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Kommentar: Marco Rossi wird auch diese Hürde nehmen

Den Schritt zurück nach Iowa wäre der Feldkircher lieber nicht gegangen. Doch er hat bereits manch größere Hürde überwunden und muss das große Ganze sehen.

Kommentar: Marco Rossi wird auch diese Hürde nehmen

"Worauf wartet Minnesota so lange?"

"Der Junge muss doch spielen!"

"Weshalb muss er auf der Tribüne versauern?"

"Woher soll er sein Selbstvertrauen nehmen?"

"Minnesota und Marco Rossi – das passt nicht zusammen."

Viele Meinungen wurden in den letzten Tagen und Wochen abgegeben.

Zu den Leistungen von Marco Rossi. Zum Umgang der Wild mit ihrem Juwel. Aber auch Positive, zum Beispiel warum sich der junge Mann aus Feldkirch trotz allem durchsetzen wird.

Das Thema Marco Rossi, es polarisiert. Nicht nur in Österreich, wo die Spiele des Youngsters mit Argusaugen beobachtet werden.

Nein, sogar in Saint Paul, Minnesota ist der 21-Jährige das Gesprächsthema Nummer eins. Und das, obwohl er (noch) gar nicht der Star der Franchise ist.

Aber er könnte einer werden. Betonung auf könnte, denn dazu fehlt ihm freilich noch einiges. Das ist gar nicht kritisch gemeint, sondern eine realistische Einschätzung.

In der Heimat wird er bereits als Star abgestempelt, ist Rossi schließlich unser einziger aktiver NHL-Export und österreichischer Hoffnungsträger.


LAOLA1 überträgt auch am kommenden Wochenende wieder ein Spiel aus der NHL. Am Sonntag (21 Uhr im LIVE-Stream >>>) treffen die Minnesota Wild auswärts auf Michael Raffls Ex-Klub, die Dallas Stars.


Die erste Hürde

Und die Hoffnung, die verbindet Österreich und Minnesota. Denn rund um den NHL-Draft vor zwei Jahren, als die Wild den damaligen OHL-Topscorer der Ottawa 67’s wählten, entstand ein großer Hype.

Warum? Nun ja, die Center-Position war auf lange Sicht das große Fragezeichen der Franchise.

Vereinslegende Mikko Koivu wurde 2020 nach 16 Jahren verabschiedet, dahinter drängte sich maximal Joel Eriksson Ek auf, der jedoch vier Jahre Anlaufzeit brauchte, ehe ihm der Knoten aufging.

Und dann? Dürre. Daher war Rossi der "perfect fit", nicht wenige sahen einen Heilsbringer in ihm. DEN First-Line-Center der Zukunft.

(Text wird unter dem VIDEO fortgesetzt)

Dean Evason im exklusiven LAOLA1-Talk:

Der Druck wurde ihm praktisch von der ersten Sekunde an auferlegt. Nicht nur von den Fans, natürlich waren auch die Medien daran beteiligt.

Doch Rossi hatte gleich zu Beginn einfach Pech. Nicht, weil er von Minnesota gedraftet wurde. Nein, die Corona-Pandemie machte auch vor dem jungen Vorarlberger nicht Halt. Und stellte seine Karriere früh auf die Kippe.

Eine Herzmuskelentzündung brachte neben einer monatelangen Pause auch Todesängste mit sich. Nicht einmal die Ärzte konnten sagen, ob Rossi jemals wieder am Eis stehen wird.

Ein Jahr verlor er in seiner Entwicklung. In diesem Jahr vielleicht auch manchmal den Glauben daran, sich den Traum von der NHL erfüllen zu können.

Doch Österreichs dritthöchster NHL-Draftpick hat diese Hürde bravourös – und natürlich mit etwas Glück - genommen.

Die harte Realität

Jetzt baut sich die nächste für ihn auf. Das Jahr 2022, es verlief eigentlich fast schon zu perfekt.

NHL-Debüt am Dreikönigstag, hervorragende Leistungen beim AHL-Farmteam Iowa Wild samt Rookie-Rekorde. Und schließlich die bockstarke Preseason, mit welcher er sich seinen Platz im NHL-Lineup sicherte.

Die war aber schnell nichts mehr Wert. Rossi wurde in Windeseile aufgezeigt, dass zwischen Vorbereitung und Ernstfall nochmal ein großer Unterschied liegt.

Das Tempo, die Härte, die Kreativität – alles auf einem nochmal weitaus höheren Level. Und damit hatte er zu kämpfen. Auch mit dem schlechten Saisonstart der Wild, der nach dem besten Grunddurchgang der Franchise-Historie für große Unruhe sorgte.

Head Coach Dean Evason verzichtete darauf, die schützende Hand über den Rookie zu legen. Viel mehr zeigte er ihm gleich die harte Realität auf.

"Healthy Scratch" im dritten Saisonspiel gegen Colorado. Es war ein deutliches Zeichen des Trainers. Er war nicht davor gefeit, seinen jüngsten Spieler im Lineup für den Erfolg zu opfern.

Dafür handelte er sich viel Kritik ein. Auch für die vergleichsweise geringe Eiszeit, die er Rossi in einigen Spielen gab, musste sich der Kanadier scharfe Worte gefallen lassen.

Aber: "It’s part of the Process", also Teil der Entwicklung des Centers.

Warum Minnesota richtig agierte

Der nach seinem ersten NHL-Punkt weiterhin zu viel nachdachte, in der Defensive ja keinen Fehler begehen wollte.

Machte er auch kaum. Doch darunter litten seine offensiven Qualitäten. Und für die steht er nunmal im Lineup.

Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass er nie die Chance erhalten hat, ein Spiel in der Mitte von Kirill Kaprizov und Mats Zuccarello zu bestreiten.

