Die durch das Coronavirus verkürzte NHL-Saison (von 82 auf 56 Spiele) bringt natürlich neue Regeln mit sich. Eine davon ist die für unsere Ohren etwas kurios klingende Taxi-Squad-Regel.
Was bedeutet das? Dürfen die Spieler wegen Covid nicht mehr mit den Privatautos zu den Spielen kommen? Wurde Uber abgeschafft?
Ein Versuch der Aufklärung von LAOLA1-Experte Bernd Freimüller, welche besonderen Regeln gelten:
Was steckt hinter dem Namen "Taxi Squad"?
Das ist eine in Nordamerika übliche Bezeichnung für eine Gruppe von Spielern, die sich neben dem Grundkader für Einsätze bereithalten soll. Kennt man auch als "Black Aces". In der NHL etwa in den Playoffs ein Thema, wenn sowohl die Kadergrenze (23) als auch der Salary Cap außer Kraft treten. Da können dann unbegrenzt AHL-Spieler mittrainieren und im Eventualfall zum Einsatz kommen.
Heuer gilt das aber schon in der Regular Season?
Ja! Die Teams können zu ihrem 23-Mann-Kader sechs weitere Spieler nominieren, die mit dem Team trainieren und reisen können. Dabei wird es sich vor allem um AHL-Spieler handeln. Durch Corona kann es passieren, dass man kurzfristig Spieler braucht. Außerdem beginnt die AHL erst Anfang Februar und da auch nur mit 28 statt 31 Teams. Dazu kommen noch die Grenzprobleme und Quarantäne-Bestimmungen, sodass das Einfliegen von AHL-Spielern nur sehr schwer möglich wäre.
Wie genau sehen die Regeln hier aus?
Zu den maximal 23 Spielern des Grundkaders kommen mindestens vier bis maximal sechs weitere Spieler dazu. Insgesamt müssen die Teams aber mindestens drei Goalies bei diesen 29 Cracks dabei haben, was wohl auf zumindest einen in der Taxi Squad hinausläuft. Jeder dieser Spieler kann ab dem letzten Tag des Trainingscamps bis um 17 Uhr Eastern Time des jeweiligen Spieltags für das NHL-Team angemeldet werden, Goalies im Krankheitsfall sogar jederzeit. Für sie gelten aber die üblichen Waiver Regeln – eine weitere Parallele zu den Wechseln aus und in die AHL.
Die Taxi-Squad-Spieler trainieren und leben mit den Teams, können (müssen aber nicht) mit ihnen zu den Auswärtsspielen reisen. Sie können aber nicht parallel zum Dasein in der Taxi Squad mit den AHL-Teams trainieren oder gar spielen. Bei Verletzungen oder Krankheiten können sie durch andere Spieler ersetzt werden. Allerdings: Die Quarantäne müssen neuangeforderte AHL-Cracks bereits als Taxi Squad-Spieler verbringen.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Was bringt das den Teams?
Wie gesagt – kurzfristig verfügbare Spieler für den Fall von positiven Covid-Tests oder auch ganz normalen Ausfällen, die Kader wachsen de facto von 23 auf 29 an. Und auch finanziell können die Spieler zu Sonderkonditionen spielen: Cracks mit Zwei-Weg-Verträgen in der Taxi Squad bekommen nämlich ihr AHL-Gehalt. Im Normalfall würden AHL-Cracks nach Recalls ihr NHL-Gehalt beziehen, heuer eben nicht.
Die paar Netsch? Spielen die denn wirklich eine Rolle?
Unterschätze nie das Einfallsreichtum der Capologists, sprich der NHL-Angestellten, die sich mit den Gehältern und der Salary Cap befassen. Vor allem bei Organisationen, die mit jedem Cent haushalten müssen, um ihr Team cap-fit zu machen, wird jedes Schlupfloch ausgenutzt.
So manches Team könnte statt der üblichen 22 oder 23 nur 20 Cracks mit sich führen – die Gehälter von ihnen machen ja den Cap Hit aus und mehr passen auch nicht auf einen NHL-Spielberichtsbogen. Bei Ausfällen rückt dann ein Spieler der Taxi Squad ins Lineup, wird dann am nächsten Tag wieder dorthin retourniert und so kann das theoretisch die ganze Saison gehen. Statt vom 13. Jänner bis zum Saisonende stets im Kader zu stehen, tun sie das dann nur an Spieltagen. Ihr Gehalt fällt dann etwa nur für 56 Tage als für die ganze Regular Season bezüglich der Salary Cap ins Gewicht.
Bei Ein-Weg-Verträgen bekommen die Spieler ihr NHL-Geld trotzdem für die ganze Saison, der Cap-Hit fällt aber nur für angemeldete Tage an. Wenn die Spieler waiver-exempt (von Waivers ausgenommen) sind, ist ein weiteres Problem ausgeschaltet. Sind sie das nicht, könnten sie natürlich verloren gehen, das aber auch nicht bei jeder Phase dieses Ping-Pong-Spiels. Denn sind sie einmal durch die Waivers durch, können sie munter hin- und hergeschoben werden, bis sie entweder 10 NHL-Spiele gespielt oder 30 Tage akkumuliert angemeldet waren.
Solche Spielchen können nicht nur aktuelle Probleme mit der Salary Cap beseitigen, sondern auch dafür sorgen, dass zur Trading Deadline am 12. April für ein Polster für Neuverpflichtungen gesorgt ist.
Genug der Theorie – was bedeutet das für die NHL-Österreicher?
Michi Raffl wird ganz normal auf der Active Players List der Flyers stehen. Michi Grabner – nur der Himmel weiß, ob und wo wir ihn sehen werden. Aber diese Malversationen könnten ihm schon bei einem neuen Vertrag zugutekommen. Sehen wir ihn in einer Taxi Squad?
Marco Rossi? Spieler mit Erstverträgen wie er sind immer von Waivers ausgenommen. Normalerweise könnte er nicht in der AHL spielen (lassen wir das Loophole mittels Leihvertrag durch den ZSC einmal beiseite), damit auch nicht in der Taxi Squad stehen. Da aber seine eigentliche Mutterliga, die OHL, derzeit pausiert und er quasi keine Heimat hat, könnte er zu diesen 6 Spielern gehören. Eine No-Move-Clause, die ihn von einem Abschieben in die AHL sprich Taxi Squad bewahren würde, kann er natürlich als Rookie nicht haben.
Noch zu einer anderen Regel, die zwar mit der Taxi Squad nichts zu tun hat, aber mit Corona: Normalerweise können Spieler mit Entry-Level-Deals neun Spiele in der NHL bestreiten, dann in die AHL, Juniorenliga oder Europa gehen und der Drei-Jahres-Vertrag bleibt weiter aufrecht. Erst ab dem zehnten Spiel ist das erste Vertragsjahr verbrannt.
Durch die verkürzte Saison heuer wurden auch diese Deadlines aliquot angepasst. Rossis Vorspielen könnte heuer sechs Spiele lang dauern, bevor sich die Wild entscheiden müssen, ob sie ihn behalten oder nicht. Sechs Spiele bedeuten persönliche für Rossi, nicht die Wild, das kann man so über Monate lang hinaus zögern.
Die Taxi Squad – wieder ein neuer Begriff für NHL-Fans, der schon zu Saisonbeginn (wieso dieser Spieler und kein anderer?) für muntere Diskussionen sorgen wird...