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So verhandeln NHL-Teams mit Restricted Free Agents

LAOLA1-Experte erklärt die besonderen Umstände für Sebastian Aho und Co.:

So verhandeln NHL-Teams mit Restricted Free Agents Foto: © getty

Was haben junge NHL-Stars wie Mikko Rantanen (Colorado Avalanche), Patrik Laine (Winnipeg Jets), Mitch Marner (Toronto Maple Leafs), Sebastian Aho (Carolina Hurricanes) und Brayden Point (Tampa Bay Lightning) gemeinsam?

Ihre Verträge laufen im Sommer aus, danach sind sie "Restricted Free Agents". Daraus entstehen besondere Umstände in der Ausarbeitung und Umsetzung neuer Deals.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick darauf, was bei den Vertragsverhandlungen zu erwarten ist:

"Restricted Free Agents (Group 2)" –welche Spieler gehören zu dieser Gruppe?

Spieler, die aus ihren "Entry-Level-Deals", sprich Erstverträgen, kommen, gehören automatisch dieser Gruppe an. 

Im Falle der oben genannten Cracks: Sie haben pro Saison mehr als 10 NHL-Spiele bestritten, sprich der ELD kommt in jedem Jahr zu Anwendung und schiebt sich nicht auf ("does not slide"), läuft daher nach drei Jahren aus. Diese drei Jahre sind Standard für Spieler, die zwischen 18 und 21 Jahre alt waren, als dieser unterzeichnet wurden.

Flames-Goalie David Rittich wäre hier etwa eine Ausnahme. Er unterschrieb seinen ersten NHL-Vertrag 2016 mit 24 Jahren, den Bestimmungen nach nur für ein Jahr. Zwei weitere Einjahres-Verträge folgten. Heuer wird er 27, normalerweise das Alter, in dem Spieler "Unrestricted Free Agents" werden. Nicht so bei Rittich – er wird erst am 19. August 27, der Stichtag dafür wäre aber der 30. Juni. Der Tscheche erfüllt auch nicht die anderen Anforderungen für UFAs: Sieben Jahre in der Liga oder (als Goalie) weniger als 28 absolvierte Spiele. Rittich ist also noch ein Jahr quasi Flames-Eigentum.

Die Spieler werden mittels "Qualifying Offer" von ihren Teams gehalten – das ist eine reine Formsache, diese QOs müssen spätestens bis einen Tag nach der NHL-Draft abgegeben werden. Sie liegen für diese Spieler bei 105 Prozent des Vorjahres-Gehalts (die für Rookies vorgegeben 925.000 Dollar). Mit der Abgabe dieser Offer ist für das Team alles erledigt, natürlich werden diese von den Spielern so nicht angenommen. Die Höhe und Länge der neuen Verträge sind nach Abgabe und Nicht-Annahme (fast) frei verhandelbar.

Laine, Aho und Co. können oder konnten seit letztem Sommer (Beginn ihres letzten Vertragsjahres) neue Kontrakte unterschreiben. Die einzige Deadline: 1. Dezember des nächsten Jahres, sonst sind sie nicht in der NHL spielberechtigt. Das kommt aber höchst selten vor, einzig William Nylander und die Toronto Maple Leafs brauchten so lange, um einen neuen Deal auszuhandeln.

Die Vertragslänge darf höchstens acht Jahre betragen, die Höhe – wie bei jedem Spieler – höchstens 20 Prozent der Upper Salary Cap (heuer 79,5 Millionen US-Dollar).

 

Welche Mittel hat der Spieler, wenn es zu keinem Deal kommt?

Er kann daheim auf der Couch liegen bleiben, das Trainingslager auslassen oder in Europa spielen. Mit anderen NHL-Teams darf er nur bezüglich Offer Sheets (siehe unten) verhandeln.

 

Können Spieler oder Teams auch vor das Schiedsgericht gehen?

Nein, Spieler die aus ihren ELDs kommen, unterliegen noch nicht der Arbitration.

 

Zurück zu den Offer Sheets – was ist das?

Spieler, die ihre Qualifying Offers nicht annehmen (also alle Top-Spieler), können theoretisch mit Vertragsangeboten per Offer Sheets von anderen Teams geködert werden. Sollte der Spieler dieses Offer Sheet akzeptieren, kann das ursprüngliche Team dieses aber matchen, sprich den eigentlich von einer anderen Organisation ausgehandelten Deal übernehmen. Der Spieler muss dann bleiben.

 

Hört sich ja gut an, haben die RFAs also doch eine Handhabe?

Mehr in der Theorie als in der Praxis: Seit 2005 gab es genau acht Offer Sheets und nur eines davon (Dustin Penner, 2007) führte dann auch zu einem Vereinswechsel. In Österreich erinnern wir uns allerdings an Thomas Vanek – seine Buffalo Sabres matchten das Angebot aus Edmonton im selben Jahr. Seit 2013 gab es überhaupt keine Offer Sheets.

 

Warum sind diese Offer Sheets so selten?