Aber: Hätte er sich diese Chance überhaupt verdient gehabt?

Das mangelnde Selbstbewusstsein nagte an ihm. Er war nicht mehr frei im Kopf. Damit hätte er der Top-Linie mehr schaden, als sie beflügeln können.

Deshalb verzichtete Evason auf das waghalsige Experiment, schickte ihn erneut auf die Tribüne. Diesmal allerdings nicht für ein Spiel, sondern gleich für vier. Fatal, behaupten nun viele. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache.

Mit Tyson Jost wurde ein Center-Konkurrent auf den Waiver gesetzt, der sogleich von den Buffalo Sabres geschnappt wurde.

Zwei Spiele später verletzte sich Winger Brandon Duhaime, wodurch Nic Petan hochgezogen und zugleich Ryan Reaves aus New York geholt wurde.

Weitere Erkrankungen und angeschlagene Spieler zwangen die Wild förmlich dazu, Rossi noch in Saint Paul zu behalten. Nicht ohne Grund bestritt Rossi am Sonntag sogar noch das Warmup vor dem Spiel gegen die Arizona Coyotes. Es war sicher nicht der Wunsch der Führungsriege, ihren Rookie so lange hinzuhalten.

Die unglückliche Hauptrolle

Der Österreicher spielte in dem Theater aber womöglich selbst die Hauptrolle. Seine getätigten Aussagen, wonach er keinen Sinn dahinter sehe, zurück in die AHL verfrachtet zu werden und sogar im NHL-Training viel mehr dazu lerne, sind – gelinde gesagt – ungeschickt.

Sie zeigten einerseits die vermutlich gerechtfertigte Unzufriedenheit des Feldkirchers auf, brachten ihn jedoch in eine schlechte Ausgangslage und sorgten für Kopfzerbrechen bei den Verantwortlichen.

Denn die mussten wohl einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um Rossi am Montagabend offiziell nach Iowa zu schicken.

Ob er sich selbst damit einen Gefallen getan hat, ist zu hinterfragen. Freilich ist es ein (kleiner) Rückschlag in seinen Ambitionen, ein Full-Time-NHLer zu sein. Aber Rossi muss das große Ganze sehen.

Denn in Des Moines, wo die Iowa Wild beheimatet sind, wird er Unmengen an Eiszeit erhalten. Nicht nur bei numerischer Gleichheit, sondern auch in den Special Teams. Er wird das Um und Auf sein. Er kehrt zu Head Coach Tim Army zurück, der großes Vertrauen in ihn setzt.

Natürlich wird von außen erwartet werden, dass er sofort alles zerreißt. Diesen Fehler darf Rossi selbst jedoch nicht begehen. Stattdessen muss er erst einmal das richtige Mindset finden, um sich nicht gleich in einen Negativstrudel zu bugsieren.

Diese Angst teilen nämlich viele. Und sie ist nach den letzten Aussagen berechtigt. Doch Rossi muss sehen, dass die Franchise weiter an ihn glaubt – und das tut sie auch.

Rossi muss sich ein Beispiel nehmen

Es gibt unzählige aktuelle und vergangene Beispiele, bei denen dieser Schritt Früchte getragen hat. Leon Draisaitl, Joe Thornton und viele mehr – Hier geht es zur Story >>>

Und er wird auch bei Rossi die notwendige und erhoffte Wirkung zeigen. Vielleicht nicht gleich in den nächsten Tagen. Schließlich muss sich der 21-Jährige wieder neu akklimatisieren, ins Teamgefüge eingebunden werden.

Trotzdem könnte es schneller gehen, als man glaubt. Shane Wright etwa, Erstrundenpick der Seattle Kraken im letzten Draft, widerfuhr ein ähnliches Szenario. Wenig Eiszeit, nur ein Punkt nach sieben NHL-Spielen.

Nun läuft er in der AHL auf und hält nach drei Einsätzen bei vier Toren. Oder Jake Neighbours, wie Rossi im Draft 2020 in der ersten Runde gewählt. Nach einem Tor in 12 Spielen wurde er von St. Louis in die AHL geschickt und nach fünf Punkten aus sieben Spielen wieder ins NHL-Roster aufgenommen.

"Ich habe in vielen verschiedenen Situationen gespielt, die ich hier vielleicht nicht sehe. Es war gut für mein Selbstvertrauen, den Puck zu spüren und in allen Situationen zu spielen. Das hat das Selbstvertrauen ein bisschen gestärkt", meinte er.

Ein Marathon mit vielen Hürden

Das muss Marco Rossis Ziel sein, um die nächste Hürde in seiner Karriere zu nehmen.

Selbstvertrauen tanken, viele Minuten sammeln, in wichtigen Momenten eingesetzt werden.

Den NHL-Verantwortlichen gar keine andere Wahl lassen, als ihn alsbald wieder hoch zu holen.

Selbst wenn er dafür mehr als ein paar Wochen, vielleicht zwei bis drei Monate benötigt. Marco Rossi ist 21 Jahre jung. Das dürfen wir nicht vergessen.

Eine NHL-Karriere, die verläuft in den allerwenigsten Fällen geradlinig. Rossi befindet sich gerade erst am Anfang seiner Laufbahn, auf der er einen Marathon voller Hürden zu überwinden hat. Und diese wird er meistern.

Da sind nicht nur wir uns sicher, sondern auch ehemalige Trainer, Teamkollegen und mit Thomas Vanek der erfolgreichste einheimische Eishockey-Spieler aller Zeiten.


LAOLA1 überträgt auch am kommenden Wochenende wieder ein Spiel aus der NHL. Am Sonntag (21 Uhr im LIVE-Stream >>>) treffen die Minnesota Wild auswärts auf Michael Raffls Ex-Klub, die Dallas Stars.


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