Knapp nach der NHL-Halbzeit steckt Thomas Vanek mit den Detroit Red Wings erwartungsgemäß im Niemandsland fest.
43 Punkte aus 48 Spielen bedeuten den 13. Platz in der Eastern Conference, auf die Playoff-Plätze fehlen satte 13 Punkte - wesentlich mehr als auf das absolute Ende der Tabelle.
Auch Thomas Vanek ist mit neun Toren und elf Assists bei 22 Strafminuten und einer Plus-Minus-Bilanz von -12 keineswegs auf Kurs zu persönlichen Rekorden. Die Red Wings sind ein Sorgenkind der Liga, und die nur langfristig zu lösenden Probleme kommen in der Saison 2018/19 merkbar zum Ausdruck.
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller fasst die Situation in Detroit zusammen:
Was lief für die Red Wings schief?
Sie werden halt nicht jünger: Jimmy Howard (34), Trevor Daley (35), Jonathan Ericsson (34), Mike Green (33), Niklas Kronwall (38), Frans Nielsen (34) und auch Thomas Vanek (35) – in einer Liga, die immer jünger (und schneller) wird, stechen die Red Wings mit ihrem Senioren-Lineup hervor. Alles Spieler, die natürlich nicht mehr in der Blüte ihrer Jahre stehen und von denen keine Leistungssteigerung mehr erwartet werden kann. Warum hätte also bei diesem Grundstock nach zwei Jahren ohne Playoffs heuer ein Sprung nach oben gelingen sollen?
Verletzungen: Gerade in der Defensive fielen Leistungsträger öfters und länger aus. Ohne Mike Green im Lineup gelangen nur drei Siege. Er ist zwar wieder zurück, dafür fällt derzeit Trevor Daley mit einem gebrochenen Fuß aus. Schon zu Saisonbeginn war die Verteidigung arg gebeutelt, dadurch kamen jüngere Cracks wie Joe Hicketts, Ex-Znojmo-Crack Libor Sulak und Filip Hronek zu NHL-Testläufen. Von ihnen steht derzeit nur noch Hronek im Kader.
Stürmer Evgeny Svechnikov musste mit einem Kreuzbandriss die ganze Saison abschreiben – er wäre einer der wenigen jungen Red Wings mit interessantem Potenzial gewesen. Der baumlange Michael Rasmussen fällt erst seit wenigen Tagen aus, sein Riesenkörper geht aber bereits ab. Anthony Mantha und Darren Helm standen auch schon auf der Verletzungsliste.
Stockende Talent-Pipeline: Jahre im Fegefeuer der NHL – keine Erfolge, aber auch keine Chance auf hohe Draftpicks – haben den Red Wings arg zugesetzt. Gerade in puncto Scouting wurde die einstige Vorzeigeorganisation mittlerweile überholt. Immerhin setzt an der blauen Linie Dennis Cholowski (20) offensive Akzente, Christoffer Ehn (21) dürfte ein brauchbarer Tiefenspieler werden. Kapitän Dylan Larkin (22) steht sowieso über den Dingen, Tyler Bertuzzi (23) wächst immer mehr in die Rolle eines Powerforwards hinein.
Aber solche Spieler bräuchte man in weit größerer Zahl, bevor die Senioren endgültig in Pension gehen, dazu fehlen Spieler mit absolutem Starpotenzial (außer Larkin). Die Leistungen von Flügel Filip Zadina (19) sowohl in Grand Rapids als auch bei der Junioren-WM weisen ihn als weniger NHL-nah aus als vor Saisonbeginn gehofft.
Welche Maßnahmen wurden gesetzt?
Einzig Jacob de la Rose kam im Oktober via Waivers aus Montreal, der Schwede etablierte sich als solider Bottom-6-Spieler. Sonst passierten nur interne Rochaden, General Manager Ken Holland steht weiter mit einem alten Kaderkern da, an dem er schon seit Jahren festhält – und das bei der höchsten Payroll der Liga und ohne Capspace!
Was steht für den Rest der Saison an?
Bezeichnend, dass Thomas Vanek die von ihm angestrebte No-Trade-Clause ausgerechnet in Detroit bekam. Über eine solche verfügt dort fast jeder außer dem Popcorn-Verkäufer, konkret Danny DeKeyser, Mike Green, Darren Helm, Gustav Nyquist und in modifizierter Form Niklas Kronwall, Jonathan Ericsson und Frans Nielsen.
Selbst wenn Holland eine absolute Kehrtwende machen und zur Trading Deadline zum großen Ausverkauf blasen würde, bräuchte er das Entgegenkommen dieser Spieler.
Goalie Jimmy Howard könnte vor oder am 25. Februar getradet werden, Nick Jensen (eine positive Überraschung), Luke Witkowski, Nyquist (spielt sehr gute Saison), Vanek und Kronwall sind ab Sommer UFAs. Steve Yzerman, der höchstwahrscheinlich Hollands schweres Erbe übernehmen wird, hat genügend Aufräumarbeiten vor sich.
Wie verlief die Saison für Thomas Vanek?
Wie Michael Raffl und Michael Grabner fiel auch der dritte NHL-Österreicher ein Weilchen (Knieverletzung) aus, war vielleicht nach seiner Rückkehr auch nicht ganz fit. Einige Spieler liefen an ihm vorbei, in anderen demonstrierte er seine immer noch vorhandenen Scorerqualitäten. Auch mit 35 hat er schnelle Hände ums Tor herum und einen satten und genauen Schuss, wirkte zuletzt auch etwas spritziger.
Ob das für einen Anschlussvertrag in Detroit oder bei einem anderen NHL-Team reicht? Teamkollegen und Coach Jeff Blashill schwärmen jedenfalls von ihm, sehen ihn als "Elder Statesman".
Anlässlich seines 1000. NHL-Spiels sah Vanek auch seine Familie wieder, die sonst in Minnesota wohnt. Anzunehmen, dass es ihn gleich nach der Regular Season nach Hause zieht. Aber könnte der Austragungsort der A-WM – die Slowakei ist die Heimat seiner Mutter Jarmila – ihn zu einem letzten ÖEHV-Teamauftritt bewegen?