Die neuen Teams müssten die alten entschädigen und zwar mit einer (variablen) Anzahl an Draft Picks. Diese hängen vom angebotenen Gehalt ab, können bis zu vier Erstrunden-Picks betragen. Wer diese nicht abgeben will oder kann (es gelten nur eigene Picks, keine von anderen Teams erworbenen), kann gar kein Offer Sheet abgeben. Team, die ohnehin selbst schon Cap-Probleme oder eine interne Gehaltsobergrenze haben, fallen natürlich auch für solche Monsterangebote aus. Es ergeben nur hohe Angebote Sinn, die das alte Team dann nicht oder nur schwer matchen könnte.

Das Ganze treibt den Markt und dessen Preise nach oben und kann so auf Umwegen auch das eigene Team betreffen. Natürlich wäre es auf dem Papier verlockend, etwas ein Team wie die Winnipeg Jets, die auf Cap-Probleme zusteuern, mit einem Angebot für Laine in die Bredouille zu bringen. Sie müssten dann entweder auf ihn oder andere Spieler verzichten.

Auch wenn es immer dementiert wird: Die General Manager pflegen bei aller sportlichen Rivalität einen freundschaftlichen Umgang. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, Offer Sheets – laut Kollektivvertrag ein völlig legitimes Mittel – sind daher eine absolute Seltenheit. Schade eigentlich – wer erinnert sich nicht daran, als der volatile Anaheim-GM Brian Burke seinen Edmonton-Kollegen Kevin Lowe nach dem Dustin-Penner-Offer-Sheet zu einem Faustkampf herausforderte...

 

Welche Vertragshöhen sind also heuer zu erwarten?

Auston Matthews ist natürlich eine gute Hochwassermarke – auch sein Vertrag wäre im Sommer ausgelaufen. Er einigte sich aber schon Anfang Februar mit den Maple Leafs über einen neuen Vertrag – fünf Jahre zu gesamt knapp 56 Mio. Dollar, vor allem aufgrund von riesigen Signing Boni. Nach Ablauf dieses Vertrags wird Matthews ein Unrestricted Free Agent.

Bleibt Mitch Marner in Toronto?
Foto: © getty

Connor McDavid wartete gar nicht so lange, unterschrieb seinen Anschlussvertrag gleich nach Ablauf seines Entry Level Deals - 100 Mio. Dollar für die maximal möglichen acht Jahre. Das waren zum Vertragsabschluss fast 17 Prozent der Upper Salary Cap.

Die Verträge für Rantanen, Laine, Marner, Aho oder Point hängen natürlich von mehreren Faktoren ab:

Wollen sie selbst eher längere Verträge, sprich sogar etwas von ihren UFA-Jahren verlieren? Oder geht es mehr um die Summe pro Jahr? "Money or Term" also?

Wie sehr haben ihre Teams Cap-Probleme? Die Jets haben eine Unzahl an hochtalentierten Spielern, die neue Verträge brauchen. Die Maple Leafs haben jetzt schon mit Matthews, Nylander und Tavares drei Spitzenverdiener, mit Mitch Marner würden dann vier Spieler die Hälfte des Salary Caps auffressen. Auch Tampa Bay hat bei Brayden Point keine unlimitierten Mittel, wollen sie nicht neben ihren hochdotierten Starts Steven Stamkos und Nikita Kucherov mit einem stark verkleinerten Kader dastehen. Auf der anderen Seite der Skala stehen etwa die Carolina Hurricanes, die einen neuen Deal mit Sebastian Aho nur mit ihrem Gewissen vereinbaren müssen.

Nylander und Matthews sind zwei Benchmarks, sowohl Agenten als auch GMs warten natürlich auf weitere, die dann ihre Teams beeinflussen werden. Ohne einen Hometown-Discount wird es bei Marner schwer, Laine hat aufgrund einer nicht gerade brillanten Saison schwächere Karten als zu Saisonbeginn, bei Rantanen sieht es da eher umgekehrt aus. Aber wie immer gilt: Wer zwinkert zuerst? Die Teams, die natürlich von den Fans und der Presse Druck erfahren oder die Spieler, die halt kein rechtes Druckmittel in Händen halten.

 

Die Tendenz der letzten Jahre?

Die Zeiten sind vorbei, als die NHL-Teams ihre RFAs am ausgestreckten Arm verhungern lassen konnten und diese sich mit niedrigen Deals bis zur Unrestricted Free Agency durchhangeln mussten. Die Teams der immer jünger werdenden Liga sind immer mehr dazu bereit, Spieler in der Blüte ihrer Jahre auch dementsprechend zu entlohnen, langfristige und hochdotierte Verträge haben die sogenannten Bridge Deals abgelöst. Sollten Spieler doch auf stur schalten, bekommt ihnen das allerdings weiterhin nur selten gut. Defender Jacob Trouba etwa unterschrieb etwa vor Jahren nicht in Winnipeg, musste dann aber doch mehr oder minder zu Kreuze kriechen. Und das Gerangel um William Nylander und seine darauffolgenden Leistungen sollte auch als warnendes Beispiel für beide Seiten dienen...

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