der 15. Juni. Das ist so im IIHF-NHL Agreement festgehalten. Das gilt aber nur für Spieler, die bei einem europäischen Team einen aufrechten Vertrag haben, sonst hätten sie noch länger Zeit.
Ebenfalls nicht von Bedeutung war diese Deadline für Michael Fora: Die Schweiz (wie auch die KHL) hat dieses Abkommen nicht unterschrieben.
Als Beginn dieser Transferzeit gilt der letzte Tag der jeweiligen Liga bzw. der letzte A-WM-Tag, wenn ein Spielern dort teilnimmt. Dominik Kahun konnte seine Freude über seinen Vertrag, den er schon nach Olympia unterschrieben hatte, nicht mehr für sich behalten und postete diesen schon vor der WM. Es war ohnehin schon ein offenes Geheimnis, doch die Blackhawks mussten sich natürlich an die Regeln halten und machten Kahuns Vertrag erst am Montag nach dem WM-Finale publik.
Oft geistert auch der 15. Juli als Deadline durch die Medien – das gilt jedoch nur für gedraftete Spieler in ihrem Draftjahr. Dieses Datum kann sogar noch bis zum 15. August hinausgezögert werden, dann kommt aber ein Aufschlag von 100.000 Dollar noch mit drauf.
Müssen die europäischen Teams die Spieler einfach so ziehen lassen?
Die deutschen Teams – ja! Das IIHF-NHL-Agreement ist eben so abgefasst, dass die Teams bis zum 15. Juni ihre Spieler freigeben müssen, Ausstiegsklauseln sind daher unnötig. Später geht dann nichts mehr (obwohl man sich etwa in Österreich noch an den ziemlich illegalen Fall um Thomas Raffl erinnert), dieses Datum soll eben noch geordnete Saison-Planungen ermöglichen.
Die Teams dürfen sich über eine Entschädigung von 260.000 Dollar freuen, zahlbar je zur Hälfte am 30. September und am 30. Mai. Oft trudelt dieser Betrag aber schon früher ein.
Anders sieht es beim Schweizer Michael Fora aus. Die Schweiz mit ihrer NL unterwirft sich nicht dem Transfer-Abkommen, Fora hatte aber eine Ausstiegsklausel für die NHL in seinem Vertrag eingebaut. Ambri schaut daher finanziell durch die Finger.
Ebenfalls interessant: Kahun, Kammerer und Ehliz haben schon Klauseln in ihren Verträgen über eventuelle Assignments nach Europa eingebaut, die dann unter gewissen Voraussetzungen zum Tragen kommen würden.
Yasin Ehliz hat aber einen großen Fürsprecher bei den Flames: Der neue Associate Coach Geoff Ward kennt ihn nicht zuletzt von der letzten A-WM, als Ward Marco Sturm assistierte, und ohne seinen Input hätte der Nürnberger keinen Vertrag erhalten...